Protocol of the Session on May 19, 2005

Ich bin dafür, dass man das genau überlegt. Die Industrie- und Handelskammer hat im Frühjahr ihre Umfrage gemacht, ein Jahr nach dem Beitritt von Polen, Tschechien und anderen Ländern zur Europäischen Union. Die Wirtschaft, aber nicht nur sie, auch die Kultur for

mulieren immer wieder, dass die Sprache das größte Hindernis ist. Wir hätten einen ganz spezifischen sächsischen Weg, uns dieses Problems anzunehmen. Es gibt so viele in diesem Rund, die immer so gerne von sächsischen Wegen sprechen und ihre Spezialstrecken pflegen wollen. Hier hätten wir einen, der wirklich existiert, den man nicht erst erfinden muss. Es leben die Sorben, nicht alleine, aber größtenteils auf sächsischem Boden. Sie haben Angebote gemacht, wie wir das mit Leben erfüllen können, und es kommt in der Großen Anfrage nicht einmal vor.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Schiemann, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich natürlich für manche Passagen, die meine Vorrednerin hier vorgetragen hat, ganz herzlich bedanken. Ich bedanke mich, dass sie sich auch so engagiert um diese Säule gekümmert hat, die Säule, die die Sorben in der Beziehung nach Polen spielen. Ich glaube, es ist ganz gut, dass sie das angesprochen hat. Aber ich möchte Ihnen auch sagen, dass es niemanden gegeben hat, der es bewusst oder unbewusst aus dieser Großen Anfrage herausgelassen hat; denn ich glaube, es ist mittlerweile im Freistaat Sachsen Selbstverständlichkeit geworden, dass diese Brücke, die die sorbischen Bürger aus der Oberlausitz oder auch aus anderen Landesteilen nach Polen zu bauen haben, auch über viele Jahrzehnte gebaut haben, weiterhin stabil erscheint und von uns begangen werden kann. Ich danke ihnen dafür und ich glaube, wir werden diese Brücke auch weiterhin nutzen.

(Beifall des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dennoch erlauben Sie mir, dass ich etwas anspreche, was nicht in der Großen Anfrage steht. Ich glaube, je länger man nachdenkt, desto mehr wird man eine sehr große Vielfalt der Beziehungen zwischen Sachsen und Polen finden. Ich glaube, wir könnten bis morgen früh hier davon sprechen und würden darüber erstaunt sein, wie vielfältig die Beziehungen in guten Zeiten zwischen Polen und Sachsen gewesen sind, an die wir selbstverständlich anschließen und anknüpfen müssen.

Eines ist richtig: Wir haben eine ganz besondere Verbindung mit dem Königreich Polen gehabt. Diese Verbindung ist von Friedrich August I. als Kurfürst mit seiner Wahl als König von Polen eingegangen worden. Jetzt mag jemand sagen, 300 Jahre sind vergangen, man könnte es belächeln. Nein, es ist eine Besonderheit der europäischen Geschichte, dass es zu der Union zwischen Sachsen und Polen gekommen ist. Diese Union ist nämlich der wichtigste und positivste Teil der gemeinsamen Geschichte von Sachsen und Polen. Es ist ein Fundament, auf dem wir weiter arbeiten sollten, auf dem wir auch weiter aufbauen sollten.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Vor 300 Jahren hat nämlich dieses Fundament aus verfassungsrechtlicher, wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und aus der Sicht der beiden Völker gezeigt, dass man unter der Herrschaft eines Regenten ein Verfassungsbündnis eingehen kann, das sich jetzt erst, nach 300 Jahren, in dieser Europäischen Union im Aufbau befindet. Damals ist gezeigt worden, dass sich Kulturen verständigen können, wenn die Menschen das einfach wollen. Frau Weihnert hat auch darauf hingewiesen, dass das sehr wichtig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was wissen wir darüber, was in dieser Zeit geschehen ist, wie die Menschen auch emotional und kulturell zusammengewachsen sind? Die junge Generation wird sicherlich überhaupt keine Erinnerung daran haben. Wenn Sie nach Polen gehen, dann wird man sich bestimmt an die schlimmste Zeit der deutsch-polnischen Beziehungen, den Nationalsozialismus, erinnern. Doch die Polen sind viel geschichtsbewusster als wir.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Wer seine Vergangenheit kennt, wer auch weiß, wo die guten und schlechten Zeiten liegen, der wird seine Zukunft weitaus besser gestalten können als die Menschen, die ohne Geschichte, ohne Geschichtsbewusstsein, ohne Erinnerung die Zukunft vermeintlich aufbauen wollen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb appelliere ich – dieser Teil war nicht Gegenstand unserer Großen Anfrage –, dass wir auch an die guten Zeiten des geschichtlichen Erlebnisses zwischen Sachsen und Polen erinnern und der jungen Generation dies zugänglich machen. Wir hatten im Jahr 1997 hier in Dresden eine große Konferenz, die an dieses 300jährige Jubiläum erinnert hat. Sie können nachlesen, wie wichtig diese Konferenz war, um die sächsisch-polnischen Beziehungen in vielen Bereichen wieder zu beleben.

Ich möchte darauf hinweisen, dass die sächsischen Städte in der Geschichte des deutsch-polnischen Verhältnisses immer eine wesentliche Rolle gespielt haben. Wir haben seit vielen Jahren Städtepartnerschaften zwischen Leipzig und Krakau, Dresden und Breslau. Heinz Lehmann weist immer auf den Sechs-Städte-Verbund hin, der als erste Städte-Republik Europas in die Geschichte eingegangen ist, der natürlich verfassungsrechtlich interessant war, der aber auch eine Verbindung zwischen den Menschen hergestellt hat. Die sächsischen Städte waren es nämlich, die das Bild Sachsens neben der Erscheinung des Staates in Polen geprägt haben. Sachsen war das, was in einem hohen Grade das polnische Denken an Deutschland und an das deutsche Volk bestimmte – natürlich vor der Zeit des Nationalsozialismus.

Ich möchte auch auf Folgendes hinweisen: Adam Mickéwicz hat als der Wichtigste aus der Literaturgeschichte Polens ein großes Epos hier in Dresden geschrieben, das in die polnische Literaturgeschichte eingegangen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Städtepartnerschaften sind jetzt wiederbelebt worden. Ich weise darauf hin, dass wir eine große Solidarität vieler deutscher Städte aus anderen deutschen Ländern bekommen

haben. Jetzt sage ich einfach einmal etwas ganz Banales. Wir haben 1990, 1991 und 1992 viele Feuerwehren aus dem Freistaat Bayern, aus Baden-Württemberg, aus Nordrhein-Westfalen, Hessen und aus anderen Ländern bekommen. Es war ein Geschenk für unsere Feuerwehrleute, als sie vor diesen Feuerwehren, die man sicherlich im Westen abgeschrieben hatte, standen. Es war ein riesiges Geschenk, weil wir keine solchen Feuerwehrautos hatten. Jetzt passiert Folgendes: Nun bedanken sich die Sachsen bei den Menschen, die uns aus dem Westen geholfen haben, damit, dass sie diese Feuerwehren, die noch tauglich und durch den TÜV gegangen sind, jetzt an polnische Partnerstädte weitergeben. Ich habe eine solche Veranstaltung der Übergabe einer Feuerwehr erlebt. Es war in Polen ein Volksfest. Es waren alle wichtigen Würdenträger der Stadt angetreten, die Schulen kamen, die Feuerwehrleute hatten ihre besten Uniformen angezogen. Es war ein Volksfest, dieses Geschenk aufzunehmen, das wir vor 15 Jahren aus anderen deutschen Ländern erhalten hatten. Das ist Solidarität zwischen den Menschen, die wir brauchen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die Aktivitäten, die auch hier im Freistaat Sachsen ihr Fundament haben, zur Belebung der sächsisch-polnischen Verbindungen beitragen. Wir haben seit vielen Jahren in Dresden und in Leipzig eine Vielzahl polnischer Bürger, die hier zu Hause sind. Ich erinnere dabei an die Deutsch-Polnische Gesellschaft Sachsen oder die Chopin-Gesellschaft in Leipzig, die sehr aktiv sind; wir haben hier in Dresden die Kraszewski-Gedenkstätte, die wir nicht vergessen sollten.

Lassen Sie mich am Schluss Folgendes bemerken: Natürlich haben auch die Sorben diese Brücken in den letzten Jahrzehnten weitergebaut.

Helmut Kohl hat als Bundeskanzler 1990 einen erinnernswerten Satz geprägt: „Für den Aufbau eines in Freiheit vereinten Europas kommt insbesondere den deutsch-polnischen Beziehungen eine herausragende Bedeutung zu. Ohne deutsch-französische Freundschaft hätte das Werk der Einigung Europas nicht begonnen werden können; ohne deutsch-polnische Partnerschaft wird es sich nicht vollenden lassen.“

(Vereinzelt Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Lassen Sie uns, meine sehr geehrten Damen und Herren, daran anknüpfen. Ohne sächsisch-polnische Partnerschaft wird auch keine gute Nachbarschaft zwischen uns existieren. Wir brauchen diese Nachbarschaft; lassen Sie uns diese weiter gemeinsam aufbauen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und der Staatsregierung)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Von der Staatsregierung? – Bitte, Herr Staatsminister Winkler.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einige der Vorredner sind auf die Schattenseiten der Vergangenheit, auf die Schattenseiten der Beziehungen zwischen Deutschland und Polen die wir auch in Zukunft immer berücksichtigen müssen, zu Recht eingegangen. Ich will hinzufügen, dass auch durch den Zusammenbruch der Diktaturen in Polen und hier im Osten Deutschlands und durch die deutsche Wiedervereinigung ein neues Kapitel in den gemeinsamen Beziehungen zwischen Polen und Deutschland aufgeschlagen wurde. Die Zeit des Kalten Krieges, die wir erlebt haben, lähmte den dringend notwendigen Versöhnungsprozess zwischen den beiden Ländern und den Menschen, und zum Glück können wir sagen: In den vergangenen 15 Jahren haben sich Polen und Deutschland weiter angenähert. In den letzten Wochen haben wir gemeinsam den 1. Jahrestag der EU-Osterweiterung begehen können. Es gab im Vorfeld dieses 1. Jahrestages und überhaupt im Vorfeld der EU-Osterweiterung viele Skeptiker; aber wir können unter dem Strich feststellen: Gerade für den Freistaat Sachsen hat es funktioniert und die großen Befürchtungen, die geäußert worden sind, sind nicht eingetreten. Deutschland war maßgeblicher und wichtigster Wegbereiter für Polen auf dem Wege in die Europäische Union. Wir haben zum Glück nicht nur seit dem 1. Mai des Jahres 2004, mit dem Tag der EU-Osterweiterung, die gemeinsamen Dinge begonnen anzugehen, sondern wir konnten auf viele Verbindungen, Projekte und Aktivitäten der letzten 15 Jahre aufbauen und die Saat, die wir gemeinsam in Sachsen und in Polen gesät haben, geht jetzt langsam auf. Wir sollten alle diese Chancen weiter nutzen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Ich will nicht zu viele Statistiken bemühen, aber doch aus einigen Bereichen, wie zum Beispiel dem Bereich der Wirtschaft, ein paar Zahlen nennen: Es gibt derzeit zirka 60 sächsische Unternehmen, die aktiv in Polen arbeiten. Der Export sächsischer Produkte nach Polen hat sich zwischen den Jahren 1993 und 2004 versechsfacht. Polen ist also ein ganz wesentlicher Handelspartner und Polen war auch im Jahre 2004 – nach unseren tschechischen Nachbarn – das wichtigste Lieferland für den Freistaat Sachsen.

Das zeigt, dass sich die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Sachsen und Polen seit 1990 gut entwickelt haben, und wir werden das weiter ausbauen. Der Beitritt Polens zur EU bietet unseren sächsischen Unternehmen weitere Chancen, die es nun zu nutzen gilt. Das haben auch die Industrie- und Handelskammern in ihrem Resümee so festgestellt. Zurzeit sind die Aktivitäten in erster Linie auf den gemeinsamen Vertrieb und den Einkauf ausgerichtet. Unser aller Ziel muss es in der Zukunft sein, diese Kooperationen auch und gerade im Bereich der Produktion weiter auszubauen.

Die zunehmend entstehenden grenzüberschreitenden Kooperationsnetzwerke sind dafür genau der richtige Weg. Ich will Ihnen einige Beispiele nennen. Für den Bereich der Automobilzulieferer gibt es die Verbundinitiative

AMZ Automobilzulieferer – wir kennen sie alle –; die Verbundinitiative Maschinenbau VEMAS; aber auch außerhalb der traditionellen Schwerpunkte der sächsischen Wirtschaft nimmt die Zahl solcher Kooperationsverbünde stetig zu. Ich möchte stellvertretend auch hier einige nennen: die Verbundinitiative Medizintechnik; für kleine und mittlere Unternehmen ist es insbesondere das sächsisch-polnische Wirtschaftsforum – das Frau Hermenau ebenfalls schon erwähnt hat –, den Lausitzer Glasring oder auch die Euro-Textilregion, die die traditionell gewachsenen Bindungen der Textil- und Bekleidungsindustrie auf deutscher, polnischer, aber auch tschechischer Seite wirtschaftlich sinnvoll reaktivieren möchte. Die Sortimente und Technologien werden gemeinsam entwickelt, während in Polen und in Tschechien die lohnintensiven Arbeitsvorgänge erfolgen. Die technologieintensive Weiterverarbeitung findet dann in sächsischen Arbeitsstätten statt. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit, die wir uns auch für die Zukunft vorstellen und bei der wir als Legislative, aber auch als Exekutive unseren sächsischen Mittelständlern alle nur mögliche Hilfe anbieten wollen. Ich sage das auch deshalb so deutlich, weil es – wie wir seit gestern wissen – auch andere Formen der Zusammenarbeit gibt. Auch wenn wir uns hier wiederholen, aber in Anbetracht der Rede des Kollegen von der NPD-Fraktion muss ich es noch einmal sagen: Ich finde es unerträglich und an Verlogenheit kaum zu überbieten, wenn Sie hier alle guten Projekte, die in Zusammenarbeit im gut angelaufenen Versöhnungsprozess zwischen Polen und Sachsen existieren, schlechtmachen und in einer unerträglichen Weise diffamieren,

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

aber selbst die wirtschaftlichen Vorteile, die die Europäische Union bietet – die Produktionsmöglichkeit in Polen –, brutalstmöglich ausnutzen und Ihre nicht zu lesenden Druckerzeugnisse in großer Menge dort drucken lassen und damit sächsische Arbeitsplätze gefährden.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP, den GRÜNEN und vereinzelt bei der PDS und der Staatsregierung)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die wirtschaftliche Zusammenarbeit benötigen wir in Sachsen unbedingt den leistungsfähigen Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, und das ist der zweite wichtige Punkt meiner Ausführungen. Bis zum Jahre 2015 wird ein Zuwachs beim grenzüberschreitenden Warenverkehr um bis zu 300 % erwartet. Um den hohen Verkehrszuwächsen gerecht zu werden, muss der paneuropäische Verkehrskorridor 3 – Dresden–Breslau–Krakau–Lemberg– Kiew – unbedingt ausgebaut werden. Gerade im Verhältnis zu Polen müssen dazu die Lücken im Europa- und Fernverkehr geschlossen werden. Aus sächsischer Sicht gehören dazu beispielsweise die A 4 von Dresden nach Breslau, die B 160 von Hoyerswerda über Weißwasser nach Krauschwitz-Lugknitz, die B 178 als ganz wichtiges Projekt und – nicht zu vergessen – der Ausbau des

Schienenverkehrs. An dieser Stelle fordere ich noch einmal die Bundesregierung und die Deutsche Bahn AG nachdrücklich auf, die Voraussetzungen für eine durchgehende Zugverbindung zwischen Dresden und Breslau zu schaffen

(Beifall bei der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

und den Güterverkehr über Horka und die Elektrifizierung der Strecken dabei nicht zu vergessen.

Die Entwicklung unserer Regionen darf nicht an den Grenzen stehen bleiben; wir müssen zukünftig in weiten Räumen denken. Eine leistungsfähige europäische Verkehrsinfrastruktur ist Voraussetzung für den weiteren wirtschaftlichen Aufbau.

Neben den Straßen sind die Brücken für die Entwicklung unserer Beziehungen – gerade zu Polen – aufgrund der geografischen Lage von zentraler Bedeutung. Ich meine das auch im gegenständlichen Sinne. Früher gab es zirka 99 Brücken über die Neiße, heute sind es gerade einmal ein Dutzend.

Brücken und Straßen sollen jedoch nicht allein für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen gebaut werden. Wir brauchen Brücken und Straßen, damit sich Sachsen und Niederschlesier, Deutsche und Polen einander begegnen können. Um sich gegenseitig – die Mentalität, die Kultur und die Geschichte des anderen – kennen und verstehen zu lernen, brauchen wir zwischenmenschliche Brücken.

Sprachkenntnisse sind solche Brückenbauer. Leider ist es immer noch so, dass unsere polnischen Nachbarn sich viel besser auf Deutsch verständigen können als wir Sachsen auf Polnisch. Noch hängt dies auch damit zusammen, dass es nicht genügend Lehrkräfte gibt, die Polnisch unterrichten können. Bald wird es jedoch – und ich bin froh, das hier sagen zu können – an der Universität in Leipzig ein grundständiges Lehrerstudium für Polnisch geben.

Schon jetzt gibt es für Lehrer eine berufsbegleitende Weiterbildungsmöglichkeit, um die Unterrichtsgenehmigung für Polnisch zu erlangen. Vielleicht gelingt es uns dann, unsere zwar beständig steigenden, doch in absoluten Zahlen bescheiden anmutenden Zahlen an Polnisch lernenden Schülern spürbar zu steigern. Unsere niederschlesischen Nachbarn sind uns da jedenfalls ein ganz tolles Beispiel. Dort lernen zurzeit fast 250 000 Schüler Deutsch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte zu dem Bereich innere Sicherheit einiges sagen, da auch dieser Bereich zu denen gehörte, in denen die größten Befürchtungen vor dem Beitrittstermin unserer Nachbarländer zur EU geäußert wurden. Es sieht gut aus im Bereich der inneren Sicherheit. Seit vielen Jahren ist die Kriminalität in den Grenzregionen kontinuierlich rückläufig. In den Gemeinden mit Grenzbezug entlang der polnischen Grenze sind die Straftaten im Jahr 2004 um 12 % zurückgegangen. Diese Entwicklung beruht auch auf der guten Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden mit den Partnern auf polnischer und auf tschechischer Seite. Der gemeinsam aufgebaute Sicherheitsverbund arbeitet erfolgreich. Gemeinsame Streifen

und Kontrollen sind mittlerweile alltäglich. Das bietet mir die Gelegenheit, allen Beteiligten, gerade denen, die ihren Dienst im Grenzbereich tun, wie zum Beispiel die Polizei und die Bundespolizei, ein herzliches Dankeschön von hier aus zu sagen.

(Beifall bei der CDU, der SPD, vereinzelt bei der FDP und bei der Staatsregierung)

Es gibt im deutsch-polnischen Verhältnis aber auch noch einiges an Entwicklungspotenzialen, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Einen weiteren Schritt nach vorn würde ein bilaterales Abkommen nach dem Modell des Karlsruher Abkommens für die Zusammenarbeit bedeuten. Dieses Modell, das seit fast zehn Jahren entlang des Rheins an der deutsch-französischen Grenze praktiziert wird, könnte im deutsch-polnischen Verhältnis zu einer neuen Qualität in der unmittelbaren Zusammenarbeit der Kommunen über die Grenzen hinweg führen. Das bietet den Gemeinden und Städten rechts und links der Neiße die Möglichkeit, zum Beispiel Kindergärten, Buslinien oder auch die Stromversorgung gemeinsam und gleichberechtigt zu betreiben. Leider stehen unsere polnischen Partner diesem Vorhaben noch sehr zurückhaltend gegenüber. Die Unterschiede hindern uns jedoch nicht daran, auf anderen Gebieten erfolgreich zusammenzuarbeiten, wie das in der Praxis auch geschieht. Ich erinnere an die in jedem Jahr stattfindende gemeinsame Stadtratssitzung zwischen Görlitz und Zgorzelec. Auch hier gibt es ständige gemeinsame Ausschüsse, die bestimmte Projekte nach vorn bringen.