Protocol of the Session on May 19, 2005

Am Freitag nächster Woche erfolgt in Bad Muskau in Anwesenheit des polnischen Kulturministers und unseres Ministerpräsidenten die feierliche Übergabe der Urkunde anlässlich der Aufnahme des Fürst-Pückler-Parks Bad Muskau in die Unesco-Liste des Weltkulturerbes. Dieses Ringen um den Status als Weltkulturerbe war von Anfang an ein deutsch-polnisches Projekt. Die Vision wurde gemeinsam geboren, dann gemeinsam erarbeitet und gemeinsam mit allen Kräften umgesetzt. Der Wiederaufbau der Brücke im Park war der erste sichtbare Schritt für die gemeinsame Pflege der Geschichte. Ich freue mich, dass nächste Woche mit der Verleihung der Weltkulturerbe-Urkunde aus dieser Vision, die wir gemeinsam hatten und entwickelt haben, nun Realität geworden ist.

Das nächste große gemeinsame Projekt – und auch das haben wir heute schon mehrfach gehört, zu Recht, wie ich meine – ist die Bewerbung der Europastadt Görlitz/ Zgorzelec als Kulturhauptstadt Europa 2010. Interessanterweise spielen auch hier Brücken eine zentrale Rolle. Am Anfang stand der Wunsch, die Altstadtbrücke in Görlitz wieder aufzubauen. Die Idee, gemeinsam als Doppelstadt im Wettbewerb für die Kulturhauptstadt Europa anzutreten, folgte im Zuge der immer enger werdenden Zusammenarbeit beider Stadtteile. Daher ist die gemeinsame Bewerbung nicht zuletzt ein hervorragender Beweis für die Kooperation und das Zusammenwachsen entlang der Grenze. Zentrales Element der Bewerbung wird der Brückenpark an der Neiße sein. Dieser soll helfen, das Trennende zu überwinden. Die Neiße soll nicht mehr als trennender Grenzfluss fließen. Die Görlitzer und Zgorzelecer sollen den Brückenpark an der Neiße

als Ort erleben, der für beide als das Stadtzentrum verstanden wird. In der Stadt wird eine neue Mitte entstehen, in der Deutsche und Polen zusammen leben werden und dabei viele weitere Brücken, nämlich die in den Köpfen, hoffentlich bauen werden.

Ich kann den Bewohnern von Görlitz und den Bewohnern von Zgorzelec für ihr bisheriges Engagement nur danken und ihnen die weitere Unterstützung des Landtages und der Staatsregierung auf alle Fälle zusichern.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und der Staatsregierung)

Das Konzept Kulturhauptstadt Görlitz/Zgorzelec 2010 verkörpert meiner Auffassung nach in ganz einzigartiger Weise die Idee der europäischen Einigung. Es ist ein Stück gelebte Einigung im Freistaat Sachsen und in Niederschlesien.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer ganz nach innen gerichtet die Grenzen am liebsten dicht machen möchte, der verkennt, dass wir in Europa den Erhalt des Friedens und die weitere positive wirtschaftliche Entwicklung gerade auch dem ungehinderten Austausch von Personen, Waren, Dienstleistungen, Kapital und Kultur zu verdanken haben. Wir wären heute nicht hier, wenn nicht die Solidarnosc-Bewegung vor 25 Jahren den Weg für Freiheit und Demokratie geebnet hätte.

(Beifall bei der CDU, der SPD und FDP)

Mit den Demonstrationsrufen „Die Mauer muss weg!“ machten die Sachsen deutlich, dass sie von geschlossenen Grenzen nichts halten. In der Folge fielen der Eiserne Vorhang und die mit ihm verbundenen Grenzen in Europa. Gemeinsam mit unseren Nachbarn werden wir uns dafür einsetzen, dass nationale und rückwärts gerichtete Denkweisen in Zukunft nicht neue Grenzen werden ziehen können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache zur Großen Anfrage in der Drucksache 4/0704 beendet. Es gibt einen Entschließungsantrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 4/1706. Ich bitte um Einbringung. Herr Kosel, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die bisherige Debatte der Fraktionen und der Staatsregierung hat gezeigt, dass unser Entschließungsantrag die richtigen Punkte aufgegriffen hat und dass man ihm nur zustimmen kann. Das freut mich. Gefreut habe ich mich auch darüber, was mein Kollege Herr Schowtka zum Lehreraustausch gesagt hat. Er hat also auch die Gelegenheit, diesem Lehreraustausch zuzustimmen, den wir ebenfalls in unseren Entschließungsantrag aufgenommen haben. Wir haben das schon im Jahr 2002 mit einem Antrag getan. Damals hat die CDU

Fraktion diesen Antrag noch abgelehnt. Ich freue mich auf einen Einstellungswandel bei der CDU-Fraktion.

(Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion sieht die Notwendigkeit eines Konzepts der sächsisch-polnischen Beziehungen. Der von uns eingereichte Entschließungsantrag soll erste Grundlinien dazu fixieren und den dringendsten Handlungsbedarf benennen.

Zunächst gilt es, in der gesamten Gesellschaft das Interesse für die besondere Bedeutung einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit Polen bzw. unseren polnischen Nachbarwoiwodschaften zu wecken. Bis in die jüngste Zeit haben demoskopische Forschungen im Freistaat immer wieder Belege für Überheblichkeit gegenüber der polnischen Kultur und Tradition, für Geringschätzung der polnischen Sprache und für Klischees und Stereotype gegenüber unseren polnischen Nachbarn erbracht. Wir alle im Freistaat müssen daher die Zusammenarbeit mit unseren polnischen Partnern wichtig nehmen und sie auf gleicher Augenhöhe suchen; andernfalls blockieren wir uns selbst und vergeben uns wichtige Chancen der europäischen Integration.

Des Weiteren kommen wir nicht um die nüchterne Feststellung herum, dass unter anderem durch die Staatsregierung keine ausreichenden Anstrengungen unternommen wurden, um die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates mit der polnischen Sprache sowie der Kultur und Geschichte Polens vertraut zu machen. Ich sage dies nicht aufgrund eines Oppositionsreflexes, der mich zu ständiger Kritik der Staatsregierung zwänge, sondern aufgrund von Vergleichen der Kenntnisse und des Wissens der Bürger und Bürgerinnen dies- und jenseits der Neiße. Auf der polnischen Seite gibt es nicht nur einen gewaltigen Vorsprung, was das Beherrschen der Sprache des Nachbarn, insbesondere bei der jüngeren Generation, betrifft, sondern auch ein großes Interesse an der gesellschaftlichen Entwicklung bei uns, auch bemerkenswerte Kenntnis unseres politischen Systems und der Verwaltungsstrukturen.

Nicht nur Abgeordnete des Sejmiks und Beamte des Marschallamtes, sondern auch der so genannte einfache Mann auf der Straße kennt zum Beispiel unser Parteienspektrum und ist in der Lage, die einzelnen Parteien einzuordnen. Und bei uns? Nichts für ungut, werte Kolleginnen und Kollegen, aber wie viele in diesem Hohen Haus kennen die Namen der politischen Parteien in Polen und sind in der Lage, sie in das dortige Parteienspektrum einzuordnen? Es gibt viel nachzuholen, und die Impulse hierfür müssen für das ganze Land von uns ausgehen.

Meine Damen und Herren, klar und eindeutig bekennt sich die PDS-Fraktion in ihrem Entschließungsantrag zur Unterstützung der Bewerbung von Görlitz/Zgorzelec als Europäische Kulturhauptstadt 2010, zur Wiedererrichtung der bis vor einem Jahr durchgehenden Zugverbindung von Dresden nach Wroclaw und zur Perspektive der Euroregion in ihrer Scharnierfunktion der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit und fordert dies auch von der Staatsregierung.

Diese eben genannten Punkte sind nicht nur von hoher inhaltlicher Bedeutung, sondern haben auch einen be

trächtlichen und für das sächsisch-polnische Verhältnis bedeutsamen Symbolwert. Die sachorientierte und branchenspezifische Überprüfung der Übergangsregelungen zur Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit unserer polnischen Nachbarn mit dem Ziel ihrer frühestmöglichen Aufhebung liegt darüber hinaus im fundamentalen Eigeninteresse Sachsens.

Mit der Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, unter anderem für polnische Arbeitnehmer, besteht die Gefahr, dass sich in den polnischen Nachbarregionen Sachsens Niedriglohngebiete verfestigen, die Unternehmen zu Produktionsverlagerungen aus Sachsen in diese Gebiete verlocken könnten. Die Zusammenarbeit muss den staatlichen Strukturen und der Verfassung Polens sowie den Kompetenzen Sachsens als Bundesland Rechnung tragen. Natürliche Partner sind daher die Woiwodschaften. Neben Dolny S´las˛k sollten auch Lubuskie und Opole in die Zusammenarbeit einbezogen werden. Mit Lubuskie verbindet uns eine wenn auch kurze, so doch bedeutsame gemeinsame Grenze – siehe Pücklerpark in Bad Muskau. Die relativ kleinere Woiwodschaft Opole verdankt ihre Existenz nur der Berücksichtigung der Interessen der deutschen Minderheit durch das polnische Parlament und die polnische Regierung. Aus rein raumplanerischen Gesichtspunkten bildet sie eher mit der Woiwodschaft Dolny S´las˛k in den wesentlichen Teilen ein gemeinsames Ganzes.

Der Entschließungsantrag zielt auch darauf ab, Sachsen aufgrund seiner Geschichte und geografischen Lage in eine aktivere Rolle bei der Vermittlung polnischer Sprache und Kultur in der Bundesrepublik Deutschland zu bringen.

Der bei der Beantwortung der Großen Anfrage offenbar gewordene Zustand, dass der Freistaat keine Einrichtung unterstützt, die sich für die polnische Sprache und Kultur in Deutschland einsetzt, ist nicht hinnehmbar und schnellstens abzustellen.

(Beifall bei der PDS)

Zu den Grundlagen sächsisch-polnischer Beziehungen gehört die Unterstützung zur Aussöhnung gegenüber dem polnischen Volk auf der Basis der von Bundeskanzler Schröder bei seinem Besuch in Warschau im August vergangenen Jahres erklärten Ablehnung jedweder Restitutionsansprüche gegenüber Polen. Äußerungen wie die des NPD-Bundesvorsitzenden Udo Voigt, der in einem Interview mit der polnischen Zeitung „Wprost“ am 12. September 2004 unter anderem erklärte: „Die Grenzen in Europa sind nicht für immer gezogen. Für mich sind Pommern, Ost- und Westpreußen sowie Schlesien selbstverständlich deutsch“, sind klar und eindeutig durch einen breiten gesellschaftlichen Konsens zu verurteilen.

Dies, meine Damen und Herren, sind die wesentlichen Inhalte und Beweggründe für den Entschließungsantrag der PDS. Wir bitten daher um Zustimmung und beantragen, punktweise abzustimmen.

(Beifall bei der PDS)

Wird zu dem Entschließungsantrag das Wort gewünscht? – Herr Schowtka.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entschließungsantrag der PDS-Fraktion ist an sich eine lobenswerte Angelegenheit. Aber wenn wir ins Detail gehen, müssen wir doch feststellen, dass da eine ganze Reihe von Dingen einen Haken hat. Einfach gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. Lieber Herr Kosel, wir können die Freundschaft und Zusammenarbeit mit Polen nicht von oben verordnen. Das hatten wir schon einmal. Staatlich verordnete Freundschaft funktioniert einfach nicht. Europa muss von unten wachsen. Deswegen muss ein Großteil der Dinge, die Sie hier festschreiben – wenn sie der Freistaat nicht schon erfüllt hat – auf der unteren Basis im Sinne des Subsidiaritätsprinzips erbracht werden. Meine Damen und Herren von der PDS, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen. Sie sagen zum Beispiel, der Fremdsprachenunterricht solle in Sachsen flächendeckend angeboten werden. Das ist aber etwas illusorisch. Das muss man einfach ganz realistisch betrachten.

Wir können auch nicht verordnen, dass die Gaststätten beispielsweise jetzt zweisprachige Speisekarten machen, obwohl das sehr schön wäre. All das muss von unten kommen. Die Staatsregierung kann auch nicht verordnen, dass die Zugverbindung zwischen Dresden und Breslau wieder eingerichtet wird. Die DB ist ein Privatunternehmen, das davon ausgehen muss, was es wirtschaftlich leisten kann. Wir würden uns auch übernehmen, wenn wir die hervorragende Partnerschaft mit Niederschlesien auch auf das Lebuser Land und Oppeln ausdehnten. Wir sind ein kleines Land, und wir sind kein Land, das in dieser Richtung Außenpolitik machen kann. Es würde auch für unsere Wirtschaft tödlich sein, wenn wir die Freizügigkeit ohne Übergangsfristen sofort einführen würden. Das ist einfach zu kurz gedacht. Es würde für unsere Wirtschaft äußerst schädlich sein.

Meine Damen und Herren! Wir können diesem Entschließungsantrag namens der Koalition nicht zustimmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich doch jetzt über den Beitrag des Kollegen Schowtka sehr wundern. Zum einen sagt er, es sei ein lobenswerter Antrag, und zum anderen sucht er irgendwelche Haken und redet dann zu Dingen, die gar nicht im Antrag stehen. Sie haben zum Beispiel darauf verwiesen, dass sofort alle Grenzen aufgemacht werden sollen. Sie haben etwas zu Speisekarten in zweisprachiger Form gesagt. Auch das steht nicht im Antrag.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie ernsthaft eine Unterstützung der Bewerbung von Görlitz als Kulturhauptstadt hier durch das Parlament mit Ablehnung bedenken wollen.

Ich habe noch Verständnis dafür, wenn Sie das, was an Kritik an der Staatsregierung in einem oder zwei Punk

ten steht, nicht mittragen. Das kann ich noch nachvollziehen. Deshalb haben wir punktweise Abstimmung beantragt, um den Abgeordneten zu ermöglichen, den aus ihrer Sicht vernünftigen und richtigen Punkten auch zuzustimmen. Darum möchte ich Sie herzlich bitten.

Ich weiß natürlich, dass Sie ja ohnehin Bedenken haben. Sie sollten einfach über Ihren Schatten springen, wenn ein solcher Antrag vorliegt. Lassen Sie uns doch das, was hier an Gemeinsamkeit in den Reden festgestellt worden ist, auch durch einen Parlamentsbeschluss bekunden! Niemand will von oben etwas verordnen. Aber wir sind Stätte der politischen Willensbildung und haben auch das Recht, hier unsere Position zu formulieren. Deshalb der Entschließungsantrag. Ich bitte Sie noch einmal ganz herzlich um Zustimmung.

(Beifall bei der PDS)

Wird weiter das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

Ich muss noch rückfragen, ob die PDS-Fraktion nach den römischen Ziffern oder nach dem Alphabet abgestimmt haben will.

(Heiko Kosel, PDS: Nach dem Alphabet!)

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der PDS, Drucksache 4/1706. Wer dem Punkt I a zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und vielen Stimmen dafür ist dieser Punkt mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über I b. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei gleichem Abstimmungsverhalten ist dieser Punkt ebenfalls abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über I c. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei gleichem Abstimmungsverhalten ist dieser Punkt abgelehnt.

Wir kommen zu II a. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen wurde dieser Punkt mehrheitlich abgelehnt.

Ich lasse abstimmen über II b. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür wurde dieser Punkt mehrheitlich abgelehnt.