Dennoch sind wir – und das sage ich bewusst – mit Sicherheit noch lange nicht am Ziel. Herr Wehner, Sie haben sehr eindrucksvoll dargestellt, an welchen Stellen Sie ganz konkret diese Probleme haben. Daneben seien nur noch beispielhaft die touristische Infrastruktur, die öffentlichen Behörden allgemein, aber auch ganz speziell in diesem Jahr bei den Wahlen genannt.
In fast allen Bereichen gibt es Schwierigkeiten und Probleme bei der Umsetzung der Barrierefreiheit. Diese wollen und müssen wir in Zukunft beseitigen. Schon allein aufgrund der demografischen Entwicklung und damit der Zunahme der persönlichen Betroffenheit wird Barrierefreiheit immer selbstverständlicher Einzug in unser Bewusstsein und in unser Handeln halten.
Doch, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben auch schon einiges geschafft. Es ist inzwischen in der Gesellschaft, in den Behörden, in Unternehmen und an vielen anderen Stellen schon eine Selbstverständlichkeit geworden, barrierefrei zu denken und zu handeln. Ich weiß, dass es natürlich immer noch besser geht. Positive Dinge und Ansätze dürfen aber auch an dieser Stelle erwähnt werden. Es ist nicht umsonst.
Einen großen Anteil daran haben die bestellten Behindertenbeauftragten und Behindertenbeiräte. Diese sind meist ehrenamtlich tätig. Ich möchte ihnen von dieser Stelle aus ausdrücklich danken und Respekt zollen.
Der Gesetzentwurf, über den wir jetzt sprechen, will hauptamtliche Behindertenbeauftragte in unseren Landkreisen und kreisfreien Städten. Sicherlich spricht nichts dagegen, Beauftragte auch hauptamtlich zu benennen. Doch wenn es um Beauftragte in Kommunen geht, sollten wir maximal das Ob und nicht das Wie festlegen.
Es gehört nämlich auch zur kommunalen Selbstverwaltung der Kreistage und der Stadträte, sie darüber selbst entscheiden zu lassen. Sie sollten darüber bestimmen, ob ein hauptamtlicher Behindertenbeauftragter sinnvoll ist oder nicht. Denn nicht alles, was wir von hier aus für sinnvoll halten, müssen wir den Kommunen verordnen, zumal es nicht um die Frage eines Beauftragten überhaupt geht, sondern um dessen Status. Das ist für mich ein wesentlicher Unterschied.
Ich glaube, solch eine Diskussion auf kommunaler Ebene ist im Interesse der Menschen mit Beeinträchtigungen sinnvoller, als dies von hier aus zu verordnen. Es gibt dann diese behindertenpolitische Debatte auf kommunaler Ebene, eine Diskussion, die sicherlich fruchtbarer sein kann als – gestatten Sie mir das an dieser Stelle – offenbar hier.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden aus diesem Grund diesen Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.
Das war die Runde der Fraktionen. Ich frage vorsichtshalber noch einmal Frau Lauterbach als Berichterstatterin: Möchten Sie noch eingreifen? – Nein. Dann frage ich die Staatsregierung? – Jawohl. Frau Staatsministerin Clauß, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Worum geht es in diesem Gesetzentwurf? Es geht um die Frage, wie man am besten – ich betone: am besten – eine wirksame Interessenvertretung von Menschen mit Behinderungen auf kommunaler Ebene organisiert.
Dass sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dafür engagiert, hat gute und wichtige Gründe. Für dieses Engagement will ich mich an dieser Stelle auch bedanken. Denn wir haben unser gemeinsames Ziel noch nicht erreicht.
Wir wollen, dass alle Menschen gleichberechtigt am Leben unserer Gesellschaft teilhaben können und die Würde jedes Einzelnen Maßstab unseres Handelns ist. Aber noch immer gibt es Barrieren, die genau das verhindern und ein selbstverständliches Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung erschweren.
Es geht hier nicht nur um die Frage der materiellen Barrieren wie Treppen oder Drehtüren. Da könnte man jetzt auch vor Ort Flagge zeigen und diese Barrieren mit dem Konjunkturpaket II verringern. Nein, es geht vor allem um die Barrieren in unseren Köpfen.
Da hat sich sehr wohl etwas verändert. Aber es genügt noch nicht. Barrieren können ganz bewusste Vorurteile sein. Aber sehr viel häufiger sind diese Barrieren keine mutwilligen Benachteiligungen, sondern Resultat von Gedankenlosigkeit und Unwissen.
Eine wirksame Interessenvertretung behinderter Menschen kann diese Barrieren verringern; denn es ist klar: Die Gemeinden und Landkreise müssen um die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen wissen, damit sie vermeidbare Barrieren auch wirklich vermeiden können. Dafür geben die existierenden kommunalen Interessenvertretungen bereits viele wichtige Impulse.
Grundsätzlich unterstütze ich deshalb Ihr Anliegen für eine wirksame Interessenvertretung behinderter Menschen auf kommunaler Ebene. Dennoch werde ich den vorgelegten Gesetzentwurf nicht unterstützen. Er sieht vor, die Landkreise und kreisfreien Städte über die Sächsische Gemeindeordnung und die Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen zu verpflichten, hauptamtliche Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu berufen. Die nähere Ausgestaltung des Amtes, seine Befugnisse und die Anbindung der Beauftragten sollen der jeweiligen Hauptsatzung vorbehalten bleiben.
Diesen Vorgaben stimme ich nicht zu, denn ich sehe es nicht als Aufgabe des Staates an, den Landkreisen und kreisfreien Städten per Gesetz vorzuschreiben, auf welche Weise sie ihrer Verantwortung gegenüber ihren behinderten Bürgerinnen und Bürgern nachkommen sollen.
Aus guten Gründen garantiert unsere Verfassung den Gemeinden und Gemeindeverbänden ihre Selbstverwaltung. Die Entscheidungsträger vor Ort wissen oft besser Bescheid – das wurde von der einbringenden Fraktion hier am Pult bereits gesagt –, welche Probleme in ihrer Gemeinde oder in ihrem Landkreis bestehen und wie sie am besten angegangen werden können.
Ein sehr positives Beispiel habe ich erst am vergangenen Montag mit außerordentlichem Engagement im Vogtlandkreis erlebt.
Es gibt auch verschiedene Traditionen der Interessenvertretungen, seien es hauptamtlich Beauftragte oder ehrenamtlich tätige Beiräte. Das eine muss nicht besser sein als das andere. Vielleicht hat ein Hauptamtlicher mehr Zeit, sich einem Problem zu widmen. Aber in einem Beirat sind Menschen mit verschiedenen Behinderungen vertreten und können ihre teilweise unterschiedlichen Belange – und die sind unterschiedlich – einbringen.
Der Gesetzentwurf macht auch nicht deutlich, dass ein hauptamtlich Beauftragter auf kommunaler Ebene die deutlich bessere Wahl gegenüber anderen Formen der Interessenvertretung ist.
Den Trägern der kommunalen Selbstverwaltung steht grundsätzlich die Organisationshoheit zu, in die durch den Staat nur aus zwingenden Gründen eingegriffen werden sollte. Diese zwingenden Gründe sehe ich nicht. Deshalb kommt es meines Erachtens auch nicht auf die Frage an, ob eine Verpflichtung zur Bestellung kommunaler Behindertenbeauftragter verfassungsrechtlich zulässig ist.
Danke. – Meine Damen und Herren, gibt es nach den Darlegungen der Ministerin den Wunsch, die Aussprache fortzuführen? – Das kann ich nicht erkennen. Damit kommen wir zur Abstimmung.
Aufgerufen ist das Gesetz zur Bestellung von hauptamtlichen kommunalen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen in Sachsen (SächsBehin- dertenbeauftragtenG). Es ist ein Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE in der Drucksache 4/13943. Wir werden artikelweise abstimmen, sofern kein Einspruch erfolgt. – Ein Einspruch liegt nicht vor.
Ich rufe zunächst die Überschrift zur Abstimmung auf. Wer stimmt der Überschrift zu? – Wer stimmt der Überschrift nicht zu? – Wer enthält sich? – Mit einer Anzahl von positiven Stimmen und keiner Stimmenthaltung ist die Ablehnung dennoch mehrheitlich.
Ich rufe Artikel 1 auf. Artikel 1 lautet: Änderung der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen. Wer stimmt dem Artikel 1 zu? – Wer stimmt dem Artikel 1 nicht zu? – Wer enthält sich? – Auch hier zeigt sich ein gleiches Abstimmungsverhalten. Der Artikel ist abgelehnt.
Ich rufe nunmehr Artikel 2 auf: Änderung der Landkreisordnung für den Freistaat Sachsen. Wer stimmt dem Artikel 2 zu? – Wer stimmt dem Artikel 2 nicht zu? – Wer enthält sich? – Auch hier ist ein gleiches Abstimmverhalten vorhanden. Der Artikel ist demzufolge abgelehnt.
Ich rufe nun Artikel 3 zur Abstimmung auf: Inkrafttreten. Wer stimmt dem Artikel 3 zu? – Wer stimmt dem Artikel 3 nicht zu? – Wer enthält sich? – Hier zeigt sich wiederum ein gleiches Abstimmungsverhalten. Der Artikel wurde abgelehnt.
Allen Artikeln ist somit nicht zugestimmt worden. Eine allgemeine Abstimmung erübrigt sich demzufolge. Damit ist die 2. Beratung dieses Gesetzentwurfes abgeschlossen. Der Tagesordnungspunkt ist beendet.
1. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Erstattung der Kosten der Börsenaufsichtsbehörde (Börsenaufsichtskostengesetz – BörsAufsKG)
Es ist keine allgemeine Aussprache vorgesehen. Es spricht die Staatsregierung. Frau Staatsministerin Stange, Sie haben das Wort; bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf dient der Schaffung einer rechtlichen Grundlage für die Erstattung der Kosten des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit als Börsenaufsichtsbehörde durch die Börsenträger der European Energy Exchange interjection: (EEX) in Leipzig.
Der Freistaat Sachsen ist nach dem Börsengesetz für die Börsenaufsicht über die EEX zuständig. Die Wahrnehmung dieser Aufgabe fällt in die Zuständigkeit des SMWA als Börsenaufsichtsbehörde. Diese Aufsicht ist mit einem besonderen Überwachungsaufwand verbunden, der über die übliche Aufsichtsrätetätigkeit hinausgeht. Die EEX ist in einem sehr dynamischen Marktumfeld tätig: im Handel mit Energieprodukten und Derivaten. Sie ist die einzige deutsche Börse für den Handel mit Energie- und Immissionsberechtigungen. Neben der skandinavischen Nordpol gilt sie als die wichtigste Energiebörse in Europa. Die Energiebörse EEX ist damit heute in Deutschland neben der von der Deutschen Börsen AG in Frankfurt betriebenen Börse von internationaler Bedeutung.
Diese Entwicklung ist mit stetig wachsenden Anforderungen an die Börsenaufsicht verbunden. Dies zeigt nicht zuletzt die Europastrategie des Börsenträgers und die Kooperation der EEX mit der französischen Energiebörse. Die börsenrechtliche Begleitung dieses Vorhabens stellt die Börsenaufsicht vor neue enorme Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund scheint es angemessen, die Kosten der Aufsicht nicht allein durch den sächsischen Landeshaushalt tragen zu lassen, sondern die Verursacher der Kosten einzubeziehen. Solche Kostentragungsregelungen sind in der Finanzdienstleistungs- und in der Energieaufsicht durchaus üblich. Mit dem Gesetzentwurf
wird ein Weg eingeschlagen, den Hessen mit seinem Hessischen Börsenaufsichtskostengesetz bereits vor über einem Jahrzehnt beschritten hat.
Zweitens: Ausnahmsweise ist der Börsenträger zur vollständigen Kostenerstattung der Börsenaufsicht verpflichtet, soweit er eine Aufsichtstätigkeit unmittelbar veranlasst hat oder andere Personen oder Einrichtungen eingeschaltet werden müssen.
Die beiden Erstattungstatbestände sind im Gesetzentwurf konkret benannt. Von einer Kostentragung der Handelsteilnehmer der Energiebörse EEX wird dagegen abgesehen. Es werden Einnahmen für die Börsenaufsicht von bis zu 250 000 Euro veranschlagt.
Die von dem Gesetzesvorhaben betroffene EEX AG wurde als betroffener Börsenträger der Energiebörse EEX angehört. Das Vorhaben wurde außerdem dem Börsenrat und den Handelsteilnehmern der EEX vorgestellt und ihnen die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Es gab dort keinerlei Einwände.
Wir hoffen, dadurch die Herausforderungen, die uns die Aufsicht über die einzige deutsche Energiebörse stellt und die durch die Europastrategie der EEX AG zukünftig weiter zunehmen werden, besser bewältigen zu können.