Nun ist Altenburg bei den Thüringern politisch nicht gerade beliebt. Die Staatsregierung in Thüringen hat den Flugplatz Altenburg mit allen möglichen Landessperren und Ähnlichem brutalstmöglich behindert. Im Rahmen einer Anfrage zum Flugverkehrskonzept für Mitteldeutschland konnte uns zum Thema Flugplatz Altenburg nichts gesagt werden.
Es heißt dann, dass nicht gewollt sei, Überkapazitäten auf den Markt zu bringen; Frau Kollegin Dr. Raatz hat das gesagt. Gleichzeitig wird davon gesprochen, dass Erfurt und sogar Magdeburg selbstverständlich einen internationalen Airport brauchten. Aber Überkapazitäten sollen nicht an den Markt gebracht werden! Das passt nicht zusammen.
Ferner heißt es, der Flugplatzausbau solle nachfrageorientiert betrieben werden. Altenburg darf aber nicht stattfinden, obwohl dort das wachsende Marktsegment im mitteldeutschen Raum untergebracht werden könnte.
Es mangelt an allen Ecken und Enden bereits an den Daten, anhand derer ein Verkehrskonzept erstellt werden könnte. Wir haben nach der Anzahl von Flugbewegungen ziviler Unterschallstrahlflugzeuge – das klingt grausam – gefragt. Die Staatsregierung musste darauf antworten: Wir haben keine Zahlen. Wir wissen nicht einmal, wie viele Flugbewegungen ziviler Unterschallstrahlflugzeuge auf den Flughäfen in Erfurt, Leipzig/Halle und Dresden stattfinden. – Das sollte die Staatsregierung aber wissen.
Denn § 48a der Luftverkehrszulassungsordnung schreibt vor: „Flughafen im Sinne dieser Regelung ist ein Zivilflughafen mit mehr als 50 000 Flugbewegungen ziviler Unterschallstrahlflugzeuge im Kalenderjahr.“
Die Staatsregierung ist also nicht einmal in der Lage, für die sächsischen Flughäfen die gesetzlich geforderten Erfassungen im Sinne der Luftverkehrszulassungsordnung – das ist Bundesrecht! – zu erstellen. Ich kann mir vorstellen, dass es unter diesen Voraussetzungen ausgesprochen schwierig ist, irgendein Konzept zustande zu bringen. Wir begrüßen den Antrag gleichwohl und sind darauf gespannt, welches Konzept uns die Staatsregierung nachher vortragen möchte.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Martens, manchmal macht es Spaß, Ihnen zuzuhören. Insbesondere das Problem mit den Zahlen haben Sie sehr schön dargestellt. Es entspricht auch unserem Eindruck: Da sich in letzter Zeit drei Ministerpräsidenten und drei Verkehrsstaatssekretäre getroffen haben, muss hier jetzt etwas auf die Tagesordnung gehoben werden, von dem das Haus noch nicht weiß, was darin steht. Nichtsdestotrotz müssen wir dazu sprechen.
Wir als GRÜNE begrüßen – wie eigentlich alle Fraktionen –, dass sich die Länder Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen auf ein gemeinsames mitteldeutsches Luftver
kehrskonzept einigen wollen; ob sie es getan haben, werden wir noch hören. Wir hoffen dabei auf eine Konzentration auf wenige, wirtschaftliche Standorte, auch um die erheblichen Belastungen des Flugverkehrs für Mensch und Natur zu begrenzen und zu verringern.
Der Antrag begehrt die Erläuterung der wesentlichen Leitlinien des Konzeptes. Dazu gehört vor allem eine Einigung darüber, welche Flughäfen weiterentwickelt werden sollen und welche eben nicht. Das ist der springende Punkt.
Wir als GRÜNE sind aber am meisten darauf gespannt, ob Sie die Luftverkehrspolitik weiter nur als Funktion der Infrastrukturpolitik verstehen, verbunden mit der Hoffnung, durch die Verbesserung eines solchen Infrastrukturangebotes auch Arbeitsplätze nach Sachsen zu holen, oder ob Sie auch die ökologischen Rahmenbedingungen wahrnehmen. Einige meiner Vorredner haben darauf hingewiesen, dass das Billigfliegerunwesen, das zum Beispiel Altenburg zu einem angeblich wirtschaftlichen Standort gemacht hat, nur vorstellbar ist, weil der Flugverkehr in vielerlei Hinsicht, nicht nur durch die Freistellung von der Kerosinbesteuerung, in ganz erheblichem Maße subventioniert wird. Frau Kipping hat dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass an dieser Stelle wieder der Satz „Hoffnung vor Kenntnis“ gestellt wird.
Herr Jurk, wir erwarten von diesem Konzept insbesondere eine Darstellung der Umweltfolgen, der Lärmwirkungen auf die Umgebung und der Auswirkungen auf den CO2Ausstoß des Flugverkehrs. Auch wenn es Sie nicht interessiert, darf ich Sie an Folgendes erinnern: Die Emissionen in der EU bei internationalen Flügen wuchsen von 1990 bis 2003 um satte 73 %.
Ich spreche Sie an, Herr Jurk, weil ich davon ausgehe, dass Sie sich im Rahmen der Gesamtverantwortung der Staatsregierung auch um umweltpolitische Themen kümmern müssen.
(Staatsminister Thomas Jurk: Sie unterstellen, mich würde das nicht interessieren. Das finde ich nicht in Ordnung von Ihnen!)
Ich bin doch gespannt. Das habe ich soeben zum Ausdruck gebracht. Ich werde gleich hören, was Sie sagen.
Wollen Sie mir weiter meine Redezeit klauen? Wir haben bereits gestern darüber gesprochen, dass das unfair ist.
Es ist daran zu erinnern – auch Frau Kipping hat das getan; ich wiederhole es gern –, dass der Ausstoß in
hohen Flughöhen besonders schädlich ist. Durch den steilen und ungebremsten Anstieg der CO2-Emissionen drohen die geringen Reduktionserfolge der EU seit 1990 verloren zu gehen. Wir erhoffen uns von dem Konzept, dass endlich die Streuförderung regionaler Verkehrslandeplätze beendet wird. Der Freistaat Sachsen ist schon heute den Anforderungen des Passagier- und Frachtaufkommens vollständig gewachsen.
Die Ansiedlung der DHL, die hier schon verschiedentlich gefeiert wurde, ist allein durch Umweltdumping erreicht worden. Anderen Flughäfen wurde diese Ansiedlung abgeworben. Wir halten das weiterhin für eine Ansiedlung auf tönernen Füßen und werden uns, so fürchte ich, in vier oder fünf Jahren wieder sprechen müssen.
Wir erwarten uns von dem Konzept eine Beendigung der Geldverschwendung. Hier muss der betrugsumwobene Flughafen Erfurt genannt werden. Letzte Woche war zu lesen, dass – man höre! – Fluggastzahlen gefälscht worden seien, um eine weitere Subventionierung, möglicherweise durch Thüringen, zu erreichen.
Nicht nachvollziehbar ist für uns, dass im gemeinsamen mitteldeutschen Luftverkehrskonzept offenbar immer noch an den kleinen Flughäfen Magdeburg-Cochstedt und Altenburg-Nobitz festgehalten werden soll. Die Nähe beider Landeplätze zum Leipziger Airport führt zu einer starken Konkurrenz um die Passagiere. Der idyllische Waldflugplatz Altenburg-Nobitz konnte sich trotz der Interventionen der FDP dort im Lande nur durch kräftige Quersubventionierungen halten. Dafür musste bekanntermaßen auch ein Wald auf sächsischem Territorium gefällt werden.
Frau Kipping, ich habe dort sehr genau zugehört, Sie haben zu Altenburg gar nichts gesagt. Das mag möglicherweise damit zusammenhängen, dass sich die PDS in Thüringen auch sehr stark für Altenburg eingesetzt hat.
Wir hoffen als GRÜNE, dass die Europäische Richtlinie zur Finanzierung von Flughäfen, die ab 2007 gilt, den steuerbezahlten Wildwuchs von lokalen Flughäfen eindämmt. Nach diesen Planungen dürfen nur noch Anschubfinanzierungen bei der Aufnahme von Flugrouten und keine Dauerfinanzierung mehr gewährt werden.
Zum Schluss möchte ich mir das Vergnügen nicht ersparen, den Herrn Kollegen von der SPD formal zu zitieren, der diesen schönen Spruch getätigt hat: „Man hat den Eindruck, was in der Vergangenheit Schwimm- und Spaßbäder waren, das sind für einige Landräte heute die Regionalflughäfen.“
Ich hoffe, dass dies bald aufhört und bin wirklich voller Spannung, Herr Staatsminister Jurk, was uns jetzt von Ihnen vorgetragen wird.
Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung; Herr Minister Jurk.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Damen und Herren! Lieber Vorredner Herr Lichdi, wenn Sie jetzt zuhören würden und nicht die Gespräche innerhalb der Fraktion führten, würden Sie vielleicht auch hören, was ich Ihnen mitzuteilen habe.
Lassen Sie mich heute kurz zum Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland berichten. Lassen Sie mich das Konzept dann in einen Gesamtrahmen einbinden.
Zunächst zum Verfahren: Die Staatskanzleien von Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen baten die Verkehrsminister, ein Konzept zu erarbeiten. Das haben wir getan. Die endgültige Abstimmung des Entwurfs erreichte die Staatssekretäre am 11. August 2005 in Halle. Diesem Entwurf stimmten die Verkehrsminister zu. SachsenAnhalt und Sachsen haben das Konzept bereits den Staatskanzleien vorgelegt. Es ist also bei uns in der Staatskanzlei. Beauftragt ist das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit, das auch für Verkehr zuständig ist. – So viel zunächst zum Verfahrensstand.
Nun zu den Inhalten: Das Luftverkehrskonzept umfasst drei Kapitel. Im Einführungskapitel haben wir die wesentlichen verkehrspolitischen Grundlagen und Rahmenbedingungen genannt. Grundlagen sind für unsere Verkehrsflughäfen der Luftverkehr als Wirtschafts- und Standortfaktor sowie seine arbeitsmarktpolitische Bedeutung. Die entscheidenden Rahmenbedingungen sind der Luftverkehrsmarkt generell sowie seine neuesten Entwicklungen. Danach haben wir unsere internationalen Verkehrsflughäfen analysiert und ihre Stellung im Markt dargestellt. Auf dieser Grundlage wurden Leitlinien erarbeitet. Dieses Kapitel definiert gemeinsame Standpunkte und Möglichkeiten zukünftiger Zusammenarbeit in Mitteldeutschland.
In der ersten Leitlinie verpflichten sich die Länder, den Flughafen Leipzig/Halle gemeinsam zu stärken. Sie wollen ihn in der Entwicklung zum Umsteigeknoten unterstützen.
In der zweiten Leitlinie ist festgelegt, die Flughäfen Erfurt und Dresden sowie ein Flugplatz im Großraum von Magdeburg sollen nationale und europäische Linienverbindungen sowie den Tourismusverkehr entwickeln. Daran anknüpfend verpflichten sich die Länder, keine weiteren Kapazitäten an den Markt zu bringen. Diese Leitlinie steht im direkten Zusammenhang mit den regionalen und lokalen Verkehrslandeplätzen.
Nach dem Luftverkehrskonzept sollen die Verkehrslandeplätze den Bedarf der allgemeinen Luftfahrt absichern, sie sollen also für Geschäfts- und Werksverkehr sowie für Luftsport und andere private Nutzungen zur Verfügung stehen. Die Länder wollen damit einen fairen und von Dauersubventionen freien Wettbewerb gewährleisten.
Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen haben in der Luftverkehrspolitik ein großes Maß an Übereinstimmung erzielt, was nicht unbedingt leicht war. Die Länder planen, zukünftig noch stärker zusammenzuarbeiten. Damit wollen wir letztlich auch unser Gewicht gegenüber dem Bund und der Europäischen Union erhöhen.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Luftverkehrskonzept ist nur die eine Seite der Medaille. Es setzt den politischen Rahmen. Die Luftverkehrswirtschaft selbst wird hauptsächlich an unseren Verkehrsflughäfen entwickelt, und zwar von den Flughäfen und den Luftfahrtunternehmen. Hier müssen die Angebote für die Wirtschaft und die Menschen in Sachsen stimmen. Dann entwickelt sich der Luftverkehr.