Protocol of the Session on March 13, 2009

(Beifall des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Abschließend: Opposition ist Mist. Regieren ist ganz schön anstrengend. Vielleicht kann sich die CDU langsam einmal äußern, ob sie den Antrag jetzt stellen will oder nicht.

Herzlichen Dank.

(Beifall und Heiterkeit bei der SPD und den GRÜNEN)

Die NPD-Fraktion verzichtet. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Dr. Martens, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Datenschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ist in der Tat aktuell. Wir haben in diesem Haus in der vergangenen Legislaturperiode bereits öfter über Datenschutzprobleme gesprochen. Ein Datenskandal folgt dem anderen. Die Thematik verliert nicht an Brisanz. Allerdings muss man feststellen: Zählbare Ergebnisse im Bereich des Datenschutzes sind in der vergangenen Legislatur eher Mangelware.

Seit das Bundesverfassungsgericht mit dem Volkszählungsurteil das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung konkretisiert hat, muss man feststellen, dass der Datenschutz immer einen Schritt hinter der technischen

Entwicklung und der Anwendung technischer Regelungen und Möglichkeiten zurückgeblieben ist.

Galt zunächst noch der Staat als Hauptverursacher der Anhäufung großer Mengen von Daten – etwa bei der Vorratsdatenspeicherung und jetzt bei der OnlineDurchsuchung, beim biometrischen Pass oder der Erfassung von Kfz-Kennzeichen –, so kommen zunehmend die privaten Datensammler ins Visier und fallen auf. Und während Herr Schäuble als Ergebnis des Datenschutzgipfels die Zustimmungslösung, auf Neudeutsch „Opt in“, feiert, haben Oppositionsparteien, auch die FDP in diesem Landtag, schon im Zuge der Novellierung des Meldegesetzes gefordert, die Weitergabe von Adressen an gewerbliche Händler von der vorherigen Zustimmung der Betroffenen abhängig zu machen, meine Damen und Herren.

Nach dem letzten Stand soll wenigstens dieser Punkt in der verabschiedeten Kabinettslösung enthalten sein.

Arbeitnehmerdatenschutz wendet sich vor allen Dingen an die Datensammler auf der Arbeitgeberseite. Es ist in der Tat erschreckend, was in den letzten Jahren dort immer wieder festgestellt wurde. Als Datensammler sind die privaten Arbeitgeber in der Tat in ein sehr, sehr schlechtes Licht geraten. Die Deutsche Bahn oder Lidl sind nur herausragende Beispiele, wo unter dem vermeintlichen Deckmantel der Korruptionsbekämpfung Arbeitnehmer ausgespäht wurden, ohne jedes Maß, ohne jedes Verständnis von Verhältnismäßigkeit, ohne Beachtung von Rechtsschranken, die sich bereits aus allgemeinem Datenschutzrecht ergeben.

Die Aussage, Datenschutz sei Nebensache und wer nichts zu verbergen habe, habe auch nichts zu befürchten, ist genauso töricht wie schädlich. Meine Damen und Herren, es geht darum, ein Problembewusstsein für Datenschutz zu vermitteln. Einmal preisgegebene oder illegal erhobene Daten können nicht mehr zurückgeholt werden. Die Betroffenen wissen oft nicht einmal, was mit ihren Daten geschieht. Aber, meine Damen und Herren, das muss nicht nur den Bürgern, sondern auch den Arbeitgebern verdeutlicht werden. Es ist in der Tat erschreckend, wie gering das Verständnis seitens mancher Arbeitgeber für die berechtigten Belange des Datenschutzes ihrer Arbeitnehmer ausgeprägt ist. Es ist auch richtig, dass wir hier die Rechtslage den veränderten Umständen anpassen müssen, um einen effektiven Datenschutz gerade auch bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durchzusetzen.

Lassen Sie mich zum vorliegenden Antrag noch eines anmerken: Der Antrag enthält viele richtige Punkte. In manchen Punkten geht er allerdings auch weit über das Machbare hinaus, etwa bei Anzeigepflichten von Datenschutzbeauftragten in Betrieben gegenüber dem Datenschutzbeauftragten in Sachsen bei jeglichem Verstoß. Das geht zu weit.

Auch die Zeitschiene, die Sie hier vorsehen, ist einfach nicht machbar. Wer glaubt, dass ein Datenschutzgesetz für Arbeitnehmer noch in dieser Legislatur in Berlin verabschiedet werden kann, unterschätzt zum einen den Zeitbedarf, den ein Gesetz bereits unter normalen Umständen

braucht. Er unterschätzt vor allen Dingen auch den Zeitbedarf, den ein solches Gesetz unter den Bedingungen einer Großen Koalition erfordert.

(Beifall bei der FDP)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, kann ich Sie trösten: Wenn die FDP sowohl im Bund als auch hier in Sachsen Regierungsverantwortung übernimmt, wird das mit dem Datenschutz wesentlich schneller gehen, als es in den vergangenen Jahren der Fall war.

(Beifall bei der FDP)

Trotz dieser Mängel, die ich aufgezählt habe, wird die FDP diesem Antrag zustimmen. Es geht darum, ein politisches Signal zu setzen, dass dieser Arbeitnehmerdatenschutz auf die Tagesordnung gehört und dort zügig abgearbeitet werden muss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Gibt es seitens der Fraktionen noch Aussprachebedarf? – Wenn das nicht der Fall ist, dann Herr Staatsminister Jurk bitte für die Staatsregierung.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Blick auf die angespannte Miene des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPDLandtagsfraktion habe ich mich entschlossen, diese wirklich vorzügliche Rede hier zu Protokoll zu geben.

(Beifall bei der CDU)

Das soll aber nicht heißen, dass ich das Thema nicht ernst nehme, ganz im Gegenteil. Ich habe mich in der Vergangenheit bereits dazu geäußert.

Ich glaube, Frau Hermenau, es ist auch wichtig, eines zu sehen: Es geht dabei nicht nur um Datenschutz, sondern insbesondere auch um die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Das hat viel damit zu tun, wie vertrauensvoll wir in deutschen Unternehmen miteinander umgehen. Nur wer motiviert sein kann, wer spürt, dass ein Arbeitgeber die Motivation seiner Beschäftigten nicht dadurch untergräbt, dass er sie ausforscht, kann am Ende über einen Produktionserfolg froh sein. Ich glaube, das sollten wir immer wieder in Betracht ziehen. Das hat eben auch etwas mit dem Betriebsklima und mit dem Klima in unserer Gesellschaft zu tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP)

Es gibt noch die Möglichkeit zum Schlusswort. – Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Brangs, Ihre Intervention war ja mit eine der interessantesten, weil Sie wieder tiefe Einblicke in den Koalitionsalltag von Dresden und Berlin gegeben haben. Wir sind immer sehr dankbar, wenn wir das anlässlich einer Debatte mitbekommen. Allein deswegen hat es sich schon gelohnt.

Herr Krauß, ich habe gehört, dass Sie im Grunde genommen für ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz sind, habe aber nicht gehört, wie Sie sich bzw. die CDU zu den einzelnen Punkten stellen. Deshalb bin ich ein wenig betrübt, dass Sie sich nicht mehr Mühe gegeben haben. Ich glaube, Sie sind auch in der CDA engagiert. Das wäre eigentlich der Frage angemessen.

Herr Kollege Martens, uns sind natürlich die Lästigkeiten einer Großen Koalition – hier kann man nicht von einer „Großen“ reden – bekannt, aber wir denken schon angesichts dessen, dass beim Datenschutzgipfel im Bund dieses Thema offensichtlich nicht die erforderliche Rolle gespielt hat, dass es durchaus möglich ist zu versuchen, unsere geringen Mittel einzusetzen, um etwas mehr Druck zu machen.

Herr Kollege Jurk, bei allem Verständnis dafür, dass Sie jetzt zum Kollegen Müntefering wollen, hätte ich mir angesichts Ihrer öffentlichen Presseerklärung doch gewünscht, dass Sie Ihre Rede hier halten, damit man sich mit ihr auseinandersetzen kann. Aber wenn diese Debatte dazu beigetragen hat, dass wir alle feststellen konnten, dass wir einer Meinung sind, dann können wir getrost dem neuen Arbeitnehmerdatenschutzgesetz entgegensehen.

In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. – Eine schöne Feier!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor der Feier kommt die Abstimmung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich stelle nun die Drucksache 4/14827 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Eine Stimmenthaltung, eine große Anzahl von Stimmen dafür, dennoch ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt; damit also nicht beschlossen.

Erklärung zu Protokoll

In den vergangenen Monaten haben wir immer wieder von spektakulären Fällen gehört, in denen die Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auf

informationelle Selbstbestimmung mit Füßen getreten wurden.

Häppchenweise mussten namhafte deutsche Unternehmen zugeben, ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

systematisch ausspioniert zu haben. Vieles deutet darauf hin, dass diese spektakulären Fälle nur die Spitze des Eisberges darstellen.

Die neuen technischen Möglichkeiten der Erhebung, Speicherung und Auswertung von Daten erleichtern Verletzungen der informationellen Selbstbestimmung. Kontrollen sind heute in einem Ausmaß möglich wie niemals zuvor. Von Internet- und Handynutzern sind so viele Daten vorrätig, dass sie – ohne entsprechenden Datenschutz – schon heute faktisch gläserne Menschen sind.

Es ist davon auszugehen, dass es eine Reihe von Unternehmen gibt, die diesen „Versuchungen“ nicht widerstehen können und systematisch sensible Daten ihrer Beschäftigten erheben und nutzen, ohne dass sie den Betriebsrat oder die Belegschaft vorher darüber informieren.

Solche Praktiken sind allerdings rechtswidrig – und zwar schon heute und schon ohne Arbeitnehmerdatenschutzgesetz.

Das Problem beim Arbeitnehmerdatenschutz besteht nicht darin, dass es ihn nicht gäbe. Rechtsquellen für den Arbeitnehmerdatenschutz sind zum Beispiel das Bundesdatenschutzgesetz und selbstverständlich unser Grundgesetz.

Einen großen Teil des Schutzes der Daten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern findet man jedoch nur, wenn man sich die Spruchpraxis der Arbeitsgerichte oder Leiturteile des Bundesarbeitsgerichts anschaut.

Es ist unmittelbar einsichtig, dass dieser Zustand des Arbeitnehmerdatenschutzes unbefriedigend ist. Die Verteilung über mehrere Gesetze und Grundsatzurteile führt schon bei den Experten zumindest zu einer gewissen Intransparenz, bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aber zu massiver Rechtsunsicherheit. Vor allem dort, wo es keine Arbeitnehmervertretungen gibt, sind die Beschäftigten einer rechtswidrigen Nutzung ihrer Daten oftmals schutzlos ausgeliefert.

Wenn die bekannt gewordenen Fälle zum Beispiel bei der Deutschen Bahn AG oder bei Lidl ein Gutes haben, dann besteht es darin, dass einer breiten Öffentlichkeit demonstriert wurde, dass der Arbeitnehmerdatenschutz kein Randthema ist, sondern zu den wichtigsten Arbeitnehmerrechten gehört. Das können gerade Menschen, die in der DDR gelebt haben, ausgesprochen gut nachvollziehen.

Ich selbst habe bereits im letzten Jahr bei vielen Veranstaltungen auf die große Bedeutung des Arbeitnehmerdatenschutzes hingewiesen. Relativ früh schon war sich eine Reihe von Arbeitsministern der Bundesländer einig, dass es einer Gesetzesinitiative bedarf, um das Anliegen voranzubringen. Rheinland-Pfalz hat deshalb am 12. September 2008 eine Entschließung zur eigenständigen gesetzlichen Ausgestaltung des Arbeitnehmerdatenschutzes in den Bundesrat eingebracht. Diese Initiative hat das SMWA nach Kräften unterstützt. Leider ist dieser Antrag jedoch vom Bundesrat am 7. November 2008 nur in abgewandelter Form unterstützt worden.

In der Zwischenzeit war es bis zum Datenskandal bei der Deutschen Bahn AG öffentlich etwas ruhiger um den Arbeitnehmerdatenschutz geworden. Die öffentliche Aufmerksamkeit des Appells der Datenschutzbeauftragten für ein Bundesdatenschutzgesetz war ebenso wie jene für das Positionspapier des DGB-Bundesvorstandes zum Arbeitnehmerdatenschutz unverdient gering.

Ich habe mich deshalb entschlossen, die öffentliche Aufmerksamkeit für den Datenskandal bei der Deutschen Bahn AG zu nutzen, um noch einmal für eine Gesetzesinitiative zu werben. So kam es zu der Pressemitteilung, die von Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN im vorliegenden Antrag zitiert wird.