Protocol of the Session on January 24, 2006

Ja.

Herr Minister, ich komme noch einmal auf die „Restschüler“ zu sprechen. Wissen Sie, dass Schüler der 5. Klasse, die in der 4. Klasse keine Bildungsempfehlung erhielten und auf die Mittelschule mussten – ich sage das jetzt so, wie es die Schülerinnen und Schüler sehen –, sich selber als „Restschüler“ empfinden und sich so bezeichnen? Die Schüler selber! Wissen Sie das?

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

Frau Abg. Roth, ich will nicht ausschließen, dass Kinder so empfinden.

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Einige!)

Dass einige Kinder die Situation so empfinden. – Dann mache ich aber die Situation nicht besser, wenn ich im Grunde die Mittelschule als „Restschule“ bezeichne, sondern dann bestärke ich das noch.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung – Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Sie dürfen die starken Schüler nicht herausnehmen!)

Herr Dr. Hahn, ich bin doch in der Auffassung bei Ihnen, dass es auch in der Mittelschule genügend Dinge gibt, die wir verbessern können. Aber ich denke, wir als Abgeordnete haben die Pflicht, die sächsische Mittelschule ganz einfach mehr wertzuschätzen, als wir es bisher tun,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

denn wir sprechen in der Öffentlichkeit.

Auch das will ich anführen, Frau Roth: Wir schätzen unsere Mittelschule in Sachsen offensichtlich viel weniger als andere Länder in Deutschland: Denn ein erstes Bundesland, ein Stadtstaat – nämlich Hamburg –, hat sich auf den Weg gemacht, jetzt auf das sächsische Schulsystem zu schauen. In Hamburg sieht man sehr wohl, dass wir kein dreigliedriges, sondern ein zweigliedriges System haben – mit der Entscheidungsfreiheit, sich nach der Grundschule für die Mittelschule oder das Gymnasium zu entscheiden. Hamburg will dieses sächsische System in den nächsten Jahren kopieren. Das ist doch zunächst einmal eine größere Wertschätzung, als Sie sie hier vorgenommen haben.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Nun haben Sie des Weiteren behauptet, Bildungserfolg hänge in Sachsen vom Geldbeutel ab. – Das passt sehr schön in Ihre Ideologie. Ich sage, das ist Quatsch. Das ist einfach Quatsch, wenn Sie sich die sächsischen Ergebnisse anschauen. Es ist freilich immer ein Problem, dass man darauf achten muss. Das ist nicht die Frage des Geldbeutels, sondern das ist die Frage der Bildungsnähe des Elternhauses, und das ist zugegebenermaßen schwierig.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)

Herr Prof. Dr. Porsch, Sie haben mich im vorigen Jahr auf die Idee gebracht, einmal die Ergebnisse in der DDR anzuschauen. Sie haben mich darauf aufmerksam gemacht – und Sie hatten tatsächlich Recht –, dass am Ende der DDR die Situation die war, dass 80 % aller Abiturienten aus einem Elternhaus kamen, in dem die Eltern selber studiert hatten.

(Prof. Dr. Peter Porsch. Linksfraktion.PDS: Das ist richtig!)

Das war das Ergebnis einer Diktatur.

(Hört, hört! bei der CDU – Zurufe von der Linksfraktion.PDS)

Nun muss man daraus ableiten, dass es sicherlich in einer freiheitlichen Gesellschaft eine umso größere Herausforderung ist, staatlicherseits immer wieder für einen Ausgleich zu sorgen. Bisher ist uns das in Sachsen in bei

spielgebender Weise gelungen. Dort stehen wir ganz nah bei Finnland und bei anderen führenden Nationen dieser Welt. Bisher!

Deshalb, Frau Schüßler, unterliegen wir keiner Versuchung. Die Staatsregierung hat erstens nie behauptet, das seien Pisa-Ergebnisse der Staatsregierung, sondern immer gesagt: Darauf können die Schüler in Sachsen stolz sein, darauf können Lehrer stolz sein, darauf können Eltern stolz sein. Die Staatsregierung – das kann ich auch erklären – lehnt sich auch nicht zurück, sondern wir arbeiten daran, dass wir in der internationalen Spitzengruppe weiter nach vorn kommen. Aber dass daraus eine Notwendigkeit entstehen würde, das Schulgesetz nach Ihrer Art zu verändern, sehe ich in keiner Weise.

„Bevormundung von Pädagogen“, das behaupten Sie immer mal. Dann folgt „Mogelpackung“. Herr Dr. Hahn, Sie sagen, die Klassen 1 bis 4 sollen nach Ihrem Willen in einem gesonderten Haus unterrichtet werden.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Das ist wirklich eine Mogelpackung. Wir haben in Sachsen die wohnortnahe Grundschule mit den Klassen 1 bis 4, und – jetzt kommen wir zu dem springenden Punkt – dort wollen Sie Qualitätsargumente für eine Änderung anführen. In Wirklichkeit wollen Sie doch nur auf den fahrenden Zug aufspringen. Ganz gleich, wer regiert – schauen Sie nach Brandenburg, schauen Sie nach Berlin, schauen Sie nach Mecklenburg-Vorpommern, wo die PDS mit in der Regierung ist –, in allen Ländern sind schwierige Anpassungen im Schulsystem notwendig, weil sich leider die Schülerzahl halbiert hat, und überall haben Sie die gleichen Diskussionen. Jetzt habe ich in der Zeitung gelesen, dass auch das Land Hessen die erste Realschule wegen Schülermangels schließen musste. Es gab die gleichen Proteste, die wir hier haben.

Sie versuchen, daraus Honig zu saugen und das Schulgesetz so anzupassen, dass man damit zumindest für ein oder zwei Jahre solche Schmerzen vielleicht umgehen könnte. Danach hätten Sie die gleichen Probleme. Denn Sie wollen die Schülerzahlen heruntersetzen. Das hat die Regierung in der letzten Legislaturperiode schon getan. Wir haben jetzt in Sachsen folgende Durchschnittszahlen – ich will sie noch einmal nennen –: in der Grundschule etwa 18 Schüler je Klasse im Durchschnitt, in Mittelschule und Gymnasium etwa 23 Schüler. Ich weiß wohl, dass das eher auf die 5. und 6. Klassen zutrifft. In höheren Jahrgängen haben wir durchaus noch Klassenstärken von 28 oder auch mehr Schülern. Aber alles zusammengenommen beträgt der Durchschnitt 23 Schüler.

Wahrscheinlich hatte der Professor aus Regensburg, den Sie zitierten, zu sehr den Freistaat Bayern im Kopf, als er hier im Sächsischen Landtag gesprochen hat. Denn die bayerische Hauptschule hat im Durchschnitt – das muss man sich mal überlegen, im Durchschnitt! – knapp 29 Schüler je Klasse.

Da Bayern immer noch Geld nach Sachsen gibt, muss man sich anschauen, dass wir dabei im Rahmen bleiben. Dabei ist es immer gut, wenn Klassen klein bleiben. Ich denke, dass wir dies vernünftig aussteuern.

Eine nächste Sache, bei der Sie auch populistisch sind: Auflösung der Regionalschulämter.

(Zuruf des Abg. Fritz Hähle, CDU)

Ja, an Frau Falken hatte er nicht gedacht. Es ist so, dass ich mich durchaus der Aufgabenkritik stelle. Dies möchte ich hier erklären. Wir befinden uns in der Verwaltungsreform in einem Prozess, in dem wir uns die Aufgaben anschauen. Es wird mit Sicherheit Aufgaben geben, die bisher in den Regionalschulämtern erledigt werden, bei denen ich der Meinung bin, dass sie künftig von den Landkreisen erfüllbar sind. Bei allem, was mit Qualitätsentwicklung und Aufsicht über Bildungsgänge zu tun hat, sehe ich deutlich die Zweistufigkeit im Verwaltungsaufbau als Vorteil an. Deshalb spricht hier nichts dagegen, etwa Ihrem pauschalen Vorwurf und Ihren pauschalen Gesuchen nach Auflösung beizutreten.

Ich möchte noch einmal zusammenfassen: Ich empfehle, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Gibt es noch weiteren Redebedarf? – Da das nicht der Fall ist, meine Damen und Herren, frage ich die Berichterstatterin des Ausschusses, Frau Henke. – Es scheint auch nicht der Fall zu sein, dass sie sprechen möchte.

Meine Damen und Herren, wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf. Wir sollten uns über das Verfahren kurz verständigen. Der Gesetzentwurf besteht aus Überschrift, Inhaltsübersicht und elf Teilen. Es liegen keine Änderungsanträge vor. Ich frage die einreichende

Fraktion, ob es hinderlich wäre, die Teile 1 bis 11 zusammenzufassen. – Ich kann keinen Widerspruch erkennen. Dann rufe ich zur Abstimmung auf.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Wenn Sie zustimmen, machen wir das!)

Aufgerufen ist das Schulgesetz für den Freistaat Sachsen (Sächsisches Schulgesetz) , Drucksache 4/1621, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS. Wir stimmen ab über den Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS über die Überschrift. Wer der Überschrift seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Ich frage nach den Gegenstimmen. – Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einer Anzahl von Zustimmungen ist die Überschrift mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe die Inhaltsübersicht auf. Wer dieser Inhaltsübersicht zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Gleiches Abstimmverhalten. Die Inhaltsübersicht ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Dann rufe ich die Teile 1 bis 11 des Gesetzentwurfes auf. Wer ihnen zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Gibt es Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Es gab eine Reihe von Zustimmungen zu den Teilen 1 bis 11, aber überwiegend Ablehnungen. Demzufolge sind die entsprechenden Teile des Gesetzentwurfes mehrheitlich abgelehnt worden.

Da es keine Zustimmung zu den Teilen des Gesetzes gab, erübrigt sich eine Gesamtabstimmung. Nachdem diese Gesamtabstimmung nicht erforderlich ist, benötigen wir keine 3. Beratung. Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Meine Damen und Herren! Wir behandeln jetzt den

Tagesordnungspunkt 8

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 89/48/EWG des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, für Lehrerberufe

Drucksache 4/3256, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Drucksache 4/4045, Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport

Es ist keine Aussprache vorgesehen. Wünscht dennoch ein Abgeordneter, das Wort zu nehmen? – Ich sehe, dass das nicht der Fall ist. Dann können wir gleich zur Abstimmung kommen. Ich schlage Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise abzustimmen.

Es ist das soeben von mir benannte Gesetz aufgerufen. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Sport. Ich lasse jetzt

über die Überschrift abstimmen. Wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe Einstimmigkeit. Es ist damit beschlossen.

Ich würde die Artikel gleich zusammenfassen. Gibt es dagegen Widerspruch? – Es gibt keine Änderungsanträge. Artikel 1, Artikel 2 und Artikel 3 – wer möchte die Zustimmung geben? – Gibt es Stimmen dagegen? –

Stimmenthaltungen? – Ich sehe eine Stimmenthaltung. Damit ist es mehrheitlich beschlossen.