Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Seit ich nun seit einem Jahr in diesem Landtag bin, kreuzt des Öfteren diese Debatte meinen Weg.
Bei diesem Thema glaube ich nicht, dass es sich für parteipolitische Spielchen eignet. Es ist ein konkretes Problem, das wir der Klärung zuführen müssen.
Der Hauptverursacher dieses Problems ist nicht die Staatsregierung. Hauptverursacher sind die ehemalige Sächsische Königliche Armee, die Wehrmacht und die Rote Armee. Nur weil sie auf dem dortigen Gebiet ihre Munition abgelagert hatten, haben wir ein Problem; sonst hätten wir keines.
Das Problem: 1997 wurden die Truppenübungsplätze Königsbrück und Zeithain mit einer Fläche von 8 600 Hektar an die Stiftung übertragen. Lediglich 1 % ist tiefgründig von Kampfmitteln befreit worden. Zirka 4,3 % der Fläche sind oberflächlich abgesucht worden. Herr Metz, was heißt „oberflächlich abgesucht“ in Ihrer Antwort? Läuft dort jemand herum, schaut sich das an und geht dann wieder weg? – Ich habe meine Probleme mit dieser Darstellung.
Es ist wirklich kein gutes Resultat, das nach acht Jahren vorzuweisen ist. Das Konzept mit der Variante „Stiftung“ ist nicht eindeutig zielführend gewesen. Ich muss aber betonen: Unter den gegebenen Voraussetzungen war die Finanzierung der Stiftung – Anlage des zur Verfügung stehenden Geldes und dafür nur die Zinsen – in Ordnung. Leider haben wir nicht mehr Finanzkraft, um dort etwas zu tun. Das muss man klar bekennen.
Dr. Martens wird unseren Änderungsantrag begründen, warum wir noch mehr wissen wollen, aber zielführend arbeiten möchten. Dass wir gemeinsam für eine Lösung eintreten müssen, um das Problem in Sachsen zu klären, weiß, glaube ich, jeder. Wir haben bei der Lausitzer Seenlandschaft sowohl im Plenum als auch im Ausschuss bewiesen, dass wir gemeinsam mit dem Ministerium etwas erreichen können. Wir sollten auch in diesem Fall gemeinsam kämpfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dieses Thema, das die PDS dankenswerterweise auf die Tagesordnung gesetzt hat, begleitet die Politik des Freistaates leider schon sehr lange. Ich darf zitieren:
„Der Freistaat finanzierte die Stiftung äußerst großzügig. Verstöße der Stiftung gegen naturschutzrechtliche Bestimmungen führten zur Verschwendung von Steuergeldern. Die Stiftung hat die in sie gesetzte Erwartung, private Mittel einzuwerben und Fördermittel des Bundes und der Europäischen Union für Aufforstungen zu erhalten, nicht erfüllt. Fördermittel für Erstaufforstungen sind bei der Stiftung überhaupt nicht eingegangen. Auch ihrer
Hauptaufgabe, für Waldmehrung zu sorgen, ist die Stiftung bisher nur völlig unzureichend nachgekommen. Der Freistaat Sachsen hat der Stiftung 1997 die Truppenübungsplätze Königsbrück und Zeithain für 1 DM übereignet und sich vertraglich verpflichtet, bis zirka 38 Millionen DM zur Tragung aller Leistungen an die Stiftung zu zahlen. Die Vorbereitungen zum Vertrag waren mangelhaft und ungenau. Die Entmunitionierung des Wegenetzes auf den Truppenübungsplätzen durch die Stiftung für rund 1,3 Millionen DM hat zu erheblichen Eingriffen im Naturschutzgebiet Königsbrücker Heide geführt. Da eine Abstimmung mit den zuständigen Behörden fehlte, wurden Ausgaben für überflüssige Maßnahmen geleistet.“
Diejenigen Mitglieder des Landtages, die das Glück haben, diesem Hause schon länger anzugehören, werden sich vielleicht erinnern: Das Zitat stammt aus dem Sächsischen Rechnungshofbericht aus dem Jahre 1999. Ich kann nicht erkennen, dass sich seitdem in der Bewertung oder an der Tatsachenlage Erhebliches geändert hat, und das ist jetzt immerhin auch schon wieder sechs Jahre her.
Das kommt doch noch, Herr Dr. Hahn. – Der Sächsische Rechnungshof beschreibt hier 1999 ein Desaster des schwarzen Filzes in Sachsen. So alt ist das Problem. Es verhält sich wie ein Fisch: Je länger er liegt, desto schlimmer wird der Geruch.
Es ist bekannt – Herr Dr. Hahn hat es angedeutet –, welche Rolle der ehemalige Abg. Lippmann, CDU, in dieser Affäre spielt. Es ist unglaublich! Der Freistaat hat so gut wie alle Kosten übernommen. Er hat den Grunderwerb finanziert. Er hat die Aufforstung und den Waldumbau finanziert. Er finanziert sogar die tägliche Bewirtschaftung. Die Umweltverbände würden sich die Finger lecken, wenn sie vom Freistaat derart großzügig in ihrer Naturschutzarbeit bedacht würden.
Herr Staatsminister Tillich, in diesen Tagen drängt sich durchaus noch ein anderer Vergleich auf. Die Deutsche Umwelthilfe hat nämlich im Projekt Lausitzer Seenland tatsächlich Mittel privater Spender eingeworben und international für das Projekt geworben. Aber die DUH haben Sie ja aus kurzsichtigen landesegoistischen Gründen aus dem Projekt gedrängt.
Endlich hat sich der Freistaat nun entschlossen, das Eigentum und die nicht verbrauchten Gelder zurückzunehmen. Die Grundsatzentscheidung wurde schon vor über einem Jahr getroffen. Ich verstehe nicht, warum es hier nicht vorwärts geht; meine Vorrednerin hat es schon ausgeführt. Daher begrüßen wir ausdrücklich die Tendenz des PDS-Antrages.
Wir wissen ja nicht, ob er weitergeht. – Wir reden hier über zwei Dinge. Zunächst geht es um den Naturschutz. Der ehemalige Truppenübungsplatz Königsbrück ist unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes eines der wertvollsten Gebiete, über die wir in Sachsen verfügen. Ich glaube, insoweit besteht Einigkeit. Mit 7 000 Hektar ist es auch die mit Abstand größte zusammenhängende Fläche. Darin befindet sich ein 5 000 Hektar großes Naturschutzgebiet auf armen Sandböden mit den folgenden Sukzessionshabitaten. Die Gebiete sind auch nach der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie gemeldet. Das Gebiet hat darüber hinaus als einer der sehr selten gewordenen so genannten unzerschnittenen störungsarmen Räume – „USR“ im Fachjargon – eine besondere Bedeutung. Hier leben Fischotter, Seeadler, Biber und seltene Libellenarten. Die Wertigkeit des Gebietes besteht gerade in der Möglichkeit, die natürliche Sukzession zuzulassen.
Schon aus diesem Grunde ist das Ziel der Waldmehrung durch die Stiftung „Wald für Sachsen“ eigentlich sehr kritisch zu betrachten. Daher interessiert uns jetzt vielmehr, Herr Staatsminister, wie es vor und nach einer Rückübertragung naturschutzfachlich weitergehen soll. Wann sind die FFH-Management-Pläne fertig? Wie soll das Gebiet unter Wahrung der naturschutzfachlichen Ruheräume für den Tourismus nutzbar gemacht werden? Wie soll die örtliche Bevölkerung eingebunden werden? Wir reden hier von Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung.
Wir reden weiterhin vom Tourismus. Vor fünf Jahren wurde vom Freistaat eine Entwicklungskonzeption mit über 200 000 DM gefördert. Im Herbst 2001 beauftragte die Deutsche Bundesstiftung Umwelt die Uni Paderborn und ein Beratungsunternehmen mit der Erstellung eines touristischen Besucherkonzeptes. Das Konzept liegt seit April 2003 vor; von der Umsetzung habe ich noch nicht viel gehört.
Herr Staatsminister Tillich, das NSG Königsbrücker Heide fällt nicht nur fachlich in Ihr Ressort, sondern – Sie werden es wissen – es liegt auch in Ihrem Wahlkreis. Mit der Auseinandersetzung um das Thema sind Sie nicht zum ersten Mal befasst; das hat bereits Wellen bis in die Staatskanzlei geschlagen. Herr Staatsminister, es wäre an der Zeit, dass Bewegung in die Sache kommt und die politischen Altlasten weggeräumt werden.
(Staatsminister Stanislaw Tillich spricht von der Regierungsbank aus mit Abgeordneten der Linksfraktion.PDS.)
Herr Staatsminister, jetzt spreche ich Sie doch gerade an! – Ich erwarte, dass Sie dem Landtag bald über die Rückübertragung, die FFH-Managementplanung sowie die Umsetzung des Tourismuskonzepts berichten.
Wir unterstützen die Punkte 1 und 2 des Antrags der Linksfraktion.PDS. Punkt 3 werden wir ablehnen. Er bezieht sich auf den einzigen Punkt in der Rede von Prof. Bolick, dem ich zustimmen kann: Aus der Antwort der Staatsregierung geht für uns eindeutig hervor, dass die
nicht ausgegebenen Gelder mündelsicher angelegt sind. Das ist das Gegenteil von „hochriskant“. Dies unterstellen Sie aber in Ihrem Antrag. Deswegen können wir dem entsprechenden Punkt nicht zustimmen. Ich bitte also insoweit um getrennte Abstimmung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bolick, getroffene Hunde bellen, wie man so schön sagt. Von Ihnen kommt immer nur ein Wort: DDR, DDR, DDR! Das wird mit der Zeit langweilig.
Ein Gutachten des Rechnungshofes zur Stiftung „Wald für Sachsen“ war eine der ersten Forderungen unserer Fraktion zu Beginn der Legislatur. Die Mehrheit dieses Hohen Hauses hielt es nicht für nötig, den Sächsischen Rechnungshof zu den Ergebnissen und Folgen der großzügigen Bereitstellung öffentlicher Mittel für die Stiftung „Wald für Sachsen“ zu beauftragen. Dabei haben auch Sie Informationen zur Kenntnis nehmen können, dass die Stiftung die Flächen aus Gründen der Haftungsrisiken und der komplizierten Verwaltung der Liegenschaften der Truppenübungsplätze Königsbrück und Zeithain zurückgeben will. Wieder einmal hat die Vogel-Strauß-Politik der Koalition gewonnen. Wieder einmal haben Sie die Kontrolle des Parlaments niedergestimmt.
So kennen wir bis heute nicht die Gesamtumstände, die für eine rechtliche und naturschutzfachliche Beurteilung der Rückgabe der Truppenübungsplätze Königsbrück und Zeithain von Belang sein könnten. Inzwischen hat der Sächsische Rechnungshof in einer Beratenden Äußerung an die Staatsregierung zu diesen Fragen Stellung genommen. Deshalb fordern wir die Staatsregierung auf, uns diese Prüfmitteilung zugänglich zu machen. Herr Lichdi, Punkt 3 unseres Antrags nimmt diese Forderung auf. Wir erwarten uns von dieser Beratenden Äußerung Rückschlüsse auf die Art und Weise der Verwendung der seit Vertragsabschluss 1997 der Stiftung bereitgestellten Mittel aus dem Landeshaushalt sowie Antworten zu den finanziellen und haushaltstechnischen Konsequenzen der Rückübertragung der Truppenübungsplätze an den Freistaat.
Die Vermutung liegt nahe, dass sich hier der Sand im Getriebe befindet. Die Ursache für die jetzige Situation wurde aber bereits vor acht Jahren gelegt. Die Vereinbarung mit der Stiftung „Wald für Sachsen“ im Jahre 1997 war von Beginn an ein spezielles „Kunststück“ des damaligen Finanzministers Georg Milbradt. Ich will das Szenarium dieses Kunststücks dem Hohen Hause nochmals in Erinnerung rufen.
Bei Vertragsabschluss 1997 über die Übertragung der Truppenübungsplätze an die Stiftung ging das Finanzmi
nisterium noch von einer vollumfänglichen Vertragserfüllung aus. Deshalb wurde ein Rücktrittsrecht lediglich in Bezug auf Einzelgrundstücke für den Fall vereinbart, dass der Freistaat Sachsen als Verkäufer seine Eigentumsverschaffungspflicht nicht erfüllt. Eine Rückgewähr der mit dem Vertrag vereinbarten Zahlungen des Freistaates an die Stiftung von bis zu 38 Millionen DM – darunter 25 Millionen DM, wie schon gesagt, zur Altlastenbeseitigung – war im Vertrag nicht vorgesehen. Im Gegenteil, der Stiftung wird mit dem Vertrag erlaubt, bis zum April 2001 für die Altsanierung nicht eingesetzte Mittel auch allgemein zur Deckung von Verwaltungskosten und zur Förderung des Stiftungszweckes zu verwenden. Wir erleben hier den damaligen Finanzminister von einer ganz anderen Seite: über die Maßen freigiebig und vertrauensvoll. Es wird wohl auch das Geheimnis des „großen“ Finanzfachmannes Georg Milbradt bleiben, warum er einer solchen abenteuerlichen Vertragskonstruktion sein Plazet gegeben hat.
Nun soll laut Finanzminister Metz der Freistaat dennoch aufgrund des Vertrages die Rückgewähr der nicht verbrauchten Mittel erhalten können. Es bestehe auch Einvernehmen mit der Stiftung, dass die Rückgewähr im Falle der Rückübertragung erfolgt.
Ende 2004 waren noch 9,7 Millionen vorhanden. Dann steht doch der Entscheidung der Rücküberführung in dieser Hinsicht nichts mehr im Wege. Aber es soll ja noch einen hausgemachten Streit zwischen Ihnen, Herr Finanzminister Metz, und Herrn Tillich geben, ob die rückzuführenden Liegenschaften in einen Grundstock beim Finanzministerium – hier auf dieser Seite – oder in den forstlichen Grundstock beim Umweltministerium gehören.
Das ließe sich gut und gern in einer Woche lösen. Wir stehen Ihnen in diesem Fall gern streitschlichtend zur Seite.
Dass nach 15 Monaten immer noch keine Entscheidung über die Rückführung getroffen ist, macht uns hellwach. Wir fragen uns eben auch, ob es sein könnte, dass die Stiftung „Wald für Sachsen“ in den Strudel der Finanzgeschäfte der Landesbank Sachsen und ihrer Töchter hineingezogen wurde, denn hinter der Hand wird von erheblichen Verlusten an angeblich mündelsicheren Anlagen von Vermögen gesprochen. Deshalb erwarten wir durch unseren Antrag auch eine eindeutige Aussage, dass die in das Stiftungsvermögen eingegangenen Haushaltsmittel des Freistaates nach den einschlägigen Vorschriften bewirtschaftet wurden und diesbezüglich keinerlei Verluste, auch nicht infolge fehlgeschlagener Anlagegeschäfte, entstanden sind.
Also, Herr Finanzminister Metz, es sollte Ihnen doch nicht so schwer fallen, die Prüfmitteilung des Sächsischen Rechnungshofes zu übergeben und zu versichern, dass die Vermutungen über Verluste am Stiftungsvermögen völlig aus der Luft gegriffen sind und jeder Grundlage entbehren.
Meine Damen und Herren! Wo liegt nun das Problem? Wir wollen keine Untersuchung durch den Landtag und mit Sicherheit keinen Untersuchungsausschuss. Sagen Sie, Herr Staatsminister Metz und Herr Staatsminister Tillich, uns heute, was wirklich Sache ist. Das sind Sie dem Landtag schuldig. Das sind Sie mehr noch den mit der Verwaltung und Sanierung der ehemaligen Truppenübungsplätze befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stiftung „Wald für Sachsen“ und den Einwohnern der Gemeinden rund um die ehemaligen Truppenübungsplätze schuldig. Sie brauchen diese Entscheidung, ob und wann es zu einer Rückführung der beiden ehemaligen Truppenübungsplätze an den Freistaat kommt. Denn davon hängt ganz wesentlich deren Zukunftsplanung ab.
Ihre Mutlosigkeit gegenüber dem Landtag und Ihre Kraftlosigkeit bei der Lösung dieses Problems schaden darüber hinaus diesem Land.