Im Übrigen beschleicht uns ein klein wenig die Vermutung, dass es die Überlegung gibt, Kunst und Musik ganz in den Ganztagsbereich zu schieben. Erinnern Sie sich: Als wir über die Astronomie diskutiert haben, hieß es in diesem Plenarsaal „Einstundenfächer – bringt doch gar nichts. Was soll denn das? Das können wir doch abschaffen.“ Das ist mit Astronomie auch passiert. Wir werden als Opposition sehr darauf achten, dass genau dies im Kunst- und Kulturbereich, mit Musik und Kunst an unseren sächsischen Schulen nicht passiert.
Die Umsetzung unseres Antrages hätten Sie bereits vor zwei Jahren machen können. Kommen Sie nicht mit etwas Neuem, etwas Aktuellem, etwas Tollem; denn das hätten wir aufgrund unseres Antrages zur Haushaltsdebatte 2006 schon längst in Sachsen zwei Jahre ausprobieren können.
Wird von der NPD-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die FDP. – Ebenfalls nicht. – GRÜNE? – Auch nicht. Dann die CDU-Fraktion. – Auch nicht mehr. DIE LINKE? – Auch nicht mehr. Dann die Frau Ministerin, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Ganz herzlichen Dank für diese Aktuelle Debatte, ganz herzlichen Dank für die Anregungen, die gekommen sind, auch aus den Reihen der Opposition, die ich sehr wohl gehört habe, von Frau Bonk, Herrn Schmalfuß, Herrn Gerstenberg, auch von Frau Falken. Dabei sind schon einige Dinge, über die wir nicht erst heute nachdenken, nicht erst durch Ihre Anregungen, aber ich denke, es ist schon noch einmal wichtig, sie hier vorzutragen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung sieht sich sehr wohl in der Verantwortung, und nicht nur in der heutigen Aktuellen Debatte oder wenn es auf der Tagesordnung steht, die kulturelle Bildung zu stärken, da sie – und davon bin ich fest überzeugt – ein unverzichtbares Element für die Zukunft des Freistaates ist, für die Zukunft jedes einzelnen Menschen in unserem Land.
Ich habe noch eine kleine Anmerkung am Rande. Umso mehr bedrückt mich, dass in der bundesweiten Diskussion über das Konjunkturprogramm das Stichwort Kultur gar keine Rolle spielt und derzeit keine Unterstützung für Kultureinrichtungen im Konjunkturprogramm vorgesehen ist. Das ist aber ein bundesweites Phänomen trotz einer Enquete-Kommission, die sich vor nicht allzu langer Zeit mit dem Thema Kultur beschäftigt hat.
Zurück zum Thema Kulturelle Bildung. Jawohl, meine Damen und Herren, kulturelle Bildung ist breit definiert. Diese Breite ist hier auch noch einmal dargestellt worden.
Ich will das nicht wiederholen, weil sich Soziologen, Psychologen, Pädagogen daran abgearbeitet haben. Es gibt einen Bericht der UNESCO-Kommission, es gibt Empfehlungen und Beschlussfassungen der Kultusministerkonferenz usw. usf. Aber kulturelle Bildung – darüber sollte man noch einmal nachdenken – ist nicht etwas von außen Hereingetragenes, sondern ein individueller Prozess. So wie jeder Bildungsprozess individuell abläuft, ist auch kulturelle Bildung ein individueller Prozess. Was wir als Politikerinnen, als Politiker oder auch als verantwortliche Träger von Bildungs- oder Kultureinrichtungen tun können, ist: Wir können den Rahmen schaffen, damit diese Aneignung stattfinden kann. Es muss eine aktive Auseinandersetzung mit Kultur und Kunst, und zwar in all ihren Sparten, möglich sein. Es gibt keine Einengung, wie das hier schon kritisiert wurde, nur auf das Thema Musik oder nur auf das Thema Theater. Natürlich gehört die gesamte Bandbreite der Soziokultur dazu. Natürlich gehören die Bibliotheken dazu. Natürlich gehört auch die Rockmusik dazu, Frau Bonk. Insofern, denke ich, sollten wir uns diese Freiheit nehmen, die aktive Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur in ihrer gesamten Bandbreite für jedes Kind, für jeden Jugendlichen zu ermöglichen. Dieses Ziel, das hier von einigen gefordert wurde, kann ich nur noch einmal unterstreichen. Es ist eben keine Selbstverständlichkeit mehr – oder war es vielleicht auch noch nie –, dass kulturelle Bildung tatsächlich ein selbstverständlicher Bestandteil des Aufwachsens von Kindern ist.
Aber letztlich gelingt es nur jungen Menschen, die auch die Möglichkeit hatten, sich kulturelle Bildung anzueignen, sich mit dieser braunen Unkultur, wie wir sie heute wieder präsentiert bekommen haben, aktiv, kritisch und selbstverantwortlich auseinanderzusetzen und sich dabei ihres eigenen Verstandes zu bedienen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die kulturelle Bildung ist – und ich wiederhole hier, was ich an anderen Stellen schon mehrfach gesagt habe – eben nicht die Sahnehaube auf der Mathematik oder der Physik,
sondern sie muss einen eigenständigen Bestand haben, sie muss zum Kern der Arbeit von Kultureinrichtungen, von Theatern, Museen und anderen gehören. Dieses ZumKern-der-Arbeit-Gehören ist es, womit sich das Kulturministerium, das Kultusministerium, das Sozialministerium auch in einer interministeriellen Arbeitsgruppe auseinandergesetzt haben. Wir denken, kulturelle Kinder- und Jugendbildung ist Kernbestandteil der Arbeit der Einrichtungen und kein zusätzlicher Aspekt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor diesem Hintergrund haben wir auch in meinem Hause einen Schwerpunkt auf die Stärkung der kulturellen Bildung bei der Förderung von Kindern und Jugendlichen gelegt. Seit meinem Amtsantritt ist das, glaube ich, auch in der
Öffentlichkeit deutlich spürbar. Ich erinnere gerade auch an den Besuch von Museen, wo dieses Thema im Zentrum der Diskussion mit den Museumsverantwortlichen stand.
Wir haben heute schon gehört, dass wir an verschiedenen Stellen aktiv geworden sind, so zum Beispiel bei einer Tagung, die das Kunstministerium im Frühjahr 2007 mit den dafür zuständigen kompetenten Personen in den Einrichtungen, nämlich den Theaterpädagogen, den Museumspädagogen und den Verantwortlichen für die Soziokultur, durchgeführt hat. Dies setzte sich im Herbst 2007 fort mit einer Konferenz der Sächsischen Akademie der Künste gemeinsam mit dem Landesverband Sachsen im Deutschen Bühnenverein.
Aus diesen Beratungen heraus ist dann die interministerielle Arbeitsgruppe entstanden, weil klar war, dass es nicht allein Aufgabe des Kunstministeriums, nicht allein Aufgabe des Sozialministeriums oder des Kultusministeriums ist, sich dem Thema Kulturelle Bildung zuzuwenden. Das soll nicht im Sinne eines Durch-das-RasterFallens geschehen, Frau Bonk, wie Sie das hier genannt haben, sondern im Sinne einer Vernetzung und Koordination der Möglichkeiten, die wir in den Kultureinrichtungen haben, damit sie überhaupt in den Schulen, den Kindertagesstätten an die Kinder herankommen, dass sie miteinander kommunizieren und kooperieren, auch bei dem Thema Ganztagsschulen oder bei der Umsetzung des Bildungsauftrages in den Kindertagesstätten. Diese Vernetzung ist ressortübergreifend gelungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht noch einmal etwas zu den 600 000 Euro im Doppelhaushalt 2009/2010 sagen. Ich bin insbesondere den Koalitionsfraktionen sehr dankbar, aber auch der Opposition, die das unterstützt hat, dass wir einen eigenen Haushaltstitel „Kulturelle Bildung“ haben, obwohl dieser nicht alles beinhaltet, was kulturelle Bildung betrifft.
Das Projekt „Jedem Kind ein Musikinstrument“ ist bereits erwähnt und ausführlich dargestellt worden. Ich will das ergänzen, was Herr Clemen ausgeführt hat. Es gab vor einigen Jahren eine Untersuchung von Prof. Bastian zu dem Thema „Musische Bildung“. Ich will drei Stichworte nennen, was Musikerziehung erreichen kann, wenn sie denn kontinuierlich für jedes Kind ermöglicht wird. Neben der Liebe zum Musikinstrument ist es auch die Stärkung sozialer Kompetenz. Es gibt den Nachweis, dass dadurch der Intelligenzquotient signifikant steigt, insbesondere bei sozial benachteiligten und den in ihrer Entwicklung wenig geförderten Kindern. Es ist der Nachweis geführt worden, dass die Konzentrationsfähigkeit gesteigert werden kann und – was man nicht vernachlässigen sollte – Aggressionen von Kindern und Jugendlichen damit deutlich eingedämmt werden können, wenn sie sich kontinuierlich mit dem Thema Musikerziehung befasst haben.
Wir haben ein zweites Projekt im Bereich der kulturellen Bildung, das von Gunther Hatzsch bereits angesprochen wurde, und zwar geht es um die Vernetzung zwischen unserem Potenzial – den Kulturräumen, die wir haben – und den Kultureinrichtungen auf der einen und den Schulen auf der anderen Seite. Wir werden im Februar eine weitere Beratung, konkret mit der Bildungsagentur, folgen lassen, um diese Koordinationsstelle, die wir zunächst in einem Kulturraum erprobt haben, jetzt auch auf andere Kulturräume zu übertragen.
Lassen Sie mich noch ein Beispiel nennen, das wir im Laufe der nächsten Monate umsetzen wollen. Im Kulturraum Mittelsachsen hat es mit der Landesstelle für Museumswesen das Projekt „Museum entdecken“ gegeben. Dieses Projekt hatte zum Auftrag, alle Museen in diesem Kulturraum zu unterstützen, um herauszufiltern und deutlich zu machen, welche pädagogischen Angebote in den Museen für welche Altersgruppen mit welchem Themenfeld existieren. Dazu wird es eine Internetplattform der Landesstelle für Museumswesen geben, die allen Pädagoginnen und Pädagogen zur Verfügung stehen wird. Wir werden sie über den Kulturraum Mittelsachsen hinaus in die anderen Kulturräume transportieren, um die Verbindung zwischen Schulen und Kultureinrichtungen noch dichter herzustellen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zwei Anregungen aufgreifen, die in der Diskussion genannt wurden. Herr Gerstenberg, Sie können davon ausgehen, dass in der Museumskonzeption etwas zur kulturellen Bildung steht, allerdings stimme ich Ihnen zu: Wir brauchen ein eigenständiges Konzept für die kulturelle Bildung, weil sie weit mehr erfasst als nur das, was in der Museumskonzeption stehen kann.
Die Anregungen, dass wir die Hürden für Kinder aus bildungsfernen und aus sozial schwachen Elternhäusern vonseiten der Kultureinrichtungen so niedrig wie möglich halten müssen, haben wir schon aufgegriffen. Sie haben das vielleicht an der einen oder anderen Reaktion von Städten wie zum Beispiel Chemnitz oder Dresden, hier der Staatlichen Kunstsammlungen, gesehen, die ihre Eintrittspreise für Kinder und Jugendliche nicht nur deutlich gesenkt, sondern zum Teil sogar auf null gesetzt haben.
Ich würde mir wünschen, dass es uns in Sachsen gelingen möge, ähnlich wie das in Frankreich gelungen ist, Kindern und Jugendlichen bis zum 16. Lebensjahr den kostenfreien Besuch in Museen und Theatern zu ermöglichen.
Ein zweiter Punkt, den ich als Anregung bereits aufgenommen habe und zu dem wir auch mit dem Kultusministerium – das ist aber nicht allein dafür verantwortlich – in Gesprächen stehen, sind solche Fragen: Wie kommen die Kinder aus dem ländlichen Raum in die Museen, wie zum Beispiel das Deutsche Hygiene-Museum oder das Kamenzer Museum der Westlausitz? Das ist ein hervorragendes Museum für Kinder. Wie kommen die Kinder dorthin? Welche Möglichkeiten finden wir, um Fahrtkosten zu senken, damit es für alle Kinder möglich ist, diesen Besuch umzusetzen?
Lassen Sie mich abschließend aus dem Enquete-Bericht „Kultur in Deutschland“ zitieren, der auch für uns Maßstab sein sollte: „Die Enquete-Kommission empfiehlt Bund, Ländern und Kommunen, in die kulturelle Bildung zu investieren, insbesondere in die Früherziehung in der Schule. Aber auch in außerschulischen Angeboten für Kinder und Jugendliche sollte kulturelle Bildung gestärkt und schwerpunktmäßig gefördert werden.“
Seien Sie gewiss, die Landesregierung wird alle Anstrengungen unternehmen, die Handlungsempfehlungen der Enquete-Kommission auf dem Feld der kulturellen Bildung in die Tat umzusetzen.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen der CDU und der SPD, zum Thema „Sachsen stärkt kulturelle Bildung“ abgeschlossen.
Als Erster hat Herr Staatsminister Jurk um das Wort gebeten. Dann spricht die Einbringerin und danach die gewohnte Reihenfolge.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Hermenau, ich bitte um Verständnis. Ich hatte die Absicht
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor wenigen Minuten erreichte uns die bittere Nachricht, dass der Speicherchiphersteller Qimonda einen Insolvenzantrag gestellt hat. Ich bin zuvor vom Aufsichtsratsvorsitzenden der Qimonda AG, Herrn Fischl, darüber informiert wor
den. Ich bedauere sehr, dass es dem Unternehmen Qimonda nicht gelungen ist, die Gesamtfinanzierung des vorgelegten Businessplanes zustande zu bringen. Der Freistaat Sachsen ist mit seinem Angebot eines Betriebsmittelkredits in Höhe von 150 Millionen Euro zur Sicherung der Liquidität des Unternehmens an die Grenzen des Vertretbaren gegangen.
Der Freistaat ist darüber hinaus bereit gewesen, gemeinsam mit dem Bund die notwendigen Investitionen am Standort Dresden mit Bürgschaften für Bankkredite zu unterstützen. Für beides jedoch wäre erforderlich gewesen, dass die Gesamtfinanzierung über die Laufzeit der Maßnahmen geschlossen ist und eine längerfristige Perspektive geschaffen wird. Dies ist Qimonda nicht gelungen.
Der Freistaat Sachsen hat alles versucht, um für Qimonda am Standort Dresden eine längerfristige Perspektive zu schaffen. Die von Qimonda entwickelte neue Chiptechnologie mit ihrem deutlichen Vorsprung vor den Wettbewerbern war ein wesentlicher Grund für das Engagement des Freistaates. Die Entwicklung auf dem Markt für Speicherchips ist aber gerade in jüngster Zeit noch schlechter verlaufen, als es vorherzusehen gewesen war. Die Preise auf dem Weltmarkt sind in den letzten Wochen und sogar Tagen noch einmal deutlich gefallen. Dadurch ist ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf für Qimonda entstanden, über den die am Rettungspaket Beteiligten zu Beginn dieser Woche informiert worden sind. Dieser Marktpreisverfall macht allen Unternehmen der Branche massiv zu schaffen. Selbst der Branchenprimus Samsung hat heute bekanntgeben müssen, dass er erstmals in seiner Firmengeschichte ein negatives Quartalsergebnis aufzuweisen hat.
Um die Frage zu beantworten, ob und in welchem Umfang die Finanzierungslücke mithilfe der öffentlichen Hand hätte geschlossen werden können, sind letztmalig am 21. Januar in Berlin Vertreter der Bundesregierung, des Staates Portugal, des Freistaates Bayern und des Freistaates Sachsen mit den Vorständen von Qimonda und Infineon sowie der finanzierenden Hausbank zusammengekommen. Weder Infineon noch der Freistaat Sachsen noch die Bundesregierung haben sich in der Lage gesehen, sich auf der Grundlage der dort vorgelegten Finanzierungskonzepte zu engagieren.
Qimonda hat vieles versucht. Sie hat Kundenfinanzierungen eingeworben, die deutlich machen, dass auch Kunden von Qimonda sehr an den fortgesetzten Lieferbeziehungen und an der Produktion von Speicherchips durch Qimonda interessiert gewesen sind. Aber ich hatte schon darauf hingewiesen: Gründe für die derzeitige Situation sind insbesondere das schwere konjunkturelle Umfeld, besonders für die Mikroelektronikindustrie, und die geringe Risikobereitschaft der Banken als Folge der Finanzkrise.
Meine Damen und Herren! Neben allen betriebswirtschaftlichen Analysen mahne ich aber auch an, eine strategische Betrachtung vorzunehmen. Genauso wie bei
Öl und Gas sollten wir alles unternehmen – gerade in der Europäischen Union; es geht nicht nur um Deutschland –, keine neuen Abhängigkeiten einzugehen und alles dagegen zu tun. Insofern erwarte ich diese strategische Betrachtung seitens der Europäischen Union. Hier geht es um europäische Industriepolitik. Darin bin ich mir mit Günter Verheugen sehr einig, den ich in dieser Frage gesprochen habe. Wir haben ihn dabei an unserer Seite.