Protocol of the Session on January 23, 2009

Im ersten Jahr von JeKI sollen alle Kinder der 1. Klasse der beteiligten Grundschulen erreicht werden und sich in einem sogenannten Instrumentenkarussell möglichst viele Instrumente aneignen bzw. diese kennenlernen. In diesem Prozess sollte sich dann möglichst jedes Kind für ein Instrument entscheiden. Dabei sollte jedoch eine möglichst große Anzahl unterschiedlicher Instrumente gewählt werden, damit ab dem zweiten Jahr ein Gruppenmusizieren und instrumentaler Gruppenunterricht möglich wird.

Das bedingt natürlich auch ein gewisses Coaching dahin gehend, dass nicht alle Kinder die gleichen Instrumente spielen, sondern dass wir ein möglichst breit gefächertes Orchesterinstrumentarium zur Verfügung haben, was auch den Grundansatz des einst von der Linksfraktion intendierten Antrages in anderer Weise umsetzt; denn danach wäre es möglich gewesen, dass zum Beispiel jedes Kind das gleiche Instrument spielt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Ja, ja, mein Sohn wollte eine Orgel haben!)

Ja, dann wäre es nach Ihrem Antrag, Herr Porsch, auch möglich gewesen, dass zum Beispiel alle Kinder einen Blüthner-Flügel bekommen, und ich weiß nicht, wie weit dann die Finanzen gereicht hätten, dies umzusetzen. Aber das nur am Rande.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sie unterschätzen die Unterschiede zwischen den Kindern!)

Meine Redezeit geht leider gleich zu Ende.

Ab dem zweiten Jahr nehmen nur noch die Kinder teil, die dies möchten. Dies sollte jedoch eine möglichst große Anzahl der im ersten Jahr beteiligten Kinder sein.

Ein wesentliches Ziel der Implementierung von JeKI besteht darin, auch Kinder aus bildungsferneren und eher finanzschwachen Familien für eine Teilnahme zu gewinnen. Dies geschieht durch gezielte Ansprache und Gewährung von Sozialermäßigungen. Das Pilotprojekt „Jedem Kind ein Instrument“ übt stilistische Offenheit gegenüber allen Musikstilen und soll in den musikalischen Bildungsprozess integriert werden.

Im Gegensatz zur Realisierung ähnlicher Projekte in anderen Bundesländern soll JeKI in Sachsen die Grundlagen für die weitere musisch-ästhetische Bildung schaffen und die Kinder dafür gewinnen, ab der 3. Klasse Instrumentalunterricht an den hervorragend aufgestellten sächsischen Musikschulen zu nehmen oder in Musikvereinen, zum Beispiel in den Vereinen des Sächsischen Blasmusikverbandes, in Posaunenchören, Laienorchestern oder auch Bands, mitzuwirken.

Der sächsische Ansatz von „Jedem Kind ein Instrument“ betont die Zusammenarbeit und Ergänzung zu bestehenden musikalischen Bildungsangeboten und sieht sich keinesfalls als Konkurrenz zu diesen. Unser Anliegen besteht vor allem darin, jungen Menschen das gemeinsame Musizieren nahezubringen und sie für die Musik zu begeistern. Dafür haben wir dieses Pilotprojekt mit dem

Verband Deutscher Musikschulen und dem Sächsischen Musikrat in enger Zusammenarbeit mit dem SMWK und dem SMK initiiert. Ich verweise auf den beim Landesverband der Sächsischen Musikschulen einzusehenden Bericht – –

Hilfsmittel sind nicht erlaubt!

– und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort; Herr Hatzsch, bitte.

Werter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren gerade ein hoch sensibles Thema und haben jetzt klassisch erlebt, wie Oppositionspolitik betrieben werden kann.

Man kann eine Sache konstruktiv-kritisch begleiten,

(Beifall des Abg. Thomas Colditz, CDU)

und dafür danke ich Herrn Dr. Gerstenberg und Herrn Prof. Schmalfuß.

(Beifall der Abg. Thomas Colditz und Steffen Flath, CDU)

Die Staatsregierung hatte im ersten Entwurf des Haushaltes einen Leertitel „Kulturelle Bildung in Sachsen“ – also nichts eingestellt. Es ist jedoch dem Hohen Haus und den Koalitionsparteien gelungen, 600 000 Euro jährlich dafür einzustellen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Da kann doch Frau Bonk nicht sagen, das sei nichts und es wäre kein Grund, stolz zu sein. Wir haben nach 19 Jahren den Einstieg in die institutionelle Förderung der Kultur in Sachsen in der Schule und allen parallelen Einrichtungen geschafft. Herr Gansel, Sie wissen, wen Sie zitiert haben; Sie haben ihn ja auch genannt. Aber für Ihre Kollegen: Wenn es Ihnen nützt, zitieren Sie sogar einen Juden – Heinrich Heine.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU – Jürgen Gansel, NPD: Da sehen Sie mal, wie unbefangen wir sind!)

Wenn es Ihnen zu nützen scheint, natürlich; ich muss mich etwas korrigieren.

Meine Damen und Herren! Zu den wichtigsten Orten der kulturellen Bildung gehören die Bibliotheken. Sicher haben Sie genauso erschrocken wie ich die Studie der Stiftung „Lesen in Deutschland“ von 2008 zur Kenntnis genommen. Demnach nimmt jeder vierte Deutsche niemals ein Buch in die Hand. Bibliotheken halten nicht nur Angebote für alle Altersklassen bereit, sie sind auch kulturelle Treffpunkte. Diesen freien Zugang zu Wissen und Informationen gilt es unbedingt zu fördern und zu erhalten. Mit unserem Kulturraumgesetz haben wir hier eine Struktur, um die uns andere Länder beneiden. Ge

genwärtig werden jährlich etwa 6 bis 7 Millionen Euro der Kulturraummittel in die öffentlichen Bibliotheken gegeben.

Meine Damen und Herren! Wir sind im Freistaat Sachsen auf einem sehr guten Weg, um kulturelle Bildung weiter zu stärken. Es gibt natürlich noch viele weitere Dinge, die wir tun könnten und Schritt für Schritt auch tun müssen, wie ich meine. So sollten wir auch darauf hinwirken, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, um Kindern und Jugendlichen den freien Eintritt in Museen zu ermöglichen.

(Beifall der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Cornelia Falken, Linksfraktion)

Wir sollten den Menschen auch die Zeit geben, sich weiterbilden zu können. Dazu zählt unter anderem auch ein echtes Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz.

(Stefan Brangs, SPD: Genau!)

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Ich erteile der Linksfraktion das Wort; Frau Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Colditz, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie die Definition hier vorgetragen haben, deshalb brauche ich dies jetzt nicht mehr zu tun. Das spart mir sehr viel Zeit. Allerdings ist es eine Definition – ich gehe davon aus, dass Sie darin auch unserer Meinung sind –, die für alle Kinder und Jugendlichen an sächsischen Schulen gelten sollte. Das halten wir für eine sehr, sehr wichtige Größe, wenn wir hier über dieses Thema sprechen. Herr Hatzsch, gerade weil wir konstruktiv an dieses Thema herangehen wollen, müssen wir jedoch als Opposition auch aufzeigen, wo Probleme stecken und wo man gegebenenfalls etwas hätte früher oder intensiver betreiben müssen. Dies möchte ich jetzt tun.

Projekte im Schulbereich des Freistaates Sachsen erreichen immer nur einzelne, wenige Schüler. Projekte, die anschließend in einen Ganztagsbereich umgestaltet werden, so wie ich es heute von Herrn Colditz gehört habe, erreichen wieder nur einige wenige Schüler und nicht alle – oder jedenfalls nicht wesentlich mehr. Kinder zu instrumentalisieren und aus ihnen schon im Grundschulbereich zukünftige Profis im Instrumentenbereich auszubilden halte ich für äußerst bedenklich, Herr Clemen.

(Robert Clemen, CDU: Das denke ich auch!)

Das sollte man auf keinen Fall tun. Ich bin natürlich, wie meine Fraktion, auch dafür, dass wir an wesentlich mehr Schulen Orchester haben. Aus eigenem Erleben weiß ich, wie interessant, wichtig und erfolgreich das für den Bildungsbereich sein kann.

(Thomas Colditz, CDU: Genau!)

Aber das kann nicht unser Ziel sein. Wir haben dort ein anderes Ziel.

Zu der Problematik des Projektes bezüglich der Zusammenarbeit zwischen Museen und Schulen, welches der Kultusminister unterschrieben hat: Liebe Kolleginnen und Kollegen, an sächsischen Schulen hat es immer – und zwar im Unterricht – Museums-, Theater- und Konzertbesuche gegeben. Das ist nicht wirklich etwas Neues.

(Rita Henke, CDU: Das haben Sie noch nie gesagt!)

Das Problem, das darin steckt – wir haben es von Herrn Gerstenberg gehört und ich möchte es nochmals betonen, da es sehr wesentlich ist –, ist, dass viele Schulklassen diese Einrichtungen nicht mehr geschlossen besuchen, weil sie kostenpflichtig sind.

In dem Projekt ist es das nicht. Es sind wieder nur einige Schülerinnen und Schüler, die in diesem Projekt in den Genuss kommen, aber nicht flächendeckend. Wir sind der Auffassung, dass alle unsere sächsischen Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben müssen, und zwar für ihr späteres Leben, kostenfrei in Museen und Theater zu gehen, und das Ganze mit einer pädagogischen Begleitung.

Nun schauen wir uns doch einmal an: „für alle Schüler“. Was passiert denn in Sachsen für alle Schüler? Kunst und Musik sind Einstundenfächer, fast durchgängig von der 1. bis zur 12. Klasse. Wir haben im Freistaat Sachsen die Situation, dass gerade in Kunst und Musik immer wieder etwas ausprobiert wurde. Wir haben phasenweise nur halbe Stunden für Kunst und Musik in verschiedenen Klassenstufen, und wir haben jetzt in der aktuellen Stundentafel eine Wahlmöglichkeit zwischen Kunst und Musik. Das heißt, wir betreiben schon im Schulbereich eine Abschmelzung der freien Möglichkeit, genau diese beiden Bereiche ernsthaft zu betrachten.

Jetzt schauen Sie sich doch einmal an, welche Fachlehrer Musik und Kunst unterrichten. Im Grundschulbereich sind wir inzwischen so weit herunter, dass wir 60 % des Kunst- und Musikunterrichts nicht mehr von Fachkollegen unterrichten lassen,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Hört, hört!)

sondern von Kollegen, die sich das in irgendeiner Weise angeeignet haben – oder auch nicht. Ich sollte einmal ein Jahr Musik unterrichten. Ich habe mich geweigert, weil ich gesagt habe: Nur CDs einzulegen und den Kindern etwas vorzuspielen ist nicht das Niveau, das wir im Freistaat Sachsen brauchen.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Thomas Colditz, CDU)

Das heißt, hier ist ein Schwerpunkt, den wir bedienen müssen, wenn wir an alle Schülerinnen und Schüler herankommen wollen.

Im Übrigen beschleicht uns ein klein wenig die Vermutung, dass es die Überlegung gibt, Kunst und Musik ganz in den Ganztagsbereich zu schieben. Erinnern Sie sich: Als wir über die Astronomie diskutiert haben, hieß es in diesem Plenarsaal „Einstundenfächer – bringt doch gar nichts. Was soll denn das? Das können wir doch abschaffen.“ Das ist mit Astronomie auch passiert. Wir werden als Opposition sehr darauf achten, dass genau dies im Kunst- und Kulturbereich, mit Musik und Kunst an unseren sächsischen Schulen nicht passiert.