Protocol of the Session on April 19, 2005

Nein, nicht wie auch immer, Günther-Schmidt.

Frau Günther-Schmidt.

Ich würde gern von Ihnen wissen wollen, ob Sie Ihre Anträge in den Fachausschüssen hätten einbringen wollen, wenn Sie davon ausgegangen wären, dass eine sachliche Debatte möglich gewesen wäre.

Ja, Frau Günther-Schmidt, und ich verspreche Ihnen: Wenn man uns zusichert, dass in der nächsten Haushaltsberatung diese sachliche Debatte stattfindet, wenn man uns das zusichert, bringen wir die Anträge selbstverständlich in zwei Jahren auch alle dort ein. Wir werden sehen, wie die nächsten zwei Jahre verlaufen, und werden dann daraus unsere Schlüsse ziehen. Aber bedanken möchte ich mich ausdrücklich beim Vorsitzenden des Haushalts- und Finanzausschusses, Herrn Weckesser, der jenseits dieser von den meisten geübten kindischen Verhaltensmuster jene Sachlichkeit an den Tag gelegt hat, die eigentlich für uns alle selbstverständlich sein sollte. Herrn Weckesser ging es um Sachpolitik vor albernen Abgrenzungsritualen und dafür möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bedanken.

Zum Haushaltsgesetz: Sieht man sich das Haushaltsgesetz an, so kann man sich nur schwerlich des Eindrucks erwehren, es handele sich um eine Mogelpackung. Nach außen hin, Herr Finanzminister, beschränken Sie die Nettoneuverschuldung auf 350 bzw. 250 Millionen Euro. In Wirklichkeit wollen Sie sich von diesem Landtag darüber hinaus quasi Blankovollmachten zu einer weiteren Neuverschuldung unter Aufnahme von Ermächtigungen erteilen lassen. Dies ist nach unserer Meinung in höchstem Maße undemokratisch und haushaltspolitisch unsolide. Die Zeit von Ermächtigungsgesetzen ist doch vorbei, dachte ich. Anscheinend nicht!

Im Einzelnen: Es ist für uns als NPD-Fraktion nicht einsehbar, dass das Staatsministerium der Finanzen über

die Nettokreditermächtigung hinaus zum Ankauf von Grundstücken Kredite bis zu 75 Millionen Euro am Geldmarkt und noch weitere 100 Millionen am Kapitalmarkt aufnehmen können soll, ohne den Finanzausschuss des Landtages um seine Einwilligung bitten zu müssen. Mit unserem Änderungsantrag wollen wir dieser verschleierten möglichen Zusatzverschuldung durch die Hintertür in Höhe von 175 Millionen Euro dadurch Einhalt gebieten, dass wir die Zustimmung des Finanzausschusses zwingend fordern.

Des Weiteren wollen wir mit einem anderen Änderungsantrag erreichen, dass bei zusätzlichen Kreditaufnahmen für konjunkturpolitische Maßnahmen bei einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts die Zustimmung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen ebenfalls zwingend erforderlich wird.

Dasselbe sollte unserer Meinung nach – so ein weiterer unserer Änderungsanträge zum Haushaltsgesetz – für über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungen von erheblicher finanzieller Bedeutung gelten.

Schließlich fordern wir bei der Ausbringung zusätzlicher Planstellen und Stellen außerhalb des Haushaltsplans auch die zwingende Zustimmung des Sächsischen Rechnungshofes.

Uns geht es bei den Änderungsanträgen, die hiermit auch gleich eingebracht sein sollen, im Prinzip darum, die Kontrolldichte zu erhöhen – um nichts anderes geht es uns –, um die Legitimation zu erreichen.

Darüber hinaus ist es zwingend erforderlich, dass der Haushalts- und Finanzausschuss des Landtags über Gewährleistungen sowohl für Staatsbetriebe immerhin in einem Volumen von 1,05 Milliarden Euro und für Maßnahmen des Wohnungsbaus sowie der Wirtschaft und der Landwirtschaft in Höhe von 1,75 Milliarden Euro im Einzelfall abstimmt, und zwar bei einem Einzelvolumen ab fünf Millionen Euro und nicht 50 Millionen Euro, wie das die Vorlage vorsieht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Regierungsbank, ist Ihnen eigentlich klar, dass die von Ihnen gewünschten Gewährleistungsvolumina von zusammen 2,8 Milliarden Euro zirka 17,5 % des gesamten Haushaltsvolumens und das Acht- bzw. über Elffache der jeweiligen Nettoneuverschuldung in den Haushaltsjahren 2005/2006 ausmachen? Würde wirklich dieses Gewährleistungsvolumen in Anspruch genommen, dann wäre natürlich der gesamte Haushalt 2005/2006 Makulatur. Wir können und wollen hier nicht mitgehen und fordern strengere parlamentarische Kontrolle.

Dasselbe gilt auch für den Erlass von Durchführungsbestimmungen zum Haushaltsgesetz. Auch hier sollte unserer Meinung nach der Haushalts- und Finanzausschuss mitreden und mitbestimmen.

Über die Einzelpläne ist abgestimmt, dazu brauchen wir nichts mehr zu sagen. Dass wir anderer Prioritäten setzen würden, haben wir verdeutlicht. Die Mehrheiten sind, wie sie sind – noch –, nichts ist endgültig.

(Zurufe)

Wir setzen sie halt anders, die Prioritäten. Wir wollen lieber die Landwirtschaft fördern als die Verfassung. Wir

haben über all diese Dinge gesprochen. Schnitzel statt Spitzel könnte man in Kurzform sagen.

Aber noch etwas: Bei allen Erwiderungen auf unsere Änderungsanträge spürten wir eine maßlose Arroganz. Da wurde behauptet, wir machten keine Sachpolitik, Frau Dr. Ernst. Was Ihre Sachpolitik bewirkte, haben wir gesehen. Sie haben sehr sachorientiert 40 Jahre lang in der DDR wirken dürfen, haben sehr sachorientiert ein ganzes Volk eingesperrt, sehr sachorientiert Leute an der Mauer erschossen, sehr sachorientiert Andersdenkende nach Bautzen geschleppt und die Wirtschaft nebenbei noch ruiniert. Also Sie brauchen uns von Sachpolitik nichts zu erzählen.

(Zuruf von der PDS)

Die tragenden Parteien dieses Landes – ich bin sehr froh, dass ich nicht dazu gehöre – hatten doch seit 1945 in Westdeutschland und seit 1990 auch hier in Mitteldeutschland Gelegenheit, das anders zu machen. Die Zustände, die wir draußen bewundern können – Massenarbeitslosigkeit, kaputtes Rentensystem, kaputtes Gesundheitssystem, Bildungsmisere – können Sie allen anlasten, aber nicht der Fraktion, die hier rechts außen sitzt.

(Beifall bei der NPD)

Insofern mag Ihre Arroganz, die Sie vor sich hertragen, Ihrem Selbstschutz dienen, aber sie ist unbegründet. – In diesem Sinne danke ich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD – Zurufe von der SPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Wird es gewünscht? – Es wird nicht gewünscht. Ich erteile der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Frau Hermenau, bitte.

(Zurufe und Unruhe im Saal – Zuruf des Abg. Karl Nolle, SPD – Uwe Leichsenring, NPD: Erst nachmittags aufstehen und dann die große Klappe haben! Steh eher auf, Nolle, und komm nicht erst 17:00 Uhr hier an!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Man merkt ja, wie verzweifelt Sie, Herr Leichsenring, versuchen, hier in diesem Raum Anerkennung zu finden, aber Anerkennung finden Sie nicht, solange Sie in der falschen Partei sind. Da können Sie sich anstrengen, wie Sie wollen. Wer nicht auf dem Boden des Grundgesetzes ist, kann auch nicht versuchen, so zu tun, als ob er damit argumentieren würde.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zum Haushaltsgesetz: Artikel 1 § 5 – da sind wir wieder bei Ihnen, Herr Kollege Albrecht – legt zwar fest, dass man über- und außerplanmäßige Ausgaben und Verpflichtungen in erheblicher Höhe dem Haushalts- und Finanzausschuss vorlegen kann. Das heißt, der Haushaltsausschuss kann sie hören, der Finanzminister kann kommen und darüber sprechen, wir können sie zur

Kenntnis nehmen, aber Beschlüsse über außer- und überplanmäßige Ausgaben können wir nicht fassen. Ich denke, das sollte man der Ordnung halber darstellen.

Zweitens: Es gibt im § 13 die Budgetierungsverfahren. Es gibt in den Einzelplänen, Herr Milbradt – das haben Sie wahrscheinlich als damaliger Finanzminister noch angelegt –, eine Reihe von Leertiteln für globale Minderausgaben in den Verwaltungskapiteln zu den Sach- und Personaltiteln.

Für mich heißt das, dass Sie sehr wohl einmal darüber nachgedacht haben, eine Effizienzrendite in den Verwaltungskapiteln einzuführen und durchzuhalten. Ich habe eigentlich viel Interesse daran. Das, was Sie sich an Deckungsvermerken in der Politik genehmigen, ist mir gar nicht so recht, aber in den Verwaltungskapiteln wäre ich sehr für Flexibilisierung. Dafür könnte ich mich erwärmen. Ich habe keine Lust, in Haushaltsberatungen ständig Radiergummis für Beamte durchzuzählen. Das macht die interne Kontrolle des Landesrechnungshofes.

Mir geht es natürlich mehr darum, Sauberkeit in den Kapiteln zu haben, mit denen die politischen Sachen entschieden werden. Wenn wir also zum Beispiel Verwaltungseffizienzrenditen in den Verwaltungskapiteln durch Einsparungen bei den Sach- und Personaltiteln gehabt hätten, dann hätten wir die 50 000 oder 100 000 Euro, die wir für den Erhalt der Bibliotheken brauchten, gehabt. Wir hätten das Geld gehabt, um die Schwangerenkonfliktberatung durchzuziehen. All unsere kleinen Anträge wären allein nur durch Effizienzrendite in der Verwaltung möglich gewesen. Das wird aber seit Jahren offensichtlich nicht mehr verfolgt. Das finde ich schade.

Es ist kein ideologisches Gut von Rot-Grün, die Verwaltungskapitel zu flexibilisieren. Das haben damals noch Herr Kanther und Herr Waigel auf Bundesebene eingeführt, es ist also kein ideologisch verdächtiges Teil.

Ich bin der Auffassung, dass im nächsten Doppelhaushalt die Verwaltungskapitel wieder flexibilisiert werden müssen. Ich finde eine Effizienzrendite sowohl bei den Sachmittelausgaben als auch bei den Personalausgaben wichtig. Da sollten wir sparen und nicht bei der Schwangerenkonfliktberatung oder bei den Bibliotheken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Staatsregierung hat das Wort, Herr Staatsminister Dr. Metz.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nun reizt es mich doch, noch einmal das Wort zu ergreifen. Immerhin bitte ich Sie um die Zustimmung zu einem Haushalt, der im Jahre 2005 trotz aller anderen Reden hier im Hause von der Opposition die niedrigste ProKopf-Verschuldung aller neuen Bundesländer und auch deutschlandweit hat. Nur in Bayern liegt sie niedriger als hier. Er weist mit 21,9 %, also rund 22 %, immerhin die höchste Investitionsquote aller Länder aus.

Das ist der Lohn, meine Damen und Herren, für die Arbeit, die wir hier in den letzten Tagen gemeinsam geleistet haben. Das ist der Lohn unserer konsequenten,

soliden und aufbauorientierten Finanzpolitik in all den Jahren. (Beifall bei der CDU)

Dafür möchte ich mich bedanken bei all denen, die dazu beigetragen haben, den heutigen Tag zu erreichen. Um das Zahlenwerk des Haushaltsplans zum Wohle unseres Landes sinnvoll mit Leben zu erfüllen, bedarf es natürlich weiterer Regelungen, und diese stehen jetzt zur Entscheidung. Dies, meine Damen und Herren, hat die PDS mit ihrem so genannten alternativen Gesetzentwurf leider völlig verkannt. Herr Scheel, die PDS möchte das Haushaltsgesetz auf eine Hand voll Regelungen verschlanken. Dies ist grundsätzlich ein ehrenwerter Vorschlag. Ich halte sehr viel von Deregulierung, aber dies darf nicht dazu führen, dass der Freistaat Sachsen handlungsunfähig wird. Lassen Sie mich an einigen wenigen Beispielen deutlich machen, was ich meine und zu welch bitteren Konsequenzen ein Wegfall einzelner Normen führen würde.

Herr Leichsenring, zu Ihnen: Mit einem Ermächtigungsgesetz, das Sie im Kopf haben, hat dies alles überhaupt nichts zu tun. Ich bitte nur, Ihre Ideologie nicht immer mit der Sachpolitik hier zu vermengen.

(Uwe Leichsenring, NPD: Das war nur eine Frage!)

So gehören Ermächtigungen in den Werkzeugkasten eines jeden Haushälters. Sie werden es in allen deutschen Bundesländern und im Bund finden,

(Uwe Leichsenring, NPD: Aber nicht in der Höhe, Herr Metz!)

im Übrigen auch in den Städten, die sich selbst regieren. Sie sind ein ebenso notwendiges wie rechtmäßiges Instrument. In Sachsen nutzen wir sie da, wo sie sinnvoll sind. Wenn die PDS hier von einer Überdehnung spricht und eine Verfassungsklage erwägt, wie in der Pressemitteilung mitgeteilt, ist dies für mich nichts weiter als eine leere Drohung. Das will ich ganz deutlich sagen.

Die vorgeschlagenen Ermächtigungen sind verfassungsgemäß. Sie stehen detailliert ausgewiesen im Haushaltsgesetz. Für welchen Fall und in welcher Höhe sich der Freistaat verbürgt oder Geld aufnimmt, ist hier eindeutig, sauber und klar geregelt. Dieses Gesetz wird vom Landtag beschlossen, hoffe ich. Ermächtigungen, meine Damen und Herren, gibt es für verschiedene Fallgruppen. Die Kreditermächtigung regelt, in welcher Höhe der Freistaat neue Kredite im Doppelhaushalt aufnehmen darf. Sie entspricht der NettoNeuverschuldung, Herr Scheel. Das sind die 350 Millionen Euro 2005 und die 250 Millionen Euro 2006. Der Bürgschaftsrahmen § 12 Abs. 3 erlaubt dem Freistaat, Bürgschaften, Garantien, Gewährleistung nach Maßgabe der Bürgschaftsrichtlinie – auch dies ist zu beachten – von bis zu 1,75 Milliarden Euro zu übernehmen. Diese Regelung – das darf ich anmerken – ist im Übrigen gegenüber dem Vorjahr unverändert. Der Vorwurf der PDS, durch Ermächtigung Nachtragshaushalte zu verhindern, zeugt von barer Unkenntnis.

Die PDS kritisiert sogar, dass es in Sachsen in der Vergangenheit nie Nachtragshaushalte gegeben hat. Meine Damen und Herren, für dieses Kompliment möchte ich mich herzlich bedanken. Ich denke, auch meine Vorgänger als Finanzminister können stolz darauf sein, dass wir nie Nachtragshaushalte nötig hatten.

(Beifall bei der CDU)

Ich wäre froh, wenn dies auch so bleiben würde. Das sage ich ganz ehrlich.

Einzig und allein unsere vorsichtige vorausschauende Veranschlagung im Haushalt sowie eine strikte Ausgabendisziplin haben es in der Vergangenheit möglich gemacht, auf eine Erhöhung der Neuverschuldung, wie in vielen anderen Ländern stets und ständig praktiziert, verzichten zu können. Ohne die seitens der PDS besonders angegriffene Ermächtigung zur Übernahme von Bürgschaften, Garantien oder sonstige Gewährleistung wären viele Wirtschaftsansiedelungen – das sage ich ganz deutlich – hier im Freistaat Sachsen nicht möglich gewesen.