Protocol of the Session on June 26, 2009

und auch fünf Jahre vor Beginn der OK-Beobachtung durch Frau Henneck an die neuen Betreiber verkauft.

(Zuruf des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Das war ebenso wie der Name des angeblich namentlich unbekannten Italieners für die Investition von einem Glas Rotwein leicht herauszubekommen.

(Stefan Brangs, SPD: Sie können doch ein Buch darüber schreiben!)

Nur nicht für die OK-Bekämpfer im Verfassungsschutz, deren Restaurantspesen bei solchen Ermittlungen aber beträchtlich waren. – Nun, freuen wir uns, dass es wenigstens einigen Beamten in Sachsen so gut ging, wenn ich das auch lieber denjenigen gönnen würde, die auf der Straße tatsächlich den Kopf für die Bürger hinhalten.

Meine Damen und Herren! Auf diesem immer noch fast skandalfreien Niveau verharrte die fleißige Arbeit der Henneck-Brigade bis zum Mai 2006.

(Zurufe von der SPD)

Die angeblichen Zentralfiguren der Staat und Gesellschaft gefährdenden kriminellen und korruptiven Netzwerke – der Staatsanwalt, der Rathausmitarbeiter – wurden nicht observiert. Ebenso wenig gab es eine Telefonüberwachung. In den Akten findet sich noch nicht einmal ein Vorlauf zu einem Observierungsantrag! Frau Henneck wusste wohl ganz genau, dass zu genaues Hinsehen die Seifenblase zum Platzen bringen würde. Eine andere Erklärung haben wir bei allem Zermartern des Hirns nach Alternativen nicht gefunden.

Und dann, meine Damen und Herren, brach Frau Hennecks Welt zusammen. Der böse Sächsische Landtag änderte das Gesetz und beendete, dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes mit strenger Konsequenz folgend, die OK-Beobachtung durch den Verfassungsschutz ganz. Seither ist OK-Beobachtung wieder allein Aufgabe der Polizei und geschieht mit polizeilichen Mitteln unter öffentlich kontrollierbaren, nicht geheimdienstlichen Bedingungen.

Ich darf aus zehnjähriger Erfahrung mit Frau Henneck und ihren – es fällt schwer, nicht „Machenschaften“ zu sagen – einmal interpretieren. Erst nahm man der Genos

sin Staatsanwältin aus dem Bezirk Karl-Marx-Stadt ihre DDR und ihren Sozialismus, dann auch noch die neue Lebensaufgabe, die Bekämpfung des aus allen Poren schmutz- und bluttriefenden – die Ossis im Raum erkennen Karl Marx’ blumige Attributierung des Kapitalismus. Von nun an war es wohl kein Mani-Puliti-Syndrom mehr, sondern eine Einzelkämpferin im Klassenkampf.

Kurz vor Inkrafttreten des geänderten Gesetzes aktivierte man eine Auskunftsperson, über die bisher von HenneckLeuten eher als potenziellen OK-Verdächtigen nachgefragt worden war. Das war der Kriminalhauptkommissar Georg Wehling, vormals Leiter des Kommissariats Bandenkriminalität in Leipzig. Wir haben ihn in seiner aggressiven Selbstüberschätzung im Ausschuss genauso kennengelernt wie als nichts wissendes, nichts gesagt habendes, völlig verkanntes armes Würstchen. Frau Henneck traf sich mit ihm am 24. Mai 2006. Sie fertigte einen umfangreichen Vermerk darüber an, keinen vorschriftsmäßigen Bericht. Nun wird es kompliziert.

Erstens. Das war der 24. – –

(Stefan Brangs, SPD: Das ist total einfach! – Dr. Volker Külow, Linksfraktion: Da lacht sogar Ihre Fraktion! – Weitere Zurufe)

Das war der 24. Mai, die OK-Beobachtung endete am 29. Mai. Wieder einmal geschah etwas vor Toresschluss.

Zweitens. Der Vermerk ist auch auf den 24. Mai datiert, angefertigt wurde er aber erst später. Dafür spricht nicht nur seine Speicherung über zwei Monate später, vor allem ist er von Frau Henneck selbst mit dem Zusatz „alt“ hinter der Referatsbezeichnung überschrieben worden. Das bedeutet, er wurde erst nach dem 29. Mai, der Auflösung des OK-Referats, angefertigt und nicht am 24. Mai, wie er datiert ist.

Drittens. Darin steht, der Gesprächspartner, die Auskunftsperson mit dem Decknamen „Gemag“ – nach Hennecks eigener Aussage ausschließlich die natürliche Person Georg Wehling – hätte ihr dieselben Aussagen schon im Frühjahr 2005 gemacht. Das wird nicht nur von Wehling bestritten, sondern ist auch aus der Kenntnis der Akten völlig unglaubwürdig. Was „Gemag“ erzählte, wusste Frau Henneck vorher nicht! Sonst hätte sie, um einen Beleg aus vielen hervorzugreifen, nicht ein Dreivierteljahr vom – Zitat – „Betrüger und Immobilienmakler Glokzin“ geschrieben, wenn ihr „Gemag“ bereits vom LWB-Manager Klockzin erzählt hätte.

Beim Schreiben des „Gemag“-Vermerks hat Frau Henneck offenkundig falsche Daten verwendet. Den Grund hat der neue Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz erkannt und im Untersuchungsausschuss klar benannt: Die fingierte Erstaussage lag vor dem Verfassungsgerichtsurteil. Mit einem gefälschten Erstaussagedatum konnte dieses Urteil umgangen werden.

Viertens. Fast alles, was die bekannten Dossiers des Verfassungsschutzes über den vorgeblichen Sachsensumpf füllt, taucht in diesen Akten erstmals – ich betone:

überhaupt erstmals – im „Gemag“-Vermerk auf. Vorher gibt es davon keinerlei Spuren.

Wo wir dergleichen schon finden, das sind die haltlosen Räuberpistolen der „Bild“-Zeitungsmitarbeiterin aus dem Jahre 1998. Ein bisschen durcheinandergeraten durch Vergesslichkeit und Verwechslung, ist das die „Mutter aller Akten“ – so Bernhard Honnigfort in der „Frankfurter Rundschau“ –, aus der „Gemag“ schöpfte.

Fragen wir nach der Möglichkeit. Konnte ein Kriminalhauptkommissar Wehling davon wissen? Konnte selbstverständlich. Erstens war diese Journalistin nicht nur damit zum LKA, sondern auch zur Kriminalpolizei und zur Staatsanwaltschaft in Leipzig gelaufen.

(Tino Günther, FDP, steht am Mikrofon.)

Zweitens. Herr Wehling gehörte zu einer Auswertungsgruppe des LKA und der Leipziger Kriminalpolizei, die diesen Vermerk von 1998 auswertete.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Schimpff?

Gleich, gleich, gleich! So ungefähr in zwei Absätzen.

(Gelächter, vor allem bei der Linksfraktion)

Wie Sie dem in diesem Hohen Hause vorliegenden Weitemeier-Bericht Seite 346 entnehmen können, befand man gerade ihren Klatsch über den Oberstaatsanwalt als belanglos.

(Zuruf der Abg. Caren Lay, Linksfraktion)

Fragen wir aber: Hat Wehling das alles gesagt auf stundenlange Fragen von Frau Henneck?, müssen wir allerdings sagen: Das ist nicht immer klar. Wenn Frau Henneck mit dem Datum und angeblichen früheren Treffberichten mit Georg Wehling nicht die Wahrheit niederschrieb und noch über zwei Monate an dem „Gemag“-Vermerk gearbeitet werden konnte, ließ sich noch manches nachträglich, das heißt, nachdem die OKBeobachtung definitiv beendet sein musste, hineinschreiben.

Gestatten Sie jetzt die Zwischenfrage, Herr Schimpff?

(Gelächter, vor allem bei der Linksfraktion)

Aber ob das geschah und was das war, wissen wir auch nicht. Das kann ich nicht feststellen. Vielleicht können es die Gerichte. – Bitte, Herr Kollege.

Bitte, Herr Günther.

Herr Kollege Schimpff, wie lange dauert Ihre Rede noch?

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Kollege Günther, Sie können im Raum bleiben.

Ich könnte Ihnen die Frage beantworten. Es könnte noch 13 Minuten dauern.

(Heiterkeit)

Frau Hennecks literarische Fähigkeiten hat sie jedenfalls in ihrer etwa achtstündigen Lesung, bezeichnet als erste Zeugenvernehmung, eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Den Schaden, den sie mit ihren fleißig fabulierten Akten dem Freistaat und seinen Bürgern zugefügt hat, finde ich allerdings viel eindrucksvoller. Es sind Menschen zu Schaden gekommen. Solange noch offene Verfahren laufen, will ich in deren Interesse darüber schweigen. Zerrüttete Familien, sich abwendende Freunde, wegbleibende Kunden, bankrotte Firmen, Selbstmordabsichten... das ist das Ergebnis der Henneck-Brigade. Der sogenannte Sachsensumpf war ein hoch giftiges Gespinst, aber nicht mehr als ein Lügengespinst.

(Beifall bei der CDU und demonstrativer Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschluss

(Zustimmende Rufe aller Fraktionen)

etwas zitieren. Es ist die entsetzte Aussage einer unbescholtenen deutschen Ärztin, über die Sie hier johlen, die vom Verfassungsschutzreferat 33/34 ohne jeden Anhaltspunkt bespitzelt wurde und in den Akten dieses Referats als ukrainische Edelnutte, die in Leipzig ein SM-Studio betreiben würde, diffamiert worden ist.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Es gibt doch keine Spitzel, das sind doch V-Leute!)

Sie sagte der Staatsanwaltschaft, was für alle Opfer gilt: „Ich bin entsetzt über den Inhalt, der hier in einer unverschämten Art und Weise über mich verbreitet wird. Ich kann nicht verstehen, wie unser Verfassungsschutz auf solche Ergebnisse kommt, und bin eigentlich desillusioniert. Ich fasse überhaupt nicht, wie jemand hier so in Misskredit gebracht werden kann, ohne jeglichen Anhalt... Ich weiß auch gar nicht, wie ich mich dagegen wehren kann und wer solche Anschuldigungen in die Welt setzt. Ich hätte gern meinen Gegner gekannt.“ Das gilt für alle Opfer der Frau Henneck.

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Sieht jetzt noch jemand Redebedarf? – Das scheint nicht der Fall zu sein. Damit ist die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt beendet.

Mir liegt ein Entschließungsantrag von der Fraktion der GRÜNEN und der Linksfraktion vor, Drucksa

che 4/15845. Wer möchte ihn einbringen? – Herr Lichdi, bitte.