Die Kaufkraft fehlt. Wenn ich dieses Argument zu Ende denke, müsste man in den wirtschaftlich starken Regionen
die Öffnungszeiten ausdehnen, weil die Leute ja viel Geld zum Einkaufen haben, und in wirtschaftlich schwachen Regionen, in denen die Leute relativ wenig Geld zum Einkaufen haben, könnte man dies ja auch auf vier Tage in der Woche beschränken. Das ist doch im Prinzip die Logik, die Sie hier an den Tag legen. Sie sagen, die Leute haben kein Geld zum Einkaufen, also brauchen wir auch nicht aufzumachen. Das ist im Prinzip die Wirtschaftspolitik, die Sie hier in diesem Hause vertreten.
Dass Sie so aufgeregt sind und dazwischenrufen, zeigt ja auch, dass wir Sie ertappt haben, sonst könnten Sie das, was ich Ihnen hier sage, einfach ganz ruhig und gelassen über sich ergehen lassen.
Das, was Sie hier für die Einzelhändler im Erzgebirge betreiben, ist für diese sehr, sehr wichtig. Wir unterstützen dieses Anliegen. Wir setzen uns dafür ein, dass die Ladenöffnungszeiten im Erzgebirge erhalten bleiben können. Aber ich glaube, die Einzelhändler, die im Erzgebirge in ihrem Bereich in der Vergangenheit diese guten Erfahrungen mit den Ladenöffnungszeiten gemacht haben, würden sehr wohl den Einzelhändlern im gesamten Freistaat Sachsen gönnen, dass sie die gleichen Möglichkeiten haben. Genauso, wie die Einzelhändler im Erzgebirge von diesen Ladenöffnungszeiten einen wirtschaftlichen Vorteil sehen – deswegen sind sie auch in großer Zahl hier angekommen, weil sie das weiterhin so haben wollen –, genauso werden auch die Einzelhändler im Rest des Freistaates diesen wirtschaftlichen Vorteil sehen und ihn nutzen wollen. Warum wollen wir ihnen hier diesen wirtschaftlichen Vorteil vorenthalten? Das ist doch vollkommen unverständlich.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Nach Döbeln fährt kein Tourist zum Weihnachtsmarkt! – Zuruf von der SPD: Es geht Ihnen ja gar nicht ums Erzgebirge!)
Es geht mir sehr wohl ums Erzgebirge. Aber die Frage ist doch, ob Dinge, die sich im Erzgebirge bewährt haben – und da haben sie sich bewährt –, auch sinnvoll für ganz Sachsen sind.
Sie haben es selber alle in diesem Hause gesagt, dass sie sich bewährt haben. Warum wollen Sie es denn nicht auf ganz Sachsen ausdehnen? Sie haben gezeigt, wie inkonsequent Ihre Argumentation hier ist. Ich kann Sie nur nachdrücklich auffordern: Wenn Ihnen die Einzelhändler im Freistaat ein Anliegen sind, dann stimmen Sie unserem Antrag zu.
Gibt es weiteren Redebedarf vonseiten der Fraktionen? – Bitte, Herr Hähnel, und nach Ihnen die FDP-Fraktion noch einmal, Herr Zastrow.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich natürlich immer wieder, wenn solche Themen wie Ladenschlussgesetz und Sonntagsöffnungszeiten auf die Tagesordnung unseres Landtages kommen. Die meisten Kollegen haben ja meist nur theoretisches Wissen zu diesem Thema, aber ich als mittelständischer Unternehmer aus dem Bereich Handel kann Ihnen hier live aus der Praxis berichten.
Es gibt im Handel über das Jahr natürlich ein Auf und Ab. Es gibt ruhige Zeiten, in denen weniger Umsatz kommt, es gibt auch so genannte Saure-Gurken-Zeiten, in denen überhaupt nichts läuft, es gibt aber auch Stoßzeiten, in denen große Umsätze aktiviert werden. Die größten Umsätze kommen im Handel in der Weihnachtszeit. Das war immer schon so. Deshalb muss man in dieser Zeit das Maximum an Verkaufsaktivität mobilisieren. Da schafft man Gewinnvorräte, um zum Beispiel Personal in ruhigeren Zeiten weiter finanzieren zu können.
Umsatzduplikatoren sind natürlich die Weihnachtsmärkte. Egal ob in Großstädten, wie in Chemnitz, oder in den vielen kleinen Kreisstädten im Erzgebirge – der Weihnachtsmarkt zieht viele Touristen und Besucher in die Innenstädte und bringt natürlich zusätzliche Umsätze für die ansässigen Geschäfte. Es ist ja legitim, dass die ansässigen Händler in den strukturschwachen Regionen, die bisher öffnen durften, wieder eine Möglichkeit bekommen, an den Adventssonntagen zu öffnen.
Deshalb unterstützen wir als CDU-Fraktion mit unserem gemeinsamen Antrag die kleinen und mittelständischen Unternehmen in den strukturschwachen Regionen unserer sächsischen Heimat.
Aber nun kommen wir noch einmal ganz kurz zum Antrag der FDP. Hier geht es ja um die Aufhebung des Ladenschlussgesetzes, um Öffnungszeiten rund um die Uhr, auch an Sonntagen, also Verkauf 24 Stunden am Tag, und das sieben Tage in der Woche. Liest man den gesamten Antrag, so bekommt man den Eindruck, dass es der sehnlichste Wunsch der Gewerbetreibenden ist, am Sonntag rund um die Uhr zu öffnen.
Nun bin ich einmal zu den Menschen gegangen, nämlich zu den Menschen, die es betrifft: unsere mittelständischen Händler in meiner Heimatstadt Chemnitz. Ich habe zwei Wochen lang 103 Händler meiner Heimatstadt Chemnitz persönlich besucht und diese zu diesem Thema befragt. Es waren alle Branchen dabei, also vom Bäcker über Reisebüro, Optiker, Juweliere, kleine Lebensmittelgeschäfte bis hin zur Modeboutique. Jedes Gespräch wurde auf einem speziell angefertigten Fragebogen festgehalten. Nun kommt das interessante Ergebnis. 58 Händler von 100 – das sind 58 % – sind gegen die Freigabe der Sonn- und Feiertage.
Als Begründung meinten 25,5 % aus persönlichen Gründen, also religiösen und familiären Gründen, und 63,5 % wegen zu geringen Umsatzes bzw. zu hoher Personal- und Betriebskosten im Vergleich zum Umsatz an den Sonntagen. Ich habe auch weiter hinterfragt, wie die Händler zu den Öffnungszeiten in der Woche stehen. 98 Händler von 103 – das sind 96,1 % – finden die Öffnungszeiten bis 20 Uhr völlig ausreichend. 91 Händler – das sind 90,1 % – sind generell gegen die Ausweitung der Öffnungszeiten über 20 Uhr hinaus. Also, meine Herren von der FDP: Das Ladenschlussgesetz schützt die kleinen Händler, denn diese haben nicht die Möglichkeit, einen Verkauf rund um die Uhr rentabel zu realisieren.
Die großen Handelskonzerne und Handelsketten haben natürlich die personellen und finanziellen Betriebsressourcen, um rund um die Uhr zu öffnen. Ich möchte in zehn oder 20 Jahren immer noch in kleinen Geschäften und Boutiquen einkaufen gehen und nicht nur bei Kaufhof und Co.
Die CDU ist für den Schutz der Sonn- und Feiertage, da der Sonntag der Familie und den Kindern gehört. Eine Ausnahme ist natürlich die Öffnung der kleinen Geschäfte in den strukturschwachen Gebieten, die immer schon an diesen Adventssonntagen verkaufen durften. Dafür steht unser eingebrachter Antrag.
Darum bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, den FDP-Antrag abzulehnen und unserem Antrag zuzustimmen.
Es tut mir Leid. Zwischenfrage heißt Zwischenfrage. – Herr Zastrow hatte sich noch angemeldet. Bitte, Herr Zastrow von der FDPFraktion.
(Tino Günther, FDP, steht am Mikrofon. – Dr. Johannes Müller, NPD: Auch der dritte Vortrag wird nicht besser bei dem Thema!)
Damit haben Sie ja gerechnet, dass ich auch noch einmal ran muss. Nach dem, was ich hier gehört habe, denke ich schon, noch etwas dazu sagen zu müssen, Herr Brangs. Ich habe es genau gehört, deswegen wiederhole ich es. Sie haben gesagt: Schutz vor Wettbewerb.
Ein Unternehmer in diesem Land, in der Marktwirtschaft in der Bundesrepublik, will keinen Schutz vor Wettbewerb – vielen, vielen Dank, liebe Kollegen von der CDU, dass Sie jetzt ruhig waren, weil das Gelächter nur von der linken Seite kam. Es ist logisch, dass es nur von dort kam, denn das hatten wir schon einmal. Schutz vor Wettbewerb nannte sich abgekürzt DDR. Das will ich nicht wiederhaben, meine Damen und Herren!
Aber vielleicht – das meine ich jetzt sehr ernst, weil ich es für ganz schlimm halte, welche Thesen hier wirtschaftspolitisch geklopft werden – ist das das Ergebnis – und, liebe Kollegen von der Union, vielleicht denken Sie einmal darüber nach –, wenn man das Wirtschaftsministerium an die Gewerkschaft übergibt; das ist das Ergebnis hier in Sachsen.
Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier in Sachsen eine Wirtschaftspolitik haben, die vielleicht auch mal für den Mittelständler gemacht wird – offensichtlich, Herr Jurk, hat die Gewerkschaft das Sagen im Wirtschaftsministerium übernommen; ansonsten würde es solche Thesen hier in diesem Landtag bestimmt nicht geben, meine Damen und Herren.
Ich möchte Sie gerne fragen, werte Kollegen von der SPD: Wie viel Geld verdient man eigentlich mit einem geschlossenen Laden?
Wie viele Arbeitsplätze schaffe ich mit einem geschlossenen Laden? Wie viele Steuern kann ich zahlen, wenn ich meinen Laden geschlossen lasse? – Nichts davon kann ich machen! Wenn wir unseren Mittelständlern und vor allem dem Einzelhandel immer mehr Belastungen zumuten, – –
indem wir in Deutschland hohe Steuern haben, indem wir eine hohe Abgabenlast haben, indem wir immer noch eine überbordende Bürokratie – das haben schon andere in diesem Hause festgestellt – in Deutschland haben und wenn wir uns an dieser Stelle auch durch die bisherige Bundesregierung nie bewegt haben –, dann tun wir doch wenigstens eines: Geben wir den wenigen in diesem Land, die noch den Mut haben, selbstständig zu sein und im Einzelhandel einen kleinen Laden zu betreiben, einfach nur die Chance – nur die Chance! –, Geld zu verdienen.
Die einzige Chance, die wir ihnen geben können, ist, dass wir ihnen gestatten, den Laden auch mal am Sonntag zu öffnen. Es geht nur um das, was im Dezember ist, es geht um die Weihnachtsmärkte, es geht um die paar Sonntage im Dezember – alles andere lassen wir aus der Diskussion einfach mal völlig raus. Geben wir den Leuten die Chance, an diesen Sonntagen zu öffnen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Heinz Eggert, CDU: Einfach nur an Weihnachten! – Weitere Zurufe – Starke Unruhe)
Herr Pecher, Sie sprachen die ganze Zeit von den Ketten, und auch davon, wie schlimm das ist. Ich finde die Ketten auch schlimm. Nur genau das ist es, worum es auch den Einzelhändlern in Annaberg geht. Wenn Sie sich den Marktplatz dort einmal anschauen – wo sind da eigentlich die Ketten?