Protocol of the Session on May 14, 2009

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Jürgen Martens, FDP)

Ich möchte aber auch noch einmal auf meinen Vorredner eingehen. Herr Bandmann, das ist schon immer das Problem, dass wir hier im Landtag eine Debatte haben, wo sich die NPD schnell zurücklehnen kann und beobachtet, wie sich der Kampf von ihr weg wendet und in eine andere Richtung geht. Wir müssen aufpassen, dass wir durch die Frage der Gleichsetzung nicht relativieren.

Ich hatte am Anfang gesagt, wir wissen, wofür wir stehen. Wir wissen, wofür wir kämpfen: für Demokratie, für unsere Grundüberzeugung und für die Einhaltung des Grundgesetzes. Deshalb müssen wir aufpassen, dass wir nicht in eine Relativierung kommen und damit in eine Verharmlosung.

(Beifall der Abg. Stefan Brangs, SPD, und Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Denn dann müssten Sie auch konsequenterweise jede Zusammenarbeit mit der Linken, die Sie vor Ort ja betreiben, aufgeben. Ansonsten sind Sie selbst jemand, der den Weg zu politischem Extremismus mit befördert. Den Vorwurf wollen Sie sich doch bestimmt nicht machen lassen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Klaus Bartl, Linksfraktion)

Dann seien Sie bitte auch konsequent. Deshalb bitte ich darum, diesen Grundkonsens, den wir in unserer Demokratie haben, nicht zu verlassen, politischen Extremismus – egal von welcher Seite – dadurch zu bekämpfen, dass wir die Demokratie stärken und das Grundgesetz einhalten, aber auch keine Verharmlosung der tatsächlichen Gefahr hier in Sachsen begehen. Die Gefahr sitzt dort.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Ich erteile das Wort der Linksfraktion; Frau Köditz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Null Toleranz gegenüber Extremismus“ fordern CDU und SPD in der heutigen Aktuellen Debatte.

„Null Toleranz“ – dem stimmen wir ausdrücklich zu. „Null Toleranz“ gegenüber Fremdenfeindlichkeit in Sachsen und anderswo; „null Toleranz“ zum Rassismus und zum Antisemitismus; „null Toleranz“ gegenüber der

Leugnung geschichtlicher Fakten und gegenüber der Verherrlichung des NS-Regimes.

(Beifall bei der Linksfraktion – Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Benennen wir die Probleme konkret, mit denen wir es in Sachsen zu tun haben. Am 1. Mai marschierten 500 Nazis durch Freiberg und skandierten „Nationaler Sozialismus jetzt!“. Ist das keine Verherrlichung des NS-Regimes?

In Sprechchören hieß es: „Wer hat uns verraten? – Die Demokraten!“ Ist das keine Verächtlichmachung des demokratischen Verfassungsstaates?

Der sogenannte Extremismusbeauftragte des Kreises erfuhr erst nachträglich aus der Presse von diesem Aufmarsch. Der Ordnungsdezernent sah keinen Grund für ein Verbot. Sieht so „null Toleranz“ aus? Eine Gegenaktion wurde wegen Polizeinotstandes untersagt.

Die NPD tritt in über 100 sächsischen Kommunen zur Wahl an. Über ihre völkische Ideologie, ihre Politik der Ausgrenzung, über ihre Menschenverachtung, ihren Rassismus und Antisemitismus brauche ich hier nichts zu sagen. Wir erleben es gerade live.

Wenn aber der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, der von Amts wegen eigentlich für „null Toleranz gegen Extremismus“ sein sollte, vom Landrat des Vogtlandkreises gebeten wird, vor dem Kreistag zu diesem Thema zu sprechen, dann zieht er sich hinter das Neutralitätsgebot zurück und sagt ab. Sieht so „null Toleranz“ aus?

Der „Verein für Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ ist im vergangenen Jahr durch den Bundesinnenminister verboten worden. Der langjährige Vorsitzende dieses Vereins, der Schweizer Bernhard Schaub, führt regelmäßig Schulungswochenenden in der Gedächtnisstätte in Borna durch – ein einschlägig verurteilter Holocaust-Leugner. Was wird er wohl erzählen, wenn er zum Thema „Weltanschauliche Grundlagen“ referiert?

(Zuruf von der NPD: Sie können ja mal hingehen!)

Ich bezweifle, dass sich seine Ausführungen stark von dem unterscheiden werden, was er bei der HolocaustLeugner-Konferenz in Teheran von sich gegeben hat.

So etwas findet Monat für Monat in Borna statt, unbehelligt und unkommentiert. Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Sieht so „null Toleranz“ aus?

Das sind nur einige Beispiele aus jüngster Zeit, über die wir aus Sicht der Linken dringend reden müssten. Wir brauchen keine allgemeine Debatte zum Extremismus, in der sich CDU und SPD als demokratische Mitte stilisieren. Wenn es Ihnen wirklich darum ginge, die Demokratie zu demokratisieren, dann hätten Sie uns als sichere Verbündete. Dass Sie stattdessen im obrigkeitsstaatlichen Denken verfangen sind, haben wir gestern und heute bereits erlebt.

Zwar erstaunt mich bei der sächsischen SPD nicht mehr sehr viel, aber ein wenig verwunderlich ist es schon, dass sie auch in diesem Fall die Wortwahl der CDU mitträgt. Gott sei Dank ist sie vor Ort in den Kommunen häufig problembewusster. Dort arbeitet sie in Bündnissen mit, die sich „Gegen Rassismus“, „Gegen Rechtsextremismus“ nennen.

Es ist jetzt über DIE LINKE und Gewalt geredet worden. Zeigen Sie mir bitte die Stellen in unseren Dokumenten, wo DIE LINKE Gewalt befürwortet oder sogar fordert. Sie werden das nicht finden. Für DIE LINKE ist Gewalt nie ein Konfliktlösungsmittel,

(Beifall bei der Linksfraktion – Lachen des Abg. Holger Apfel, NPD)

weder im Kleinen, wie bei der häuslichen Gewalt, noch im Großen, wo gerade wir es sind, die immer wieder auf friedliche Konfliktlösungen drängen.

(Beifall bei der Linksfraktion – Lachen bei der NPD)

Schuldzuweisungen sind natürlich bequem.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Analysen wären allerdings sinnvoller. Eindimensionales Denken wie vorhin von Herrn Bandmann hilft uns wenig weiter.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: So ist es!)

Sie waren doch selbst anwesend, Herr Bandmann. Hier im Landtag haben wir alljährlich Diskussionen über Demonstrationen, über Gewalt, über verfehlte Polizeistrategien geführt. Übrigens, da Sie den 13. und 14. Februar noch einmal angesprochen haben: Es gibt auch verletzte Polizisten, bei denen Fremdeinwirkung ausgeschlossen ist. Auch denen wünscht DIE LINKE gute Besserung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Bitte zum Schluss kommen.

Wir vertreten den Standpunkt, dass wir die Gefahr für die Demokratie beim Namen nennen sollten. Man sollte Nazis Nazis nennen, Rassisten Rassisten,

(Zuruf des Abg. Holger Apfel, NPD)

Antisemiten Antisemiten und nicht einfach Extremisten. Denn wer die Dinge nicht beim richtigen Namen nennt, – –

Frau Köditz, bitte zum Schluss kommen!

– der findet auch keine wirksame Lösung.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich erteile das Wort der Fraktion der NPD; Herr Apfel, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Null Toleranz gegenüber Extremismus“ heißt das staatstragende Thema dieser Debatte. Ich möchte deshalb die beiden wichtigsten Extremismusvorfälle der ersten Monate dieses Jahres aus der Sicht der NPD schildern.

Den Auftakt bildeten am 13. Februar gleich drei Veranstaltungen. Die Kranzniederlegung auf dem Heidefriedhof und der Trauermarsch nationaler Aktivisten am 13. Februar verliefen nach Polizeiangaben störungsfrei. Bei der Kundgebung der antifaschistischen Krawallinitiative gegen Geschichtsrevisionismus ist es hingegen vor der Altmarktgalerie zu Verstößen gegen die Auflagen der Versammlungsbehörde und zu Angriffen gegen Polizeibeamte gekommen.

(Zurufe von der Linksfraktion)

Außerdem sei die Versammlungsleiterin den Aufforderungen der Versammlungsbehörde nur unzureichend nachgekommen.

Doch dieser Abend sollte nur dem Warmlaufen des auch von der Union protegierten autonomen Gesindels dienen.

(Widerspruch bei der Linksfraktion)

Am 14. Februar versammelten sich zu dem Trauermarsch „Gedenken an die Bombardierung Dresdens“, der mit Abstand größten Veranstaltung des Tages, nach Polizeiangaben über 6 000 Teilnehmer, darunter 300 potenziell als gewaltbereit Eingestufte, also 5 %. Nach Angaben der Polizei bestanden die einzigen Störungen allerdings darin, dass einige Teilnehmer eine andere Richtung hätten einschlagen wollen.

Nicht nur eine andere Richtung, sondern vor allem Einsatzfahrzeuge der Polizei einschlagen wollten hingegen die Extremisten der linksautonomen Gegendemonstration „No pasaran – Kein Ort für die Verdrehung der Geschichte, kein Fußbreit den Faschisten“. Von den über 3 000 Teilnehmern dieser Demo, die als einziges Ziel die Verhöhnung deutscher Opfer zum Ziel hatte, wurden 1 500, also 42 %, von der Polizei als potenziell gewaltbereit eingeschätzt. Über 500 Personen, also über 14 %, setzten tatsächlich Gewalt ein. Mehr als 2 000 Menschen erhielten Platzverweise.