Protocol of the Session on May 13, 2009

Lasst uns von den Ländern lernen, die bestimmte Dinge besser machen als wir!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Drei gewichtige Argumente sprechen für unseren Gesetzentwurf. Mit Unverständnis und großem Bedauern habe ich deshalb die Ergebnisse und Ereignisse der Vorberatungen zum Gesetzentwurf im Innenausschuss am 30. April 2009 zur Kenntnis genommen. Mich hat dabei nicht so sehr die ablehnende Haltung der regierungstragenden Fraktionen CDU und SPD überrascht, sondern mich hat erstaunt, dass sich allein die Linksfraktion für eine Begrenzung der Abgabenbelastung der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen einsetzt. Der Beschlussempfehlung können Sie entnehmen, dass nur die Mitglieder unserer Fraktion dem Gesetzentwurf zugestimmt haben.

Selbst dem Änderungsantrag, der ausschließlich redaktionelle Hinweise aus den Sachverständigenanhörungen sowie des Juristischen Dienstes aufgegriffen hat, wurde die Zustimmung verweigert. Ich frage Sie: Wie wollen Sie das den von Abgaben überlasteten Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen erklären?

Vorsorglich möchte ich an dieser Stelle auf die von Kollegen Bandmann im Ausschuss formulierten Vorwürfe eingehen. Er wird sie sicherlich in seiner unnachahmlichen Art im Anschluss selbst noch einmal darstellen. Es

ist das Lieblingsargument der CDU: Wenn CDUler nicht bereit oder in der Lage sind, sich mit anderen Meinungen auseinanderzusetzen, dann kommt immer dasselbe Lied: Die DDR und die SED sind immer und an allem, also auch an der heutigen Misere der Zweckverbände, schuld.

(Zuruf des Abg. Heinz Lehmann, CDU)

Diese Argumente 19 Jahre nach der Wende sind meines Erachtens nur lächerlich und langweilig.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Eines möchte ich rückblickend noch feststellen. Eine der Ursachen für die millionenfache Verschwendung von Steuergeldern und Geldern der Bürger stellte die gegen jeden fachlichen Rat ausschließlich aus ideologischen Gründen vorgenommene Zerschlagung der WABStrukturen dar.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Dr. Metz – wäre er jetzt im Saal – würde mir darin sicherlich recht geben.

Ich möchte in diesem Zusammenhang einige seit Jahren bekannte Beispiele für Nachwendefehlplanungen nennen. Neben der Spielwiese des Ministerpräsidenten a. D. Biedenkopf und seiner Seilschaften, dem Abwasserzweckverband Beilrode-Arzberg, sind das die Zweckverbände „Obere Spree“, „Landwasser“ oder „Gemeinschaftskläranlage Meißen“.

(Uta Windisch, CDU: Lassen Sie sich doch mal eine andere Rede schreiben!)

Ich schreibe meine Reden selbst, liebe Kollegin.

Allen Beispielen ist eines gemeinsam, und zwar, dass überdimensionierte Abwasserentsorgungssysteme geplant und gebaut wurden, die heute und künftig so nicht gebraucht werden, aber bezahlt werden müssen. Bis heute ist kein Konzept erkennbar, wie mit dieser Situation umgegangen werden soll, dass immer weniger Menschen immer mehr bezahlen müssen. Der Frage nach den ständig steigenden Kosten für die Bürgerinnen und Bürger muss sich dieses Hohe Haus endlich stellen. Unser Gesetzentwurf kann eine erste Antwort darauf sein, wenn Sie ihm heute Ihre Zustimmung geben.

(Vereinzelt Beifall bei der Linksfraktion)

Als Begründung höre ich schon den Aufschrei, der immer ertönt, wenn unliebsame politische Projekte abgewimmelt werden sollen: Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld?

(Zurufe der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Frau Weihnert, sagen Sie es doch hier vorn. Uns interessiert das alle, was Sie zu sagen haben.

Selbstverständlich kostet ein grundsätzliches Umsteuern in der Abgabenpolitik Geld. Dieses Geld soll dazu dienen, die Gemeinden und weitere Aufgabenträger dabei zu unterstützen, ihre Konzeption der öffentlichen Daseins

vorsorge zu überarbeiten und mittelfristig zukunftssicher umzugestalten.

Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Ergebnisse der Enquete-Kommission „Demografische Entwicklung“. Wir haben für die Umsetzung unseres Gesetzentwurfs insgesamt 250 Millionen Euro veranschlagt. Diese Summe wird in unserem alternativen Haushalt finanziert und nachgewiesen.

Meine Damen und Herren! Der Freistaat Sachsen, der hat so viel Geld, der kann das bezahlen. Ich denke dabei an die Rückstellung von mittlerweile über einer Milliarde Euro. Diese Mittel kommen aber nicht den sächsischen Bürgerinnen und Bürgern bzw. den Unternehmen zu gute, nein, sie dienen einzig und allein der Abfinanzierung der durch die CDU-Regierung zu verantwortenden Landesbankpleite.

(Zuruf von der CDU: Oh Gott!)

Meine Damen und Herren! Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht alle von uns vorgesehenen Änderungen mit Kosten verbunden sind. Dazu gehören Öffentlichkeit und Mitspracherecht, die in unserem Gesetzwurf festgeschrieben sind. Dazu gehört aber noch ein weiterer Punkt. Wir sehen im neuen § 20 Abs. 5 des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes vor, die Höhe der in der Gebührenkalkulation anzusetzenden kalkulatorischen Zinsen zu begrenzen. Als Höchstgrenze sollten die vom Aufgabenträger tatsächlich gezahlten Kreditzinsen gelten. Bislang können kalkulatorische Zinsen in der Größenordnung von bis zu 6 % in die Gebühren einfließen. Wenn man bedenkt, dass Kommunen momentan Kredite zu einem Zins von unter 3 % erhalten, kann man den großen Entlastungsanteil bei den Zinsen erkennen. Dieser Entlastung der Gebührenzahler steht keine Belastung der Aufgabenträger gegenüber.

Wie Sie wissen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wurde unser KommunalabgabenBegrenzungsGesetz Anfang September vergangenen Jahres innerhalb einer Sachverständigenanhörung kritisch unter die Lupe genommen. Bei allen unterschiedlichen Auffassungen über unsere konkreten Vorschläge wurde jedoch die Grundsatzfrage von den Fachleuten insgesamt positiv beantwortet. Den entsprechenden politischen Willen im Landtag vorausgesetzt, sind die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen geeignet, die Belastung der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen aus Abgaben nachhaltig zu begrenzen sowie gleichzeitig den Aufgabenträgern die notwendigen finanziellen Spielräume zu eröffnen, um auf Dauer qualitativ gut zu wirtschaften.

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, erwarte ich eine interessante Diskussion, konstruktive Beiträge und vor allem im Sinne der Abgabenzahler ein positives Votum bei der Abstimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die CDUFraktion; Herr Abg. Bandmann, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die umfangreiche Kritik, die Kollegin Weihnert und ich bereits zum Entwurf eines sogenannten Kommunalabgabenentlastungsgesetzes in der 3. Wahlperiode am 18. Januar 2001 vorgetragen haben, hat nichts an Aktualität im Hinblick auf diesen neuen Versuch der Linken zur Anpassung der kommunalrechtlichen Regelungen verloren. Dieser erneute Versuch, uns kurz vor den Wahlen das Thema wieder unterzuschieben, ist ebenso untauglich. Ich werde mich heute mit den Konsequenzen einiger Regelungen auseinandersetzen und die umfassende Kritik der Sachverständigen in der Anhörung nicht wiederholen.

Die Erhebung von Abwasserbeiträgen im Freistaat Sachsen ist sehr weit fortgeschritten, oftmals im Wesentlichen sogar abgeschlossen. Nicht zuletzt die Novellierung des Sächsischen Kommunalabgabengesetzes am 5. Mai 2004 sowie die parallel ergangene Rechtsprechung der sächsischen Verwaltungsgerichte und des sächsischen Oberverwaltungsgerichtes haben dazu geführt, dass wir eine rechtssichere Rechtsanwendung im Interesse der Kommunen und der Abgabenpflichtigen haben.

Schon allein aus diesem Grund entbehren die vorgeschlagenen Änderungen zum derzeitigen Zeitpunkt jeglicher Grundlage. Sie würden die Rechtssicherheit für die Menschen infrage stellen. Der Gesetzentwurf ist aus dem vergangenen Jahr. Eine Auswertung der jüngsten Entscheidungen des Thüringer Verfassungsgerichtshofes vom 23. April 2009, also dieses Jahres, hätte sich gelohnt. Die Neuregelung im Bereich der Abwasserregelung in Thüringen hat der Thüringer Verfassungsgerichtshof für verfassungswidrig erklärt. Die Änderung der Grundlagen der Beitragserhebung mit dem Abstellen auf die bauliche Nutzung und die Beschränkung der Beitragserhebung auf eine bestimmte Grundstücksgröße verletzen die Gemeinden in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung. In der Änderung der Grundlage der Beitragserhebung sieht der Thüringer Verfassungsgerichtshof einen nicht gerechtfertigten Eingriff in das Recht der Gemeinden auf kommunale Selbstverwaltung.

Aber gerade dies ist ein wesentlicher Inhalt des hier vorliegenden Gesetzentwurfes. Das, was hier begehrt wird, hat vor Kurzem das Verfassungsgericht in Thüringen für unzulässig erklärt. Man bringt es dennoch heute wieder mit tränenreicher Rede ein und erklärt noch, das wären helle Sachsen. Ich kann nur sagen: Das ist mitnichten helle. Diese Änderungen führen bei den Kommunen im Ergebnis zu erheblichen Finanzierungsschwierigkeiten und Investitionshemmnissen.

(Beifall der Abg. Rita Henke und Heinz Lehmann, CDU)

Auch der Finanzierungsvorschlag von circa 250 Millionen Euro – wohlgemerkt aus dem Steuersäckel – halte ich für unseriös und für nicht nachvollziehbar. Auch dies ist das Geld der Bürger.

Sie behaupten zwar, das System der Kommunalabgabengesetze zu verstehen, doch beleuchtet man die einzelnen Regelungen, kommen erhebliche Zweifel auf. Beitrags- und Gebührenkalkulation sind ein geschlossenes, systematisch mehrstufig zu betrachtendes System. Die Abgabenerhebung setzt zunächst die Aufgabenerfüllung und die Ermittlung der damit verbundenen Kosten voraus, bevor die Kosten auf die abgabenpflichtigen Bürger verteilt werden.

Der Gesetzentwurf setzt überwiegend an dem letzten Schritt an, nämlich der Frage der Aufteilung der durch die Umsetzung der Aufgabe ermittelten finanziellen Belastung des Aufgabenträgers. Es geht also zwingend um die Frage der Aufteilung der Belastung zwischen den abgabenpflichtigen Bürgern.

Der Gesetzentwurf – das haben wir soeben gehört – verlangt einen Systemwechsel. Es soll nicht mehr auf die mögliche bauliche Nutzung, sondern auf die gegenwärtige, also die tatsächliche Nutzung abgestellt sowie die anzurechnende Grundstücksgröße gedeckelt werden. Das führt dazu, dass kleine und mittlere Grundstücke in der Verteilungsphase eine wesentlich höhere Belastung erfahren als die Eigentümer großer Grundstücke, die Sie mit dieser Regelung entlasten wollen. Wenn man sich das Verhältnis von großen zu kleinen und mittleren Grundstücken anschaut, dann stellt man fest, dass die Mehrheit der betroffenen Grundstückseigentümer in Sachsen kleine und mittlere Grundstücke besitzt.

DIE LINKE will also heute mit ihrem Gesetzentwurf, wie bereits im Innenausschuss, die Mehrzahl der Eigentümer verstärkt zugunsten von Eigentümern von großen Grundstücken zur Kasse bitten. Ein Abwälzen der Ausfälle auf die Aufgabenträger, also die Gemeinden und Zweckverbände, die durch das Abstellen auf die Nutzungsmöglichkeiten bzw. die Kappung der Grundstücksgröße entstehen, wäre verfassungswidrig. Dies lässt sich der Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes eindeutig entnehmen.

(Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Beim Belastungsverzeichnis, das Sie fordern, frage ich mich natürlich, zu welchem verwertbaren Ergebnis das führen soll. Sie behaupten hier, dieser Gesetzentwurf würde zu weniger Bürokratie führen. Das haben Sie soeben hier so verkauft. Aber das Gegenteil ist richtig: viel Bürokratie allein mit diesem Belastungsverzeichnis, das nichts bringt. Sie haben hier so viele individuelle Faktoren, Einflüsse – zum Beispiel die Größe des Grundstücks, persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse, die unterschiedlichen Entgelte, die auf die Bürgerinnen und Bürger einer Kommune zukommen, sei es durch Strom, Telekommunikationskosten, Straßenreinigung, Müllgebühren, Nahverkehrskosten bzw. Kosten für die Pkw- und Fahrradbenutzung –, sodass eine Vergleichbarkeit der Belastung keine sinnvolle Schlussfolgerung zulässt.

Im Übrigen sagt allein ein Abgabensatz – jetzt sind wir wieder bei der Unkenntnis des Sächsischen Kommunal

abgabengesetzes – überhaupt nichts über die konkrete Belastung aus. Es kommt darauf an, woraus sich der konkrete Beitrag für ein Grundstück ergibt, also aus Größe, Abgabensatz, Nutzungsfaktor und dessen Staffelung.

Wie es die Koalition schon immer vertreten hat, sind Information und Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger, die von einer Abgabenerhebung betroffen sind, zu betonen, und dieses ist von uns in der Gemeindeordnung verankert.

Sie müssen diese Gemeindeordnung einfach einmal lesen, dann können Sie auch lesen, dass dies bereits dort so festgehalten ist. Die Anhörung der Praktiker hat gezeigt, dass gerade in Kommunen bzw. in Gebieten von Zweckverbänden, in denen der Aufgabenträger seine Informationspflicht sehr ernst nimmt, zumindest Akzeptanz des Systems der Abgabenerhebung besteht. Je mehr von den vorhandenen Rechtsgrundlagen, etwa § 11 Abs. 2 der Sächsischen Gemeindeordnung, frühzeitig Gebrauch gemacht wird, umso weniger Widersprüche und Klagen gibt es. Insofern brauchen wir nicht neue Regelungen, sondern die sachgerechte Anwendung bereits vorhandener Regelungen. Das muss sich über die Stadt- und Gemeinderäte aller Fraktionen hinweg durchsetzen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, an dieser Stelle kann man in der Tat einen Schlussstrich ziehen. Es gelingt der Linken nicht, trotz der recht hochtrabend klingenden Worte in der Begründung, das in sich geschlossene System der Gebühren- und Beitragskalkulation so zu verändern, dass am Ende das Funktionieren noch sachgerecht gewährleistet ist und es nicht zu einer Ungleichbehandlung zulasten der kleinen Leute kommt. Wir wollen nicht wie DIE LINKE, dass die kleinen Leute für die großen Eigentümer mitbezahlen. Eigentlich muss DIE LINKE darüber froh sein, dass dieser Gesetzentwurf durch die Koalition abgelehnt wird. Es zeigt sich aber, wessen Geistes DIE LINKE in der Tat ist.

(Empörung bei der Linksfraktion)

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Die NPDFraktion, bitte. Es gibt immer einen Koalitionsredner, und damit fällt ein Redner weg.