Protocol of the Session on April 22, 2005

(Beifall bei der PDS)

und ich kann seine Gewissenskonflikte nachvollziehen. Ich habe sie auch; denn ich, der bekanntermaßen alle Hebel in Bewegung gesetzt hat, um das scheinbar Unumgängliche doch noch abzuwenden, habe im Gegensatz zu ihm zugestimmt, auch das aus Disziplin. Immerhin geht es um ein Minderheitenrecht, das die Wähler meiner Fraktion zuerkannt haben. Das kann und will ich nicht einfach infrage stellen. Ich will nicht, dass meine Fraktion, wenn sie es in Anspruch nehmen will, möglicherweise meinem Seelenheil zuliebe auf Unterstützung angewiesen sein könnte, die sie nicht will. Insofern habe ich, symbolisch gesprochen, mit Karl Nolle meinen Platz oder die Funktion getauscht, wie Sie wollen.

Aber, und das soll definitiv der letzte Satz sein, wie viel Vertrauen können wir noch ineinander setzen? Buchstäblich bis zum 15.04. habe ich noch versucht Einfluss zu nehmen. Jetzt erfahre ich durch reinen Zufall, dass die CDU-Fraktion bereits am 06.04. im neuen Telefonbuch Herrn Teubner als Ausschussvorsitzenden des Untersuchungsausschusses ausgewiesen hat. Wie viel Stress hätte ich mir ersparen können, wenn ich das gewusst hätte.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Hört, hört!)

Ich rufe die CDUFraktion auf. Herr Albrecht, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beschließen heute, erheblich später als in den Jahren zuvor, einen Doppelhaushalt, der – das ist vielleicht konsensfähig – sehr intensiv und zumindest, was mein Eindruck von der Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses war, auch sehr sachlich und in einer guten Atmosphäre diskutiert worden ist. Ich möchte mich bei allen Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses dafür bedanken, insbesondere bei meinem geschätzten Vorredner.

Es ist in der Tat sehr schwierig und schon ein Stück Kunst, sechs Fraktionen und deren Teilnehmer und 300 Änderungsanträge zu managen. Das war, Herr Kollege Weckesser, eine Glanzleistung. Da kann auch ruhig einmal geklatscht werden.

(Beifall bei der CDU, der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Bei der Bewertung der Ergebnisse ist es zu einfach, nur die unterschiedlichen Grundauffassungen von Opposition und Regierungskoalition als Begründung zu verwenden, um zu einer Interpretation zu kommen. Es gibt bei diesem Haushalt eine ganze Reihe von Fragen, die wir mit der heutigen Verabschiedung nicht werden beantworten können. Ich weiß nicht, und ich denke, auch der Kollege Weckesser wird es nicht wissen, was uns das Ergebnis der Mai-Steuerschätzung bringt. Dieser Haushalt geht ja weit über den Raum der Mai-Steuerschätzung hinaus. Wir werden zwar weitere Steuerschätzungen bekommen, aber die Frage ist, ob die Einnahmenseite unseres Haushaltes, die wir heute nach bestem Wissen und Gewissen kalkuliert haben, neu diskutiert werden muss und noch den dann vorliegenden Zahlen standhält.

Ich finde es völlig richtig und berechtigt, dass mein Vorredner über die Fragen der Degression des Solidarpakts, den demografischen Wandel und andere Punkte gesprochen hat. Das sind in der Tat Risiken. Ich sehe es an der Stelle nicht so, dass wir diese Risiken völlig ohne Mittel und Wege hinnehmen müssen. Wir können schon in etwa abschätzen, wohin die Reise geht. Es ist völlig klar, dass dieser Haushalt, wenn die Frage gestellt wird, ob es so weitergehen kann, ein klares Nein als Fackel der Vernunft in die Öffentlichkeit hinüber scheinen lässt. Wir wollen diese Entwicklung, die auf uns zukommt und die wir noch nicht im Detail einschätzen können, aber die die Situation für uns tendenziell schwieriger macht, mit diesem Haushalt untersetzen. Es ist nicht unsere Absicht, einen Haushalt des Ausgebens, des Konsums und der Oberflächlichkeit zu verabschieden, sondern wir wollen uns auf die Situation, die ernst genug ist, einstellen.

Es ist auch nicht wahr, und dieser Mär möchte ich sehr dezidiert widersprechen, dass der Koalitionsvertrag dem entgegensteht. An keiner Stelle hat der Koalitionsvertrag eine Verschlechterung der Sach- und Fachpolitik der Fraktionen, die ihn vertreten, gebracht. Die vor uns stehenden Tarifverhandlungen, meine sehr verehrten Damen und Herren, zeigen zumindest eines: Wir kennen deren Ergebnis nicht. Es wäre schlimm, wenn es in diesem Hause Kollegen gäbe, die das Ergebnis quasi aus eigener Allmächtigkeit glauben festlegen zu können. Fakt ist auf jeden Fall, dass wir auch hier von verschiedenen Szenarien ausgehen sollten und dass es durchaus angemessen ist, Kollege Weckesser, dies im Haushalt zu verankern.

Worüber wollen wir heute abstimmen? Wir stimmen über ein Gesamtausgabenvolumen von 16,6 Milliarden Euro im Jahr 2005, von 15,7 Milliarden Euro im Jahr 2006, eine Nettokreditaufnahme von 350 Millionen Euro für 2005 und 250 Millionen Euro für 2006 ab. Das ist und bleibt die niedrigste Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer. Das fällt uns nicht in den Schoß. Das hat harte Diskussionen gekostet und ist der Lohn für harte Arbeit.

Die Investitionsquote beträgt 21,9 % im ersten Jahr des Haushaltes und 22,5 % im zweiten Jahr des Haushaltes. Auch das bleibt die höchste Investitionsquote aller neuen Bundesländer.

(Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Die Diskussion zum Haushalt, egal wie man sie führt, sollte eines klären – es war gestern sehr oft auch die Frage in der Diskussion, insbesondere gestern Vormittag: Welches Selbstverständnis hat eigentlich die Opposition und wo gibt es Punkte, die zwischen Regierung, zwischen Regierungsfraktionen und Opposition gleich sein sollten im Denken?

Ich glaube, ein Punkt sollte für uns alle sein, einen Haushalt zu verabschieden, der diese Regierung weiter handlungsfähig macht. Das, was an Vorschlägen von Teilen der Opposition zu diesem Haushalt gemacht worden ist, was sich auch im Entschließungsantrag wiederfindet, führt aber zum Gegenteil.

Es ist deutlich lesbar und für jeden auch deutlich ausgesprochen: Ziel dieses Entschließungsantrages ist es, die Handlungsunfähigkeit der Regierung herbeizuführen. Da sage ich klipp und klar: Das wollen wir nicht!

(Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Die Koalitionsfraktionen haben im Zuge der Diskussionen insgesamt und auch im Zuge der Debatten in den letzten zwei Tagen eindeutig signalisiert: Wir stellen uns diesen schwierigen Rahmenbedingungen, die wir im Freistaat haben. Wir gehen davon aus, dass die Bedingungen nicht leichter werden, und wir wissen, dass wir um diese Verantwortung nicht herumkommen.

Es wäre gut zu wissen, wenn zumindest im Ansatz Teile der Opposition – ich denke, dazu wird es noch Wortmeldungen geben – dieses genauso sehen.

Sachsen bezahlt seine Ausgaben wie bisher mit seinem guten Namen und gedeckten Schecks. Die Vorschläge, die wir insbesondere von den Kollegen der PDS gehört haben, waren – das tut mir Leid, Kollege Weckesser – eben kein Alternativhaushalt.

Ich möchte an der Stelle vielleicht doch noch einmal einige grundsätzliche Bemerkungen machen, die durchaus mit dem gestrigen Vormittag zu tun haben. Sie sind Ihrer Führungsrolle innerhalb der Opposition, die Sie gern haben oder gern hätten, nicht gerecht geworden.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und des Abg. Martin Dulig, SPD)

Im Gegenteil! Nachdem Sie sich in großen Teilen der Haushaltsdiskussion nicht durchsetzen konnten, haben Sie gestern Vormittag gezeigt, wie Sie diese Position entweder gewinnen oder zurückgewinnen wollen:

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Was verstehen Sie unter Opposition?)

indem Sie sich beispielsweise – und das sage ich jetzt ganz ruhig und nicht provozierend, sondern das ist mein Eindruck – unter dem Motto „Es wächst zusammen, was zusammengehört“ mit den Herrschaften auf der rechten Seite des Hauses gestern früh getroffen haben.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wenn Ihnen die Argumente ausgehen, werden Sie böse!)

Wenn ich Sie sehe, Herr Kollege Porsch, bin ich nicht böse, sondern eigentlich traurig.

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, dass Sie ein profilierter Politiker sind. Sie haben völlig zu Recht gesagt,

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, PDS)

dass Sie eigentlich wenig Lust haben, sich noch an Fragen oder Anfragen zu beteiligen. Sie haben relativ gedämpft in Ihrem Stühlchen gesessen. Vielleicht haben Sie darüber nachgedacht, wie schön es in Graz, Wien oder sonst wo sein könnte.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Was ist hier in diesem Hause eigentlich los?)

Sie sind Ihrer Führungsrolle in Ihrer eigenen Mannschaft nicht gerecht geworden.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, meine Damen und Herren, kann ich für die Koalition an der Stelle zusammenfassen: Wir sind sehr froh, dass wir heute diesen Haushalt verabschieden werden. Hunderte, um nicht zu sagen, mehrere hunderte Besucher dieser Stadt Dresden, die das schöne Wetter ausnutzen und nicht aus Sachsen sind, sehen dies offensichtlich auch so. In Sachsen kann man sich wohl fühlen, nach Sachsen kann man zu Besuch kommen, in Sachsen erlebt man was. Damit das so bleibt, haben wir mit diesem Haushalt wieder einen kleinen Stein dazu beigetragen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Wird von der SPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Keine Argumente!)

Die NPD-Fraktion? – Herr Leichsenring, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Uns liegt heute ein Entschließungsantrag der PDS-Fraktion vor. Sie wissen, dass ich Ihre politischen Ansichten nicht unbedingt teile. Aber ich bewundere Ihren Optimismus, mit dem Sie in diese Debatte gehen in dem Glauben, vielleicht sogar dem ehrlichen Glauben, dass Sie irgendetwas tun könnten, um die Koalition auch nur so viel zu bewegen.

Diesen Glauben habe ich nicht. Denn niemand von der Opposition wird aufgrund der Mehrheitsverhältnisse noch etwas an diesem Haushalt bewegen können. Das Einzige, was Sie wahrscheinlich erreichen werden, wenn Sie hier diese Debatte anstrengen, ist, dass die Vorstandssitzung der CDU heute Abend vielleicht eine

Stunde später beginnt. Das wird aber auch der einzige Effekt sein.

(Lachen des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, NPD)

Die NPD hat 95 Änderungsanträge in diese Haushaltsdebatte eingebracht. Wer nicht an Amnesie leidet, weiß, dass alle abgelehnt wurden. Aus diesem Grunde lehnen wir den Haushalt heute genauso ab wie am Mittwoch.

Was den Änderungsantrag der PDS-Fraktion betrifft oder diesen Entschließungsantrag vielmehr – Entschuldigung –, so sind das die Punkte, die sowohl die PDS als auch meine Fraktion am vorgestrigen Tag angesprochen haben. Dem kann man, denke ich, zustimmen. Aber allein mir fehlt der Glaube, dass sich hier eine Mehrheit finden wird.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Wir haben Sie auch nicht angesprochen! – Uwe Leichsenring, NPD: Sie schreiben immer von uns ab!)