Protocol of the Session on June 24, 2005

(Karl Nolle, SPD: Sehr gut, das Buch!)

Das denke ich auch. Dort ist nämlich ganz viel beschrieben, was in Sachsen in den letzten Jahren in Sachen Abwasserbeseitigung so alles gelaufen ist.

(Andreas Lämmel, CDU: Man muss nicht alles glauben, was Herr Müller schreibt!)

Warum soll man das nicht glauben? Außerdem muss ich es auch nicht glauben, wir haben das hier in Sachsen in den letzten 15 Jahren zum allergrößten Teil erlebt, was dort drinsteht.

(Zuruf des Staatsministers Stanislaw Tillich)

Das hat in diesem Fall nicht viel mit Glauben zu tun.

(Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD)

Das hat auch nichts mit Glauben zu tun, das hat mit Überzeugung zu tun – richtig –, von dem, was man für notwendig hält.

So, Herr Heinz, noch ein Wort zu Ihnen, zu Ihrer Vorstellung von grüner Gentechnik. Glauben Sie denn im

Ernst, dass es überhaupt noch eine Chance für Ökolandbau gibt, wenn grüne Gentechnik – was Sie ja auch sagen, was nicht passieren wird – flächendeckend in Sachsen Realität sein wird? Dann wird es auch keine Konjunktur für Ökolandbau mehr geben. Das ist völlig an der Realität vorbei. Offensichtlich haben Sie sich mit grüner Gentechnik noch nicht so sehr beschäftigt.

Zu Herrn Mertens von der FDP.

(Torsten Herbst, FDP: Martens!)

Entschuldigung, Martens. Ich lerne es auch noch. Zu Herrn Martens von der FDP – er ist leider gerade nicht da – und der Frage, dass auch die Agrarmärkte genau wie alle anderen Wirtschaftszweige einfach dem freien Markt überlassen werden sollen und das sinnvoll ist. Dazu zitiere ich immer wieder gern unseren bisherigen Landwirtschaftsminister Flath, der vor einiger Zeit in einer Regierungserklärung gesagt hat: „Es ist doch sehr zu überlegen, ob es sinnvoll ist, auch den Handel mit Agrarprodukten völlig zur Globalisierung freizugeben.“

Ich denke, wir haben heute schon viel davon gehört, dass es nicht sinnvoll ist. Genau deshalb stehen wir als PDS auch für den Ökolandbau und seine weitere Förderung. Denn die Wachstumsraten im Ökolandbau sind natürlich für die Zukunft da. Deswegen sind die Betriebe aber doch nicht so finanzstark, dass sie auch noch die Umstellung ungefördert hinnehmen können, und nur um die Umstellung auf ökologischen Landbau geht es hier heute.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Dem Antrag der CDU-Fraktion werden wir zustimmen, weil auch viel Gutes darin steht.

(Beifall bei der PDS)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Die Staatsregierung; Herr Minister Tillich, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Zur Demokratie gehört, dass jeder sagen kann, was er will. Aber es muss nicht alles wahr sein, was hier gesagt worden ist – vor allem von den Oppositionsparteien.

Herr Weichert, es ist in der Tat so, wie Sie gesagt haben: Der Antrag und die Debatte sind überflüssig. Hätten Sie sich nur damit auseinander gesetzt und in den Ausschussberatungen zugehört. Es reißt nichts ab und Sachsen steigt nicht aus – alles falsch.

Ich hätte heute erwartet, dass sich dieser Landtag mit dem auseinander setzt, was gerade auf Brüsseler Parkett diskutiert wird, nämlich der Infragestellung der Agrarsubventionen. Wir sollten uns hier für die Unterstützung der sächsischen Landwirtschaft und die Entwicklung des ländlichen Raumes in Sachsen stark machen. Oder will jemand aus der Opposition, dass zukünftig nach ÖTVTarif bezahlte Angestellte der Grünlandämter der Städte in Sachsen den Rasen mähen und die Landwirte in den ländlichen Räumen nichts mehr zu tun haben? – Das

glaube ich nicht, und das wäre eine bessere Debatte gewesen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der Staatsregierung)

Ich sage es Ihnen heute noch einmal – aber ich hoffe, dann auch zum letzten Mal – zum klaren Verständnis: Die Politik der Sächsischen Staatsregierung steht für ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Naturschutz und Landwirtschaft. Wir ideologisieren – im Gegensatz zur Politik der gegenwärtigen Landwirtschaftsministerin – weder die eine noch die andere Seite.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Frau Künast dann noch in der Öffentlichkeit behauptet, ihre Politik sei ein Glücksfall für die Landwirte, so grenzt das schon an Sarkasmus.

Herr Weichert, Ihre Vorschläge, die Sie mit der Kantine bei der Sächsischen Staatsregierung bzw. hier im Sächsischen Landtag unterbreitet haben, setzen im Prinzip dem noch eins drauf, was Frau Altmann vorgestern hier geboten hat, indem sie sich für den Bodenbesitz ausgesprochen hat. Sie sind derjenige, der auch noch die sozialistische Planwirtschaft im Sächsischen Landtag und bei den sächsischen öffentlichen Einrichtungen will.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU – Heiterkeit und demonstrativer Beifall bei der FDP)

Der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeugt schlicht und einfach von einseitiger Bevormundung und Bevorteilung, nämlich der Bevorteilung einer bestimmten Bewirtschaftungsform: des ökologischen Landbaus.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Auf europäischer Ebene, liebe Frau Kollegin Hermenau, stehen zurzeit sämtliche Agrarsubventionen in der Kritik; das habe ich bereits gesagt. Es wäre illusorisch zu glauben, dass die Landwirtschaft zukünftig Unmengen von Geld zur Verfügung hat. Das wissen Sie genauso, Herr Weichert, wie die gesamte GRÜNE-Fraktion.

(Elke Altmann, PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?

Jetzt nicht, später. Ein Umdenken in Richtung „mehr Markt und Wettbewerb“ ist notwendig und wird auch in absehbarer Zeit erfolgen. Das ist der Grundansatz der europäischen Agrarreform. Unsere Landwirtschaft wird sich diesem Wettbewerb stellen. Die Politik muss es jedoch der Landwirtschaft auch ermöglichen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern – und zwar der konventionellen wie der ökologischen Landwirtschaft. Sie wissen sicher, meine Damen und Herren, dass die Förderung nur einen Anreiz darstellt, der zwar die freiwilligen Mehr- bzw. Verzichtsleistungen bei der Bewirtschaftung honoriert, jedoch

keine Basis für eine sichere betriebswirtschaftliche Entwicklung darstellt. – Es sind eben Förderprogramme.

Unter all diesen Blickwinkeln kann ich Ihren Antrag, Herr Weichert, wirklich nicht nachvollziehen. Das gesamte Programm „Umweltgerechte Landwirtschaft“ – und Sie haben es in Ihren Ausführungen zum Teil bestätigt – einschließlich des Teilprogramms „Ökologischer Landbau“ hat in der noch laufenden Förderperiode erhebliche Umwelteffekte – sowohl bei der umweltgerechten Bewirtschaftung in der konventionellen Landwirtschaft als auch durch ökologisch arbeitende Betriebe – erzielt.

Nur einmal zwei Zahlen zur Erinnerung für dieses Hohe Haus: 4 800 landwirtschaftliche Unternehmen nehmen in Sachsen an dieser „umweltgerechten Landwirtschaft“ teil. Herr Weichert, Sie sprachen von 270, meine Statistik sagt, 170 Öko-Landwirtschaftsbetriebe haben wir bei uns. Aber die Relation spricht für sich. Das heißt, beide nehmen nebeneinander an der UL teil bzw. haben im ökologischen Landbau höhere Vergütungen.

Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Frau Altmann.

Herr Minister Tillich, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Betriebe, die Förderung, um die es hier geht, in Anspruch nehmen wollen, ursprünglich konventionell wirtschaftende Betriebe sind? Mit der Förderung wird nur die Umstellung auf eine andere, aufwändigere Wirtschaftsweise erleichtert, sonst nichts. Also keine Bevorteilung oder Benachteiligung der einen oder anderen Wirtschaftsweise. Im Grunde haben Sie genau das in Ihrer Rede auch bestätigt, indem Sie klarstellen, dass die Umstellungsförderung durchaus keine Garantie für langfristigen Erfolg der Betriebe ist.

Ich habe Ihre Frage schwer verstanden, da sie nicht ganz klar gestellt war, aber ich habe sie zum Teil verstanden und werde in meinen weiteren Ausführungen noch darauf antworten. Ich sage noch einmal ganz deutlich: Auf das, was wir im Bereich der umweltgerechten Landwirtschaft erreicht haben, sind wir gemeinsam, glaube ich, Koalition und Staatsregierung, stolz. Zu all diesen Erfolgen, Herr Weichert, gehören alle Teile des Programms „Umweltgerechte Landwirtschaft“ gleichermaßen.

Wir können jedoch nicht die Augen vor den Realitäten verschließen. Bis 2006 sind die Finanzierungsgrundlagen des Entwicklungsplans für den ländlichen Raum garantiert. Die Europäische Union – so wie es der Abg. Heinz gesagt hat – fordert aber von uns fünfjährige Bindungszeiträume für dieses UL-Programm. Das heißt, wer 2006 beginnt, hat theoretisch die Chance, bis 2011 Fördermittel aus diesem Programm zu bekommen.

Wohl wissend hat aber die Europäische Kommission ab dem Jahr 2007 den Mitgliedsstaaten keinerlei Mittel für die Abfinanzierung dieser Verpflichtungen bereits heute begonnener oder neuer Maßnahmen zugesichert. Das ist die Grundlage dafür, dass der Freistaat Sachsen und ich als zuständiger Minister dem Prinzip der Vorausschau Recht gegeben und ich mich deshalb so entschieden habe, keine Neuanträge mehr zu genehmigen, sondern die Verlängerung bestehender UL-Programme bis zum Ende des Jahres 2006 zu genehmigen. Andreas Heinz hat darauf ebenfalls noch einmal hingewiesen.

Die aktuelle Entwicklung der Diskussionen im Europäischen Rat, meine Damen und Herren, hat, glaube ich, mir sogar noch einmal zusätzlich Recht gegeben. Unabhängig davon, wie und vor allem wann eine Einigung zu den Finanzfragen erfolgt, können wir Maßnahmen, die uns weit in den Förderzeitraum bis 2007 bzw. 2013 hinein binden, unter diesen Voraussetzungen nicht bewilligen. Das ist meine Überzeugung.

Die Bundesländer, die – anders als Sachsen – jetzt noch Neuanträge im Öko-Landbau zulassen, verschieben nur die daraus folgenden Finanzierungsprobleme, und wenn Sie in deren Verträge mit ihren Landwirten schauen, so ist darin zumindest eine Anpassungsklausel enthalten, und Herr Heinz hat darauf hingewiesen, welche Diskussionen allein schon entstehen, wenn man die Zusagen von 100 auf 93 % ändert.

Bei einer schon jetzt absehbaren wesentlich geringeren Finanzausstattung ab 2007 müssen sie dann entsprechende Umbewilligungen durchsetzen, und dieser Aufgabe bzw. diesem Stress – das sage ich ganz deutlich – wollte ich mich nicht stellen. Andererseits wollte ich die Landwirte jetzt nicht zusätzlich belasten, da die Forderung bestand, auf Cross Compliance einzugehen, das bestehende Programm „umzustricken“, zusätzlich zu den Anträgen zur Agrarreform, zu den neuen Herausforderungen, zu Cross Compliance umzuändern und dementsprechend noch mehr Bürokratie in die Antragstellung zu bringen. Das war die Absicht, die wir eben nicht hatten. Deshalb haben wir uns so entschieden, wie wir uns entschieden haben. Ich halte diese Politik durchaus für verantwortbar, deswegen habe ich mich so entschieden.

Das widerspricht weder den Zielen des Landesentwicklungsplanes, noch wird Sachsen dadurch von der internationalen Entwicklung abgekoppelt. Diesen Zusammenhang, kann ich, Herr Weichert, wirklich nicht nachvollziehen; denn das Aussetzen der Neubewilligung trifft die konventionelle Landwirtschaft in gleichem Maße wie den Öko-Landbau. Es wird hier keiner einseitig benachteiligt oder bevorteilt.

Bereits geförderte Öko-Betriebe, Herr Weichert, wie auch alle anderen an der UL teilnehmenden Betriebe können auch nach Auslaufen ihrer Förderbescheide in den Jahren 2005 und 2006 so lange laufen, wie sie im System sind. Deswegen steigt Sachsen da nicht aus. Sie können eine Anschlussförderung bis zum Beginn der neuen Förderperiode beantragen.

Wenn uns die EU künftig die finanziellen Möglichkeiten belässt, werden wir ab 2007 – so habe ich es gestern bereits beantwortet – auch die umweltgerechte Landwirtschaft bzw. den Öko-Landbau im Besonderen mit Förderinstrumenten begleiten.

Eine jetzige Sonderregelung für den Öko-Landbau ist aus meiner Sicht nicht begründbar und – im Gegensatz zu anderen im Saal – auch nicht Ziel meiner Politik. Eigentlich ist eine Sonderregelung nach der Begründung Ihres Antrages, Herr Weichert, auch nicht notwendig. Sie bescheinigen den Bioprodukten bereits einen Massenmarkt, der dann doch kostendeckend sein müsste. Insofern verstehe ich Ihre Aufregung nicht. Eine von Ihnen geforderte weitere Ausdehnung des bestehenden Angebots kann – dass wissen Sie selbst – nicht politisch erfolgen, sondern sie erfolgt am Markt. Als Landwirtschaftsminister freue ich mich über jeden Betrieb, der sich am Markt behauptet.