Protocol of the Session on October 5, 2005

Mag sein, dass Sie da anderer Meinung sind – das sei Ihnen unbenommen. Wir möchten unseren Antrag zur Abstimmung bringen und ich bitte nochmals um Zustimmung. Es wäre eine sozial gerechte Sache, wenn Sie dem zustimmen würden.

(Beifall bei der NPD)

Ich stelle nun die Drucksache 4/2952 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 8

Flexibilisierung bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen

Drucksache 4/2783, Antrag der Fraktion der FDP

Die Reihenfolge in der ersten Runde: FDP, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der FDP-Fraktion das Wort; Herr Abg. Morlok, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Straßenausbau in Sachsen ist bei unseren Kommunen nach wie vor ein wichtiges Thema. Wir haben in den neuen Bundesländern im Vergleich zu den Altbundesländern hierin erheblichen Nachholbedarf. Der Straßenausbau gerade in den Städten ist von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Kommunen, für das Gewerbe innerhalb der Kommunen. Der Straßenausbau liegt im Interesse der Einwohner – allgemein der Einwohnerschaft der entsprechenden Kommunen –, und wenn wir zu den Anliegern kommen, liegt er manchmal im Interesse der Anlieger, manchmal aber auch nicht.

Dieser Zwiespalt macht das Thema Straßenausbaubeitragssatzungen und Straßenausbaubeiträge so kompliziert.

Wenn es sich um Verkehrsberuhigung handelt, wenn es sich um Lärmminderung handelt, ist es selbstverständlich, dass die Anlieger den Maßnahmen zustimmen; wenn aber eine Straße verbreitert, für den Durchgangsverkehr geöffnet wird, dann ist die Maßnahme sicherlich im Interesse der Allgemeinheit, aber man muss doch objektiv konstatieren, dass man nachvollziehen kann, dass sich Anlieger von diesen Maßnahmen nicht gerade begeistert zeigen. Wenn sie dann auch noch zur Finanzierung derselben herangezogen werden, dann ist das schon etwas problematisch.

Formal steht den Kommunen die Erhebung der Straßenausbaubeiträge frei. Allerdings ist diese formale Freiheit faktisch angesichts der Haushaltslage in unseren Kommunen nicht mehr gegeben. Letztendlich werden kommunale Haushalte nur noch dann genehmigt, wenn die Möglichkeiten der Beitragserhebung ausgeschöpft sind. Dies führt dazu, dass die Kommunen gerade noch Handlungsspiel

raum haben. In vielen Fällen wird sogar seitens der Aufsichtsbehörde der prozentuale Anteil der Straßenausbaubeiträge vorgegeben. Der Ermessensspielraum, der eigentlich im Gesetz gewollt wurde, ist für die Kommunen auf null gesunken.

Ich möchte Ihnen mal ein Beispiel geben, das wir jetzt aktuell im Stadtrat von Leipzig hatten. Da wird die innere Jahnallee ausgebaut – drei Bauabschnitte. Zwei Bauabschnitte werden im Rahmen des OlympiaSofortprogramms gebaut, mit entsprechenden Zuschüssen – deswegen keine Straßenausbaubeiträge –; ein Abschnitt ist nicht in das Programm hineingekommen, wird ganz normal finanziert und ist deswegen beitragspflichtig.

Jetzt erklären Sie einmal den Menschen, die in den drei Abschnitten der Jahnallee wohnen, warum an zwei Abschnitten keine Beiträge, aber an einem Abschnitt Beiträge bezahlt werden müssen. Solche Effekte hat niemand gewollt, als die entsprechenden Gesetze eingeführt wurden. Allerdings führt die strenge Form, die wir momentan haben, dazu, dass der Kommune kein anderer Weg bleibt, als es so zu machen und die Beiträge entsprechend festzusetzen, sodass man es sich überlegt, ob man dann, wenn die Widersprüche kommen, diesen Sachen einfach im Widerspruchsverfahren stattgibt, und das ist dann irgendwo beabsichtigt. Dies ist inzwischen in den Kommunen reale Politik geworden und ich denke, dass wir uns diesen Gegebenheiten zuwenden und ihnen Rechnung tragen müssen.

Dass dem so ist, hat sich auch bei den Koalitionsfraktionen herumgesprochen. Deswegen haben sie ja auch in ihrem Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass die Einnahmenbeschaffungsgrundsätze mit dem Ziel modifiziert werden sollen, eine Flexibilität bei der Erhebung der Straßenausbaubeiträge zu ermöglichen, und dass vor allem das Problem der rückwirkenden Erhebung für Baumaßnahmen, die schon eine ganze Zeit zurückliegen, möglicherweise entschärft werden kann.

Wir müssen einfach konstatieren, dass es sich nicht um Kleinbeträge handelt; es kann für den einen oder anderen Anlieger mal relativ schnell mehrere zehntausend Euro bedeuten, die bezahlt werden müssen, und so etwas rückwirkend. Deshalb gibt es gute Gründe, dass wir hier handeln sollten.

Wir verfolgen mit unserem Antrag zwei Grundrichtungen. Die eine ist, durch verschiedene Informationen durch die Staatsregierung entsprechend in die Lage versetzt zu werden, das Problem zu beurteilen und im Plenum diesbezüglich sachgerecht zu entscheiden; und zum anderen die Staatsregierung aufzufordern, möglichst zügig – wir haben als Frist den 31.12.2005 genannt – einen Antrag vorzulegen, damit das drängende Problem zeitnah erledigt werden kann.

Wenn ich den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen sehe, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass wir inhaltlich eigentlich gar nicht auseinander sind. Das heißt, Sie tragen unseren Antrag voll mit; was die beschriebene Problematik angeht, sind Sie – so sehe ich das – auf

unserer Seite. Der einzige Dissens, der zwischen der FDPOpposition und der CDU-/SPD-Regierung verbleibt, ist die Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Staatsregierung. Hier haben wir nach wie vor einen Dissens. Während wir als FDP-Fraktion der Staatsregierung sehr wohl zutrauen, ein entsprechendes Gesetz bis zum 31.12.2005 vorzulegen – deswegen haben wir es ja so beantragt –, haben offensichtlich die Koalitionsfraktionen erhebliche Zweifel, ob die von ihnen getragene Staatsregierung dies leisten kann. Anders kann ich Ihren Änderungsantrag nicht interpretieren. Vielleicht liegt es daran, dass Sie als Koalitionsfraktionen etwas näher an der Regierung dran sind und etwas tiefere Einblicke in den Regierungsalltag haben als die FDP-Opposition; aber wir trauen der Staatsregierung dies nach wie vor zu.

Ich kann Ihnen auch folgen, wenn Sie mit dem Termin 31.12.2005 nicht mitgehen können; dann kann man sich auf ein anderes Datum verständigen. Aber auf der einen Seite zu sagen, wir haben hier ein Problem, wir erkennen es an, wir sehen Handlungsbedarf, und auf der anderen Seite zu sagen, wann wir das Problem lösen, das schreiben wir erst gar nicht fest, dies halte ich nicht für sachgerecht. Denn wenn wir hier gemeinsam ein Problem sehen, dann sollten wir uns auch gemeinsam auf ein Datum verständigen können, bis wann wir eine Lösung auf dem Tisch haben. Wenn es eben der 31.12.2005 nicht sein kann, dann sind wir als FDP-Fraktion offen, uns heute in der Diskussion auf einen anderen Termin zu verständigen. Ich bin gespannt, was die Staatsregierung sagt, was sie selber dazu leisten kann. Unter Umständen können wir dann gemeinsam zu einem Termin kommen, der sowohl von der Staatsregierung als auch von den Regierungsfraktionen als akzeptabel angesehen wird.

Im Interesse der höheren Flexibilität für die Kommunen in dieser Frage bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Die CDUFraktion, bitte; Herr Abg. Schowtka.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegin und Kollegen von der FDP-Fraktion: Es ist weder ein Ausdruck von Souveränität, ganz zu schweigen von Seriosität, sich Passagen aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD herauszupicken und hier als Antrag zu präsentieren.

(Beifall bei der CDU)

Ist es der neue Stil der FDP in Sachsen, sich mit fremden Federn zu schmücken?

(Torsten Herbst, FDP, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Statt eigener Gestaltungsideen wird abgekupfert, was das Zeug hält.

(Starke Unruhe – Zurufe)

Ich frage mich, was demnächst noch alles auf dem Gebiet der Innenpolitik von den Seiten 64 bis 73 des Koalitionsvertrages vom 8. November vorigen Jahres abgeschrieben wird. Glauben Sie, dass Ihnen das bei Ihren Anhängern Ansehen verschafft?

Doch zur Sache.

(Johannes Lichdi, GRÜNE, steht am Mikrofon.)

Danke, Herr Lichdi.

(Heiterkeit – Unruhe)

Die Grundsätze der Einnahmenbeschaffung sollen noch in dieser Wahlperiode mit dem Ziel modifiziert werden, den Kommunen mehr Flexibilität bei der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen zu ermöglichen.

(Torsten Herbst, FDP: Wenn Sie es nicht auf die Reihe bekommen, müssen wir es eben versuchen!)

Auch eine rückwirkende Erhebung von Straßenausbaubeiträgen soll damit entfallen – wie dies in anderen Ländern schon möglich ist. Wir wollen die Gemeindeordnung so ändern, dass nicht mehr in jedem Fall Straßenausbaubeiträge erhoben werden müssen, und nicht mehr in jedem Fall auch nachträglich. Wir werden aber nichts vorschreiben.

Meine Damen und Herren! Wir wollen den Kommunen mehr Flexibilität zur Finanzierung ihrer Straßenbauarbeiten geben. Wie dies im Einzelnen im Sächsischen Kommunalabgabengesetz geregelt werden kann, können wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Deshalb erscheint uns auch ein Bericht der Staatsregierung an den Landtag über die tatsächlichen Grundlagen der Erhebung von Straßenausbaubeiträgen durchaus sinnvoll.

Nicht sinnvoll erscheint uns allerdings eine Fristsetzung gegenüber der Staatsregierung. Wir meinen, dass noch andere Änderungen an der Gemeindeordnung und der Landkreisordnung sinnvoll sind. Zugleich benötigt die kommunale Ebene Planungssicherheit. Das bedeutet, dass nicht alle zwei, drei Monate oder auf Zuruf das Grundgesetz der Kommunen, die Gemeindeordnung, und die Landkreisordnung gesetzgeberisch geändert werden können. Wer das tut, schadet der kommunalen Ebene mehr, als dass er ihr nützt.

Deshalb wollen wir die anstehenden Änderungen in einem großen Änderungsgesetz zusammenfassen. Wir werden dies in sorgfältiger Abstimmung mit allen Beteiligten, insbesondere mit den kommunalen Spitzenverbänden, tun. Einen Zeitplan, der der Staatsregierung faktisch nur noch zwei Monate, bis Ende 2005, Zeit lässt, können wir nicht gutheißen. Wir wollen keine gesetzgeberische Flickschusterei auf Zuruf.

Wir bitten deshalb um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag, der die Flexibilisierung von Straßenausbau

beiträgen in den Gesamtzusammenhang der Änderungen der Kommunalordnungen einfügt.

Den Punkten 1 bis 4 des FDP-Antrags werden wir zustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Für die Linksfraktion.PDS Herr Abg. Scheel, bitte.