Protocol of the Session on September 21, 2005

Auch Ihr Argument, dass eine Rotation negative Auswirkungen auf die Motivation der betroffenen Mitarbeiter haben könnte, wenn diese Mitarbeiter an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zufrieden waren, möchte ich etwas anders darstellen. Bei diesen betroffenen Mitarbeitern handelt es sich um Beamte der sächsischen Landesverwaltung. Beamte unterliegen – und sie werden bei Dienstantritt dazu verpflichtet – einer Dienst- und Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn. Im Gegenzug sind sie unkündbar und erwerben Pensionsansprüche.

Es ist allgemein bekannt, dass Beamte gerade nicht einer bestimmten Position oder Stelle verpflichtet sind, sondern dem Freistaat, an welcher Stelle auch immer. Der Einsatz des Personals orientiert sich daher an den dienstlichen Erfordernissen. Dies wurde auch im Rahmen der Beantwortung der Anfrage zur Arbeit der sächsischen Finanzämter durch das Finanzministerium ausgeführt. Dies sollte uns doch präsent sein, wenn wir über die Arbeitsmotivation von Beamten aufgrund von Rotationen spekulieren.

Natürlich gibt es auch Nachteile, die mit einer Rotation verbunden sein könnten. Jedoch gilt es an dieser Stelle abzuwägen, welches Ziel mit einer Rotation grundsätzlich verfolgt wird und ob dieses Ziel auch erreicht wird. Ich denke, dass Staatsminister Dr. Metz in der Beantwortung der Anfrage im Vorfeld gut den Zweck und die Wirkungsweise dargestellt hat. Personalentwicklungskonzepte und Rotationen wurden dargestellt. Ich denke, dass im Finanzministerium sehr verantwortungsvoll mit den Mitarbeitern umgegangen und ihnen eine persönliche Entwicklung am Arbeitsplatz ermöglicht wird. An dieser Stelle sollten wir als Legislative auch unser Vertrauen gegenüber den dort Qualifizierten aussprechen und nicht hineinregieren.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie rufen den Landesrechnungshof auf, erneut ein Gutachten zu erstellen. Am Ende eines solchen Gutachtens wird kein eindeutiges „Gut“ und kein eindeutiges „Schlecht“ herauskommen, und zwar ganz einfach deshalb, weil niemand diese Frage zu 100 % exakt beantworten kann. Ich sagte schon, eine Rotation hat Vorteile, aber sie hat auch Nachteile. Sie ist jedoch für die Qualifikation der Beamten vonnöten.

Ich hätte mir gewünscht, diese Diskussion lieber im Haushalts- und Finanzausschuss zu führen. Dort gehört sie nämlich hin. Sie bringen uns dazu, hier klar und

deutlich zu sagen: Es kann nicht sein, dass sich der Landtag und die Fraktionen wirklich alles auf den Tisch ziehen, wofür Mitarbeiter und Beamte in den entsprechenden Bereichen qualifiziert sind und auch gut bezahlt werden. Wir als Fraktion der CDU denken, dass die Staatsregierung mit den Personalentwicklungskonzeptionen eine gute und auch wissenschaftlich untersetzte Entscheidung fällt.

Aus diesem Grunde lehnen wir als CDU-Fraktion Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der CDU)

Für die Linksfraktion.PDS spricht der Abg. Dr. Friedrich. Bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hermenau, Ihre Kleinen Anfragen und auch die Antworten der Staatsregierung darauf sind sehr interessant. Das muss ich sagen. Aber ich habe mich schon etwas gewundert – ich sage das einmal so deutlich – über diesen doch etwas obskuren und kleinteiligen, ja kleinkarierten Antrag, den wir heute Abend als letzten Antrag im Plenum behandeln sollen. Wenn wir überhaupt – und hier muss ich meiner Vorrednerin Frau Strempel Recht geben – über den Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung sprechen, sollten wir, ohne das jetzt zu vertiefen, das verfassungsrechtliche Problem nicht völlig außen vor lassen. Wenn wir über dieses Problem sinnvollerweise reden wollen, dann wäre doch wohl der Haushalts- und Finanzausschuss oder auch der Innenausschuss, von mir aus auch beide, der richtige Ort dafür. Dann hätte man das interessante Problem, das unzweifelhaft nicht nur den Finanzbereich, sondern auch den Innenbereich tangiert – das Stichwort Korruptionsvorbeugung ist schon gefallen –, sinnvoll behandeln können.

Natürlich steht es jeder Fraktion frei, hier über alles und jedes reden zu wollen. Ich kann das nicht kritisieren. Aber etwas Sinn sollten solche Debatten schon haben. Ich meine, es kann nicht sein, auf Teufel komm raus, nur um das Kontingent auszunutzen, auch noch den letzten Antrag zu stellen.

(Beifall des Abg. Horst Rasch, CDU)

Insofern möchte ich die GRÜNEN kritisieren.

Ich frage aber aus einem anderen Grund. Leider ist Herr de Maizière als Innenminister jetzt nicht mehr anwesend. Alle Interessierten wissen, dass der Expertenbericht zur Verwaltungsreform sozusagen auf Abruf bereitsteht. In Wirklichkeit ist er längst fertig. Er soll dem Vernehmen nach am 18. Oktober im Kabinett behandelt werden. Am 19. Oktober soll die erstaunte Öffentlichkeit von den Wunderdingen erfahren. Dabei ist die Steuerverwaltung bei aller Wichtigkeit nur ein kleines Mosaiksteinchen. Es gibt bekanntlich rund 80 verschiedene Landesbehörden, von denen die Steuerverwaltung lediglich eine ist. Warum wollen wir heute sozusagen dieses kleine Mosaiksteinchen im Vorfeld herauspicken, ohne das Gesamtkonzept

zu diskutieren? Dazu wird es kontroverse Diskussionen geben, und zwar – da bin ich mir sicher – weit über den Bereich der Steuerverwaltung hinaus.

Wenn ich in dieser Logik bleibe, dass wir jetzt plötzlich als Landtag Personalentwicklungskonzepte anhalten und so lange auf Eis legen wollen, bis alles geklärt ist, dann müssten die GRÜNEN konsequent sein und die Personalentwicklungskonzepte für alle weiteren Landesbehörden, für alle 80, anhalten. Dort gibt es nämlich genauso große Unklarheiten, vielleicht noch größere, wenn Sie daran denken, Kollegin Hermenau, dass in den nächsten fünf Jahren rund 20 000 Menschen in der Landesverwaltung eingespart werden sollen. Das ist doch Fakt, siehe mittelfristige Finanzplanung. Nach Ihrer Logik müssten Sie all das dann auf Eis legen. Es geht hier um 20 000 Leute!

Und noch etwas ganz anderes: Wenn es in Berlin doch zum „Schwampeln“ kommen sollte – dabei ist mir völlig egal, was Biedenkopf denkt; ich denke da an die Fast-Verbrüderung und -Verschwesterung heute im Frühstücksfernsehen, die nicht ausgeschlossen ist, sondern im Bereich des Möglichen liegt –, wenn es also doch zur Flat-Taxe von Herrn Kirchhof und Herrn Merz kommt, wohlwollend toleriert von Frau Scheel, Herrn Kuhn und den anderen, müsste die Diskussion über die Steuerverwaltung völlig neu aufgezogen werden. Warum warten Sie das nicht ab?

Aber – und das ist das Wichtigste – mich erschreckt an Ihrem Antrag noch etwas ganz anderes: Bisher kannte ich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN immer als glühende Vertreterinnen und Vertreter der Selbstverwirklichung, der Partizipation, des lebenslangen Lernens, der Aneignung nicht nur fachspezifischer, sondern sozialer Kompetenzen usw. usf. Was aber sagt Ihr Antrag? Das ist knallharte Verwaltungseffizienz. Sie haben einen Ofenrohrblick aufgesetzt, gucken nur auf eine vermeintliche, nicht einmal erwiesene Verwaltungseffizienz und wollen – ich übertreibe jetzt etwas –, dass jeder Mitarbeiter der Steuerverwaltung wirklich sein Leben lang auf ein und demselben Arbeitsplatz sitzt.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Natürlich.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein!)

Es ist doch das Ziel gewesen, das spezifische Fachwissen möglichst nicht abzugeben. Sie scheuen jedes Risiko. Sie wollen die Menschen in den Steuerverwaltungen nicht einmal etwas Neues lernen lassen. Sie sind ängstlich, Sie haben einfach Angst vor etwas Neuem. Was für ein enges Weltbild, ganz und gar nicht grün! Aber das ist Ihr Problem.

Die Linkspartei jedenfalls teilt dieses enge Menschenbild nicht. Wir gehen von mündigen, engagierten, selbstbewussten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung, also nicht nur der Steuerverwaltung, aus. Wir wollen natürlich auch bei der Verwaltungsreform solche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rechtzeitig einbeziehen, über

die Gewerkschaft, über die Personalräte. Darüber wird noch genügend zu diskutieren sein.

Leider ist der Herr Innenminister entschwunden, aber vielleicht hört er mich. Vielleicht könnte er hier doch noch etwas Sinn in die Debatte bringen, wenn er uns wenigstens verraten würde, wie die Zielstellung, die Arbeitsetappen, die nächsten Schritte sein werden, nachdem der Expertenbericht zur Verwaltungsreform vorgelegt worden ist. Vielleicht kann das auch der Herr Finanzminister Dr. Metz tun, damit wir als Hohes Haus wenigstens etwas zur politischen Willensbildung beitragen. Dann wäre dieser letzte Tagesordnungspunkt heute nicht ganz umsonst.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die SPD-Fraktion hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schade, dass man bei einem Antrag, der aus meiner Sicht durchaus einen rationalen Kern hat, dogmatisch über Bundespolitik, Entwicklungskonzepte usw. den Bogen spannen muss und dann ein „Hau drauf!“ loslässt. Aus meiner Sicht hat dieser Antrag durchaus ein wichtiges Anliegen und einen rationalen Kern, nämlich im Hinblick auf die Steuerverwaltung die Personalentwicklungskonzepte zu überprüfen.

Es ist unumstritten, dass es Aufgabe der Exekutive ist, dass es eine ministerielle Aufgabe ist, solche Personalentwicklungskonzepte zu erarbeiten und umzusetzen. Genauso unumstritten ist, dass Flexibilität im fachlichen und organisatorischen Bereich durchaus Sinn macht und dort auch die entsprechenden Erfahrungen gemacht worden sind. Die Rotation von Bediensteten macht durchaus Sinn.

Man muss, denke ich, das Ganze, was hier jetzt angeschoben wurde, auch als einen gewissen Entwicklungsprozess betrachten.

Konkret geht es mit diesem Antrag um den Bereich der Finanzämter. Da tut sich nach meinem Dafürhalten durchaus ein gewisser Spannungsbogen auf – da möchte ich gleich das Ergebnis dieses Antrages vorwegnehmen –, den man heute hier in diesem Plenum auch nicht abschließend diskutieren kann. Der Spannungsbogen heißt: Verlieren wir durch Rotation und Einarbeitungszeiten im Bereich der Umsatzsteuerkriminalität, im Bereich der Finanzämter Einnahmen? Oder verlieren wir Einnahmen durch Anfälligkeit für Korruption und Gefälligkeiten? Das werden wir heute hier nicht aufklären und auch nicht abschließend behandeln können.

Weil dieser Antrag fachlich heute hier nicht umfänglich zu bewerten ist, werden wir diesen auch ablehnen. Wir schlagen vor, insbesondere im Haushalts- und Finanzausschuss dieses spezielle Problem, was Kern dieses Antrages ist, einmal zu bearbeiten, auch mit Berichten der

entsprechenden Ministerien, um gegebenenfalls fraktionsübergreifend zu Schlussfolgerungen zu kommen.

Wir schlagen ebenfalls die Einbeziehung der Justiz vor, die einmal darzustellen versucht, wie hoch denn die eventuellen Ausfälle durch Korruption, durch Gefälligkeiten etc. sind. Welche Erfahrungswerte gibt es, um diesen Spannungsbogen der beiden Zahlen, die hier im Raum stehen, einmal zu beleuchten und von der einseitigen Sicht der Dinge wegzukommen? Ich finde, dieses Anliegen ist insbesondere in den Ausschüssen einen Dialog wert.

Gestatten Sie mir noch eine persönliche Bemerkung: Wir haben hier schon über eine ganze Reihe von anderen Anträgen diskutiert, die noch viel eher in die Ausschüsse gehört hätten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das war, weil ich es vorhin vergessen hatte, der Abg. Pecher. – Die NPDFraktion verzichtet auf ihren Redebeitrag, wurde mir signalisiert. Dann rufe ich die FDP, Frau Schütz. – Nein, Herr Dr. Martens; Sie haben gewechselt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, über den wir uns hier unterhalten, berührt ein interessantes und spannungsreiches Feld, nämlich die Frage: Welchen Wert haben die Personalentwicklungskonzepte im Bereich der Staatsregierung, hier im Bereich der Finanzverwaltung insbesondere?

Allerdings macht es sich der Antrag meines Erachtens zu leicht, wenn er eine Aussetzung der PEK im Bereich der Steuerverwaltung verlangt und die im Grunde mit nicht belegten Spekulationen begründet, indem man feststellt, es hätte einen Rückgang bei Einnahmen aufgrund von Betriebsprüfungen gegeben, und diesen den Personalentwicklungskonzepten anlastet. Das ist reine Spekulation, Frau Kollegin Hermenau.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS)

Es gibt Personalentwicklungskonzepte sowohl in der Verwaltung als auch in der Wirtschaft. Das begrüßen wir.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Aha!)

Sie dienen dazu, dass die Mitarbeiter einen Überblick und Erfahrungen bekommen und eben nicht in einem reinen Spezialwissen versumpfen. Das heißt, dass sie auch etwas anderes kennen lernen, als immer nur die gleichen Formularsätze und das gleiche Karussell mit den immer gleichen Stempeln zu bedienen, und das von ihrer Einstellung über die Verbeamtung bis zur Pensionierung.

Die Aussetzung, die Sie hier fordern, macht meines Erachtens keinen Sinn. Denn wenn Sie tatsächlich evaluieren wollen, ob diese Personalentwicklungskonzepte die

von der Staatsregierung angedachten und gewünschten Effekte bringen oder aber kontraproduktiv sind, wie es in Ihrem Antrag vermutet wird, dann macht sich gerade die Fortführung insoweit erforderlich, um sie zu evaluieren, um feststellen zu können, ob sie das bringen, was sie sollen.

Aus diesen Gründen, meine Damen und Herren, können wir diesem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Das war die Runde der Fraktionen. Ich glaube, die Staatsregierung, Herr Staatsminister Dr. Metz, möchte sprechen. Bitte schön.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Er löst die Finanzverwaltung auf, dann sind wir uns einig!)