Protocol of the Session on May 13, 2009

Herr Dr. Martens, FDP-Fraktion; bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte es auch bei diesem Entwurf kurz machen. Von meinen Vorrednern ist bereits vieles dazu gesagt worden, wo die Mängel dieses Gesetzentwurfes liegen. Die FDP kann aus diesen Gründen dem Gesetzentwurf nicht zustimmen. – Im Übrigen werde ich auch zu diesem Punkt meine Rede zu Protokoll geben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Enrico Bräunig, SPD)

Wird von den Fraktionen weiterhin das Wort gewünscht? – Dies ist nicht der Fall. Herr Staatsminister Dr. Buttolo, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Redebeitrag ist inhaltlich deckungsgleich mit dem Beitrag der Koalition. Aus diesem Grund erlaube ich mir, ihn zu Protokoll zu geben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Stefan Brangs, SPD)

Meine Damen und Herren! Damit können wir bereits wieder zur Abstim

mung schreiten. Der soeben diskutierte Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE ist zur Abstimmung aufgerufen. Ich beginne mit der Überschrift. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Wenige Stimmenthaltungen und eine Reihe von Stimmen dafür, damit wurde die Überschrift mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 1 auf, Änderung der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier gab es wiederum einige Stimmenthaltungen und eine Reihe von Stimmen dafür, dennoch wurde Artikel 1 mit Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 2 auf, Änderung der Landkreisordnung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wieder gleiches Abstimmungsverhalten und damit abgelehnt.

Ich rufe Artikel 3 auf, Inkrafttreten. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Auch hier wiederum gleiches Abstimmungsverhalten. Artikel 3 wurde abgelehnt. Damit sind alle Bestimmungen abgelehnt worden und wir können uns weitere Abstimmungen ersparen.

Erklärungen zu Protokoll

Der vorliegende Gesetzentwurf lässt sich kurz zusammenfassen: Gut gemeint – aber leider schlecht gemacht. Ein Beispiel: Bisher können laut Gemeindeordnung 10 % der Einwohner über 16 Jahre eine Einwohnerversammlung beantragen. Die Gemeinde kann dieses Quorum per Satzung sogar auf 5 % absenken. Nach dem Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollen nunmehr absolute Zahlen in der Gemeindeordnung verankert werden. In Gemeinden bis 20 000 Einwohner müssen mindestens 200 Bürger ihre Unterschrift zur Durchführung einer Bürgerversammlung leisten. Dies hat in kleinen Gemeinden zur Folge, dass das Quorum zur Einleitung einer Einwohnerversammlung steigt.

In einer Gemeinde mit 1 000 Einwohnern können bisher mindestens 50 Einwohner eine Einwohnerversammlung beantragen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf wären 200 Unterschriften notwendig. Dies entspricht meines Erachtens nicht dem Ziel des Gesetzentwurfes – der Stärkung der kommunalen Demokratie. Ein weiteres Problem sehe ich in der Neufassung des § 22 der Gemeindeordnung des Freistaates Sachsen. Laut Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kann der Gemeinderat durch Satzung den Bürgern das Recht

einräumen, ein Bürgerbeteiligungsverfahren einzuleiten. Das heißt, erlässt der Gemeinderat keine entsprechende Satzung, so gibt es in der Gemeinde kein Bürgerbeteiligungsverfahren. Auch dies ist ein Rückschritt gegenüber den bestehenden Rechten. Bisher ist eine Einwohnerversammlung anzuberaumen, wenn dies von 10 % der Einwohner beantragt wird.

Noch ein Punkt: Nach der geltenden Gemeindeordnung können alle Einwohner, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, eine Einwohnerversammlung beantragen. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen dies alle Bürger können. Ein kleiner, aber feiner Unterschied, denn: Bürger der Gemeinde ist man, wenn man das 18. Lebensjahr vollendet hat. Das heißt, der Personenkreis der 16- bis 18-Jährigen könnte nach dem vorliegenden Gesetzentwurf plötzlich keine Bürgerversammlung mehr beantragen. Ich weiß natürlich, dass es in dieser Legislaturperiode schon Gesetzentwürfe der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Absenkung des Wahlalters gab, aber hier ist Ihnen leider ein Fehler unterlaufen.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Möglichkeiten der Einwohnerversammlung und des Einwohnerantrages wenig genutzt werden. Seit 2003 gab es gerade einmal 48 Einwohnerversammlungen und vier Einwohneranträge

in ganz Sachsen. Wir sehen daher durchaus Handlungsbedarf, die Vorschriften für die Einwohnerbeteiligung zu vereinfachen. Der vorliegende Gesetzentwurf ist dafür aber ungeeignet. Wir werden uns deshalb der Stimme enthalten.

Die mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Einführung von Bürgerbeteiligungsverfahren stellt eine Ergänzung im Bereich bürgerschaftlicher Mitwirkung dar, welche mit dem Bürgerinformationsverfahren und dem Bürgerempfehlungsverfahren zu einer erheblich stärkeren Regulierung gegenüber den bisherigen Vorschriften führt.

Die Bestimmung, dass nach Einleitung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens die Gemeinde bzw. der Landkreis innerhalb von vier Monaten keine Entscheidung in der im Antrag bezeichneten Angelegenheit mehr treffen darf, stellt zudem einen erheblichen Eingriff in die verfassungsrechtlich gebotenen kommunalen Handlungs- und Gestaltungsspielräume dar und würde in der Umsetzung zu einer Verzögerung wichtiger Entscheidungsprozesse führen.

Angesichts der für die Einleitung eines Bürgerbeteiligungsverfahrens erforderlichen Voraussetzungen wäre es daher beispielsweise möglich, dass in einer kreisfreien Stadt ein Antrag von 200 bis 1 500 Berechtigten auf Durchführung eines Bürgerinformationsverfahrens eine Sachentscheidung im Stadtrat oder in der Verwaltung über vier Monate verzögern könnte.

Da es zudem an einer Sperrklausel fehlt, nach der – wie beispielsweise bei Einwohnerversammlungen in § 22 Abs. 3 der Sächsischen Gemeindeordnung bestimmt – in derselben Angelegenheit innerhalb einer bestimmten Frist nur unter bestimmten, engen Voraussetzungen ein neues Verfahren eingeleitet werden kann, würde durch die Einleitung verschiedener, zeitlich nachfolgender Verfahren eine Entscheidung in der Sache über Jahre verzögert werden können. Die von der Antragstellerin vorgeschlagene Ausnahmeregelung für unaufschiebbare Entschei

dungen ist gemäß § 52 Abs. 3 der Sächsischen Gemeindeordnung bzw. § 48 Abs. 3 der Sächsischen Landkreisordnung nur unter engen Voraussetzungen möglich, die im Regelfall nicht vorliegen.

Unabhängig davon möchte ich darauf hinweisen, dass die mit dem Gesetzentwurf geplante Regelung auch einen deutlichen Rückschritt im Hinblick auf die Rechtsstellung der Einwohner darstellt. Denn mitwirkungsberechtigt sind an den Bürgerbeteiligungsverfahren lediglich Bürger, nicht jedoch Einwohner der Gemeinde bzw. des Landkreises.

Die bisherigen Teilhaberechte der Einwohner wie Einwohnerantrag und Einwohnerversammlung würden ersatzlos entfallen.

Der Gesetzentwurf ist aus Sicht der Staatsregierung aber auch deswegen abzulehnen, weil es das verfassungsrechtliche Leitbild einer repräsentativen Demokratie erfordert, auch auf der kommunalen Ebene die politischen Sachentscheidungen im Regelfall den gewählten Volksvertretungen vorzubehalten. Mitwirkungsrechte der Einwohner und Bürger können dieses Leitbild nur ergänzen, jedoch nicht ersetzen.

Im Ergebnis erscheint es mir wichtiger, in unserer Bevölkerung das Wissen um die bereits bestehenden bürgerschaftlichen Mitwirkungsmöglichkeiten zu stärken, statt sie in der vom Gesetzentwurf geplanten Weise mit einer noch höheren Regelungsdichte zu erweitern.

Insgesamt würde das in den Kommunalordnungen bestehende ausgewogene Verhältnis zwischen den Elementen unmittelbarer und mittelbarer Demokratie zerstört.

Lassen Sie mich noch hervorheben, dass auch die beiden kommunalen Landesverbände den Gesetzentwurf in der Anhörung daher mit überzeugenden Argumenten abgelehnt haben.

Meine Damen und Herren! Ich schließe damit diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf

Tagesordnungspunkt 10

2. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Anpassung der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen für eine gerechte und nachhaltige Begrenzung der Belastungen der Bürger in Sachsen mit kommunalen Abgaben (Sächsisches KommunalabgabenBegrenzungsGesetz – SächsKABegrenzG)

Drucksache 4/11383, Gesetzentwurf der Linksfraktion

Drucksache 4/15376, Beschlussempfehlung des Innenausschusses

Auch hierzu ist eine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es beginnt die Linksfraktion, es folgen CDU, SPD, NPD, FDP und GRÜNE. Frau Abg. Roth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute steht ein Gesetzentwurf zur

Abstimmung, welcher sich bereits seit über einem Jahr im parlamentarischen Verfahren befindet. Meine Fraktion hat diese Zeit intensiv genutzt, um mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern, mit Unternehmen, Gemeinden

und Zweckverbänden über dieses Gesetz und seine Wirkungen zu sprechen.

Im Ergebnis kann ich sagen: Das Sächsische KommunalabgabenBegrenzungsGesetz wird von den Betroffenen sehr begrüßt und unterstützt. Ich möchte dafür drei Gründe nennen.

(Stefan Brangs, SPD: Die wissen nicht, was sich dahinter verbirgt!)

Erstens. Mit dem Gesetzentwurf der Linksfraktion wird ein Umsteuern in der Abgabenpolitik eingeleitet. Ziel unserer Gesetzesinitiative ist das dringend notwendige Umsteuern in der Abgabenpolitik des Freistaates Sachsen – weg von der Philosophie des vermeintlichen permanenten Wachstums und des ständig steigenden Flächenverbrauches, hin zu einer an den tatsächlichen Bedürfnissen sowie am technologischen Fortschritt und den umweltpolitischen Notwendigkeiten orientierten Entwicklung. Außerdem verlassen wir mit unserem Gesetzentwurf den sächsischen Sonderweg bei der Beitragserhebung. Nur so kann endlich die Ungleichbehandlung der Abgabenpflichtigen bei der Refinanzierung der Anlagen abgeschafft werden.

Zweitens. Mit dem Gesetzentwurf der Linksfraktion werden bürger- und umweltfreundliche, demokratische und bürokratieabbauende Inhalte festgeschrieben. Da ich in meiner Einbringungsrede zum Gesetzentwurf die Inhalte detailliert aufgeführt habe, werde ich mich heute auf die Kernsätze konzentrieren.

a) Wir stärken die Beteiligungs- und Informationsrechte der Einwohnerinnen und Einwohner durch die strikte Umsetzung des Öffentlichkeitsprinzips, die Einführung eines umfassenden Einsichtsrechtes in alle für die Abgabenerhebung relevanten Unterlagen, die verbindliche Einführung eines Verzeichnisses aller Belastungen aus Gebühren, Beiträgen, Steuern und sonstigen Entgelten, die in den Kommunen von den Bürgern zu zahlen sind, die Rückholung der Entscheidungen über Entgelte für Abgaben, die von Privaten erledigt werden, wie zum Beispiel die Stadtwerke, in den Stadt- oder Gemeinderat und die Bildung von Beiräten Kommunalabgaben als Beratungsgremien.

b) Wir setzen ein deutliches Signal des Umsteuerns in der Beitragspolitik durch die Abschaffung der Beiträge für den Straßenausbau, die Abschaffung der Wasserversorgungsbeiträge und die Einführung der tatsächlichen Nutzung als Berechnungsbasis der Abwasserbeiträge.

c) Wir sorgen für eine nachhaltige Entlastung der Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen von Kommunalabgaben durch die Abschaffung der sogenannten Wiederbeschaffungszeitwerte als Basis für die Kalkulation der Beiträge und Gebühren. Wir sorgen für die Beseitigung der Doppelfinanzierung von Investitionen durch Abschreibungen und Beiträge, indem wir die Abschreibungsbasis um die eingenommenen Beiträge kürzen. Wir wollen die Begrenzung der abzusetzenden kalkulatorischen Zinsen, die Bemessung des Vorteils einer Erschlie

ßung auf der Basis der tatsächlichen Nutzung, die Festlegung einer Beitragsobergrenze und die zinslose Stundung der Beitragspflicht für Kleingärtner.

d) Wir leisten einen deutlichen Beitrag zum Bürokratieabbau durch einen exakt definierten Zugang der Beitragspflichtigen auf zinslose Stundung, wenn wirtschaftliche Härtefälle vorliegen. Wir wollen die gesetzliche Klarstellung, auf die Erhebung von Abgaben verzichten zu können, wenn deren Erhebung für die Kommune zu hohe Kosten verursacht, und wir wollen die Ersetzung des bisherigen komplizierten und damit rechtsunsicheren Verfahrens der Beitragskalkulation durch den kommunalen Investitionsaufwand.

Der dritte Grund. Mit dem Gesetz der Linksfraktion eifern wir als helle Sachsen den klugen und innovativen Praktiken nach, die in anderen Bundesländern erfolgreich angewendet werden. In Baden-Württemberg, meine Damen und Herren, gibt es keine Straßenausbaubeiträge. Im Freistaat Thüringen werden keine Trinkwasserbeiträge erhoben. In Schleswig-Holstein sind die Abgabensatzungen zeitlich befristet. Im Freistaat Bayern nutzt man für die Gebühren- und Beitragskalkulation die Anschaffungs- und Herstellungskosten. Ferner werden im Freistaat Bayern übergroße Grundstücke bei der Beitragserhebung privilegiert. Auch im Freistaat Thüringen müssen die Abgabensatzungen genehmigt werden, und Verbraucherbeiräte binden die Einwohnerinnen und Einwohner in die Entscheidung ein. – So weit zu den Beispielen aus anderen Ländern. Hier liegt doch der Nutzen unseres föderalen Staatsaufbaus.

Lasst uns von den Ländern lernen, die bestimmte Dinge besser machen als wir!