Protocol of the Session on December 9, 2004

Ja.

Herr Lichdi, bitte.

Herr Staatsminister, stimmen Sie mir zu, dass eine konkrete Gefahrensituation im Sinne des § 45 Straßenverkehrsordnung dann vorliegt, wenn die zulässigen Grenzwerte – beispielsweise nach der 16. oder nach der 22. Bundes-Immissionsschutzverordnung – überschritten werden? Stimmen Sie mir darin zu oder nicht?

Juristisch haben wir das geprüft und wir können es leider so nicht anerkennen, wie Sie es gerade versucht haben darzustellen. Die Gemeinden Bannewitz und Altenberg haben bereits im Juni dieses Jahres versucht, eine verkehrsrechtliche Anordnung gerichtlich durchzusetzen. Die Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Weißeritzkreis sollte verpflichtet werden, ein Nachtfahrverbot anzuordnen. Aus den von mir bereits dargestellten Gründen wurde dies durch das Verwaltungsgericht Dresden mit Beschluss vom 22.10.2004 abgelehnt. Aus Sicht der Staatsregierung kann aus dem Vorschlag, an Stau- und Gefahrenschwerpunkten bzw. an zentralen Kreuzungen in Gemeinden an der E 55, also der Europastraße B 170, Webcams zu installieren und die Bilder im Internet aktuell in Echtzeit zu präsentieren, kein nennenswerter Nutzen abgeleitet werden.

Herr Staatsminister, es gibt wieder eine Zwischenfrage.

Bitte schön.

Herr Staatsminister, weil Sie die juristische Prüfung gerade angesprochen haben: Ab dem 1.1.2005 tritt ja nun noch die neue EU-Richtlinie für Feinstaub mit neuen Grenzwerten in Kraft. Haben Sie denn da schon von Ihrem Haus aus geprüft, ob ab 1.1.2005 die Grenzwerte entlang der B 170 die neuen

Grenzwerte übersteigen? Sehen Sie da nicht juristischen Handlungsbedarf?

Frau Kipping, selbstverständlich werde ich Wert darauf legen, dass die EU-Richtlinien eingehalten werden. Dazu muss man das entsprechend messen und dann kann man prüfen, ob die Grenzwerte eingehalten werden oder nicht. – Ich kann mich dazu gern noch einmal erkundigen, aber es gibt sicherlich entsprechende Messungen, über die man Sie, wenn das Ergebnis vorliegt, informieren kann. Ich komme weiter zu den Fragen der Information über die Befahrbarkeit der B 170. Dem Nutzer der B 170 stehen bereits vielfältige Möglichkeiten über das Radio und das Internet zur Verfügung. Insoweit kann sich jeder bei Interesse über das aktuelle Verkehrsgeschehen auf der B 170 informieren.

Weiterhin stehen der sicherheitstechnischen Überwachung öffentlicher Plätze auch datenschutzrechtliche Belange entgegen, auf die ich hinweisen möchte. Auch die Verhängung eines Nachtfahrverbotes in der Zeit von 00:00 Uhr bis 05:00 Uhr ist aus den von mir bereits vorgetragenen Gründen nicht möglich. Zudem würde sich der Schwerverkehr von durchschnittlich 2 400 Fahrzeugen in 24 Stunden noch stärker auf die beschränkungsfreien Zeiten konzentrieren. – Kollege Hamburger hat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass wir nicht das Problem der Stoßzeiten haben, sondern dass der Verkehr kontinuierlich rollt. Das hieße im Übrigen, wenn ich das Nachverkehrsverbot durchsetze, dass ich dann Spitzen bekommen werde, unter anderem im morgendlichen Verkehr, und das, glaube ich, wäre eine noch größere Belastung.

Der Grenzübergang Altenberg/Cinovec ist derzeit aufgrund seiner geografischen Lage der mit Abstand wichtigste Übergang zwischen Sachsen und Tschechien. Die B 170 – ich habe darauf hingewiesen – ist Bestandteil der Europastraße E 55. Diese Funktion und das völkerrechtlich verbindliche Deutsch-Tschechische Abkommen vom 18. November 1996 lassen eine zeitliche oder mengenmäßige Einschränkung nicht zu. Eine Abfertigungsbeschränkung bzw. eine Kontingentierung des grenzüberschreitenden Verkehrs scheidet somit aus rechtlichen und praktischen Erwägungen aus.

Nun bin ich ein Mensch, der nicht nur fragt, was nicht geht, sondern der danach fragt, was geht; deshalb werden wir einige Maßnahmen im nächsten Jahr vorsehen, die zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitragen sollen. Insbesondere ist in Ortslagen der Bau von drei verkehrsabhängigen lichtsignalgesteuerten Fußgängerüberwegen geplant. Vorgesehen sind diese in Schmiedeberg, Rabenau sowie Bannewitz. Die Realisierung erfolgt im Frühjahr 2005. Die Zustimmung durch das Bundesministerium für Verkehr, Bauen und Wohnen ist bereits mit Schreiben vom 11.11.2004 erfolgt.

Zusätzlich sind im Jahre 2005 umfangreiche Erhaltungsmaßnahmen in Form von Deckenerneuerung entlang der B 170 geplant. Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit für Fußgänger und Radfahrer sind ebenfalls für 2005 vorgesehen. Ich denke dabei insbesondere an den Bau eines Radweges im Abschnitt Obercarsdorf bis

südlich Dippoldiswalde. Die Finanzierung ist über das Radwegebundesprogramm gesichert.

Am 1.9.2004 gab es eine gemeinsame Verkehrsschau von Wirtschaftsministerium, Innenministerium, RP Dresden, Landratsamt, Straßenbauamt und Polizei mit einer Befahrung. Die Ergebnisse dürften auch Herrn Lichdi in gewisser Hinsicht zufrieden stellen, weil es weitere gemeinsame Verkehrskontrollen geben soll, in deren Vordergrund die Benutzung von Winterreifen stehen dürfte. Außerdem hat man sich auf die Entschärfung weiterer Unfallhäufigkeitsstellen verständigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Haus ist für alle praktikablen Vorschläge offen. Unabhängig davon bedarf es mit Sicherheit einer grenzüberschreitenden Gesamtkonzeption für den Schwerlastverkehr. Mir wäre es sehr lieb – das will ich in einem Land, in dem es sehr viele Standorte des Waggonbaus und des Schienenfahrzeugbaus gibt, ausdrücklich sagen –, wenn es uns politisch gelingen würde, mehr Güter von den Straßen auf die Schienen zu bekommen. Ich glaube, erst dann kann man das Problem richtig in den Griff bekommen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Ich frage, ob es zur Drucksache 4/0062 weiteren Redebedarf gibt? – Das ist nicht der Fall.

Dann bitte ich die PDS-Fraktion, das Schlusswort zu halten. Frau Abg. Kipping.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hamburger, ich glaube, Sie unterschätzen die neue EU-Richtlinie für Feinstaub, wenn Sie sagen, es gebe nichts Neues. Wir haben damit eine neue Grundlage für eine Klage; diese ist bereits in Arbeit. Falls wir der neuen Richtlinie widersprechen bzw. gegen sie verstoßen, kommen saftige Vertragsstrafen auf uns zu. Die verkehrseinschränkenden Maßnahmen, die in Bezug darauf von den einzelnen Behörden vorgeschlagen werden, haben sich gewaschen. Sie werden sich noch nach den eher zahmen Vorschlägen der PDS sehnen, wenn wir das Problem erst einmal auf dem Tisch haben. Bei allem Respekt, Herr Hamburger – es ist ein bisschen verkehrte Welt, wenn Sie mir vorwerfen, dass sich nichts getan hat und dass es in puncto B 170 nichts Neues gibt.

(Beifall bei der PDS)

Es war Ihre Fraktion, die jahrelang den zuständigen Staatsminister gestellt hat! Es war vor allen Dingen Ihre Fraktion, die sich gegen die PDS-Initiative, die Rollende Landstraße zu verlängern, gewehrt hat. Heute reden Sie von der Rollenden Landstraße, die von Hamburg bis nach Budapest verlaufen solle. Wer hat denn schon vor vielen Jahren, zu Beginn der alten Legislaturperiode, einen entsprechenden Antrag eingebracht? Die PDS-Fraktion! Wer hat diesen Antrag abgelehnt? Die CDU-Fraktion! Das will ich nicht gegenseitig aufrechnen; aber es ist nicht hinnehmbar, wenn einem Dinge vorgeworfen werden, die nicht der Realität entsprechen.

Frau Raatz, keine Angst! Wir haben uns nicht von der Rollenden Landstraße verabschiedet. Aber man muss noch ein paar Sachen für Änderungsanträge übrig lassen, die Sie dann mit Ihrem Koalitionspartner aushandeln können.

Herr Morlok, Sie haben nach dem praktikablen Anmeldesystem gefragt. Wenn man sich mit Leuten von Toll Collect unterhält, wird eines sehr deutlich: – –

(Heiterkeit bei der FDP)

Dass nicht jedes Unternehmen so perfekt ist, darüber brauchen wir uns nicht zu unterhalten.

Es steht fest, dass im Zuge des Mautsystems neue Bordeinheiten eingebaut werden, mit denen solche Sachen sehr leicht möglich wären. Wir können uns Fachleute aus Österreich, wo es recht unbürokratisch und unproblematisch abläuft, in den Ausschuss einladen. Mir ist nicht bekannt, dass aufgrund des Nachtfahrverbots und anderer Einschränkungen in Österreich die dortige Wirtschaft am Boden liegt.

Herr Morlok, Sie haben große Skepsis gegenüber dem Arbeitskreis geäußert. Ich kann eine grundsätzliche Skepsis gegenüber Arbeitskreisen verstehen. Wenn man aber dieses Thema nicht nur mit Reden im Landtag bearbeitet hat; wenn man vor Ort war und mit den Leuten in der Kommune und von der Regierung gesprochen hat; wenn man immer wieder versucht hat, Lösungsansätze voranzubringen, dann muss man feststellen: Ein Grundproblem in Bezug auf diese Frage ist die zum Teil sehr komplexe Zuständigkeitslage. Das, was an einer Stelle besprochen wird, wird an anderer Stelle wieder konterkariert. Deswegen ist ein Arbeitskreis zu diesem Punkt eine gute Sache; denn alle sitzen an einem Tisch, sind gezwungen, sich zu einigen, und stehen unter größerem Erfolgsdruck.

Frau Kipping, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber bitte!

Frau Kipping, Sie haben das System Toll Collect angesprochen. Glauben Sie angesichts der Erfahrungen mit Toll Collect, dass das System vor Fertigstellung der A 17 betriebsfähig wäre?

(Heiterkeit bei der FDP)

Für diese Frage bin ich die falsche Adresse; sie müsste an die Bundesregierung weitergeleitet werden. Dass wir immer für ordentliche Kontrolle sind, wenn Großaufträge vergeben werden, steht wohl außer Frage. Normalerweise ist es die FDP, die uns angreift, wenn wir große Unternehmen, die Gelder aus öffentlichen Mitteln bekommen, stärker kontrollieren wollen.

(Holger Zastrow, FDP: Was?)

Meine Damen und Herren! Trotz aller Kontroversen in der Debatte nehme ich mit Freude zur Kenntnis, dass der PDS-Antrag eine katalysierende Wirkung auf die

Regierungskoalition hatte. Zumindest wird die Bildung eines Arbeitskreises angeregt. Dieser steht allerdings in der Bringepflicht.

Ich bedauere es, dass die wirklich Erfolg versprechenden Maßnahmen, Maßnahmen, die eine zeitnahe Lösung versprechen, zum Beispiel ein Nachtfahrverbot, leider an den Bremsklötzen innerhalb der CDU scheitern.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Wir kommen wir Abstimmung über die Drucksache 4/0062. Ich schlage Ihnen vor, über die Punkte I und II getrennt abzustimmen, weil es zu Punkt II einen Änderungsantrag gibt. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall.

Dann frage ich Sie: Wer kann Punkt I der Drucksache 4/0062, Antrag der PDS-Fraktion, zustimmen? Ich bitte um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Dafürstimmen ist Punkt I dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich bitte die Fraktionen von CDU und SPD um die Einbringung ihres Änderungsantrags. Herr Abg. Hamburger.

Frau Präsidentin, ich erlaube mir die Einbringung von hier aus vorzunehmen. Über die wesentlichen Inhalte und Intentionen des Änderungsantrags habe ich in meinem Debattenbeitrag gesprochen. Wenn ich die Ergänzung von Frau Kollegin Dr. Raatz zu Punkt III hinzunehme, dann ist in der gebotenen Kürze alles zum Änderungsantrag gesagt. Ich möchte die Drucksache 4/0325 hiermit förmlich einbringen.

Ich danke Ihnen. – Frau Kipping, bitte.

Ich möchte in aller gebotenen Kürze zum Änderungsantrag Stellung beziehen. Ich habe bereits gesagt: Das ist besser als gar nichts. Neben dem lyrischen Unterschied, dass die einen von einem Arbeitskreis bzw. einer Arbeitsgruppe und die anderen von einem ressortübergreifenden Stab sprechen, gibt es einen inhaltlichen Unterschied: Die PDS-Fraktion will mit ihrem Antrag die Bürgerinitiativen einbeziehen. Das halten wir für den weitergehenden Punkt. Wir werden deswegen nicht gegen Ihren Antrag stimmen. Da wir aber meinen, dass die Einbeziehung der Bürgerinitiativen wichtig ist, können wir uns zu diesem Punkt nur der Stimme enthalten.

Gibt es weiteren Redebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung über die Drucksache 4/0325, Änderungsantrag der CDU-Fraktion und der SPD-Fraktion. Ich frage nach den Dafürstimmen. – Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer reichlichen Anzahl von Stimmenthaltungen und einer überwiegenden Mehrheit von Dafürstimmen ist dieser Änderungsantrag angenommen worden.

Damit ist Punkt II der Drucksache 4/0062 ersetzt.

Wir können diesen Tagesordnungspunkt abschließen. Meine Damen und Herren! Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 14

Nachträgliche Genehmigungen gemäß Artikel 96 Satz 3 der Verfassung des Freistaates Sachsen zu über- und außerplanmäßigen Ausgaben und Verpflichtungen