Protocol of the Session on June 24, 2005

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abg. Horst Wehner, PDS – Johannes Lichdi, GRÜNE: Sehr gut!)

„In zehn Jahren sollen fünf Prozent der deutschen Ökolebensmittel aus Sachsen geliefert werden. Dies entspricht einem Umsatzvolumen von zirka 400 Millionen Euro und einem Bedarf an ökologisch bewirtschafteter Fläche von 80 000 bis 100 000 ha. Der zu erwartende volkswirtschaftliche Nutzen des ökologischen Landbaus rechtfertigt ein besonderes Engagement des Freistaates.“

Wie klingt Ihnen das? – Das war ein Zitat. Das war kein grünes Statement, sondern ein Zitat von der Homepage des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft. Allerdings wurden diese Aussagen ins Netz gestellt, bevor Herr Tillich sein Amt übernahm und bevor die SPD in die Landesregierung eingestiegen ist.

Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag von CDU und SPD, Seite 62: „Die Förderung des Absatzes sächsischer Erzeugnisse der Land- und Ernährungswirtschaft, besonders des ökologischen Landbaus, wird beibehalten.“

Was aber ist beim Haushalt passiert? – Genau an dieser Stelle der Förderung des Absatzes ökologischer Produkte wurden im laufenden Haushalt 1,5 Millionen Euro eingespart. Im nächsten Jahr werden es 1,9 Millionen Euro sein.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Hört, hört!)

Die Absatzförderung des Ökolandbaus ist auf null gestellt. Wir haben in den Haushaltsberatungen beantragt, diese Kürzung bei der Titelgruppe 76 zurückzunehmen; wir haben dafür einen Deckungsvorschlag eingebracht. Leider wurden wir überstimmt.

Meine Damen und Herren! Wenn meine Fraktion diesen Vorgang der Streichung der Umstellungshilfen hier und heute noch einmal im Plenum behandelt haben will, dann machen wir das nicht aus purer Lust an der Debatte. Ich habe mich sehr frühzeitig, als ich den Vorgang zur Kenntnis bekommen habe, an den Herrn Minister gewandt in der Hoffnung, dass er die offensichtlichen Fehler korrigiert. Das hat leider nichts genützt und ich kann jetzt hier nur noch einmal im Plenum alle darum bitten, dafür zu sorgen, dass der Landtag eine Politik fortsetzt, die von Herrn Jähnichen begonnen wurde und die Herr Flath weitergeführt hat. Auch daran sehen Sie, dass es nicht um ein grünes Spezialthema geht.

Meine Damen und Herren! Was heute passiert, werden Sie von unserer Fraktion nur sehr selten erleben: Wir beantragen hier und heute in dieser Debatte nichts anderes als die Fortführung der Politik, die unter der Alleinregie

rung der CDU gemacht wurde. Allein das sollte Ihnen schon die Zustimmung wert sein.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Elke Altmann, PDS – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Dann die CDU zuerst. Herr Heinz.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Liebe Frau Altmann, wir beten nicht das nach, was uns die Staatsregierung vorbetet, sondern wir müssen einfach gewisse Fakten zur Kenntnis nehmen. Ein Fakt ist: Der Freistaat Sachsen hat sich schon sehr frühzeitig mit seinen Kulturlandschaftsprogrammen dazu verpflichtet, gemeinsam mit der Landwirtschaft Ertragsausfälle durch umweltschonendere Bewirtschaftung zu honorieren.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Das ist vorwiegend über Geld aus Brüssel geschehen. Im Jahr 2004 sind es allein 65 Millionen Euro, die so in das Land fließen, davon 75 % aus Brüssel, also ungefähr 48 Millionen Euro, die aus Brüsseler Geld nach Sachsen fließen.

Dann mussten wir aber zur Kenntnis nehmen, dass vieles, was sächsische Landwirte freiwillig getan haben, mit einem Mal zum Gesetz erhoben worden ist. Dinge, die gesetzlich vorgeschrieben sind, können nicht mehr gefördert werden, das ist selbstverständlich. Also kam infolge der gesamten Cross Compliance – so nennt sich dieser Vorgang – der Brief aus Brüssel mit den Fragen: Was macht Sachsen mit seinen Förderprogrammen? Stellt es die Förderprogramme sofort auf die neuen gesetzlichen Regelungen um oder lässt es die begonnenen Programme auslaufen und schafft neue?

Wir haben uns entschlossen – auch in Anbetracht des Endes der Finanzierungsperiode –, die bestehenden Förderprogramme nur noch bis zum Jahr 2006 zu verlängern und keine Neuanträge mehr zuzulassen. Das ist der Preis dafür, dass wir die gesamten jetzt in Förderung befindlichen Programme und Förderanträge für die Landwirte nicht noch einmal ändern müssen, sondern dass wir sie so zu Ende führen können, wie die Verträge seinerzeit mit den Landwirten abgeschlossen wurden.

Wir werden das Fell des Bären auch erst dann verteilen, wenn er erlegt ist, das heißt, wenn wir wieder genau wissen, wie viel Geld es aus Brüssel gibt. Dann werden selbstverständlich neue Programme geschaffen, vielleicht mit veränderten Konditionen, der neuen Finanzausstattung angepasst. Auch dann werden die sächsischen Landwirte wieder wissen: In diesen fünf Jahren können wir uns auf das am Anfang Zugesagte verlassen.

Im Übrigen hatten wir schon einmal die Situation, dass aus Haushaltsgründen nur 93 % der im Bewilligungsbescheid stehenden Fördermittel ausgezahlt werden konnten. Wenn ich mich da an das Geschrei der nicht in der Regierung vertretenen Parteien erinnere,

(Beifall des Staatsministers Stanislaw Tillich)

dann möchte ich mir das nicht noch einmal antun, sondern wir machen hier konsequente und ehrliche Politik.

Ich möchte noch auf Folgendes verweisen: Leider war es mir in der Kürze der Zeit nicht möglich, die Zahlen zu eruieren, ob es denn in anderen Bundesländern, in denen Neuanträge möglich sind, aber mit unklaren Konditionen, noch Neuanträge gegeben hat.

Der Hinweis auf grüne Gentechnik sei eigentlich damit beantwortet, dass wir erstens nicht präferieren, dass nun flächendeckend das Land mit Gentechnik überzogen werden muss, sondern dass es ein gleichberechtigtes Nebeneinander sein soll. Wenn die grüne Gentechnik dann wirklich so schlimm ist, dann wäre das ja das beste Konjunkturprogramm für ökologisch erzeugte Produkte. Wir werden sehen, ob das am Ende der Verbraucher auch so sieht.

Noch ein, zwei Bemerkungen zu Müller-Milch. Ich könnte Ihnen ja wie in der 1. Legislatur wieder anraten, einen Untersuchungsausschuss zu dem Thema zu beantragen, ob dort alles mit rechten Dingen zugeht.

Regionale Kreisläufe bedeuten ja sicherlich, dass Produkte, die in der Region erzeugt werden, auch in der Region verarbeitet werden sollen. Ich denke, das ist bei Müller-Milch der Fall. Es ist ja allgemein bekannt, dass sich der Wohlstand in Sachsen nur dann erhöhen wird, wenn viele Produkte, die hier in Sachsen erzeugt werden, auch außerhalb Sachsens verkauft werden.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Wenn ich meinen Gedanken zu Ende gebracht habe, gerne.

Also, dass Produkte, die in Sachsen erzeugt werden, außerhalb Sachsens verkauft werden, ich denke, das macht Müller auch sehr reichlich. Insofern sehe ich keinen Grund, an der Förderung für Müller-Milch herumzumäkeln. Problematisch für mich wäre lediglich, wenn andere Molkereien nicht dieselben Sachverhalte genauso gefördert bekommen würden wie Müller-Milch. Das kann ich aber im Moment nicht erkennen.

Jetzt dürfen Sie Ihre Frage stellen, Herr Lichdi.

Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Kollege. – Da Sie weitergesprochen haben, setze ich jetzt nicht bei dem an, was Sie gerade gesagt haben.

Es ging um den Erfolg von grüner Gentechnik und Biolandbau. Ist Ihnen bekannt, dass sich vor zwei Tagen die Insel Rügen als gesamte gentechnikfreie Zone konstituiert hat

(Zuruf des Staatsministers Stanislaw Tillich)

und dass sich die Insel Rügen davon erhebliche wirtschaftliche Vorteile usw. verspricht?

Dass sie das vor zwei Tagen gemacht haben, ist mir nicht bekannt. Aber das hat auch keine Auswirkungen auf sächsische Politik.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Ich wollte zum Abschluss dieser Runde noch bemerken, dass das beste Förderprogramm für ökologische Produkte die tägliche Einkaufsentscheidung ist. Hier kann ich nur anraten, dass jeder selbst sein Einkaufsverhalten einmal überprüft.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Ich frage die SPD, ob sie noch das Wort wünscht. – Das ist nicht der Fall. Dann bitte Frau Altmann, PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt wie versprochen zum Antrag der Koalitionsfraktionen. Dieser Antrag zeugt, wie schon manchmal erlebt, von wenig Vertrauen der Koalitionsfraktionen in das Handeln der Staatsregierung. Denn in diesem Antrag „Landwirtschaft und Umweltschutz“ ist in der Begründung zu lesen – ich zitiere –: „Deshalb vertritt die Koalition die Auffassung, dass auch in Zukunft Landwirtschaft und Umweltschutz nur miteinander und niemals gegeneinander arbeiten dürfen.“

Ich betone noch einmal: Nicht die Koalitionsfraktionen, sondern die Koalition stellt das in der Begründung fest. Wenn das schon die eingestandene Perspektive für das Miteinander von Landwirtschaft und Umweltschutz sein soll, warum verlangen Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, dann im Punkt 3 noch einmal von der Staatsregierung, die ja die Ihre ist – und ich zitiere wieder –, „die Perspektiven des Miteinanders von Landwirtschaft und Umweltschutz im Freistaat darzustellen“? Nur so viel zu einer Kleinigkeit in diesem Antrag.

Des Weiteren ist es für die PDS-Fraktion keine Frage, dass der kooperativ umgesetzte Naturschutz, wie er beim Vertragsnaturschutz und durch die Arbeit der Landschaftspflegeverbände geleistet wird, weiter gestärkt und unterstützt werden muss. Ich frage mich aber, warum sich die Staatsregierung – wieder nach dem Willen von CDU und SPD – dafür einsetzen soll, dass eine Schwächung des Vertragsnaturschutzes verhindert wird; so in Punkt 4 des Antrages. Wer in Sachsen schwächt denn den Vertragsnaturschutz?

Den Vertragsnaturschutz wollen auch Sie, Herr Staatsminister Tillich, weiter fördern. Das ist in der Stellungnahme zu lesen. Was geschah aber in den letzten Jahren mit der direkten Förderung der Landschaftspflegeverbände hier in Sachsen, die ja bekanntlich Agrarumweltmaßnahmen, Vertragsnaturschutz und Gewässerpflege umsetzen? Die Förderung wurde von der Staatsregierung aufgegeben. Aber gerade die freiwillige Zusammenarbeit von Landwirten, Naturschützern, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern in Landschaftspflegeverbänden gleicht bestehende Gegensätze zwischen Landwirtschaft und Naturschutz aus und schafft so neues Vertrauen. Die Kürzungen der Förderung gerade in die

sem Bereich war aus unserer Sicht ein Fehler und muss unbedingt korrigiert werden.

Noch ein Letztes: Meine Damen und Herren, zum Miteinander von Landwirtschaft und Umweltschutz gehört für die PDS ganz ausdrücklich auch, dass man den Landwirten und den Grundstückseigentümern Chancen und Anreize für die sparsame und wirtschaftliche Erreichung der Ziele in der Abwasserbehandlung im ländlichen Raum bietet und sie nicht von Abwasserzweckverbänden für den Anschluss ihrer Drei- und Vierseitenhöfe einschließlich „Zweigeschossiger Streuobstwiesen“ an teure zentrale Kläranlagen abkassieren lässt, was in der Vergangenheit in Sachsen tatsächlich geschehen ist.

Unter Chancen verstehen wir die Förderung der Errichtung und Ertüchtigung von Grundstückskläranlagen, also von privaten Kleinkläranlagen, in dem gleichen Maß, wie sie für zentrale Kläranlagen gewährt wird.

Wenn Sie, Herr Staatsminister Tillich, das nicht nach den Vorschlägen der PDS tun wollen, wie Sie das ja gestern deutlich in der Antwort auf meine Kleine Anfrage gesagt haben, dann tun Sie das von uns aus nach Ihren eigenen Vorstellungen. Aber tun Sie es endlich und erklären Sie uns hier im Plenum, wie Sie es tun wollen! Das ist noch mal die Wiederholung meiner Frage von gestern: Wie soll eine entsprechende Richtlinie aussehen? Wann tritt sie in Kraft? Auch wenn es nicht ganz so sein wird, wie wir uns das vorstellen.

Ihre Ausrede, das hätten die Kommunen zu entscheiden, und Ihre Spitzfindigkeiten gestern in der Beantwortung meiner mündlichen Anfrage können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es hier ganz dringenden Handlungsbedarf gibt.

Wenn Sie der PDS in dieser Beziehung nicht glauben wollen, dann empfehle ich Ihnen ein Buch von Uwe Müller mit dem Titel „Supergau deutsche Einheit“, vor kurzem erschienen im Rowohlt Verlag Berlin. Vorab brachte dazu übrigens auch „Die Welt“ eine interessante Artikelserie.

(Karl Nolle, SPD: Sehr gut, das Buch!)