Es ist auch wichtig, dass wir mit diesem Gesetz einen Beitrag dazu leisten, das Thema Bürgerfreundlichkeit künftig in Meldevorgängen stärker in den Mittelpunkt zu stellen und dass über Online die Möglichkeit besteht, diese Vorgänge mit einer qualifizierten elektronischen Signatur vorzunehmen. Ich könnte es auch anders sagen: Viele Wege des Bürgers zum Amt werden mit diesem neuen Meldegesetz entfallen und notwendige Auskunftsersuchen können daher schneller abgefordert werden.
Ich verspreche mir von dem vorliegenden Gesetz aber auch – auch im Namen meiner Fraktion –, dass die beabsichtigte Kosteneffizienz der neuen Strukturen an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden kann und die Meldeauskünfte damit für alle Beteiligten günstiger werden.
Lassen Sie mich aber auch einige Sätze zu den Ausführungen meines Kollegen Dr. Friedrich sagen. Man könnte jetzt – zumindest ansatzweise – annehmen, dass all die sinnhaften Veränderungen im vorliegenden Gesetz nur auf der Grundlage von Änderungsanträgen der PDS vollzogen worden sind. Dem ist natürlich mitnichten so. Ich möchte ein Beispiel dazu nennen: Sie haben sehr stolz ausgeführt, dass gerade die Frage der Kostenbeteiligung bei Auskunftssperren aus Ihrer Sicht ein entscheidender Erfolg der Linksfraktion war.
Dem muss ich leider vehement widersprechen, da es uns als Koalition im Kern darum ging, noch einmal einen Blick ins Gesetz zu werfen, und wir haben festgestellt, dass im § 7 Melderechtsrahmengesetz eine eindeutige Erklärung enthalten ist, dass diese Auskunftssperren grundsätzlich kostenlos zu erfolgen haben. Nach diesen Vorschriften haben Auskunftssperren eben grundsätzlich kostenlos zu erfolgen. Insofern ist es natürlich aus Sicht der Koalition richtig und sinnhaft, dass wir die eingeforderte Rechtsänderung ausschließlich vor Beendigung des bisherigen rechtswidrigen Zustandes hergestellt haben.
Im Klartext haben wir nichts anderes getan, als einen aus meiner Sicht rechtswidrigen Zustand der Vergangenheit aufzuheben. – Bitte schön.
Herr Kollege, kann ich das, was Sie gerade sagten, dann so interpretieren, dass Sie zunächst den Entwurf vorgelegt haben, ohne ins Gesetz zu schauen, und erst auf Anregung der Linksfraktion ins Gesetz geschaut und die notwendigen Änderungen vorgenommen haben?
Ein guter rhetorischer Versuch, mich aufs Glatteis zu führen. Dem ist natürlich nicht so. Wir haben uns im Prozess der Gesetzgebung an der einen oder anderen Stelle noch einmal die Mühe gemacht zu hinterfragen, ob es sinnhaft wäre, es so zu formulieren. Wir haben letztendlich entschieden, dass wir uns im Kontext mit der Bundesgesetzgebung verhalten sollten. Insofern kam es zu einer sinnvollen Änderung.
Lassen Sie mich zum Schluss zwei Anmerkungen zum Datenschutz machen. Es freut mich, dass vonseiten des Datenschutzbeauftragten keine durchgreifenden Bedenken geltend gemacht worden sind. Der Datenschutzbeauftragte stellt vielmehr heraus, dass bei einem Kommunalen Kernmelderegister die datensicherheitstechnischen Maßnahmen gezielter und die Datenflüsse überschaubarer werden. Insofern – das überrascht Sie sicherlich nicht – ist nach unserer Auffassung der Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS nicht notwendig.
Ich weiß natürlich, dass der Datenschutzbeauftragte etwas zur Frage der regelmäßigen Datenübermittlung an den MDR und an die GEZ in § 30a des Sächsischen Meldegesetzes gesagt hat. Er hat ausgeführt, dass ihm das vor diesem Hintergrund unverhältnismäßig erscheint. Aber auch hier sind wir der Auffassung, dass wir vor dem Hintergrund einer ordnungsgemäßen Rundfunkgebührenerhöhung – jetzt habe ich mich natürlich versprochen, ich meine keine Erhöhung, denn diese haben wir gerade beschlossen, sondern ich meine eine -erhebung –, die zur Wahrnehmung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und seines Programmauftrages notwendig ist, einen regelmäßigen Datenabgleich stattfinden lassen, sodass auch dort der Änderungsantrag der Linksfraktion.PDS nicht sinnhaft ist und am Ziel vorbeigeht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um es gleich vorwegzunehmen: Unsere Fraktion wird den Gesetzentwurf der Staatsregierung trotz einiger nachgelegter Verbesserungen ablehnen.
Durch das so genannte Kommunale Kernmelderegister geht der Entwurf weit über das hinaus, was das Melderechtsrahmengesetz fordert. Nach unserer Auffassung würde das Melderecht durch das KKM und dessen geplante wirtschaftliche Anwendung den Bereich des verwaltungsmäßig Notwendigen verlassen und für andere Aufgaben instrumentalisiert werden. Wir halten dies für grundsätzlich gefährlich, da es den sensiblen Bereich des informationellen Selbstbestimmungsrechts berührt.
Natürlich dürfte die Notwendigkeit eines Einwohnermeldesystems für die meisten Bürger nachvollziehbar sein. Sie denken dabei sicherlich aber nicht an eine verstärkte Verfügung ihrer persönlichen Daten für alle möglichen privaten und geschäftlichen Interessen, sondern daran, dass sie durch die Anmeldung Bürger einer Gemeinde mit allen Rechten und natürlich auch allen Pflichten werden. Sie möchten sich darauf verlassen können, dass dies auch für Fremde gilt, die sich in der Gemeinde niederlassen – vor allen Dingen, dass diese keine vagabundierenden Sozialbetrüger oder sonstigen Kriminellen sind.
Zu den verwaltungsrechtlichen und steuerrechtlichen Gründen kommen also Sicherheitsaspekte, die man unter dem Stichwort „Integrität des Gemeinwesens“ erfassen kann. Gerade diese Aspekte sind aber im Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht ausreichend berücksichtigt worden, im Gegenteil.
In ihrem Bestreben, die mobile, besser gesagt, entwurzelte Gesellschaft zu schaffen, soll das Meldewesen durch die Informationstechnologie nicht etwa qualitativ verbessert und rationalisiert werden, vielmehr ist das Meldewesen so
zweckzuentfremden, dass den unzähligen Zu- und Wegzügen aus dem In- und Ausland möglichst wenig verwaltungstechnische Hindernisse in den Weg gestellt werden.
Das geht zulasten der Integrität unserer Gesellschaft und der Sicherheit ihrer Bürger. Es fängt schon mit der Möglichkeit an, Meldevorgänge über das Internet durchzuführen. Dieses mag der Vereinfachung dienen und die Mobilität fördern, öffnet aber gleichzeitig dem Missbrauch Tür und Tor.
In der Sachverständigenanhörung stellte einer der Experten als Antwort auf eine Frage hierzu sinngemäß Folgendes fest: Wenn sich jemand auf eine Adresse ummeldet und eine fiktive Adresse angibt, unter der er behauptet erreichbar zu sein, gibt es bei dem geplanten Verfahren keine Möglichkeit zu kontrollieren, ob der Ummelder überhaupt derjenige ist, der diese fiktive Adresse angegeben hat. Das kann man nur dann, meine Damen und Herren, wenn man den Ummelder gesehen und ihn mit dem Personalausweis oder dem Pass verglichen hat.
Wenn man die vorgesehene Kontrolle über die Rückmeldung oder eine nachträgliche Ladung als nicht ausreichend erachten würde, müsste man direkt vorschreiben, dass eine Anmeldung nur unter persönlicher Anwesenheit bei der Meldebehörde erfolgen kann. Das, meine Damen und Herren, wäre aber aus unserer Sicht genau das Richtige!
Wir sind der Meinung, dass der Verbleib der Menschen in ihrer Heimat der Normalfall sein sollte und nicht ein Zustand wie zu Zeiten der Völkerwanderung. Wir sind der Auffassung, dass jemandem, der sich in einer neuen Gemeinde niederlässt, durchaus zugemutet werden kann, sich bei einer Meldebehörde persönlich vorzustellen.
Auch die Verwaltung sollte sich die Zeit nehmen dürfen, jeden neuen Gemeindebürger in Augenschein zu nehmen und sich zumindest von seiner Identität persönlich zu überzeugen. Eine Veränderung des Melderechts, die diese selbstverständliche Forderung abschwächt, müssen wir allein schon aus diesem Grund ablehnen.
Die Sachverständigenanhörung beförderte darüber hinaus aber auch konkrete Sicherheitsmängel zutage. So wies die Leiterin des Görlitzer Einwohnermeldeamtes darauf hin, dass bei einer Zugangsmeldung die Überprüfung der Daten mit der angegebenen Wegzugsgemeinde zwar vorgesehen ist, diese Behörde aber nach dem vorgesehenen Verfahren die Daten über die Anfrage nicht speichern kann. Eine spätere erneute Anfrage einer anderen Zuzugsgemeinde zur selben Person dürfte danach in der Regel gar nicht auffallen.
Damit wird professionellen Sozialhilfebetrügern das Leben unnötig leicht gemacht. Wie die Sachverständige feststellte, könnte dieses Loch aber recht einfach durch eine Ergänzung des § 28 Abs. 2 des Meldegesetzes gestopft werden.
Ein weiterer Sachverständiger machte auf ein Problem aufmerksam, das mit dem rot-grünen Staatsbürgerschaftsrecht zusammenhängt. Im Melderegister ist nämlich
festgeschrieben, dass ein in Deutschland geborenes Kind ausländischer Eltern nach der neuen Rechtsprechung neben der Staatsbürgerschaft der Eltern auch den deutschen Pass erhält. Diesen verliert es aber, wenn es die fremde Staatsbürgerschaft nicht bis zum 23. Lebensjahr ablegt und für die deutsche Staatsbürgerschaft votiert. Wie der Sachverständige mehrfach betonte, kann bei Verzug der Person ins Ausland und einer nachfolgenden Rückkehr nach Deutschland die erneute personenbezogene Eintragung im Melderegister, die diesen Eintrag enthält, leicht verloren gehen.
Mit anderen Worten: Es kann leicht passieren, dass das ganze Prozedere bei Bürgern mit doppelter Staatsbürgerschaft verwaltungstechnisch unter den Tisch fällt und die Leute einfach Doppelstaatsbürger bleiben. Aber vielleicht ist es genau das, was Sie mit Ihren Gesetzeslücken erreichen wollen.
Wie erwähnt, ist das Kommunale Kernmelderegister eine Zusatzleistung, die vom Melderechtsrahmengesetz nicht gefordert wird. Dieses verlangt in erster Linie nur die elektronische Übermittlung von Meldedaten zwischen allen Meldebehörden über bestimmte Datenstrukturen. Auf die Finanzierung des KKM will ich nicht näher eingehen, obwohl unter anderem der SAKD-Direktor Karl-Otto Feger dies ausdrücklich infrage stellte. Doch die Frage ist: Wäre es nicht sinnvoller, in die Sicherheit des Meldeverfahrens bei den Meldebehörden statt in die Umwandlung des Meldewesens in eine Marketingfirma zu investieren?
Neben einer Behebung der bereits angesprochenen Sicherheitsdefizite käme zum Beispiel auch eine bessere Unterstützung der Meldebehörden beim Antiviren- und Antihackerschutz infrage. Ich wende mich wohlgemerkt nicht gegen ein zentrales Register als solches, solange dies der Sicherheit und der Erhöhung der Datenqualität dient. Auch nicht der Technikfeindlichkeit gilt es das Wort zu reden, denn es wäre sicherlich sinnvoll, wenn das zentrale Register regelmäßig und automatisch Rückmeldungen an Wegzugsgemeinden durchführen würde, wie es in der Sachverständigenanhörung vorgeschlagen wurde. Aber genau dies, meine Damen und Herren, ist eben nicht vorgesehen.
Für eine vollkommen abwegige Idee halten wir zudem die Verwendung des zentralen Registers als Adressdatei für Werbeagenturen, Inkassofirmen usw. Wie in der Anhörung betont, stellt das Meldewesen einen Grundrechtseingriff dar, nämlich einen Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung. Solche Eingriffe sind vielfach zulässig, wenn sie nicht willkürlich sind, sondern auf einem Gesetz basieren. Dabei sollte immer der Grundsatz bedacht werden, dass kein Eingriff schwerer sein darf als für den zu erfüllenden Zweck unbedingt erforderlich.
erheblich. Statt sich darauf zu konzentrieren, die Sicherheit und die Qualität des eigentlichen Meldewesens zu erhöhen, wird der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger ganz bewusst für eine zusätzliche, nicht notwendige Nutzung des Meldewesens vorgenommen. Das Meldewesen soll für kommerzielle Aufgaben instrumentalisiert werden, und das halten wir für verwerflich.
Abschließend noch eine Bemerkung zum Melderechtsrahmengesetz, das vom Deutschen Bundestag auf der Grundlage von Artikel 75 Grundgesetz beschlossen wurde. Gerade das Melde- und Ausweiswesen ist ein gutes Beispiel dafür, wie notwendig eine Rahmengesetzgebung des Bundes ist. Nach der erzielten Einigung in der großen Koalition über die so genannte Föderalismusreform soll aber gerade Artikel 75 des Grundgesetzes gestrichen werden.
Wäre das schon vorher geschehen, hätten wir heute womöglich einen Gesetzentwurf vorliegen, der zwar diverse Schnapsideen, wie die angebliche Wirtschaftsförderung durch das KKM, enthielte, aber nicht den eigentlich sinnvollen Teil, nämlich die bundesweite Kommunikation zwischen den Meldebehörden. Diese Randbemerkung kann ich mir zum Abschluss nicht verkneifen, auch wenn sie den Inhalt des Gesetzentwurfs nicht direkt betrifft.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass Menschen umziehen, dass sie ihren Wohnort wechseln, ist Normalzustand, das findet im Leben des Öfteren statt – entgegen der von Herrn Apfel hier beschworenen Bodentreue und des Niemals-wegziehen-Dürfens.
(Holger Apfel, NPD: Habe ich überhaupt nicht gesagt! Zuhören! – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS)
Nein, die Realität sieht anders aus und in der Realität wird sich das Meldegesetz sicherlich bewähren, obwohl wir uns auch gewünscht hätten, dass das Bundesmelderechtsrahmengesetz bereits früher umgesetzt worden wäre und obwohl das Bundesmelderechtsrahmengesetz – auch das sei hier gesagt – Meldedaten verlangt, deren Erhebung nicht unbedingt zur Wahrnehmung der Aufgaben eines Meldewesens erforderlich ist. Hier sind allerdings die Versäumnisse bereits beim Bundesgesetzgeber begangen worden, sodass es sich nicht lohnt, im Sächsischen Landtag bei der Ausführung des Bundesmelderechtsrahmengesetzes zu versuchen, diejenigen Fehlentscheidungen zu korrigieren, die der Bundesgesetzgeber gemacht hat.
Erwähnt sei hier insbesondere die Aufnahme der lebenslangen Steueridentifikationsnummer, die jeder Bürger unmittelbar nach seiner Geburt – zu Besteuerungszwecken selbstverständlich, so heißt es – zugeteilt bekommt, die im Melderegister eingetragen wird und die den Bürger fortan begleitet. Da hätte man ebenso gut die gute alte Personenkennziffer aus DDR-Zeiten beibehalten können.
(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die war wenigstens überschaubar!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Einführung einer elektronischen Verwaltung ist aus Kostengründen dringlich. Sie vereinfacht das Verwaltungshandeln, sie entlastet die Behördenmitarbeiter, sie spart Geld und Zeit auch für den Bürger. Deswegen begrüßen wir grundsätzlich die Umsetzung, die hier vorgenommen werden soll, einschließlich der Gründung des Kommunalen Kernmelderegisters, das ebenfalls zu einer wesentlichen Beschleunigung und Vereinfachung im Meldewesen führen wird.
Diesen Verbesserungen stehen allerdings im konkreten Gesetzentwurf auch erhebliche Nachteile gegenüber, meine Damen und Herren. So werden die Daten, die hoheitlich vom Staat erhoben werden, auch weiterhin von den Melderegistern für Zwecke verwendet, die nicht hoheitlichen Ursprungs sind. Da haben wir erhebliche prinzipielle Bedenken, denn für uns Liberale ist klar, dass jeder Grundrechtseingriff, insbesondere im Bereich der Informationsfreiheit, engen Zweckbindungen unterliegt und einer besonderen Rechtfertigung bedarf.