Aus der Sicht der NPD-Fraktion muss der Hauptschwerpunkt des Mitteleinsatzes zukünftig in der Schaffung von Arbeitsplätzen und der Verbesserung der Einkommensmöglichkeiten im ländlichen Raum liegen, denn nur eine spürbare Verbesserung der Einkommenssituation im ländlichen Raum ist ein wirksames Mittel gegen die Abwanderung der Jugend aus den strukturschwachen ländlichen Bereichen in Sachsen. Jugend bedeutet Zukunft für das Land und seine Regionen. Dies spiegelt der im letzten Jahr beschlossene Haushalt aber leider kaum wider.
Der ländliche Raum hat mit den höchsten Arbeitslosenquoten zu kämpfen, und die durchschnittlichen Einkommen sind nirgendwo niedriger als in ländlichen Gebieten. Allgemeine Freizeitbeschäftigungsmöglichkeiten oder gar echte kulturelle Einrichtungen sind meist Fehlanzeige. Leider ist oft auch schon die einfachste Versorgungsinfrastruktur wie Tante-Emma-Läden, Bäcker und Fleischer entschwunden.
Ich möchte Ihnen als Beispiel dafür eine Tourismusgemeinde am Nationalpark Sächsische Schweiz, den Ort Kirnitzschtal mit seinen fünf Ortsteilen, einmal im Vergleich von 1990 zu heute näher vorstellen. Altendorf, der erste Ortsteil, hatte einen Konsum, jetzt ersatzlos weg, Mitteldorf als zweiter Ortsteil hatte einen Konsum, ersatzlos weg, Lichtenhain hatte einen Konsum, ersatzlos weg, Ottendorf hatte Konsum und Fleischer, beides ersatzlos weg, Saupsdorf hatte einen Konsum, ersatzlos
weg. Das ist die Realität im ländlichen Raum, und das in einem Tourismusort! Was, bitte, soll junge Leute, die sich ihre Existenz noch aufbauen müssen und die mobil sind, noch im ländlichen Raum halten? Sie fördern und fordern doch stets das Berufsnomadentum. Ich erinnere da nur an die unsäglichen Worte des Ex-Ministerpräsidenten Milbradt, der die Jugend aufforderte, sich Arbeit in der Ferne zu suchen.
Eine Schwerpunktsetzung, um diesen Missstand zu beheben, ist nicht zu erkennen, stattdessen werden einzelne Förderrichtlinien angepasst und verändert. Die dafür zur Verfügung stehenden Mittel sind aber nach wie vor begrenzt und werden in der derzeitigen Entwicklung eher spärlicher fließen.
Meine Fraktion begrüßt zwar einzelne Schritte der Staatsregierung wie etwa Öko-Konto oder die kürzlich veränderten Förderbedingungen für die Breitbandinternetversorgung, die es nun auch kleineren Kommunen ermöglichen sollen, aufgrund des erheblich geringeren Eigenanteils die Infrastruktur in diesem Bereich auszubauen. Allerdings hält sich die Freude darüber bei meiner Fraktion in Grenzen, wenn man die finanzielle Gesamtsituation der Kommunen betrachtet.
Die katastrophale Finanzsituation von Landkreisen, Städten und Gemeinden und die vollkommen überladene Verwaltungsstruktur der meisten Kommunen und besonders der Landkreise haben die Koalitionsfraktionen ausschließlich allein zu verantworten. Sie waren es, die mit den sogenannten Verwaltungs- und Kreisgebietsreformen von 1994 und 2008 und bisher einer Gemeindegebietsreform die kommunalen Strukturen, also das Rückgrat des ländlichen Raumes, massiv geschwächt haben. Nun sollen Leuchttürme dieses Rückgrat ersetzen. Sowohl die Ausdünnung der kommunalen Selbstverwaltungsstrukturen mit der erneuten Halbierung der Anzahl der Landkreise und kreisfreien Städte als auch die Degradierung der verbliebenen kommunalen Gebietskörperschaften zu Erfüllungsgehilfen der Staatsverwaltung haben den ländlichen Raum massiv geschwächt.
Durch die Übertragung weisungsgebundener Aufgaben, die mit kommunaler Selbstverwaltung gar nichts zu tun haben, wurden die Kommunen in die Lage gebracht, dass sie ihre ureigensten Aufgaben mit regionalem Bezug teilweise nur noch unzureichend erfüllen können. Die durch die Landespolitik per Gesetz vorgenommene Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung hat damit den Kommunen die Fähigkeit zur Wahrnehmung eigener regionaler Entwicklungsinteressen weitgehend entzogen. Der immer enger werdende Finanzspielraum tut das Übrige. Letztlich verbirgt sich dahinter nichts anderes als die Sanierung des Landeshaushaltes auf dem Rücken der kommunalen Gebietskörperschaften.
„Der Freistaat ist finanziell gut aufgestellt.“ – So tönt es dann im Wahlkampf immer wieder aus CDU- und SPDKehlen. Betrachtet man aber die Finanzsituation der
Kommunen, dann ist häufig der berühmte Mann mit dem Kuckuck nicht weit. Es ist unredlich, wenn die Koalitionsfraktionen, die diese Handlungs- und Entwicklungsunfähigkeit der Kommunen erst selbst geschaffen haben, sich nun die Rettung des ländlichen Raumes auf die Fahnen schreiben und sich feiern lassen wollen, wenn einige Landesmittel für Investitionen bereitgestellt werden, die den Kommunen letztlich vorher im Rahmen sogenannter Reformen erst entzogen wurden.
Das Ziel einer verantwortungsvollen Politik für den ländlichen Raum kann es nicht sein, Finanzmittel zunehmend nur über Förderinstrumente zuzuweisen. Vielmehr sollte endlich dafür gesorgt werden, dass in den Kassen der Kommunen genügend eigene Mittel zur Entwicklung der Infrastruktur und zur Belebung des ländlichen Raumes bleiben. Auch das ist unter kommunaler Selbstverwaltung bzw. besonders unter kommunaler Selbstverwaltung zu verstehen.
Die derzeitige Leuchtturmförderung und die Finanzzuweisung des Landes nach dem Prinzip der Feuerwehr, dort, wo es am meisten brennt, fließt das Geld vom Freistaat, gleicht in gewisser Weise einer bereits bekannten Planwirtschaft und trägt den Eigenheiten und Entwicklungspotenzialen in den Regionen kaum Rechnung. Dieser Zustand muss endlich beendet werden. Das bedeutet, dass wir in Sachsen für den ländlichen Raum keine neuen oder veränderten Förderinstrumente brauchen, sondern endlich Sorge dafür tragen müssen, dass den Kommunen auf dem Land genug finanzieller und personeller Spielraum für eine zukunftsorientierte Entwicklung bleibt.
Herr Staatsminister Kupfer, ich muss noch zu einigen Dingen kommen, die Sie angesprochen haben. Gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land – das ist eine Verpflichtung, die uns aus der Verfassung erwächst. Allerdings wurde in der Enquete-Kommission diese Frage anders beantwortet. Gleichwertigkeit würde nach den Aussagen, die ich dort gehört habe, bedeuten, dass jeder Mensch gleiche Chancen in dem Land haben soll, notfalls auch dadurch, dass er in die urbanen Zentren zieht. Das wird in der Form ausgiebig diskutiert. Das ist nicht die Entwicklung des ländlichen Raumes.
Ein weiteres Problem ist die Förderung des Ehrenamtes. Das ist sicherlich ausgesprochen richtig und hilfreich. Aber wenn das nun gerade Dinge sind wie Nachhilfeunterricht, die Sie jetzt bei einer Gesellschaft angesprochen haben, die durch und durch verrechtlicht und durchkommerzialisiert ist und in der Nachhilfeunterricht von verschiedenen Privaten als Möglichkeit der Einkommenserzielung angesehen wird, wird das dann wohl eher nahe der Schwarzarbeit liegen. In der Beziehung ist juristische Nachhilfe im Kabinett im Moment wahrscheinlich schwer möglich. Man muss echtes Ehrenamt und Dinge, die in
Sie sprachen LEADER-Gebiete an. Ich beklage die Diskontinuität in Sachsen, was die Förderung in den LEADER-Gebieten betrifft. Gebiete, die ursprünglich im LEADER-Bereich waren, dann im LEADER plus und jetzt plötzlich nur noch in der ELER-Förderung sind, sind ausdrücklich benachteiligt von diesen Dingen, denn in der ELER-Förderung fallen die touristischen Projekte fast vollständig weg. Das kann aus meiner Sicht nicht der richtige Weg sein.
Noch ein ganz wesentliches Problem. Das betrifft die Feuerwehren im ländlichen Raum. Wir haben das Problem, dass mindestens die Tag-Einsatzbereitschaft der Feuerwehren in Ortsteilen nicht mehr gewährleistet ist. Herr Finanzminister Unland wird sich perspektivisch eher darüber Gedanken machen, ob in den Grundzentren Berufsfeuerwehren einzuführen sind, weil nämlich die Leute, die dort noch wohnen, zum größten Teil keine Arbeit mehr haben und tagsüber eine freiwillige Feuerwehr gar nicht mehr einsatzfähig ist.
Was wir brauchen, ist eine Rückwanderung der aus Sachsen abgewanderten Leute in die Region, in der sie eigentlich angestammt sind. Das wollen die meisten auch, doch das können Sie nur dadurch erreichen, dass die ländlichen Regionen auch wieder lebenswerter sind, als Sie es in zwanzig Jahren missglückter CDU-Politik geschafft haben.
Ein Wort zur Kollegin Altmann: Das bedingungslose Grundeinkommen, das von den Linken hier immer wieder angesprochen wird, klingt natürlich toll. Doch wer soll das bezahlen?, frage ich Sie. Alles, was man verteilt, muss irgendwo auch erst einmal erwirtschaftet werden. Wenn man dann noch Ihre Vorstellung zur Zuwanderungspolitik nimmt – Sie scheinen ja das Ziel zu verfolgen, dass Deutschland das bevölkerungsreichste Land der Welt werden soll; denn wenn man bedingungslos – egal, ob man jemals irgendetwas erwirtschaftet oder eingezahlt hat – ein Grundeinkommen bekommen soll, dann sind wir doch der Anziehungspunkt Nummer eins. Das kann wirklich nicht auf den Schultern unseres Landes, unseres Freistaates geschaffen werden.
Für die Entwicklung des ländlichen Raumes bedarf es einer grundlegenden Politikänderung, und dazu sehe ich weder bei der CDU noch bei der SPD als Koalitionspartner und Anhangsgebilde dieser jetzigen Regierung wirkliche Entwicklungschancen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Staatsminister Frank Kupfer! Als Erstes möchte ich mit einem Lob beginnen, und zwar einem Lob für die kurze Regierungserklärung, die Sie hier gehalten haben. Gegenüber den 34 Seiten von vorgestern von Staatsminister Jurk waren Ihre elf Seiten kurz und bündig. Vielen Dank dafür; das war goldig, Herr Kupfer.
Zum Zweiten habe ich eine Frage: Warum haben Sie sich eigentlich die Bilanz des Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft verderben lassen? Die Bilanz wäre gut gewesen; aber der Ausflug ins Wirtschafts-, Bildungs- und Sozialministerium war unnötig; das hätten Sie nicht nötig gehabt.
Ich will mal ein Bild zeichnen, wie mir das vorgekommen ist: Sie stehen am Kochtopf und bereiten eine wunderbare, schmackhafte Gulaschsuppe vor. Dann kommen aber andere Köche – andere Minister – und verderben den Geschmack der Suppe. Sie werfen alte Fische, bittere Pillen und abgelatschte Schuhe in Ihre wunderbare Gulaschsuppe. – Herr Kupfer, das war nicht nötig, das war nicht gut.
Sehr geehrte Damen und Herren! Vor 200 Jahren lebten etwa 3 % der Deutschen in Großstädten und der Rest auf dem Land. Jetzt ist nur noch knapp die Hälfte der Sachsen in den ländlichen Regionen zu Hause.
Heute ist der ländliche Raum nicht mehr ausschließlich für die Nahrungsmittelproduktion zuständig, sondern ebenso als Energie- und Rohstofflieferant sowie als Dienstleister für Freizeit, Erholung, Tourismus und Urlaub. Hier ergeben sich gerade ganz neue Erwerbsmöglichkeiten, die inzwischen auch dazu führen, dass die in Zeiten der Lebensmittelüberproduktion stillgelegten Flächen wieder reaktiviert werden. Ob traditionelle Landwirtschaft, Bioanbau, Energiepflanzenverarbeitung, Forst- und Teichwirtschaft oder Ökotourismus – der ländliche Raum hat Potenziale, die in Ballungsräumen nicht zu finden sind. Diese Chancen gilt es zu nutzen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Probleme ländlicher Räume sind nicht nur in der Vergangenheit vielfältig gewesen. Sie bieten gerade heute Anlass, aus früheren Fehlern zu lernen. Ich hoffe, sehr geehrte Abgeordneten der Koalition, Sie sind lernfähig, denn die Probleme sind hausgemacht. Sie selbst haben den ländlichen Raum strukturell und bildungspolitisch geschwächt.
Wenn Schulen aus Kostengründen schließen müssen, führt dies häufig dazu, dass Eltern irgendwann in Ballungsräume ziehen, weil sie nicht wollen, dass ihre Kinder
Hierzu ein paar Zahlen, die die verfehlte Politik belegen: Seit 1999 gibt es in Sachsen 556 Schulen weniger. Davon sind über 50 % Mittelschulschließungen auf dem Land zu verzeichnen und doppelt so viele Grundschulschließungen wie in den Städten sowie überproportional hohe Schülerbeförderungskosten. Schulwegzeiten von mehr als einer Stunde im ländlichen Raum haben Sie, meine Damen und Herren von der Staatsregierung, politisch zu verantworten.
Was derzeit passiert, ist eine weitere Schulschließungspolitik durch die Hintertür. Fördermittel gibt es seit 2008 nur noch für große Schulen; insbesondere kleine Grundschulen werden nicht mehr gefördert. Die letzten 14 Ablehnungen erfolgten aufgrund zu geringer Schülerzahlen. Mit dieser Politik schwächen Sie den ländlichen Raum munter weiter.
Wir als Liberale stehen weiterhin zu unserem Slogan von 2004 „Lasst die Schule im Dorf!“. Zur Erinnerung: Unsere Fraktion hat sich mehrfach gegen Schulschließungen ausgesprochen, und wir haben auch die Förderung kleinerer Schulen sowie die Unterstützung der Landkreise und die kostenlose Schülerbeförderung gefordert.
Nun noch zu einem weiteren wichtigen Thema verfehlter Politik im ländlichen Raum: der medizinischen Versorgung. Sie haben das Problem lange Zeit kleingeredet und wenig getan, dem Trend der medizinischen Unterversorgung zu begegnen. Erst jetzt wachen Sie auf und lassen sich für die Gemeindeschwester AGnES feiern. Doch derzeit sind über 150 Praxen in Sachsen nicht besetzt und Nachfolger nicht wirklich in Sicht. 31,1 % der Hausärzte sind 60 Jahre und älter. In den kommenden fünf Jahren geht fast jeder fünfte Kinderarzt in den Ruhestand. Laut einer Studie des Bundesgesundheitsministeriums liegt Sachsen nur auf Platz 14. Der generelle Ärztemangel in Sachsen schlägt sich auch auf die Notärzte nieder, die starke Probleme mit der Besetzung der Notarztdienste haben.
Weiter: In einem Ihrer Kernbereiche, der inneren Sicherheit, haben Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, den ländlichen Raum offensichtlich schon längst abgeschrieben. Es fehlen in den Revieren in Sachsen 1 000 Polizisten wegen Abordnung oder Dienstunfähigkeit; allein im Erzgebirge fehlen 150. Das Sicherheitsgefühl der Bürger leidet derzeit massiv. Für die Polizeiarbeit in der Fläche müssen dringend neue Lösungen, wie beispielsweise mobile Polizeiposten, geschaffen werden.
Dazu ein kurzes persönliches Erlebnis, wie es in der Realität in Sachsen aussieht. Beim letzten großen Schnee
einbruch hatte mein Sohn hier in Sachsen einen Verkehrsunfall – er wurde von der Straße gefegt. Er musste sage und schreibe zwei Stunden warten, bis ein Polizeiwagen an die Unfallstelle gekommen ist. Es lag zum einen daran, dass dort kein Handynetz war, und zum anderen musste fünfmal angerufen werden, weil in der Chemnitzer Leitstelle die Polizisten die Straße von Olbernhau nach Seiffen nicht gefunden hatten. Das ist real gelebte Politik – so kann es hier in Sachsen nicht weitergehen.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Wirtschaft im ländlichen Raum zu fördern bedeutet auch, mit einer flächendeckenden Breitbandförderung für die nötige Infrastruktur in der Informationsgesellschaft zu sorgen. Ich bin der festen Überzeugung, dass durch die Breitbandversorgung bis in den letzten Winkel unseres Landes der ländliche Raum eine neue und bisher nicht gekannte Attraktivität bekommen wird.