Protocol of the Session on May 14, 2009

Prüfen könnte man die Frage – und das ist das Quäntchen Positive an Ihrem Antrag –: Gibt es Möglichkeiten,

familienpolitische Leistungen zu bündeln? Das wird man aber als Schnellschuss nicht machen, sondern man muss sehr genau prüfen, ob es gelingt, familienpolitische Leistungen zu bündeln und die verschiedenen Elemente nicht nebeneinander bestehen zu lassen. Das ist schon diskutiert worden. Sie wissen, dass der Weg einer Bündelung relativ schwer ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zu dem Weg kommen, den wir für richtig halten. Den habe ich hier schon vorgetragen.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Nichts tun!)

Zuvor will ich noch einige Sätze sagen, Herr Kollege Hahn und Herr Kollege Neubert: Wenn davon gesprochen wird, als hätten wir Tausende hungernde Kinder in Deutschland, und wenn das so wäre, dann würde es sich um eine chronische Vernachlässigung der Elternpflichten handeln. Dann wären die Kinder vernachlässigt, dann wären die Eltern in der Pflicht und das Jugendamt würde einschreiten. Es muss auch einschreiten, wenn das so ist.

Ich will ganz deutlich sagen: Mit den Hartz-IV-Sätzen kann man ein Kind ordentlich und gesund ernähren. Das steht außer Frage. Wenn wir die Kinder untersuchen, haben wir übrigens nicht das Problem, dass sie unterernährt sind, sondern sie sind fehlernährt. Gerade jene aus den unteren Schichten sind übergewichtig, aber nicht untergewichtig. Das zeigt, dass es wahrscheinlich andere Gründe sind, warum die Kinder falsch ernährt sind. Wenn die Kinder zum Beispiel einen Schokoriegel anstelle eines gesunden Apfels mitbekommen, dann muss man fragen, wie man die Eltern fit machen kann, damit sie ihrer Erziehungsverantwortung nachkommen und es morgens ein ordentliches Frühstück gibt.

(Cornelia Falken, Linksfraktion: Ich kann es nicht mehr hören!)

Aber das hat mit Geld nichts zu tun.

Bei uns ist die Bildung kostenfrei. Das ist ein großes Verdienst und ein wichtiges Thema. Bei uns sind die Schulen kostenfrei. Auch wenn sie eine Privatschule besuchen und finanziell nicht in der Lage sind, wird ihnen dieser Betrag ersetzt. Auch im Kindergarten wird niemand aus finanziellen Gründen ausgeschlossen. Wir haben das letzte Kindergartenjahr für alle kostenfrei gemacht, und bei denen, die davor sind, bekommen all jene die Beiträge erstattet, die nicht in der Lage sind, diese zu zahlen.

Lassen Sie mich zu dem Weg kommen, den wir für richtig halten, nämlich den kindergerechten Hartz-IV-Sätzen. Natürlich kann man darüber streiten, ob es richtig ist, dass ein Kind 60 oder 80 % des Satzes eines Erwachsenen bekommt. Man muss genau hinschauen und sagen, dass wir genau berechnet haben wollen, was ein Kind für Kleidung und für das Mittagessen braucht. Das muss ermittelt werden, wie es bei den Erwachsenen auch erfolgt. Man muss sehen, was ein normales Kind bekommt, dessen Eltern beide arbeiten. Das Gleiche soll ein Kind bekommen, das in einem Hartz-IV-Haushalt lebt.

Diesen Weg haben wir hier schon beschlossen, sogar einstimmig als Landtag. Darauf haben sich die Arbeits- und Sozialminister verständigt, ebenso der Bundesrat sowie die Bundesregierung zusammen mit den Bundesländern hier beim Bildungsgipfel in Dresden.

Deswegen werden wir diesen Weg gehen. Wir erwarten jetzt die Berechnung, die der Bundessozialminister vorzulegen hat. Wenn diese vorliegt, ist der Weg eingeschlagen, dass man diese kindgerechten Hartz-IV-Sätze einführt. Ich wäre auch froh, wenn es mit der Berechnungsgrundlage etwas schneller ginge. Aber hier ist das Bundessozialministerium beauftragt, das zu machen. Das ist der Grund, weshalb wir Ihr Konzept nicht verfolgen werden. Wir werden Ihren Antrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die SPD-Fraktion wird vertreten durch Frau Dr. Schwarz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kinder unabhängig von der Erwerbssituation ihrer Eltern zu betrachten ist richtig und gerecht. Aus diesem Grund wird Kindergeld auch an alle Kinder ausgezahlt, selbst an Millionärskinder, wenn sie dies beantragen. Trotzdem profitieren Kinder im Rahmen des Familienleistungsausgleichs unterschiedlich.

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss der Gesetzgeber das Existenzminimum von Steuern freistellen. Das wird gegenwärtig mit dem Kindergeld und dem Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht getan. Zusätzlich gibt es einen Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung. Das ist das Dilemma. Die Steuerfreibeträge wirken sich jedoch je nach Einkommen und Familienstand unterschiedlich aus. Kinder werden somit nach dem Einkommen ihrer Eltern behandelt. Es gilt jedoch, jedem Kind möglichst die gleichen Chancen zu gewähren.

Eine einheitliche Kindergrundsicherung könnte ein Weg aus dieser Misere sein. Kinder würden unabhängig von ihrer Herkunft und der Familie, in der sie leben, gefördert. Die Kindergrundsicherung soll der Einkommensteuer unterliegen. So erhalten Gutverdiener weniger als Niedrigverdienende, und Bedürftige bekommen die volle Summe. Damit könnten Kinder besser vor Armut geschützt werden, sofern sichergestellt ist, dass dieses Geld tatsächlich den Kindern zugute kommt.

Damit möchte ich keinesfalls der im Moment oft geführten Diskussion, Eltern würden das Kindergeld für Zigaretten oder Alkohol ausgeben, Vorschub leisten, denn ich halte diese Einwände für indiskutabel. Einzelne, sicherlich schlechte Beispiele sollen als Vorwand dienen, keine familienpolitischen Fragen mehr in Angriff zu nehmen.

Noch einmal zum Konzept. Ich halte den Vorschlag für eine Kindergrundsicherung für eine Idee, über die es sich aus unserer Sicht ausführlich in den nächsten Monaten – ich vermute, es wird Jahre dauern – zu diskutieren lohnt.

Wir begrüßen einen solchen Diskussionsprozess ausdrücklich. Es sind Wohlfahrtsverbände, Wissenschaftler und andere gesellschaftliche Gruppen, die jetzt ein Konzept in die Diskussion gebracht haben. Dass die Linksfraktion aber gleich jedes Papier nimmt und eins zu eins im Bundesrat verabschiedet wissen will, zeugt wahrlich nicht von einem professionellen Politikverständnis – der Populismus macht eben auch bei diesen Themen nicht halt –, und dann wäre mit einer Grundsicherung beispielsweise die Forderung nach kostenloser Mittagsversorgung obsolet. Sie haben ja jetzt noch mehr Verwirrung in die Sache gebracht, was den Einzelfall betreffen würde.

Es geht den Initiatoren um die Summe von rund 500 bzw. speziell 502 Euro. Diese sollen nur so lange gezahlt werden, bis sämtliche Leistungen für Bildung, Betreuung und Erziehung kostenfrei zur Verfügung stehen. Ist die Mittagsversorgung nun eine Betreuungsleistung? Hierüber ist noch zu diskutieren.

Auch auf die Frage des Ehegattensplittings hat Herr Krauß hingewiesen. Ich begrüße, dass die Diskussion darüber weiter geführt wird. Wir wissen aber, dass es in der Vergangenheit schwer war, in dieser Sache Mehrheiten zu finden, um hier endlich Ergebnisse zu erzielen. Der Begriff Familiensplitting wird auch an der einen oder anderen Stelle genannt. Es handelt sich um eine sehr komplexe Umgestaltung, die ich nicht für einfach halte, denn Leistungen wie Unterhaltsvorschuss oder BAföG sollen in der Kindergrundsicherung aufgehen. Auch die Finanzierungslücke von circa 10 Milliarden Euro steht noch im Raum. Darauf haben Sie auch keine Antwort.

Ich glaube, dass es wichtig ist, diese Diskussion zu führen. Es ist wichtig, dass es keine Armut gibt, dass es bei den Kindern nicht danach gehen kann, in welcher Situation die Eltern sind. Wir müssen jetzt diesen Diskussionsprozess führen und nicht gleich so tun, als könnten wir es eins zu eins sofort in Politik umsetzen.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Die NPD-Fraktion mit Frau Schüßler, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zuerst möchte ich die Gelegenheit nutzen, um klarzustellen, dass das Bundessozialgericht mit seiner Entscheidung nicht den Hartz-IV-Regelsatz für Kinder als verfassungswidrig deklarierte, sondern die nicht ausreichende Begründung zur pauschalierten Kürzung um 40 %. Darüber hinaus entschied das BSG, das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz auszusetzen und dem BVG die Frage zur Entscheidung vorzulegen. Von daher, meine Damen und Herren der Linksfraktion, ist der Antrag so angreifbar geworden, dass man ihm eigentlich nicht folgen kann.

Dass die NPD trotzdem für diese Kindergrundsicherung in Höhe von 500 Euro monatlich stimmen wird bzw. die Einbringung im Bundestag – anders als Sie, die unsere Initiativen ständig ablehnen –, liegt einerseits an der

Tatsache, dass meine Fraktion die Hartz-IV-Regelungen prinzipiell ablehnt. Wir erachten die Hartz-IV-Gesetze in ihrer Gesamtheit, also nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene, als verfassungswidrig. Andererseits, was bislang von keiner Seite angesprochen wurde: Die NPD fordert schon seit Jahren eine Kindergelderhöhung auf 500 Euro, unabhängig vom Einkommen der Eltern. Aber vielleicht lag Ihnen bzw. diesem Bündnis ja auch eines unserer Thesenpapiere vor, oder Sie hatten eines unserer alten Wahlplakate vor Augen, als Sie auf die Idee kamen, die NPD kopieren zu wollen. Wir haben es übrigens auch dieses Jahr wieder ins Bundestagswahlprogramm eingebaut.

Aber natürlich gibt es einen Unterschied zu allen hier im Hause. Während wir konsequent darauf bestehen, dass deutsches Steuergeld der deutschen Bevölkerung zuzustehen hat, lautet Ihre programmatische Forderung bzw., wie abzusehen ist, auch ein neuerliches EU-Diktat, dass jedem Einwanderer und Asylbewerber, egal, ob aus Ghana, Togo oder Uganda, deutsches Steuergeld und damit auch die Kindergrundsicherung auszuzahlen ist.

(Stefan Brangs, SPD: Was spricht denn dagegen?)

Ich habe vor Kurzem gelesen, dass jedes vierte Kinder inzwischen in Deutschland einen Migrationshintergrund hat. Wenn das wirklich so wäre, könnte man, Herr Neubert, die Ausgaben um 10 Milliarden Euro herunterschrauben. In der BRD leben jetzt schon circa 7,5 Millionen Menschen in Armut bzw. an der Armutsschwelle, Kinder, die zu Außenseitern gemacht werden, die keine warme Mahlzeit erhalten, die wegen fehlender Schulmaterialien aus Scham die Schule schwänzen. Aber zu den Kindern gehören auch Eltern, die vor dem gleichen Problem stehen, die nicht am soziokulturellen Leben teilnehmen können, so wie es Frau Staatsministerin Clauß in der Drucksache 4/14201 am 25. Februar dieses Jahres suggerierte.

Die Kindergrundsicherung kann daher nur ein Aspekt sein, wie der aus den Fugen geratene Sozialstaat wieder zurechtgerückt werden kann. Die herrschende Praxis, dass die Grundsicherung als bedarfsorientierte Leistung erachtet wird, stößt bei uns auf Ablehnung. Gerade durch diese Praxis werden Kinder von Familien mit ausreichender finanzieller Ausstattung bessergestellt als Kinder in armen Familien.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Dauer der Grundsicherung laut diesen Bündnispapieren. Das Bündnis schlägt hier eine Leistungsdauer bis zum 27. Lebensjahr vor. Das würde sicher einige Dauerstudenten sehr freuen, aber wir sehen es nicht als zielführend an. Bis zum Ende des 25. Lebensjahres ist ein reguläres Studium – davon gibt es nur wenige Ausnahmen – abgeschlossen.

Dass DIE LINKE hier im Übrigen ein Bündnis unterstützt, das zumindest in weiten Teilen von der SPD unterwandert ist, dürfte aufgrund der anstehenden Wahlen kein Zufall sein. So liest sich die Vorstandsliste der Arbeiterwohlfahrt ganz oben eher wie eine interne Ar

beitsgruppe der SPD. Genossen wie Rudi Frick, Wilhelm Schmidt oder Christiane Reckmann sind nur einige Personen des AWO-Präsidiums, die führend in der SPD aktiv sind – und damit in einer Partei, die bekanntlich mit Hartz IV den Sozialstaat begrub.

Meine Damen und Herren, ich freue mich natürlich, dass wieder einmal eine Kernforderung der NPD durch die Hintertür aufgegriffen wurde. Deshalb – und nur deshalb – werden wir auch zustimmen.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion wird wieder durch Frau Schütz vertreten; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was brauchen Kinder? Sie brauchen Liebe, sie brauchen Erziehung, sie brauchen Nahrung und sie brauchen die besten Startchancen für die von ihnen zu meisternde Zukunft.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: … und keine CDU in der Regierung!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist unserer Meinung nach die beste Grundsicherung, wenn diese Grundwerte jedem Kind vermittelt werden können.

Doch um auf den Antrag der Linken einzugehen: Den Eltern einfach mehr Geld zu geben beseitigt bestehende Defizite für Kinder unserer Meinung nach nicht.

Im Übrigen, sehr geehrter Herr Neubert, sehr geehrte Damen und Herren der Linksfraktion: Ihr Konzept, das Sie verfolgen, ist leider nicht nachvollziehbar. Herr Neubert, Sie hatten in der Begründung so ein bisschen die Kurve bekommen; aber der Antrag selbst spricht eben nur von einer Kindergrundsicherung von 500 Euro. Wenn man dann Ihre Forderungen allein aus diesem Jahr in den Plenarsitzungen zusammenrechnet – ob kostenlose Sachleistungen in Form von Mittagessen, Kita-Betreuung, Hochschulstudium; all dies –, dann würden die Kinder über einen höheren Einkommenswert verfügen können als mancher, der arbeitet.

Natürlich ist mir klar, dass beispielsweise Alleinerziehende erhebliche Probleme und leider eben auch ein hohes Armutsrisiko haben; doch wir müssen uns fragen, was die Ursachen dafür sind. Die OECD hat kürzlich festgestellt, dass geringe und mittlere Einkommen in Deutschland besonders mit Abgaben und Steuern belastet werden. – An dieser Stelle auch an Sie, Herr Krauß, gerichtet: Wer wie Sie an einem solch antiquierten Familienmodell-West festhält – Ehegattensplitting –, der träumt wahrscheinlich von einem Machomann, der Sie vielleicht gern sein wollen;

(Alexander Krauß, CDU: Die übergroße Mehrheit der Leute ist anderer Meinung!)

von einem Mann, der Alleinverdiener ist, also allein über das Einkommen verfügt, dessen Frau mit null Euro

Einkommen am Herd steht und vielleicht die Kinder betreut

(Alexander Krauß, CDU: Das hat damit nichts zu tun, das ist Unsinn!)

und wo beide über einen Steuervorteil, also über mehr Geld verfügen können. Denn wenn beide arbeiten und beide in die gleiche Steuerklasse eingesetzt werden, können sie vom Ehegattensplitting überhaupt nicht profitieren.