Protocol of the Session on October 5, 2005

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich werden wir, wenn das beschlossen wird – und so sieht es aus –, zu den Punkten 1 bis 4 berichten. Ich kann Ihnen aber auch berichten – das zu sagen kann ich Ihnen von der FDP nicht ersparen –, dass sich ein wesentlicher Teil der Antworten aus der Beantwortung der Staatsregierung auf die Kleine Anfrage 3/9854 von Frau Dr. Raatz ergibt. Ich räume ein, dass Sie damals noch nicht im Landtag waren, aber ich empfehle Ihnen diese Antwort als Lektüre. Sie ist vom Februar 2004, von meinem Vorgänger, Kollegen Rasch, unterschrieben. Dort finden Sie seitenlang aufgelistet, welche Gemeinden Beiträge für welchen Zweck erheben, wie die Umlagen waren. All das finden Sie dort. Vielleicht erlauben Sie, dass ich mich dann in meiner Antwort im Wesentlichen darauf beziehe.

(Volker Bandmann, CDU: Als Anlage!)

Herr Staatsminister, angesichts des dargestellten Zeitplanes: Könnte die Staatsregierung mit einer Fristsetzung zum 31.12.2006 leben?

Als Anlage. Wesentliches dürfte sich nicht geändert haben.

Ich will aber, um es heute schon zu sagen, das Endergebnis zusammenfassen: Zum damaligen Zeitpunkt hatten 194 Gemeinden von rund 500 eine Straßenbaubeitragssatzung. Inzwischen sind es erst 197, drei sind also hinzugekommen. Das ist ungefähr die Größenordnung, über die wir sprechen.

Das wäre ungewöhnlich, wenn der Landtag sich selbst Fristen festlegte. Ich möchte gern von mir aus – als Staatsregierung – im ersten Halbjahr 2006 eine Gesamtnovelle der Sächsischen Gemeinde- und Landkreisordnung, eine gemeinsame Kommunalverfassung, vorlegen. Wie schnell dann das Verfahren der Umsetzung sein wird, das möge dieses Hohe Haus entscheiden.

Neben den Zahlenangaben, die Sie begehren, werden wir die Systematik der Einnahmebeschaffungsgrundsätze noch einmal darstellen und auch Veränderungsmöglichkeiten aufzeigen. (Beifall bei der CDU und der SPD – Zuruf des Abg. Sebastian Scheel, Linksfraktion.PDS) Auch ich rate, wie schon die Redner der Koalition, von dem engen Zeitplan ab. Ich habe geschildert, wie unterschiedlich die Interessenlagen sind. Ich habe geschildert, dass eine Veränderung der Gemeindeordnung nicht so leicht möglich ist. Es sind auch untergesetzliche Bestimmungen zu beachten. Natürlich, Herr Abg. Scheel, ist aus der Sicht des Bürgers Rechtssystematik nicht das durchschlagende Argument. Das ist wahr.

Das Schlusswort hat jetzt die FDP-Fraktion. Wird das gewünscht? – Herr Morlok, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Lichdi, ich möchte mich erst einmal dafür entschuldigen, dass ich nicht Jurist bin. Aber ich denke, es wäre auch schlimm, wenn alle in diesem Hause Juristen wären.

Aber Herr Schowtka hat völlig Recht: Es fällt mir schon auf, dass sich die FDP von Sitzung zu Sitzung die Koalitionsvereinbarung vornimmt, all das, was aus ihrer Sicht populär ist, in Einzelanträge umgießt und die Staatsregierung auffordert, unverzüglich etwas zu tun. Das ist professionell verständlich.

(Beifall bei der FDP, der CDU, der Linksfraktion.PDS und der SPD – Zuruf des Abg. Jürgen Martens, FDP – Heiterkeit)

Herr Fraktionskollege Martens natürlich ausgenommen. – Gelegentlich bekommt man seine Erkenntnisse nicht nur durch eine berufliche Tätigkeit, zum Beispiel als Jurist, sondern – wie es bei mir und anderen Kollegen meiner Fraktion der Fall ist – auch durch das Engagement in kommunalen Parlamenten.

(Volker Bandmann, CDU: Ist ja bloß Teilzeit!)

Das ist für eine Opposition okay. Das ist alles Rosinenpickerei usw. D’accord!

Aber Sie werden verstehen, dass eine verantwortliche Staatsregierung der Versuchung, so Gesetzgebung zu machen, auch widerstehen sollte. Ich habe angekündigt und möchte es auch durchhalten, dass wir – übrigens nicht zum Sankt-Nimmerleins-Tag, Herr Scheel, sondern möglichst im ersten Halbjahr des nächsten Jahres – eine umfassende Novellierung der Gemeinde- und Landkreisordnung, eine gemeinsame Kommunalverfassung auf den Weg bringen. Wir wollen zum einen die Deregulierung und Flexibilisierung, die wir für eine neue Gemeindeordnung und das neue Gemeinderecht brauchen, insgesamt dort hineinschreiben, die Umsetzung dessen, was wir uns im Gemeindewirtschaftsrecht vorgenommen haben, dort als einen Komplex haben und dann auch die Frage der Einnahmebeschaffungsgrundsätze und gegebenenfalls weiterer Folgerungen dort regeln. Dabei wird das Thema, das uns heute beschäftigt, sicherlich eine große Rolle spielen.

Das ist der Grund, warum wir dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt haben. Wir haben es auf die Tagesordnung gesetzt, weil wir sehr wohl zur Kenntnis genommen haben, dass diese Regelungen bzw. die Änderungen im Koalitionsvertrag vorgesehen sind. Allerdings – das ist bereits angesprochen worden – ist seit Abschluss des Koalitionsvertrages ein Jahr ins Land gezogen. Wir haben deswegen den Antrag jetzt gestellt, weil wir schon befürchten, dass es zwar im Koalitionsvertrag steht und dort auch, da Papier geduldig ist, gut stehen kann, dass sich aber für die Betroffenen vor Ort nichts ändert. Deswegen hielten wir es für notwendig, das Thema in den Landtag zu bringen, einfach auch um deutlich zu machen – das wird von der Mehrheit auch mitgetragen –, dass es hierbei um ein wichtiges Problem geht.

Bei allem Verständnis dafür, Herr Staatsminister, Gesetze aus einem Guss machen und hier kein Stückwerk entstehen lassen zu wollen, müssen wir darauf hinweisen, dass die Bürger, die momentan von dem Problem betroffen sind, recht wenig Verständnis dafür aufbringen können, dass Sie, was ich anerkenne, eine Reform aus einem Guss machen möchten. Also, unser Anliegen ist es auch, hier ein bisschen Druck zu machen, Sie auch eine bisschen zu

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich war zwar fertig, aber ich mache es gern; bitte, Herr Morlok.

motivieren, dieses Thema anzupacken und die Gesetzesänderung zeitnah vorzulegen.

Dass man sich jetzt mit der Frist 31.12.2005 nicht einverstanden erklären kann, kann ich nachvollziehen. Das ist vielleicht auch ein bisschen knapp. Aber zu sagen, wie ich schon angesprochen habe, „überhaupt keine Befristung“, halte ich angesichts der Ausführungen, die der Minister gerade gemacht hat, auch nicht für zweckdienlich.

Ich schlage daher dem Hohen Haus vor, unseren Antrag in der Form „Fristsetzung zum 31.12.2006“ anzunehmen. Damit hätte der Staatsminister auch kein Problem, diese Frist angesichts seines eigenen Zeitplanes einzuhalten. Ich denke, wir würden auch uns selber eine Vorgabe geben, bis wann wir gemeinsam erkannte Probleme lösen wollen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Ich rufe zu dem Antrag den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 4/3024 auf. Das ist die neue Fassung des Punktes 5, und die Einbringung wird jetzt vorgenommen. Bitte.

Recht vielen Dank. – Ich möchte noch einmal auf meine Worte verweisen. Ich glaube

schon, dass es günstig ist, dass wir den Punkt 5 so ändern, wie wir ihn vorgelegt haben. Es bringt nichts, wenn wir uns unter Zeitdruck stellen. Ich glaube, auch wir brauchen die nötige Ruhe und Beratungszeit, um dann das Gesetz entsprechend zu vervollständigen. Deshalb bitte ich darum, dass der Punkt 5 in der Fassung geändert wird, wie wir ihn vorgelegt haben.

Gibt es dazu Redebedarf? – Gut, das scheint nicht der Fall zu sein. Dann lasse ich jetzt über diesen Änderungsantrag abstimmen. Wer ihm die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dagegen und Stimmenthaltungen ist dem Antrag dennoch mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe jetzt den Ursprungsantrag auf in der Drucksache 4/2783 mit der jetzt beschlossenen Änderung. Wer möchte diesem Antrag die Zustimmung geben? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dem Antrag mehrheitlich zugestimmt worden. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe jetzt den letzten Tagesordnungspunkt der heutigen Sitzung auf, und zwar

Tagesordnungspunkt 9

Einrichtung eines Kompetenz-Zentrums „Public Private Partnership“

Drucksache 4/2955, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Diese Zahlen belegen, dass es augenscheinlich ein großes Bedürfnis von beiden Seiten, von der Privatwirtschaft wie der öffentlichen Hand, gibt, solche Kooperationen einzugehen.

Hierzu können die Fraktionen wieder Stellung nehmen. Die Fraktion der GRÜNEN beginnt. Danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile Herrn Abg. Weichert das Wort. Bundestag und Bundesrat haben der aktuellen Entwicklung Rechnung getragen und mit großer Mehrheit – also „Jamaika“ plus SPD oder, wenn Sie das lieber hören, klassische Ampel plus CDU – ein Gesetz zur Beschleunigung von PPP-Projekten verabschiedet, das im September in Kraft getreten ist.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nicht so stark wie sprichwörtlich die Karnickel, aber sie vermehren sich redlich, nämlich die Öffentlich-Privaten Partnerschaften, ÖPP, oder Public Private Partnership, kurz PPP. Ihre Zahl wächst in Deutschland. Noch im Jahre 2000 gab es gerade eine Hand voll solcher Modelle. Im Mai dieses Jahres waren nach einer Erhebung des Deutschen Instituts für Urbanistik bereits 193 Projekte am Start.

PPP-Projekte brauchen einen verlässlichen Rahmen. Denn vielfältige Rechtsgebiete sind davon betroffen: das Vergaberecht, das Haushaltsrecht, das Beihilferecht, das Steuerrecht, das Personalrecht, das Gebührenrecht und nicht zuletzt das Kommunalrecht. Allein schon die Prüfung der Frage, ob eine Projektvergabe als PPP lohnenswert und wie eine Ausschreibung zu gestalten wäre, erfordert einen hohen Aufwand.

Der Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, SIB, kann davon sicherlich ausführlich berichten. Denn das SIB hat jüngst mit dem Justizzentrum Chemnitz ein erstes Projekt an den Start gebracht. Überhaupt ist Sachsen bei PPP gut dabei. Von

Zwar gibt es PPP-Projekte seit vielen Jahren, jedoch ist erst seit etwa 2004 ein wirklicher Boom zu verzeichnen. Die Zahl der abgeschlossenen Verträge ist 2004 und 2005 gegenüber den Vorjahren auf das Doppelte gestiegen. Der größte Anteil fällt auf die Kommunen. Auch mit Blick auf die Investitionssummen ist die Entwicklung beachtlich. Hochgerechnet auf alle Kommunen beträgt die Gesamtsumme der Investitionskosten für die aktuellen kommunalen PPP-Projekte drei Milliarden Euro.

13 Pilotprojekten, die von der PPP Task force im Bundesverkehrs- und -bauministerium ausgewählt wurden, sind drei aus Sachsen. Neben dem erwähnten Justizzentrum in Chemnitz sind das die Leipziger Verkehrsbetriebe und das Kulturzentrum in Hoyerswerda, meine Damen und Herren.

Warum brauchen wir das von uns beantragte Kompetenzzentrum in Sachsen? Nicht nur wegen der Vielzahl der Rechtsvorschriften gilt auch bei PPP: Aller Anfang ist schwer. Solange es noch keine hinreichende Anzahl an Modellen gibt, die auch den landesgesetzlichen Anforderungen entsprechen, sind Beratung und interministerielle Abstimmung notwendig. Nicht nur die Kommunen werden von der Masse der zu beachtenden Normen erschlagen, auch die Regierungspräsidien werden aus Vorsicht und Mangel an Erfahrung ihr kommunalaufsichtliches Einverständnis zu solchen Verträgen nur zögerlich erteilen. Guter Rat ist nicht nur teuer, sondern bei PPPProjekten auch noch schwer zu finden.

An Beratungsunternehmen herrscht kein Mangel. Aber da diese ein originäres Interesse an der Durchführung haben, können sie bei einer ersten Machbarkeitsprüfung ja nicht objektiv sein. Die Kommune, die derzeit bei der Staatsregierung mit der Bitte um Hilfe nachfragt, wird Probleme haben, den richtigen Ansprechpartner zu finden. An welches Ministerium soll man sich wenden? An das Innenministerium, zuständig für Kommunalaufsicht? Oder an das Finanzministerium wegen der Fragen der Finanzierung? Oder an das SIB, weil die Leute dort etwas vom Bauen verstehen?

In jedem Fall wollen wir für dieses Projekt eine schlanke Struktur: Ein Team, gebildet aus dem bestehenden Personalpool, kompetent und motiviert und sich als Dienstleister verstehend, wäre das Richtige.

Im Mittelpunkt sollte die Frage stehen: Wie können wir zum Wohl des Freistaates und seiner Bürgerinnen und Bürger die Vorteile von PPP generieren?

Es geht aber nicht nur um die Beratung. Weil wir bei PPP noch am Anfang stehen, brauchen wir positive Projekte. Wir brauchen Vergleiche und auch Standardisierung, vor allem brauchen wir verlässliche Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die nur auf der Basis von Vergleichen an Aussagekraft gewinnen können. Ein Kompetenzzentrum wäre auch hier ein Beitrag, mehr Realismus in die Debatte zu bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

PPP ist weder ein Perpetuum mobile noch ein Allheilmittel. Zu große Hoffnungen auf mancher kommunalen Seite werden sich in Luft auflösen, wenn Projekte mit Sachverstand und Realismus geprüft werden. Für andere Kommunen wiederum werden sich finanzielle Spielräume öffnen, weil ein modernes Facility Management erhebliche Einsparpotenziale eröffnen wird.

Meine Damen und Herren! Durch unseren Antrag erhoffen wir uns mittelfristig auch eine Antwort auf die Frage, ob ähnlich wie beim Bund sächsisches Recht im Hinblick

auf die PPP-Projekte zu modifizieren ist. Wie Sie wissen, mussten beim Bund zahlreiche Gesetze angepasst werden. Was wir also hier beantragen, ist nichts Neues. In fünf Ländern sind bereits fünf Kompetenzzentren, unter anderem als Task forces benannt, eingerichtet worden, zum Beispiel in unserem Nachbarland Sachsen-Anhalt. In Thüringen und Brandenburg wird die Einrichtung eines ähnlichen Zentrums vorbereitet. Unsere Fraktion meint: Wir Sachsen sollten hier nicht hintanstehen. Parteipolitische Differenzen sollte es deshalb nicht geben. Was RotGrün in NRW ebenso angepackt hat wie Schwarz-Gelb in Sachsen-Anhalt, sollte eigentlich auch durch den Sächsischen Landtag zu realisieren sein. Daher rechne ich mit Ihrer Zustimmung.

(Beifall bei den GRÜNEN)