Protocol of the Session on January 24, 2006

das ist okay, er wird mir bestimmt aufmerksam zuhören –,

(Zuruf von der SPD: Er hat Teilzeit! – Heiterkeit bei der Linksfraktion.PDS)

Eigenverantwortlichkeit, so wie Sie diese definieren, ist immer ein Spagat, weil wir natürlich eine Vergleichbarkeit innerhalb des Landes herstellen müssen, damit ein Umzug möglich ist. So wie Sie es definieren, ist die Schule in Görlitz eine andere als die, die in Grimma steht. Deshalb müssen natürlich – ich denke, im Kern wird dem niemand widersprechen – die Rahmenbedingungen

(Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

auf Landes- oder gar Bundesebene geklärt werden.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Natürlich!)

Diese Schulen können erst eigenverantwortlich handelnde Schulen sein, wenn an ihnen Bewegung möglich ist und Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sowie die Eltern vor Ort die Schule gestalten. Ich betone, das ist für uns ein wichtiger Punkt. Das ist das, was wir wollen: eigenverantwortliche und demokratische Schulen, die ihren Weg gemeinsam suchen und gehen. Denn Mündigkeit ist auch etwas, was junge Menschen in ihrer Entwicklung erlangen sollen. Diese erlernen sie aber nicht in einer Schule, in der die Noten wichtiger sind als Wissen und Können und Entscheidungen ständig ohne ihre Beteiligung getroffen werden. Das ist die Realität, die wir zurzeit an sächsischen Schulen vorfinden.

Eigenverantwortliche und demokratische Schulen sind es, die wir mit unserem Schulgesetz wollen. Deshalb wählt auch bei uns die Schulkonferenz den Schulleiter. Nicht von oben kommt ständig das Heil oder eben nicht Heil, für uns ist die entscheidende Ebene vor Ort.

Meine Damen und Herren! Unser Entwurf des Schulgesetzes ist der einzig vorliegende Komplettentwurf zur Änderung. Wir wollen nicht hier und da ein paar Veränderungen des Bestehenden vornehmen, wir wollen nicht ein paar Vergleichstests mehr einführen oder eine einzelne Gemeinschaftsschule, wir wollen das Ganze ändern, und

zwar im Interesse von Schülerinnen und Schülern und Lehrerinnen und Lehrern.

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren, Schule muss sich ändern! Stimmen Sie zu!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS – Zuruf des Abg. Martin Dulig, SPD)

Gibt es weiteren Redebedarf aus den Fraktionen? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Flath, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Es wird Sie nicht überraschen, Herr Dr. Hahn, wenn auch die Staatsregierung empfiehlt, Ihren Gesetzentwurf abzulehnen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber er war doch für Sie geschrieben, habe ich gehört!)

Frau Bonk, Sie haben es wie immer sehr charmant vorgetragen, aber worum es so richtig ging, hat sich mir nicht erschlossen. Ich bemühe mich wirklich, ich höre Ihnen zu, aber es fällt mir schwer, dazu Stellung zu nehmen. Ich kann es einfach nicht.

Herr Dr. Hahn, ich will eines tun: mich mit Ihren Argumenten auseinander setzen, die Sie hier als Begründung, dass das Schulgesetz gänzlich geändert werden müsste, angeführt haben. Ich würde einem Punkt zustimmen, aber diesen finde ich nicht im Gesetzentwurf, sondern er steht in der Begründung.

Eines will ich als Kultusminister erklären: Wenn es das Hohe Haus so gut mit dem Kultusministerium meinen würde, würde ich das Geld, die 200 Millionen Euro an Mehrkosten, nehmen und ich würde bestimmt im bestehenden Schulgesetz eine gute Verwendung dafür finden.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Wir haben in diesem Jahr Haushaltsberatungen. Freilich müssen Sie auch dazusagen, ob Sie diese 200 Millionen Euro meiner Kollegin Ludwig, also den Universitäten, wegnehmen wollen oder vielleicht, weil der Justizminister, Herr Mackenroth, hier sitzt, der Justiz. Denn man wird es irgendwo wegnehmen müssen, sonst wird es nicht gehen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Ein bisschen!)

Eines sage ich immer wieder ganz deutlich: Unverantwortlich wäre es, junge Leute etwa weiter mit Schulden zu belasten. Sie haben genügend Schulden in ihrem Leben abzutragen in unserem Land. Deswegen: Keine neuen Schulden!

(Beifall bei der CDU – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das BAföG zum Beispiel!)

Nun sagen Sie, Herr Dr. Hahn: Jeder zehnte Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das ist ja wahr!)

Das wären 10 % In Sachsen sind es 9 %, und das sind zu viele. Das habe ich wiederholt gesagt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Zum ersten Mal!)

Nur eines sollten Sie bitte differenzieren. Sie wissen ganz genau, dass unter den 9 % nicht wenige Förderschüler sind. Man kann es freilich auch machen wie im Sozialismus: Man kann die Schüler einfach als bildungsunfähig erklären und ihnen dann den Schulbesuch verweigern.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das will niemand!)

Das wollen wir in unserem System mit Absicht nicht.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wir auch nicht!)

Dann sollte man vorsichtig sein, denn das sind immerhin etwa 4 bis 5 %, also die Hälfte von den genannten 9 %. – Dort sollten wir uns bemühen, damit auch diese Schüler einen Hauptschulabschluss schaffen. Aber den, haben Sie erklärt, wollen Sie ja gerade abschaffen.

(Widerspruch bei der Linksfraktion.PDS)

Dort sollte man daran arbeiten, dass diese Schüler einen Hauptschulabschluss erreichen. Aber wir wissen auch, dass es nicht allen möglich sein wird.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie haben nicht zugehört!)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Ja.

Herr Staatsminister, haben Sie möglicherweise etwas missverstanden, wenn Sie sagen, dass wir den Hauptschulabschluss abschaffen wollen? Ist Ihnen entgangen, dass der Vorschlag lautet, den separaten Hauptschulbildungsgang zu streichen, aber den Hauptschulabschluss für all jene, die den Realschulabschluss nicht schaffen können, weiterhin zu ermöglichen? Haben Sie das möglicherweise falsch gelesen?

Sie haben es ja auch gesagt, Herr Dr. Hahn. – Dann müsste man darüber diskutieren, ob das, was Sie vorschlagen, hilfreich wäre. Dazu würde ich sagen: Es wäre wenig hilfreich. Denn es geht nicht einfach nur, wie Sie es immer darstellen, um ein Separieren. Es geht vielmehr um ein spezielles Fördern. Wir sind der Meinung, dass es so, wie es bisher geregelt ist, der bessere Weg ist.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Fragen Sie mal die Lehrerinnen und Lehrer!)

Aber ich gebe Ihnen gern Recht – da sind wir beieinander –, dass wir die Situation gemeinsam verbessern wollen.

Wo ich aber gar nicht mitgehen kann, ist Ihr – – Ich weiß nicht, wie ich es bezeichnen soll. Sie haben gesagt: Die Mittelschulen in Sachsen werden „Restschulen“.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Dann nehmen wir als Beispiel einmal die jetzige 5. Klasse. Dort sind 58 % der Schüler in der Mittelschule und 42 % auf dem Gymnasium. Die 58 % als „Restschüler“ zu bezeichnen ist aus meiner Sicht eine Frechheit, Herr Dr. Hahn. Das ist nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei der CDU – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Die Leistungsspitze fehlt!)

Das Zweite. Ich kann mich gut an eine Veranstaltung erinnern. Es war hier im Sächsischen Landtag und wir werden das sicherlich nach diesem Schuljahr wiederholen. Ich bin dem Präsidenten noch heute sehr dankbar, dass er das Haus zur Verfügung gestellt hat und selbst die Gratulation bei über 100 Absolventen der Mittelschulen, die ihren Realschulabschluss mit 1,0 gemacht haben, vorgenommen hat. Wollen Sie das einfach als „Rest“ bezeichnen?

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Nein, niemals!)

Das ist doch keine Herangehensweise, Herr Dr. Hahn.

Herr Minister, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ja.