Nein, Herr Präsident, ich möchte gern eine sachliche Richtigstellung machen, nachdem Herr Schiemann keine Fragen zu dem entsprechenden Punkt zugelassen hat.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein Alarmzeichen für den Zustand der politischen Kultur, wenn der Landtag heute erneut über das Verhältnis der Staatsregierung zur Justiz im Allgemeinen und über Skandalminister Geert Mackenroth im Besonderen zu debattieren hat.
Erst im Januar stand Justizstaatssekretärin Gabriele Hauser im Fokus einer Landtagsdebatte – eine Dame, die sich in Justizkreisen schon den Namen „Königskobra“ eingehandelt hatte, bevor sie sich fragwürdigerweise in das Ermittlungsverfahren gegen einen hohen Regierungsbeamten wegen einer Trunkenheitsfahrt einschaltete. Innerhalb weniger Monate sind so viele neue Merkwürdigkeiten passiert, dass die Beantragung einer Aktuellen Debatte zu diesem Thema nur allzu gerechtfertigt ist.
Da jagt der Justizminister einem ehemaligen Mieter wegen eines Klodeckels hinterher und verwendet für diese peinliche Privatfehde noch die dienstliche E-MailAdresse des Ministeriums. In gleicher Sache veranlasst das Ehepaar Mackenroth auch noch eine Hausdurchsuchung bei ihrem ehemaligen Mieter. Dann wird gegen einen unbequemen Politiker des Koalitionspartners ein Ermittlungsverfahren geprüft, von dem der Landtagspräsident erst aus der Presse erfährt. Dann lässt der Herr Minister vor seinem Privathaus verbotenerweise eine offizielle Landesdienstflagge hissen und schließlich muss sich Herr Mackenroth mit dem Vorwurf auseinandersetzen, in seinem Anwesen in Schleswig-Holstein jahrelang eine Gartenhilfe schwarz beschäftigt zu haben.
Nach alledem könnte nach NPD-Auffassung das Thema der Aktuellen Debatte auch heißen: „Keine weitere Beschädigung der Rechtskultur durch den Staatsminister der Justiz“. Für diese Skandale, Peinlichkeiten und persönlichen Vorteilsnahmen steht Geert Mackenroth mit seinem Namen. Aber sie stehen auch für Zustände und Denkweisen im Justizministerium, dessen Führungspersonal in weiten Teilen aus einer baden-württembergischen und schleswig-holsteinischen CDU-Clique besteht. Diesen Beamten- und Juristenklüngel führt das Ministerium nach Gutsherrenart und lässt im Volk den Eindruck entstehen, man brauche nur die richtigen Beziehungen zu haben, um sich den Rechtsstaat zum eigenen Vorteil gefügig zu machen.
Festzumachen ist persönliches Vorteilsdenken unter Ausnutzung des Amtes auch am „Fall Sybille Mackenroth“ aus dem Jahr 2005. Nachdem der Minister in Sachsen zu hohen Ämtern gelangt war und sein Verbleib im Freistaat deshalb lohnend erschien, holte er seine Gattin nach. Seine Gattin erhielt dann zuerst unter fragwürdigen Umständen einen gut dotierten Posten am Radebeuler Comenius-Institut. Zudem durfte die verbeamtete Lehrerin bei ihrem Wechsel in den Osten sowohl ihren Beamtenstatus als auch das volle Westgehalt behalten, das sächsischen Lehrern bis heute verwehrt ist.
Mit der permanenten Verwischung von staatlichen und privaten Interessen ist Geert Mackenroth der Prototyp des
Hinzu kommen die Eingriffe der Staatsregierung in die Justiz und die von ihr gesteuerten Attacken gegen missliebige Vertreter anderer Parteien. Die verfassungswidrigen Maßnahmen gegen NPD-Landtagsabgeordnete und nationale Aktivisten wurden von uns schon mehrere Male thematisiert. Der mediale Aufschrei der Empörung bleibt in diesen Fällen natürlich aus, weil der Rechtsmissbrauch ja nur zulasten der nationalen Opposition geht.
Mittlerweile hat sich die CDU-gelenkte Staatsanwaltschaft aber etwas zu weit vorgewagt, wenn man an den Umgang mit dem Abg. Karl Nolle denkt. Dass wenige Monate vor der Landtagswahl plötzlich ein Betrugsverdacht gegen den SPD-Mann auftaucht, riecht schon sehr nach einem Manöver zur politischen Rufschädigung. Wer in den Ausschüssen den Groll von CDU-Vertretern gegen Karl Nolle mitbekommt, der kann sich lebhaft vorstellen, dass bei der Lancierung des Betrugsverdachtes ein CDUParteibuch-Inhaber aus dem Justizministerium oder der Dresdner Staatsanwaltschaft nachgeholfen hat. Wundern darf das aber niemanden in einem Staat, den sich die etablierten Parteien längst zur Beute ihrer Parteiinteressen gemacht haben.
So, wie die Justiz der Weimarer Republik von den Parteibuch-Juristen der SPD manipuliert wurde, so wird sie heute von der CDU zur eigenen Herrschaftssicherung missbraucht.
Das alles, meine Damen und Herren, ficht den Skandal- und Pannenminister äußerlich aber nicht an. Insgesamt scheint Geert Mackenroth aber zu dämmern, dass er als Justizminister ein politisches Auslaufmodell im Freistaat ist. Deswegen will er sich als beruflichen Strohhalm ein Landtagsmandat sichern und tritt in wenigen Monaten als CDU-Direktkandidat im Wahlkreis Riesa an. Als NPDKandidat in diesem Wahlkreis freue ich mich schon heute auf die Auseinandersetzung mit einem politisch derartig angreifbaren Pappkameraden. Herr Mackenroth mit seinem Sündenregister wird der einzige CDU-Kandidat in ganz Sachsen sein, – –
Herr Gansel, darf ich einmal kurz unterbrechen: Für die Beleidigung „Pappkamerad“ erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
Herr Mackenroth mit seinem politischen Sündenregister wird der einzige CDUKandidat in ganz Sachsen sein, dem die NPD im Landtagswahlkampf ein eigenes Flugblatt widmen wird. Er hat es sich auf seine ganz eigene Weise redlich verdient.
(Beifall bei der NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Auf Pappkameraden übt man schießen; wir wissen, wo die Gewalt wieder sitzt!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Unabhängigkeit der Justiz ist in der Tat ein Kernelement eines jeden Rechtsstaates. Diese Unabhängigkeit sichert die gleichmäßige Rechtsanwendung. Gäbe es sie nicht, würde die Willkür regieren. Wie das aussieht, hat die DDR gezeigt: Dort gab es eben keine unabhängige Justiz. Im Gegenteil, die Gerichte hatten einen Klassenauftrag, den sie offiziell parteiisch im Auftrag der Partei zu erfüllen hatten; Rechte der Bürger etwa gegen den Staat gab es nicht. Es gab folglich auch keine Gerichte, vor denen man sie durchsetzen konnte; es gab keine Verwaltungsgerichte.
So kommen wir heute alle zu dem Ergebnis: Jenseits der Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, war sie sicherlich kein Rechtsstaat.
Wir müssen uns des hohen Wertes einer unabhängigen Justiz immer wieder voll bewusst werden, ansonsten nimmt diese Unabhängigkeit – und in der Folge der Rechtsstaat – Schaden.
Leider gibt es in Sachsen immer wieder Anlass dazu, auf die Bedeutung einer unabhängigen Justiz hinzuweisen. Nicht, dass die Justiz bei uns grundsätzlich nicht unabhängig wäre – leider gerät sie in Sachsen aber immer wieder in Bedrängnis. Als Urheber solcher Bedrängnis gerät ihrerseits die Politik immer wieder ins Zwielicht. Beispielsweise wurden bei der sogenannten Polizeischulaffäre offensichtlich konstruierte Vorwürfe vom SMI an die Staatsanwaltschaft gegeben, die eilfertig Ermittlungsverfahren einleitete, während die Spitze des SMI dies dann – erstens – an die Presse gab und – zweitens – die Betroffenen unter Hinweis auf die so eingeleiteten Ermittlungen versetzt wurden.
Im Fall Schommer wurden Durchsuchungsmaßnahmen vorher der Presse mitgeteilt und hinterher in völlig überzogener Weise Journalisten mit Ermittlungsverfahren überzogen. Diese Ermittlungsverfahren ließen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Handelns auch des Rechtsstaates aufkommen. Stets kam der unschöne Verdacht auf, die Staatsanwaltschaft in Sachsen werde bisweilen auch einmal instrumentalisiert, um politisch Missliebige zu bekämpfen oder aber um Freunden zu helfen.
Der Fall Hauser ist eine solche Angelegenheit: ein Innenstaatssekretär, der in einem laufenden Ermittlungsverfahren gegen einen Abteilungsleiter seine Kollegin im Justizministerium anruft, woraufhin diese sich auf den Weg macht, wie es heißt, „deeskalierend“ zu wirken. Ich sage es einmal als Praktiker: Eine Einstellung nach § 153 StPO ohne Auflage wegen geringer Schuld ist fast so
etwas wie ein juristischer Wolpertinger: Jeder weiß, dass es ihn gibt; gesehen hat ihn noch keiner. Das muss man erst einmal hinbekommen – ein Musterbeispiel von Deeskalation.
Meine Damen und Herren! Wenn man das im Parlament zur Rede bringt, dann versichern die Beteiligten treuherzig, sie wollten das Verfahren überhaupt nicht beeinflussen. Nicht im Mindesten, nein, nein, gar nicht. Und wir sollen das dann glauben, meine Damen und Herren? – Wir tun das nicht.
Um es klar und deutlich zu sagen: Hier ist die Unabhängigkeit der Justiz in Sachsen beeinträchtigt und hier wäre der Justizminister gefordert gewesen, den Sachverhalt unmissverständlich klarzustellen. Nach meinem Dafürhalten, Herr Staatsminister, haben Sie hierzu nicht ausreichend Position bezogen.
Die anderen Punkte, die hier angesprochen worden sind – die Frage, ob es sinnvoll ist, die Staatsanwaltschaft mit der Fahndung nach einem Klodeckel zu beschäftigen –, will ich nicht weiter kommentieren.
Schließlich der Fall Nolle. Erneut muss man sich fragen: Wie gelangen Informationen über Ermittlungsverfahren – besonders Ermittlungsverfahren gegen Politiker – in Sachsen eigentlich an die Presse? Da jagt ein Mirakel das andere. Aber ich sage, es gilt hier bereits den bösen Schein zu vermeiden, es gebe gezielte Indiskretionen in diesem Zusammenwirken zwischen Politik und Justiz – Justiz und Politik auf der anderen Seite. Die Kultur einer unabhängigen Justiz ist ein hohes Gut; sie ist sehr fragil und nimmt sehr, sehr schnell Schaden.
Einen eigenartigen Umgang mit kritischen Fragen zeigt auch die Staatsanwaltschaft. Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“ äußert ein Staatsanwalt in der Presse, der Landtag sei eine „Tratschbude“. Meine Damen und Herren, das erinnert mich fatal an den Sprachgebrauch vor über 70 Jahren in der Weimarer Republik, als Parlamente als „Quatschbuden“ denunziert wurden.
Um es deutlich zu machen: Der Landtag als oberstes Verfassungsorgan des Freistaates braucht sich weder einen solchen Vorwurf noch einen solchen Tonfall von einer solchen Stelle aus gefallen zu lassen.
Auch hier wären Sie gefordert, Herr Staatsminister. Sie sind in der Verantwortung, die Rechtskultur, die Kultur des Rechtsstaates, den respektvollen Umgang der Verfassungsorgane untereinander durchzusetzen, um so die
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Einige meiner Vorredner haben zu Recht schon das Hohelied auf die Bedeutung der Gewaltentrennung gesungen, und ich stimme gern in diesen Chor ein. Es ist von fundamentaler Bedeutung, dass die Legislative, die Exekutive und die Judikative unabhängig voneinander sind und in einer Art und Weise zusammenarbeiten, die von wechselseitigem Respekt und der Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten geprägt ist. Deswegen ist es gerade für uns Abgeordnete sehr schwierig, uns zu diesen Fragen zu äußern. Es steht uns gut an, uns sorgfältig zu diesen Fragen zu äußern, um nicht in den Verdacht zu geraten, dass wir pro domo, für uns selbst, Privilegien bewahren wollten, was wir – glaube ich – alle in diesem Haus nicht wollen.
Aber der Fall Karl Nolle – Herr Bartl hat es angesprochen – ist einer von vielen in den letzten Jahren gewesen. Da geht es um Briefe, die beim Präsidenten eingehen und nicht unterschrieben sind usw. Wir kennen diese Debatten. Diese Dinge könnte man als Fehler abtun. Nur glaube ich, dass das nicht mehr möglich ist. In den letzten Jahren sind zu viele Fehler bei zu vielen Abgeordneten entstanden. Das lässt für mich zwei Dinge als Schluss zu:
Erstens. Bei den Staatsanwaltschaften besteht keine zureichende Erkenntnis darüber, wie das Verhältnis zwischen Judikative und Legislative beschaffen sein sollte. Ich sage ganz deutlich: Ich vermisse den Respekt, der uns als Landtag, als frei gewählten Abgeordneten gebührt, insbesondere beim Sprecher der Staatsanwaltschaft Dresden in fundamentaler Weise.