Wir erinnern uns: Nachdem in den sechziger Jahren die DDR-Flugzeugindustrie von einem Tag auf den anderen abgeschaltet wurde, wurde die Luftverkehrsinfrastruktur insgesamt vernachlässigt. Zum Ende der DDR hatten wir kaum noch einen funktionierenden Flugverkehr. Im militärischen Bereich sah es allerdings etwas anders aus.
Bisher wurden 1,4 Milliarden Euro an Investitionen durch die Mitteldeutsche Flughafen AG getätigt, davon zirka eine Milliarde Euro in Leipzig und 450 Millionen Euro in Dresden. Das betrifft einmal die 3 600 Meter lange und 60 Meter breite Nordbahn in Leipzig/Halle mit Hauptterminal und Parkhaus sowie in Dresden die neue Start- und Landebahn neben der alten Bahn mit einer Verlängerung auf 2 850 Meter. Dazu gehören die neuen Terminalgebäude, die das prognostizierte Luftverkehrswachstum der nächsten Jahre abdecken sollen und die später modular bedarfsgerecht erweitert werden können.
Darüber hinaus sind 380 Millionen Euro für den aktuellen Ausbau der Landebahn Süd in Leipzig vorgesehen. Auch DHL plant eine eigene Investition in der Größenordnung von 300 Millionen Euro an dem Standort.
Zum Vergleich möchte ich sagen, dass der Flughafen Frankfurt am Main für 3,4 Milliarden Euro ausgebaut werden soll. Dieser Beitrag wird allerdings von der Fraport AG allein aufgebracht.
Die beispielhafte Verknüpfung von Luftverkehrs-, Schienen- und Straßenanbindung macht die Flughäfen der Mitteldeutschen Flughafen AG zu Drehscheiben für den Passagier- und Güterverkehr. Beide Flughäfen verfügen über eigene Autobahnausfahrten usw. Sicher ist jeder schon einmal dort gewesen.
Bei diesen gewaltigen Investitionen ist trotz der Entscheidungsfreiheit der Länder eine möglichst weitgehende Abstimmung mit den benachbarten, im Einzugsbereich liegenden Bundesländern nicht nur zu begrüßen, sondern zwingend erforderlich.
Es existiert das Flughafenkonzept der Bundesregierung. Dabei geht es aber in erster Linie um die Einbindung der Entwicklung der großen Flughäfen in den Bundesverkehrswegeplan. Unsere Flughäfen wurden dabei bisher nicht beachtet. Entsprechende Änderungen werden jedoch angemahnt. Die Staatsregierung führt deshalb Gespräche mit unseren Nachbarn, insbesondere Sachsen-Anhalt und Thüringen, und arbeitet auf der Basis der Mitteldeutschen Initiative an einem gemeinsamen Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland. Voran in dieser Betrachtung stehen die in diesem Raum vorhandenen drei internationalen Flughäfen Leipzig/Halle, Dresden und Erfurt, deren wirtschaftliche Funktion im Passagierbereich durch den Linien- und
den einreisenden Tourismusverkehr sowie durch den Frachtverkehr, den Werksflugverkehr und weitere Teile der allgemeinen Luftfahrt zu beschreiben ist. Das wird grundsätzlich durch die soziale und kulturelle Komponente des Pauschalreisetourismus ergänzt. Luftverkehr steht also auch für Lebensqualität.
Im Jahr 2004 hatten Leipzig/Halle und Dresden über 84 % der Flugbewegungen, Erfurt nur knapp 16 %. Ich sage das, um die Relationen einmal zu verdeutlichen.
Aber auch Regionalflughäfen, Verkehrs- und Sonderlandeplätze sind im Visier und müssen in das Konzept eingeordnet werden. Letztere sollen den Bedarf der allgemeinen Luftfahrt absichern und Regionen, welche nicht in der Nähe der Verkehrsflughäfen liegen, für den Geschäfts- und Werkverkehr als Teil der Daseinsfürsorge erschließen. Sieht man sich die Zahl der Flugbewegungen auf den mehr als 20 sächsischen Landeplätzen in den letzten Jahren einmal genauer an, wird man feststellen, dass auf manchem Platz, dessen Namen kaum einer kennt, eine beachtliche Nutzung im nichtgewerblichen Sektor erfolgt. Viele dieser Plätze werden auch in erheblichem Maße gewerblich genutzt und sind damit für die jeweilige Region ein gewichtiger Standortfaktor.
Abschließend ist zu sagen: Ziel des Konzeptes muss es sein, einem volkswirtschaftlich unsinnigen Subventionswettbewerb und einer Fragmentierung des mitteldeutschen Luftverkehrs entgegenzuwirken. Das gemeinsame Luftverkehrskonzept sollte dazu beitragen, Fehlinvestitionen in die Luftverkehrsinfrastruktur zu vermeiden, sowie helfen abzusichern, dass in Mitteldeutschland alle Flughäfen perspektivisch zumindest ihre Betriebskosten dauerhaft erwirtschaften.
Zunehmend achtet die Europäische Union nicht nur auf die Harmonisierung des Vorschriftenwesens, sondern auch auf die Liberalisierung des Marktes sowie auf freien Wettbewerb ohne staatliche Subventionen.
Einer von manchen gewünschten Zentralisierung des deutschen Luftverkehrs auf die Drehkreuze Frankfurt und München müssen wir mit diesem Konzept unsere Alternative entgegenstellen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Prof. Bolick hat schon ausgeführt, dass eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur natürlich auch in Sachsen notwendig für die allgemeine Mobilität und wirtschaftliche Dynamik ist. In der Vergangenheit haben wir häufig über die Straße und die Schiene gesprochen, allerdings weniger über den
Flugverkehr. Ich denke aber, das ist ein Thema, dem wir uns zukünftig noch häufiger zuwenden müssen.
Wir haben in Sachsen gut entwickelte Flughäfen, mit denen es aber im Bereich der Passagiere nicht in jedem Falle zum Besten steht.
Dem Flugverkehr kommt jedoch – das wissen wir – auch aufgrund der immer globaler werdenden Welt eine zunehmend wichtige Rolle zu. Wir als Sachsen wollen daran teilhaben, das heißt, relativ viel Flugverkehr von unseren vorhandenen Flughäfen aus abwickeln. Für Sachsen bedeutete das zunächst, dass wir unsere noch aus DDRZeiten vorhandenen Defizite abbauen mussten. Der größte Teil des Flugverkehrs ging früher von Berlin-Schönefeld aus. Unsere Flughäfen waren dementsprechend unterentwickelt. Nach der Wende geschah ein relativ zügiger Ausbau der Flughäfen Dresden und Leipzig. Sie wurden modernisiert und mittlerweile nehmen beide Flughäfen ihre Rolle als internationale Verkehrsflughäfen wahr.
Die Flughäfen in Dresden und Leipzig unterscheiden sich kaum noch von denen in Stuttgart oder Nürnberg, sodass wir – denke ich – von Sachsen aus viele Passagiere in die Welt befördern können. Aber natürlich können wir sie darüber auch zu uns nach Sachsen holen.
Nun gilt es allerdings, sich den laufenden Anforderungen und Problemen zu stellen, wozu auch gehört, sich den anwachsenden Verkehrsströmen, zum Beispiel durch die erweiterte Europäische Union, zu stellen und diese über unsere Flughäfen zu führen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Die Maßgabe für die Entwicklung unserer Flughäfen muss aber sein, nur so viel Kapazität zu schaffen, wie der Markt nachfragt, und zwar auch nur dort, wo der Markt tatsächlich ist, und dies alles mit realistischem Blick und ohne Planungen nach dem Motto „Wünsch Dir was“, wie es zum Teil in der Vergangenheit erfolgte.
Sachsen hat eben mit den Flughäfen Leipzig und Dresden zwei internationale Verkehrsflughäfen, deren Bestand und Weiterentwicklung auf der sächsischen Agenda steht. Im Jahr 2004 hatten Leipzig/Halle und Dresden mit über 84 % den wesentlichen Anteil an den Flugzeugbewegungen. Wenn man sich dazu einmal Erfurt zum Vergleich ansieht, waren dort nur 15,7 % der Flugbewegungen zu verzeichnen. Erfurt bleibt also deutlich hinter denen von Leipzig/Halle und Dresden zurück.
Im gesamten Betrachtungszeitraum nahmen allerdings die gewerblichen Flugzeugbewegungen um annähernd 25 % pro Jahr an den drei Flughäfen kontinuierlich ab. Natürlich ist ein Grund dafür, dass auch größere Fluggeräte eingesetzt wurden. Aus diesem Grund und zur Sicherung der guten Standortvoraussetzungen für Investitionsvorhaben haben die Koalitionspartner den 24-Stunden- Flugbetrieb auf dem Flughafen Leipzig/Halle unterstützt. Unsere Bemühungen tragen langsam auch erste Früchte. Ich verweise auf die Großansiedlung von DHL in Leipzig. Bei DHL in Leipzig werden direkt 3 500 Arbeitsplätze geschaffen. Man prognostiziert – wir hoffen alle, dass es
auch so kommt –, dass die doppelte Anzahl, nämlich etwa 7 000 Arbeitsplätze, im Umfeld von DHL entstehen wird. Positiv hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass es für die Beschäftigten von DHL vor kurzem einen Haustarifvertrag gab.
Doch allein damit können wir nicht zufrieden sein. Wir müssen natürlich über den sächsischen Tellerrand hinausschauen. Auch mein Kollege Herr Prof. Bolick hat dazu schon einige Anmerkungen gemacht. So stellen etwa der geplante Flughafen Berlin-Brandenburg international und der Prager Flughafen auch für Leipzig und Dresden neue Herausforderungen dar. Während der Flughafenneubau in Berlin sicher noch – und hoffentlich – auf sich warten lässt, sieht man aber schon, dass es beim Flughafen Prag etwas anders sein wird.
Nach Fertigstellung der A 17 wird dieser Flughafen in weniger als einer Stunde zu erreichen sein und mit seinem attraktiven Flugangebot dann zu einer echten Konkurrenz vor allem für Dresden werden. Außerdem stagniert der Luftverkehrsmarkt in Mitteldeutschland insgesamt in den vergangenen Jahren hinsichtlich des Passagieraufkommens. Das ist auch darauf zurückzuführen, dass sich Leipzig/Halle und Dresden in der Vergangenheit auf die Akquisition etablierter Luftverkehrsgesellschaften konzentrierten. Dies haben wir, CDU und SPD, schon mehrfach kritisiert. Damit sind zwar stabile Verbindungen in die Tourismus- und Nachfrageschwerpunkte sowie in die deutschen Drehkreuze entstanden, trotz alledem müssen aber in Zukunft verstärkt Angebote von Low-cost- Carriern sowie im Frachtbereich hinzukommen. Dass das nicht so einfach ist, konnten wir in der Vergangenheit verfolgen. So haben wir also doch noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Wichtig aber ist, dass sich die Länderregierungen darin einig sein müssen, keine weiteren Kapazitäten auf den Markt zu bringen, denn kritisch anzumerken ist, dass in den vergangenen Jahren massive Überkapazitäten entstanden sind. Exemplarisch kann man zum Beispiel auch auf Leipzig verweisen, obwohl wir da natürlich zukünftig eine sehr gute Entwicklung erwarten. Das dortige Terminal verfügt über eine Kapazität von 4,5 Millionen Passagieren pro Jahr. Eine weitere Ausbaustufe wäre möglich. Dann hätte man eine technische Maximalkapazität von sogar sieben Millionen Passagieren pro Jahr. 2004 wurden allerdings in Leipzig nur etwa zwei Millionen Passagiere abgefertigt. Daher ist es umso wichtiger, dass neue Kapazitäten wirklich nur noch dort geschaffen werden, wo eine echte Nachfrage besteht und eine Wirtschaftlichkeit gewährleistet ist.
Deshalb ist es für uns ganz wichtig – darum bitten wir auch um Zustimmung zu unserem Antrag –, dass das Vorhaben des mitteldeutschen Flughafenkonzeptes umzusetzen ist, denn wir denken, dass wir nur gemeinsam – Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt – unseren Zielen gerecht werden können.
Aufgrund der zentralen geografischen Lage, der sehr gut entwickelten und vernetzten Infrastruktur sowie der
regionalen Wirtschaftskraft ist Leipzig-Halle der stärkste Verkehrsflughafen in Mitteldeutschland. Wir behaupten hier unsere Position. Auch die anderen beiden Bundesländer unterstützen Leipzig/Halle bei seiner Entwicklung zum internationalen Verkehrsflughafen und Umsteigeknoten für den gesamten mitteldeutschen Luftverkehr. Ziel ist es dabei, den Verkehrsflughafen insgesamt weiterzuentwickeln und vor allem auch die Angebote zu verbessern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Prof. Bolick wies darauf hin, dass wir eine Vielzahl ehemaliger Militärflugplätze in Sachsen, aber auch in den anderen Bundesländern haben, die hauptsächlich zivilen Flugverkehr betreiben. Auch hier muss man schauen, ob wirklich jedes Dorf einen Flugplatz braucht, denn nicht jede Kreisstadt kann im Endeffekt einen internationalen Flughafen haben. Auch das wird Inhalt dieses Luftfahrtkonzeptes sein. Hier muss man auch den Bürgermeistern und Landräten ehrlich sagen, dass es nicht überall gut ausgebaute Flughäfen geben kann, weil wir nicht mit der Gießkanne Hunderte von Millionen über defizitäre Regionalflugplätze ohne Entwicklungspotenzial verteilen können. Herr Prof. Bolick nannte ja vorhin schon die Investitionssumme, die wir alleine in Leipzig-Halle und Dresden verbaut haben. Das können wir uns zukünftig nicht mehr so leisten und das ist meiner Meinung nach auch nicht notwendig. Das heißt, dass der weitere Ausbau ehemaliger Militärflughäfen nicht mehr durch staatliche Subventionen unterstützt wird. Das ist unter anderem Inhalt des Luftfahrtkonzeptes.
Das bedeutet natürlich nicht, dass nun alle Flughäfen neben Dresden und Leipzig zu schließen sind, denn auch abseits dieser Großstädte besteht Bedarf für Flugverkehr. So will zum Beispiel Sachsen-Anhalt in der Nähe von Magdeburg auch einen Flughafen haben und betreiben. Hier muss dann das Luftfahrtkonzept Mitteldeutschland ansetzen und für jeden Flugplatz eine Zukunftsprognose und ein entsprechendes Entwicklungskonzept schaffen. Flugplätze ohne Potenzial müssen aber auch geschlossen und jene mit sehr guten Zukunftsaussichten von allen Bundesländern entsprechend mit gefördert werden.
Schließlich muss das Luftfahrtkonzept Mitteldeutschland Lösungen bereithalten, um der Zentralisierung des deutschen Luftverkehrs auf die Flughäfen Frankfurt und München entgegenzuwirken. Eine solche Zentralisierung ist nicht im Interesse von Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Wir müssen unser dezentrales Flughafensystem wettbewerbsfähig halten. Das gemeinsame Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland ist ein erster Schritt gerade in dieser Richtung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion begrüßt generell, dass das mitteldeutsche Luftverkehrskonzept bearbeitet wird. Wir begrüßen auch, dass es zu einer Verständigung zwischen den Ländern im mitteldeutschen Raum gekommen ist. Schließlich ist es dringend erforderlich, dass sich weitere Planungen und Ausbaumaßnahmen zukünftig stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren.
Mit diesem Anspruch, dass sich die weiteren Kapazitätserweiterungen am tatsächlichen Bedarf orientieren, stehen wir als Linksfraktion nicht allein. So hat unter dem Vorsitz von Bundesminister Stolpe ein Initiativkreis „Luftverkehr für Deutschland“ einen so genannten Masterplan erarbeitet. Darin heißt es unter dem ersten Kernpunkt „Bedarfsgerechte Infrastrukturentwicklung“: „Neue Kapazitäten sind nur dort zu schaffen, wo entsprechende Nachfrage- und Rentabilitätsaussichten bestehen.“ Ich finde, diesen Anspruch sollten wir auch hier in Sachsen ernst nehmen.
Eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir nicht überplanmäßig erweitern, sind ordentliche, solide Prognosen. Da muss man einsehen, dass die bisherigen Prognosen nicht sehr realistisch waren.
Ich kann Ihnen aus einer Studie zitieren, die das Regierungspräsidium Leipzig in Auftrag gegeben hat und die von dem Institut ProgTrans erarbeitet wurde. Hier wurden die bisherigen Prognosen für den Flughafen Leipzig unter die Lupe genommen und dabei ist man zu einer interessanten Erkenntnis gekommen. Für die Zukunft wurden bisher immer Wachstumsraten bei den Flugbewegungen von mindestens, also im schlechtesten Fall, 3,3 % im Jahr angenommen. Aber diese Prognosen stehen im eklatanten Widerspruch zu den ganz konkreten, praktischen Erfahrungen in den letzten Jahren. Da hat es nämlich 1996 bis 2000 einen negativen Entwicklungstrend gegeben, den man völlig außen vor gelassen hat.
Ich finde, dass wir hier mehr Realismus wagen sollten. Es ist niemandem geholfen, wenn wir uns die Welt schönprognostizieren und am Ende immer wieder das böse Erwachen wartet.