Letzte Bemerkung, die ich machen möchte, Kollege Jurk: Das, was Sie heute ausgeführt haben, war ausführlich, wenngleich aus unserer Sicht möglicherweise nicht in allen Punkten vollständig. Sie haben aber genau das gemacht, was wir in unserer Aktuellen Debatte gefordert haben, nämlich das Parlament öffentlich zu informieren, wie der Sachstand ist. Das ist in Ordnung. Aber ich füge hinzu, dann hätten Sie sich auch die Beschimpfungen der PDS am Anfang Ihrer Rede sparen und Ihren Beitrag gleich in der Sachlichkeit halten können. Das wäre die bessere Diskussionskultur gewesen.
Darf ich jetzt einmal um Ruhe und Gehör bitten?! – Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der PDS zum Thema „Verschleuderung von Steuergeldern im Bereich des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit“, abgeschlossen.
Als Antragstellerin hat wie immer zunächst die beantragende Fraktion, in dem Fall die Fraktion der NPD, das Wort. Danach CDU, PDS, SPD, FDP, GRÜNE, Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Die Fraktion der NPD hat das Wort. Herr Apfel, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wende mich heute vor allem an jene in diesem Haus, die nicht müde werden, unsere Fraktion zu beschimpfen, weil wir uns in unseren Anträgen und Anfragen gegen die Brüsseler Bürokratie wenden. In unserer EU-Kritik haben wir vor allem auf vier wesentliche Punkte abgehoben. Erstens auf die fatalen Auswirkungen auf die Wirtschafts- und Sozialsysteme der betroffenen Nationen durch den Verlust der wirtschaftlichen Selbstbestimmung.
Zweitens auf die Aushöhlung der Demokratie durch die Entmachtung der nationalen Parlamente, der nationalen Regierungen durch die Übertragung der Gesetzgebungskompetenz auf den EU-Ministerrat und das EU-Parlament.
Drittens auf die Verfassungswidrigkeit dieses Prozesses und viertens auf die betrügerische Art und Weise, wie die herrschende Klasse all dies über die Köpfe der Bürger hinweg eingefädelt hat.
Angesichts der neuesten Entwicklungen in Europa möchte ich zunächst auf die tatsächliche Stimmungslage im Volke eingehen. Denn inzwischen dürfte es auch Ihnen, meine Damen und Herren, aufgefallen sein, dass die von uns vorgetragenen und von Ihnen immer wieder mit pathologischer Wut abgelehnten Einwände von einem großen Teil der Bürger geteilt werden.
Gerade weil man die Deutschen für dumm verkauft und ihnen bisher eine Volksabstimmung verweigert, kann man den brodelnden Volkszorn gegen das EU-Europa der Technokraten ebenso deutlich spüren wie in Frankreich und in den Niederlanden, wo die Bürger den Globalisierungsfanatikern mit ihrem eindrucksvollen Nein zur EU-Verfassung eine schallende Ohrfeige verpasst haben.
Das Machwerk, meine Damen und Herren, das man schamlos als Verfassung bezeichnet, ist nichts anderes als die Zusammenfassung aller bisher undemokratisch eingefädelten Vereinbarungen: von Maastricht bis Nizza und Lissabon einschließlich der alltäglichen SalamiRechtsetzung durch die EU-Kommission und den Europäischen Gerichtshof. Jetzt wurde dieses Machwerk von 55 % der französischen und 63 % der niederländischen Wähler abgelehnt.
Entscheidend ist die Tatsache, dass die Bürger von zwei EU-Kernländern nicht nur die EU-Verfassung abgelehnt und über deren Inhalt abgestimmt haben, sondern zudem gegen die Entmündigung der Länder, gegen die
Das Nein der Franzosen und der Holländer ist das Ergebnis einer volksfremden Politik von Technokraten, eine schallende Ohrfeige für eine hemmungslos expandierende, aus allen Nähten platzende neoliberale Europäische Union, die einzig und allein dem internationalen Großkapital dient. Die Abstimmung über die EU-Verfassung ist gleichzeitig die Quittung für den Euro, für die EU-Osterweiterung, für den drohenden Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und für unsägliche Richtlinien der EU, die zur Vernichtung von einheimischen Arbeitsplätzen führen.
Die Menschen, meine Damen und Herren, in Frankreich und in den Niederlanden stimmten gegen den Willen der etablierten Kräfte in ihren Ländern, das heißt: gegen die etablierten Parteien, gegen die geballte Medienmacht, gegen die auf Globalisierung ausgerichteten Wirtschaftsverbände, gegen das Kapital.
In Deutschland, so ist leider die Realität, wehren sich die etablierten Parteien mit Händen und Füßen gegen eine Volksabstimmung, bei der auch die Deutschen endlich einmal Gelegenheit erhalten würden, Stellung zu der seit Jahren in Deutschland mit Verfassungsbrüchen und Täuschung der Öffentlichkeit betriebenen Demontage unserer demokratischen Rechte und unserer staatlichen Unabhängigkeit zu nehmen.
Die politische Klasse in Deutschland glaubt scheinbar auch nach den Paukenschlägen in unseren Nachbarländern Frankreich und Niederlande und nach dem Auflodern der lange schwelenden Finanzkrise der Europäischen Union das deutsche Volk in der gewohnten Weise an der Nase herumführen zu können.
Das kann nur gelingen, meine Damen und Herren, wenn nicht endlich jemand den Mut findet, das auszusprechen, was ein großer Teil des deutschen Volkes längst empfindet, sich aber noch nicht auszusprechen getraut: Los von Brüssel!
Wir Nationaldemokraten machen uns für einen Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union stark, damit 15 Jahre nach der Wiedervereinigung des deutschen Volkes endlich deutsche Parlamente und deutsche Regierungen ihre Souveränitätsrechte und ihre nationalen Kompetenzen zurückerlangen.
Diese Rechte und diese Kompetenzen brauchen wir, damit die Vereinigung unseres Landes sozial, wirtschaftlich und kulturell vollendet werden kann. Wir brauchen sie, damit der Substanzverlust an Bevölkerung, an Kultur und Solidargemeinschaft endlich gestoppt wird, unter dem das deutsche Land seit Jahrzehnten leidet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In hämischer Schadenfreude vereint, glaubt die Internationale der Gegner des europäischen Einigungsprozesses den Untergang der EU einläuten zu können. Und die NPD, deren Einzug in den Sächsischen Landtag unser Ansehen europaweit geschädigt hat, erdreistet sich sogar zur Forderung: „Los von Brüssel – Nein zu dieser EU!“ Zu welcher EU würden Sie denn Ja sagen?
(Dr. Johannes Müller, NPD: Zu einem Europa der Vaterländer! – Zuruf des Prof. Dr. Peter Porsch, PDS – Höhnisches Lachen des Abg. Holger Apfel, NPD)
Zugegeben: Es sind schwarze Tage für Europa – zuerst das Scheitern der Volksabstimmung zum Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden und danach der ruhmlose Ausgang der Gipfelkonferenz zum EUHaushalt.
Aber wer hat denn geglaubt, dass der Weg zum Vereinten Europa ein „Schönwettersegeln“ sein wird? – Der verstorbene belgische Ministerpräsident Paul-Henri Spaak, einer der Gründungsväter der heutigen Europäischen Union, hat es frühzeitig auf den Punkt gebracht, als er erklärte: „Nur diejenigen können entmutigt werden, die sich einbilden, dass Europa durch ein ‚Sesam öffne dich!‘ oder durch eine riesige Welle des Enthusiasmus geschaffen werden könnte. Nichts dergleichen wird geschehen. Ein organisiertes und vereintes Europa wird das Ereignis langer und mühevoller Anstrengungen sein.“ – Wie Recht er hatte!
Rufen wir uns noch einmal in Erinnerung, warum diese EU hier entstanden ist und welches ihre Wurzeln sind.
Meine Damen und Herren, nach dem die Geschichte Europas über zwei Jahrtausende als eine Kette von größeren und kleineren Kriegen abgelaufen war, die von mehr oder minder kurzen Friedensperioden unterbrochen wurde, stellte der von Deutschland ausgegangene Zweite Weltkrieg mit millionenfachem Leid und Elend den infernalischen Höhepunkt des Grauens dar.
Sollte es keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis geben? Im Angesicht der Wunden und Trümmer des schlimmsten Völkermordens aller Zeiten bemühten sich verantwortungsvolle Politiker wie Konrad Adenauer, Robert Schuman und Alcide de Gaspari darum, die einstigen Kriegsgegner in einer dem Frieden verpflichteten Schicksalsgemeinschaft zu vereinigen. Welches Leid, meine Damen und Herren, wäre Europa erspart geblieben, wenn gleichartige Einigungsbemühungen nach dem Ersten Weltkrieg erfolgreich gewesen wären!
Waren es zuerst nur sechs, so sind es heute 25 freie europäische Nationen mit fast einer Milliarde Menschen die sich zu einer Gemeinschaft des Friedens, der Freiheit und Demokratie zusammengeschlossen haben. In einer solchen Vielfalt gibt es natürlich auch unterschiedliche
Meine Damen und Herren! Wenn die EU als Antwort auf den Zweiten Weltkrieg mit ihrer Gründung einen Schlussstrich unter die Konfliktlösung mit Waffengewalt gezogen hat, der uns 60 Jahre Frieden in Europa beschert hat, so ist diese EU eine Antwort auf die Globalisierung, deren Probleme in ihrer Größenordnung die einzelnen Länder überfordern. Diese ihrer Natur nach grenzüberschreitenden Probleme, bei denen einerseits der Verzicht auf Teile nationaler Souveränität und andererseits Solidarität eingefordert werden, sind in einem vielstimmigen Chor freier Völker auf demokratische Weise abzustimmen. Wer das als Feilschen oder Poker bezeichnet, hat nichts von Demokratie verstanden – oder will es nicht verstehen.
Den Völkern Europas ist jedoch besser gedient, wenn sie ihre unterschiedlichen Interessen im demokratischen Diskurs und nicht mit Waffengewalt austragen.
Meine Damen und Herren! Die Völker Europas wollen frei über ihr Schicksal entscheiden und sich nicht mehr von selbst ernannten Führern oder stalinistischen Parteisekretären regieren lassen. Das haben sie lange genug erlitten.
Insofern gibt es keine Alternative zu dieser EU. Selbstverständlich kann es nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden und des EU-Gipfels in Europa nicht so weitergehen. Der Erweiterung muss jetzt erst einmal eine Vertiefung folgen. Deshalb ist auch die Entscheidung zu bedauern, dass ausgerechnet am 3. Oktober 2005 die Verhandlungen über den Beitritt der Türkei aufgenommen werden sollen.
Wichtig ist jetzt vielmehr, den Menschen in den Mitgliedsländern zu verdeutlichen, welchen Vorteil jeder Einzelne vom vereinten Europa hat. Das sind zum Beispiel für den Nettozahler Deutschland infolge seines Exportüberschusses im EU-Raum immerhin zirka zwei Millionen Arbeitsplätze.
Bei dieser notwendigen Aufklärung sind ideelle und materielle Vorteile in der richtigen Größenordnung in die Wertung einzubeziehen.