Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns abstimmen. Aufgerufen ist das Gesetz zur Stärkung der Unabhängigkeit und der Rechte des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen im Freistaat Sachsen. Wir stimmen über den Gesetzentwurf der Linksfraktion ab. Ich fasse die drei Dinge gleich zusammen: die Überschrift, Artikel 1, Änderung des Sächsischen Integrationsgesetzes, und Artikel 2. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer ganzen Reihe von Stimmen dafür ist der Gesetzentwurf dennoch abgelehnt worden, und der Tagesordnungspunkt ist beendet.
Die Integration von Menschen mit Behinderungen ist für die FDP-Fraktion ein wichtiges Thema. Ich hatte zu diesem Thema bereits am 11. März 2009 hier im Plenum gesprochen, als es um einen Gesetzentwurf der GRÜNEN zur Bestellung von Behindertenbeauftragten auf kommunaler Ebene ging. Auch heute möchte ich betonen, dass in den vergangenen Jahren viel bei der Integration von Menschen mit Behinderungen geleistet wurde, sei es in den Kindertageseinrichtungen, in den Schulen, aber auch bei den Angeboten in Alten- und Pflegeheimen. Einen großen Anteil daran haben die bestellten Behindertenbeauftragten auf kommunaler Ebene, aber auch der Beauftragte der Sächsi
schen Staatsregierung, Herr Stephan Pöhler. Allen Beauftragten möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich danken und Respekt zollen.
Beim Thema Integration gibt es in fast allen Bereichen noch Schwierigkeiten und Probleme. Diese wollen und müssen wir in Zukunft beseitigen – wir sind mit Sicherheit noch lange nicht am Ziel. Die Frage ist jedoch, wo wir die Schwerpunkte setzen: in inhaltlichen Verbesserungen und im Abbau von Bürokratie. Das bevorzugen wir, da hier den Betroffenen direkt geholfen wird. Oder diskutieren wir schwerpunktmäßig über verwaltungsorganisatorische Fragen. Die Linken haben sich in ihrem Gesetzentwurf für Letzteres entschieden.
Es gehört selbstverständlich zu den Aufgaben des Parlaments nachzufragen, ob Aufgaben in der Verwaltung sachgerecht wahrgenommen werden können. Deshalb kann man in der Tat fragen, ob und wie die Tätigkeit des Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung ehrenamtlich wahrgenommen werden kann. So wie aber die Linken ihr Gesetz hier schnell durchziehen wollen, kommt mir die inhaltliche Diskussion viel zu kurz. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. So zum Beispiel die, ob es wirklich Probleme löst, wenn der Beauftragte nicht mehr dem Sozialministerium, sondern der Staatskanzlei zugeordnet wird. Oder ist es zwingend notwendig, den Beauftragten zum Beamten auf Zeit zu ernennen? Will er das überhaupt? Wäre es nicht vielleicht sinnvoller, seine Geschäftsstelle personell und/oder finanziell besser auszustatten? Oder sind wiederum Geld und personelle Ausstattung nicht das Problem, sondern vielmehr die mangelnde Akzeptanz und Unterstützung innerhalb des Verwaltungsapparates? Alle diese Punkte bleiben aufgrund des Schnelldurchzugs für uns offen.
Der vorliegende Gesetzentwurf soll die Unabhängigkeit und Rechte des Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen stärken. Aber hält er denn auch, was er verspricht?
Sie gehen in Ihrer Vorlage davon aus – und Sie begründen es auch nicht –, dass die geltende Regelung im Sächsischen Integrationsgesetz unzureichend ist. Sie behaupten, dass es dem Beauftragten der Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen an der erforderlichen Unabhängigkeit mangelt, weil sein Amt ein Ehrenamt ist und er an die Exekutive gebunden ist. Beides wollen Sie ändern.
Leider erklären Sie uns nicht, warum ein hauptamtlich bestellter Behindertenbeauftragter unabhängiger sein soll als ein ehrenamtlicher. Denn ist es nicht eigentlich anders herum, dass derjenige abhängiger ist, der mit einer Tätigkeit seinen Lebensunterhalt verdient?
Deshalb gibt es auch besondere Regelungen dafür, wenn die Unabhängigkeit eines hauptamtlich Beschäftigten sichergestellt werden soll. Diese Regelungen sind in § 10 Sächsisches Integrationsgesetz enthalten und sollen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht geändert werden. Das heißt, dass die Bestimmungen über die Unabhängigkeit und Weisungsungebundenheit des Beauftragten auch für Sie ausreichend sind.
Weiterhin sieht der Gesetzentwurf vor, dass der Behindertenbeauftragte künftig organisatorisch der Staatskanzlei angegliedert werden soll. Die Staatskanzlei ist aber ebenfalls ein Teil der Exekutive. An der organisatorischen
Im Übrigen ist es nach unserer Verfassung Aufgabe der Staatsregierung, über die Geschäftsbereiche ihrer Mitglieder zu beschließen. Das umfasst nach hiesiger Auffassung auch die organisatorische Anbindung des Beauftragten.
Kommen wir zu den Rechten des Behindertenbeauftragten. Auch diese sollen durch den vorgelegten Gesetzentwurf gestärkt werden. Aber leider verspricht der Titel auch hier mehr, als er halten kann. Die Rechte des Beauftragten sind in § 10 Abs. 3 und 4 Sächsisches Integrationsgesetz geregelt. Aber genau diese Absätze sollen gar nicht geändert werden.
Genau genommen benennt der Gesetzentwurf nicht einmal neue Aufgaben für den Beauftragten, denen dann möglicherweise neue Rechte und Befugnisse zugeordnet werden müssten.
Der Gesetzentwurf sieht zwar ein ausdrücklich geregeltes Beschwerderecht von jedermann beim Behindertenbeauftragten vor. Aber erstens stärkt das nicht die Rechte des Beauftragten, und zweitens kann sich bereits jetzt jede oder jeder an den Beauftragten wenden, auch wenn das im Sächsischen Integrationsgesetz nicht „Beschwerde“, sondern „Anregung“ heißt.
Dieser Gesetzentwurf hätte letztlich also nur ein Ergebnis: Der Behindertenbeauftragte würde nicht länger ehrenamtlich, sondern hauptamtlich tätig sein. Sicher würde das bedeuten, dass er mehr Zeit in diese Aufgabe investieren könnte.
Aber das Ehrenamt hat einen entscheidenden Vorteil: nämlich den Blick von außen auf die Staatsverwaltung. Als hauptamtlich Beschäftigter, vielleicht noch im Beamtenstatus, kann der Beauftragte leicht Teil der Verwaltung werden.
Die Perspektive von außen ist unseres Erachtens viel besser dafür geeignet, Entwicklungen zu sehen, Strukturen zu hinterfragen und auch neue Ideen einzubringen. Das wiederum ist eine gute Chance, um für eine bessere Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am Leben in unserer Gesellschaft zu sorgen.
Die heutige Tagesordnung ist damit abgearbeitet. Wir treffen uns morgen früh 10 Uhr hier wieder. Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend.