Hierzu hat der Einreicher als Erster das Wort. Es folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE und wie immer die Staatsregierung, wenn sie möchte. – Herr Günther von der FDP-Fraktion, ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich den Antrag einbringe, möchte ich noch ganz kurz zum vorhergehenden Punkt sprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren von der NPD! Sie haben vorhin gerade die U18-Wahl erwähnt. Ihr Kandidat in unserem Wahlkreis ist bei dieser Wahl jämmerlich eingegangen. Das war der Wahlkreis 162. Deshalb sollten Sie dieses Thema hier nicht so groß erwähnen.
Zum Antrag der FDP: Uns geht es bei diesem Antrag um zwei wesentliche Zielsetzungen. Erstens wollen wir sicherstellen, dass nach dem Weggang von Rot-Grün und nach dem Auslaufen der Windkraftsubventionen die Windparkbetreiber verpflichtet werden, ihre Windräder wieder abzubauen und sachgerecht zu entsorgen. Zwei
tens wollen wir eine geringstmögliche Gefährdung einheimischer Vogel- und Fledermausarten durch Windkraftschredderanlagen erreichen.
Einige Anmerkungen zu Punkt 1: Hier geht es um Windkraftanlagen als den Ausblick störende Faktoren. Das Argument, dass Windkraftanlagen keinen Eingriff in das Landschaftsbild darstellen und Strommasten ja auch das Landschaftsbild schädigen, ist hinlänglich bekannt, kann aber ganz leicht widerlegt werden.
Zweitens, statische Strommasten können nicht mit dynamischen Windkraftanlagen verglichen werden. Insbesondere im dicht besiedelten Deutschland führen die Windenergieanlagen zu einer Verminderung der Lebensqualität.
Drittens, Windkraftanlagen sind zu den 180 000 Strommasten hinzugekommen und nicht anstatt derer vorhanden. Dass die Anzahl der Strommasten wegen Windkraftanlagen größer werden muss, steht schließlich auch in der Dena-Studie.
Auch das Argument, dass Windkraftanlagen keinen Einfluss auf den Tourismus haben, ist mit normalem Menschenverstand und der Erfahrung von der Hand zu weisen. Bei den Untersuchungen des Zusammenhangs zwischen Windenergienutzung und Tourismusaufkommen
ist entscheidend, um welche Gebiete es sich dabei genau handelt. Das Engagement von Tourismusverbänden gegen Windkraftanlagen ist nicht von ungefähr gekommen, besonders wenn es sich um solche speziellen Tourismusgebiete wie das Erzgebirge handelt und der geplante Bau von Windkraftanlagen auf dem Erzgebirgskamm die Situation verschärft.
Windkrafträder im Erzgebirge entstellen das Bild des Gebirges. Landschaftsschutz im Erzgebirge heißt Schutz vor Windkrafträdern.
Ich habe hier ein Zitat von Prof. Dr. Binswanger vom Institut für Wirtschaft und Ökologie Sankt Gallen: „Die Windkraftanlagen sind in die Landschaft gestellte Maschinen, deren negative Auswirkungen auf die Gestalt der Kultur- und Naturlandschaft in dem Ausmaß, als sie an der Zahl, aber auch in der Höhe zunehmen, wesentlich größer sind als alle Infrastrukturbauten zusammengenommen. Besonders im Binnenland steht diese Veränderung, die immer mehr auf eine Zerstörung der Landschaft hinausläuft, in keinem Verhältnis zum geringen Beitrag an der Energieversorgung.“
Sehr geehrte Damen und Herren! Sicherlich können Sie sich nicht daran erinnern, aber eine meiner Anfragen hat ergeben, dass die Regelung des § 72 Abs. 3 der Sächsischen Bauordnung seit In-Kraft-Treten nicht in vollem Umfang in Anspruch genommen wird. Warum interessiert mich das? Gerade diese Regelung befasst sich mit dem Rückbau von Bauwerken und der dafür hinterlegten Sicherheitsleistung. Denn was ist, wenn – wie vorhersehbar – die Förderung der rot-grünen Bundesregierung für erneuerbare Energien ausläuft? Die Windkraftanlagen bleiben stehen. Im schlimmsten Fall vergammeln sie vor sich hin. Aber gerade dies soll durch eine Rückbauverpflichtung im Sinne des Landschaftsschutzes verhindert werden.
Die gewünschte Änderung in der Sächsischen Bauordnung bezieht sich aus gutem Grund auf den § 72. Wir bitten in unserem Antrag lediglich, diesen Paragrafen bei der Genehmigung von neuen Windkraftanlagen anzuwenden, also um eine Umwandlung von einer Kann- zu einer Muss-Bestimmung.
Noch einige Bemerkungen zu Punkt 2, Windkraftanlagen als so genannte Schredderanlagen: Nicht nur der Landschaftsschutz verdient in dieser Hinsicht besonderes Augenmerk, sondern auch die Tier- und Vogelwelt, die unser Landschaftsbild mitbestimmt. Besonders negativ – das ist hier zu erwähnen – wird das Landschaftsbild beeinflusst, wenn unsere Tier- und Vogelwelt tot unter den Windkraftanlagen liegt. Dass dem so ist, haben ja unterdessen einige Erhebungen gezeigt. Besonders Vogel- und Fledermausarten, die in der EU-Vogelschutzrichtlinie als prioritäre Arten aufgeführt werden, werden ständig Anflugopfer in Windkraftanlagen.
Herr Lichdi, regen Sie sich nicht auf! Ich habe extra auf meinem Platz Beruhigungspillen für Sie bereitgelegt.
Sächsische Zahlen vom SMUL sind leider nicht richtig aussagekräftig und etwas veraltet, da von 1998. Aber schauen wir uns einmal dafür im Nachbarland Brandenburg um und was Prof. Dr. Freude, Präsident des Landesumweltamtes Brandenburg, dazu sagt. Windkraftnutzung und Vogelschlag – ein sehr unterschätztes Problem. Die zentrale Fundkartei der staatlichen Vogelschutzwarte listet Zufallsfunde und Stichproben von Totfunden unter Windkraftanlagen in Deutschland auf: 40 Rotmilane, 150 große Rabensegler – eine Fledermausart –, 23 Mäusebussarde, 44 Rauhaarfledermäuse usw. Die Liste weist 447 Anflugopfer auf, die fast zu 90 % in den letzten Jahren gefunden wurden. Hier ist Handlungsbedarf dringend erforderlich.
Um Kollisionen von Vögeln und Fledermäusen mit Windkraftanlagen zu vermeiden, ersuchen wir die Staatsregierung, uns umfassend über Methoden und hier im Speziellen über Sonderlackierungen zur Reduzierung dieser tödlichen Zusammenstöße zu informieren. Das ist der Grund unseres Antrages.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der näheren Betrachtung der Drucksachenübersicht des letzten Halbjahres musste man den Eindruck gewinnen, dass die FDP sich jetzt zunehmend grünen Themen widmet, wenn man die Überschriften der Anträge oder der Kleinen Anfragen gelesen hat. Bei den Inhalten sah es dann schon etwas anders aus, denn der Ehrlichkeit halber, Herr Günther, muss ich Ihnen zugestehen, dass es sich beim vorliegenden Antrag bzw. bei den Kleinen Anfragen eben nicht um die Forcierung des Baus solcher Anlagen handelt; vielmehr sprechen Sie in diesen Drucksachen Probleme an, die bei der gesamten Windkraftdiskussion nicht von der Hand zu weisen sind. Aber wenn wir über diese Probleme reden, müssen wir auch ehrlich argumentieren.
Ich denke, die Klimakatastrophen, die Geschehnisse der letzten Zeit müssen uns deutlich vor Augen führen, dass wir auf der einen Seite die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, insbesondere von Öl und Gas, senken müssen, auf der anderen Seite aber auch bei der Nutzung der Windkraftanlagen andere ökologische Belange mit abwägen müssen. So wie Sie argumentiert haben, Herr Günther, müssten Sie Ihren Antrag ehrlicherweise überschreiben: Verbot von Windkraftanlagen. Ich denke, das löst das Problem nicht.
Ebenso wie bei der Wasserkraftnutzung stehen auch bei der Windkraftnutzung ökologische Belange konträr
zueinander. Der Forcierung der Erschließung von Quellen erneuerbarer Energien stehen andere Naturschutzbelange gegenüber. Bei der Wasserkraft sind es die Verbaue und die Barrieren, wodurch dann Probleme für die Fisch- und Pflanzenwelt in Gewässern entstehen. Bei der Windkraft gibt es diese negativen Auswirkungen auf den Menschen, auf das Landschaftsbild und auf die Tiere, wie eben hier angeführt und auch in Ihren Kleinen Anfragen hinterfragt, insbesondere bei Fledermäusen und Zugvögeln.
Aber die von Ihnen so genannte Schredderanlage für Vögel und für Fledermäuse existiert mitnichten. Das belegen die vorhandenen Zahlen keineswegs: Bei den Fledermäusen, wie gesagt, sind seit 1998 243 Totfunde im gesamten Bundesgebiet registriert, bei den schützenswerten Vögeln in Sachsen, zum Beispiel bei den Rotmilanen, ist bei über 600 Brutvogelpaaren kein Totfund nachweisbar. Wir müssen hier schon vorsichtig und ehrlich argumentieren.
Das Hauptanliegen Ihres Antrages ist – das ist ein berechtigtes Anliegen, dem ich auch zustimme –, welche Instrumentarien die Genehmigungsbehörden haben, um einen geordneten Rückbau der Anlagen nach Auslaufen der Betriebszeiten zu gewährleisten. Aber hier, so muss man wirklich sagen, sind im vergangenen Jahr doch deutliche Verbesserungen zu verzeichnen:
Erstens durch die am 1. Juli 2005 – also ganz frisch – in Kraft getretene Verordnung, nach der Anlagen über 50 Meter Höhe nicht mehr im Baugenehmigungsverfahren, sondern im immissionsschutzrechtlichen Verfahren genehmigt werden müssen, unabhängig von der Zahl der beantragten Anlagen. Alles, was jetzt neu errichtet wird, ist in der Regel höher als 50 Meter, fällt also unter diese Verordnung.
Zweitens ist insbesondere im novellierten Baugesetz eine grundlegende Rückbauverpflichtung im § 35 Abs. 5 enthalten. Neu aufgenommen worden ist dort, „... dass für Vorhaben als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben ist, dass Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen sind.“ Damit ist der Punkt 1 Ihres Antrages erledigt.
Drittens. Die Sächsische Bauordnung regelt im § 72 Abs. 3 die Vorschrift für Sicherheitsleistungen zur Gewährleistung der Rückbauverpflichtung. Letztere Regelung ist auch erst seit wenigen Monaten in Kraft und kann deshalb aus heutiger Sicht noch nicht abschließend auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. In jedem Fall sind die Sicherheitsleistungen der Regelfall und nur in seltensten Fällen kann dazu eine Ausnahme gemacht werden. Damit ist auch Punkt 4 Ihres Antrages erledigt.
Über die Punkte 2 und 3 zu berichten macht deshalb aus heutiger Sicht noch keinen Sinn, da ja seit In-Kraft-Treten der Neuregelung der Sächsischen Bauordnung noch nicht einmal ein Jahr verstrichen ist. Deshalb mache ich Ihnen hier und heute den Vorschlag, wir sollten im Ausschuss – dort gehört so ein Fachthema hin – vielleicht Mitte nächsten Jahres eine Berichterstattung der Staatsregierung
entgegennehmen, wenn sich die Anwendung des neuen Rechtes eingespielt hat und verlässliche und nicht nur, wie in der Beantwortung Ihrer mündlichen Anfrage im letzten Plenum vor der Sommerpause, auf Blitzumfragen beruhende Zahlen vorgelegt werden können. Im nächsten Jahr können wir darüber sicher noch einmal ausführlich sprechen.
Zum Schluss noch etwas zu den Punkten 5 und 6. Die wirksamste Vermeidung von Vogel- und Fledermauskollisionen mit Windkraftanlagen ist in erster Linie dadurch möglich, dass diese, gesteuert durch die vorliegenden landesplanerischen Instrumente, in Vorranggebieten für Windkraftnutzung errichtet werden. Da ist natürlich in der Vergangenheit, als die planerischen Grundlagen noch nicht vorhanden waren, vieles entstanden, was heute so nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Regelmäßige Ausschlusskriterien sind gerade bei der Ausweisung solcher Vorranggebiete, dass diese nicht in regional bedeutsamen Vogelrastgebieten liegen, nicht in Zugbahnen der Vögel und in Brut- und Nahrungshabitaten von geschützten Vogelarten und nicht in FFH- und Naturschutzgebieten sowie gleichrangigen geschützten Flächen. Wenn das eingehalten wird, sind Kollisionen dann auch weitgehend ausgeschlossen.
Im Übrigen hat sich in Feldstudien die Wirksamkeit von Rotorblattzeichnungen und Sonderlackierungen nicht nachweisen lassen. Ebenso hat die Beschichtung von Windkraftanlagen mit UV-reflektierender Farbe keinen messbaren Erfolg im Hinblick auf die Vermeidung von Kollisionen gebracht, nachzulesen in der 80-seitigen Studie des NABU zu Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die biologische Vielfalt am Beispiel der Vögel und Fledermäuse vom vergangenen Jahr.
Aus den vorgenannten Gründen, weil einige Punkte bereits erledigt sind und andererseits wegen der Unmöglichkeit der Berichterstattung zum gegenwärtigen Zeitpunkt, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Ich sage aber für die CDU-Fraktion, dass wir von unseren sächsischen Behörden fordern, dass die zur Verfügung stehenden Instrumentarien der Bauordnung und des Baugesetzbuches, aber auch des Planungsrechtes bei der Umsetzung des Landesentwicklungsplanes und der Regionalpläne konsequent eingesetzt werden müssen, um weiteren Wildwuchs von Windparks im Freistaat Sachsen nicht zuzulassen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich zunächst, dass die Sichtweise von Frau Windisch und der Linksfraktion in weiten Teilen – nicht in Gänze, aber in weiten Teilen – deckungsgleich ist.
Die Windenergie als erneuerbare Energie stellt für die Linksfraktion.PDS ein wichtiges Element der sächsischen Energiepolitik dar. Weil erneuerbaren Energien und darunter eben auch der Windenergie ein größerer Stellenwert beigemessen werden muss, haben wir uns in den vergangenen Monaten vehement für die Neuausrichtung des Energieprogramms Sachsen aus dem Jahre 2004 eingesetzt. Das soll ja nun gemäß Zusage von Herrn Staatsminister Jurk bis zum nächsten Jahr bewerkstelligt werden.