Der Petent hatte sich händeringend an den Petitionsausschuss gewandt, weil wegen falsch verlegter Abwasserleitungen Abwasser in Größenordnungen in sein Haus floss. Es waren zwei Ortstermine mit allen möglichen Behörden notwendig, um zu prüfen, ob – ich zitiere jetzt aus dem Behördenschreiben – „ein wasserrechtlicher Handlungsbedarf“ bestehe. Infolgedessen kamen die Behörden nicht auf die Idee, einen Mangel zu suchen oder zu beseitigen, sondern stellten lediglich fest, dass – ich zitiere – „von dem betreffenden Grundstück keine mittelbare und mit anderen Mitteln überwindbare Gefahr ausgeht“.
Weil der Petitionsausschuss nicht locker ließ, konnte endlich die Ursache gefunden und behoben werden. Im Amtsdeutsch heißt es allerdings nur lapidar: „Das Grundstück ist inzwischen schmutzwasserseitig ordnungsgemäß an die öffentliche Kanalisation angeschlossen.“
Es gibt immer wieder zum Schmunzeln und Kopfschütteln anregende weitere Formulierungen. In einer Petition ging es um eine Ampelschaltung an der Bundesstraße, bei der – ich zitiere – „die Gefahr von Rotlichtverstößen“ gesehen wurde.
In einer weiteren Petition tauchte das mit 47 Buchstaben und 14 Silben rekordverdächtige Wortungetüm „Haftopferentschädigungszuständigkeitsverordnung“ auf. Um einen Sachverhalt nach SGB X klären zu können, wurde der Behörde bescheinigt, sie könne – ich zitiere – „insbesondere Augenschein einnehmen“.
An anderer Stelle ist die Rede von „Bürgermeisterkanälen“, von „Inanspruchnahme eines Nichtstörers“ im Vergleich zu einem „Handlungsstörer“ unter Berücksichtigung von „Notstandspflichtigen“ – was immer das alles bedeuten soll.
Aus juristischer Sicht haben alle diese Formulierungen sicherlich einen guten Grund; schöner wäre es dennoch, wenn sich die Behörden bemühen würden, sich dem Bürger in dessen Sprache verständlich zu machen, statt zu diesem mittels der Sprache auf Distanz zu gehen.
Ein zweiter Sachverhalt. Da alle Petitionen die Petenten mit meiner Unterschrift erreichten, entstand der Eindruck, dass die Entscheidung des Ausschusses meine persönliche sei. Das führte unter anderem sogar zu der Forderung eines Petenten, einen öffentlichen Untersuchungsausschuss gegen mich einzuberufen. Diese und ähnliche Missverständnisse konnten meistens geklärt werden.
Für bedenklich halte ich aber die hohe Zahl von 83 Petitionen im Jahre 2008, die nicht behandelt werden konnten, weil sie Wiederholungen bereits abgeschlossener Petitionen darstellten. Das bedeutet, dass sich der Petent in der Antwort nicht ernst genommen oder verstanden fühlte, zum Teil wortgleiche Antworten aus Ministerien und anderen Behörden im Rahmen des Petitionsverfahrens als Antwort des Landtags erhielt und prompt das geflügelte Wort von der einen Krähe, die der anderen kein Auge aushackt, bestätigt sieht. Oder er wundert sich, dass seitens der Staatsregierung lediglich die von ihm kritisierte Behörde zum Sachverhalt befragt wird und nachfolgend deren Stellungnahme ohne jegliche kritische Würdigung die Stellungnahme der Staatsregierung zur Petition darstellt.
Es wäre wünschenswert, wenn der Petitionsausschuss Möglichkeiten zu eigenen Recherchen hätte, um den Bürgeranliegen besser zu entsprechen.
Meine Ausführungen zum Jahresbericht möchte ich beenden mit dem ausdrücklichen Dank an alle Beteiligten, die Ausschussmitglieder, den Petitionsdienst, die Ministerien und Landesbehörden und alle Unterstützer. Für die Zukunft wünsche ich den für die Fortsetzung unserer Arbeit neuen Verantwortlichen alles erdenklich Gute und viel Mut für Veränderungen, um dem Petitionsausschuss größere Bedeutung und Handlungsmöglichkeiten einzuräumen. Die Bürgerinnen und Bürger des Freistaates Sachsen werden es ihnen danken.
Danke schön. – Das war die Vorsitzende des Petitionsausschusses. Jetzt sprechen die Fraktionen. Herr Dr. Jähnichen spricht für die CDU-Fraktion.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich gebe die Stellungnahme meiner Fraktion zu Protokoll und danke allen, die sich mit großem Engagement und viel Ernsthaftigkeit an der Arbeit mit Petitionen beteiligt haben. Auch im Namen
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Auch in diesem Jahr liegt uns wieder ein umfangreicher und sehr hochwertiger Bericht des Petitionsausschusses vor. Dafür gebührt den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Petitionsdienstes gleich am Anfang meiner Rede ein großes Dankeschön,
und das nicht nur von mir, sondern auch von meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen. Wann immer wir Fragen hatten, konnten wir uns an Frau Nolting und ihr Kollektiv wenden und erhielten immer eine schnelle, kompetente und zuverlässige Antwort. Auch dies soll in der Öffentlichkeit nicht unerwähnt bleiben.
Ich halte die Arbeit des Petitionsausschusses und des dazugehörigen Teiles der Landtagsverwaltung für eine sehr wichtige Arbeit unseres Parlamentes. Aber ich muss schon zugeben, dass ich es nicht schlecht finden würde, wenn dieser Ausschuss weniger Arbeit hätte. Ich sage das nicht, weil ich weniger arbeiten will, sondern weil ich das als ein Zeichen sehen würde, dass Institutionen, die mit Bürgerinnen und Bürgern arbeiten, von Anfang an ihre Aufgabe korrekter erledigen würden.
Nun zum Bericht an sich. Jede Person hat das Recht, sich einzeln oder in der Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden. Dieser Auszug aus der Sächsischen Verfassung ziert die erste Seite dieses Berichtes. Dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Recht sehr intensiv nutzen, haben sie im letzten Jahr erneut bewiesen. Mit über 1 000 Schreiben wandten sie sich an den Ausschuss. Das waren knapp 100 mehr als 2007, also steigende Tendenz. Mehr als die Hälfte der eingegangenen Schreiben waren Petitionen. Somit war für uns reichlich zu tun.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir als Mitglieder des Petitionsausschusses der Kummerkasten des Freistaates sind, und das zu Recht. In den Schreiben kommen die kleinen und großen Sorgen des Alltags noch mehr zutage und führen uns immer wieder vor Augen, was die Bürgerinnen und Bürger wirklich von dem halten, was in den Parlamenten und Verwaltungen auf allen Ebenen geleistet und eben auch nicht geleistet wird.
Wir als Mitglieder des Petitionsausschusses haben uns sehr intensiv mit den Anliegen der Bürgerinnen und Bürger auseinandergesetzt. Das wird vor allem in der Grafik auf Seite 22 deutlich. Dort sieht man, dass wir für die meisten Petitionen mehr als ein Jahr Bearbeitungszeit
benötigt haben. Die langen Bearbeitungszeiten liegen sicherlich auch an den thematischen Schwerpunkten der letzten Jahre: den Sozial- und Rentenversicherungen, den Hilfen im Alter und dem Thema Rundfunkgebühren. Aber auch beim Thema Hartz IV fühlen sich die Bürgerinnen und Bürger in Sachsen zunehmend ungerecht behandelt.
Werte Damen und Herren! Frau Simon hat schon einige Zahlen genannt. Etwas ernüchternd fällt schon die Bilanz aus, wenn man sich die gefassten Beschlüsse etwas näher betrachtet. Bei über 400 Petitionen mussten wir feststellen, dass der Petition nicht abgeholfen werden konnte. 160 Petitionen galten als erledigt; wir konnten also helfen. 123 Petitionen wurden an die Staatsregierung überwiesen und ihr somit hoffentlich vor Augen geführt, dass es an der einen oder anderen Stelle im Freistaat gehörig klemmt.
Eine Petition habe ich im Hinterkopf, bei der ich ein sehr ungutes Gefühl habe. Mir wurde die Petition zugeteilt. Der Sächsische Landtag konnte dieser Petition jedoch nicht abhelfen. Viele Monate später kommt ein Schreiben von der Petentin, dass sie ihr Problem gerichtlich geklärt hat und der Prozess gewonnen wurde. Sie verstehen hoffentlich mein ungutes Gefühl: Die Petentin hat den Glauben an eine gerechte Arbeit des Petitionsausschusses verloren.
Was sagt uns das? Ganz einfach: Die zukünftigen Mitglieder des Petitionsausschusses in der neuen Legislaturperiode müssen noch kritischer arbeiten, noch mehr bei den Ministerien nachfragen, noch mehr auf die Bürger zugehen, um damit die Arbeit des Landtages zu stärken und die Zuversicht unserer Bürger nicht zu verspielen.
Noch ein Wort in eigener Sache: Meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU-Fraktion, ich gratuliere Ihnen, dass Sie Herrn Patt im Petitionsausschuss haben, der sich mit Kreativität bezüglich der Arbeit und Beschlussfassung von Petitionen beteiligt. Es ist bemerkenswert, wie es ihm um die Sache und das Anliegen der Bürgerinnen und Bürger geht. Das sollte Maßstab für uns alle hier sein.
Zum Schluss noch ein Dankeschön an die Vorsitzende des Petitionsausschusses für ihre sachliche und kompetente Leitung der Ausschussarbeit im Interesse der sächsischen Bürgerinnen und Bürger.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Politik ist mehr als die Summe staatlicher Konzepte und Förderprogramme. Sie wird bürgernah, wenn Politiker und Verwaltung die Bürger als Partner begreifen und umgekehrt.
Ein Teil des Bestrebens nach Bürgernähe ist die Arbeit des Petitionsausschusses des Sächsischen Landtages. Es ist ein verfassungsmäßig garantiertes Recht und damit wichtiges Merkmal einer freiheitlichen Demokratie, dass
Dazu, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, möchte ich Ihnen ein Beispiel aus DDR-Zeiten nennen, welches gerade einmal 30 Jahre her ist. Damals starb die Mutter eines Arbeitskollegen. Diese wohnte in Frankfurt am Main. Mein Kollege bekam keine Genehmigung vom Arbeitgeber, zur Beerdigung seiner Mutter zu fahren, und sprach letztendlich beim Staatsrat vor. Der war sehr freundlich, konnte aber angeblich nicht in die Entscheidung des Arbeitgebers eingreifen. Die Folge aber war, dass dem Kollegen, als er später eine Genehmigung benötigte, um – wie jedes Jahr – zur Leipziger Messe in seiner Freizeit Behelfstaxi fahren zu dürfen, ihm auch diese verwehrt wurde, und zwar mit der Begründung, dass man ihm keine positive gesellschaftliche Einstellung bescheinigen könne. Dies leitete man davon ab, dass sich ja der Kollege beim Staatsrat beschwert hatte.
Ein Beschwerdeführer oder Petent ist in einer Diktatur ein potenzieller Oppositioneller und wird allzu oft als solcher behandelt. Wir alle kennen mit Sicherheit weitere Beispiele, in denen Bürger für ihr offenes und ehrliches Wort härter bestraft wurden. Das Beispiel zeigt sehr schön die Vorzüge eines demokratischen Menschenbildes gegenüber dem in einer Diktatur. Wir Demokraten sehen in den Beschwerden, Hinweisen und Vorschlägen nicht das Werk potenzieller Systemgegner. In unserer Demokratie ist das Petitionsrecht fundamentaler Bestandteil des Rechts auf freie Meinungsäußerung und sogar noch mehr. Petitionen tragen nicht selten zur konkreten Verbesserung von Gesetzen und Verwaltungsvorschriften bei. In der Demokratie ist der Bürger Partner der Politik und nicht Gegner. Das drückt sich auch in der Arbeit des Petitionsausschusses aus.
Meine Damen und Herren, wenn sich jemand mit einer Petition an das Parlament wendet, erhält er oft eine Antwort in Fachchinesisch. Ich meine – und das hat Frau Simon vorhin schon sehr gut gesagt, dem kann ich nur voll zustimmen –, auch die Antworten sollten verständlich und bürgernah formuliert sein; denn Bürgernähe wird auch über Sprache erreicht. Viele, die sich für einfache und bürgernahe Sprache einsetzen, betonen, dass dies ein wichtiges, aber leider noch unterschätztes Thema ist.
Der Petitionsausschuss agiert natürlich nicht im luftleeren Raum. Er braucht das entsprechende Hinterland. Das bedeutet, dass das Referat Petitionsdienst uns unterstützt hat. Das bedeutet auch, dass die Ministerien uns in Form der Stellungnahmen unterstützt haben, die von dort gekommen sind. Deshalb möchte ich insbesondere Frau Nolting und ihrem Team des Referates Petitionsdienst für die gute Arbeit und Unterstützung danken. Gern weite ich meinen Dank auf meine Ausschusskolleginnen und -kollegen aus sowie auf alle Mitarbeiter der Ministerien, die uns in Form der Stellungnahmen unterstützt haben.
Die Petitionsarbeit ist sehr umfangreich. Wer im Petitionsausschuss arbeitet oder gearbeitet hat, weiß, wovon ich spreche. Das drückt sich nicht nur in der absoluten
Zahl von 676 Petitionen im Jahr 2008 aus, sondern auch in der Sorgfalt, mit der wir versucht haben, den Anliegen der Bürgerinnen und Bürgern gerecht zu werden. Dies wollen wir auch in Zukunft weiterhin tun.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir besprechen heute zum letzten Mal in dieser Legislatur einen Jahresbericht des Petitionsausschusses. Ich möchte das zum Anlass nehmen, einen kurzen Rückblick zu halten.
Während im Jahr 2005 840 Petitionen vorlagen, schnellte diese Zahl im Jahr 2006 mit 926 Petitionen nach oben, sank im Jahr 2007 auf einen Tiefstand von 621 und hat sich im vergangenen Jahr 2008 wieder leicht erholt auf einen Stand von 676 Petitionen bei insgesamt 1 033 eingegangenen Schreiben. Anders gesagt, der Petitionsausschuss hatte in den letzten Jahren entweder viel oder sehr viel zu tun.
Aber – das konnte ich bislang in jeder Rede zu einem Jahresbericht aussagen, und ich möchte mich hier gern wiederholen – im Petitionsausschuss werden parteipolitische und ideologische Grenzen weitgehend zurückgestellt, um im Interesse der Bürger zu arbeiten und zu entscheiden. Frau Simon als Ausschussvorsitzende hatte an dieser konstruktiven Arbeitsatmosphäre einen entscheidenden Anteil. Deshalb mein herzliches Dankeschön und ganz privat alle guten Wünsche für Ihre Zukunft.