Nein! Demokratie ist, wenn Leute nicht auf der Straße verhaftet werden, weil sie einen politischen Witz bringen oder die Regierung angreifen.
Was mich ein wenig umtreibt ist die Frage, wenn wir über Toleranz reden, wie weit die Toleranz jener erschüttert wird, die wir momentan mit unseren politischen Diskussionen um Abbau, Einsparung usw. überfordern. Man kann eine gewisse Toleranz nur dann haben, wenn man im persönlichen Leben nicht überfordert wird. An der Stelle liegt unsere Verantwortung.
Ich beobachte momentan, dass in jedem Land, da kann man übrigens nach Polen, Frankreich oder Amerika gehen, ein bestimmter Prozentsatz an Leuten da ist, die sich nur dadurch aufbauen können, indem sie auf andere herunterschauen, die sich nur dadurch größer machen können, indem sie die anderen kleiner machen. Wenn sie denen noch politisch-ideologisch Stiefeln mitliefern, damit sie auf andere heruntertreten können, dann haben sie die gewonnen. Diesen Prozentsatz müssen wir klein halten. Wir müssen ihn so klein halten, dass derjenige, der sich zu ihnen bekennt, sich öffentlich dafür schämt und an den Pranger gestellt wird.
Es ist eine Aufgabe der Demokratie, die nicht groß werden zu lassen, die jetzt dazwischenrufen und diese Demokratie abschaffen wollen.
Wenn wir mit unserem politischen Tun und unseren politischen Reden die Toleranz nicht weiten und die Demokratie nicht verständlicher machen, dann werden diejenigen anwachsen, die für zündende und schlagende Argumente auf der Straße Verständnis haben. Aber, wie gesagt, das hat mit Toleranz nichts zu tun und mit Demokratie schon gar nicht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ja, schöne Fensterreden, die wir hier alle schwingen, alle Monate wieder. Ich sage Ihnen ganz offen: Man kann über viele Dinge sprechen. Demokratie ist auch gleichberechtigter Umgang mit den Menschen hier drin, da haben Sie Recht, Herr Eggert, aber auch draußen und auch gegenüber denen, die hierher kommen.
Es ist schon viel zur NPD gesagt worden, das erspare ich mir. Ich will Ihnen sagen, welche Assoziation ich als Erstes hatte, als ich das Thema der Aktuellen Debatte las. Unter der Rubrik Toleranz fiel mir eine kuriose Meldung aus dem Landkreis Döbeln ein, wo sich Folgendes zugetragen hat.
Eine Zwischenfrage: Können Sie mir bitte erklären, was im Zusammenhang mit der heutigen Debatte Fensterreden sind?
Ich finde, dass wir hier drin sitzen und nicht über die eigentlichen Probleme sprechen, und zwar die ganz praktischen, die die Leute draußen haben.
Draußen haben die Leute mit Alltäglichkeiten zu kämpfen, und ich will Ihnen eine Alltäglichkeit darbieten.
Danke schön. – Ich möchte Ihnen mit einer kuriosen Meldung aus dem schönen Landkreis Döbeln kommen. Ein Asylsuchender wollte sich von seinem Bekleidungsgutschein ein Armband kaufen. Da ihm nicht klar war,
ob das über den Bekleidungsgutschein zu erhalten sei oder nicht, wandte er sich schriftlich an das Landratsamt in Döbeln, ihm die Liste auszuhändigen, aus der ersichtlich wird, ob er überhaupt einen solchen Kauf tätigen kann oder nicht. Das Landratsamt teilte dem gesetzestreuen Asylsuchenden mit, dass das nicht geht,
und belegte ihn – nein, nein – zugleich mit der Kürzung seines Bekleidungsgutscheines um 25 Euro. Die Einbehaltung dieser Summe erfolgte, ohne dass der Kauf stattfand. Daraufhin beschwerte sich der Asylbewerber wieder und sagte, so gehe das nicht, und erhielt folgende Antwort aus dem Landratsamt Döbeln: Sehr geehrter Herr Sowieso!
„Bei dem von Ihnen beabsichtigten Kauf eines Armbandes handelt es sich weder um einen Gegenstand des täglichen Bedarfs noch um Bekleidung. Dies zu erkennen, bedarf keiner großen Anstrengung. Dass der beabsichtigte Kauf nicht zustande kam, spielt dabei überhaupt keine Rolle. Wenn Sie sich in der Lage sehen, die doch recht knapp bemessenen Mittel für einen Luxusartikel einzusetzen, so ergibt sich daraus, dass mindestens im Umfang des Gegenwertes kein Bedarf bei Ihnen besteht. Somit erfolgt die Leistungskürzung bei Ihrem Bekleidungsgutschein um 25 Euro zu Recht. Durch Ihr Verhalten ist offenbar geworden, dass Sie es nicht notwendig haben, Wertgutscheine umfänglich für Ihre Bekleidung einzusetzen. Im Übrigen“ – und das ist mein Lieblingssatz – „ist der Einbehalt das verhältnismäßig mildeste Mittel, da die Behörde ihr Ermessen dahin gehend ausübt, dass die Kürzung auf diesen konkreten Einzelfall, wenn auch unter Vorbehalt, beschränkt bleibt.“
Meine Damen und Herren! Am Ende dieses Briefes steht: „Von daher muss bei der Kürzung der Grundleistung wegen des oben genannten Kaufversuches“ – ich wiederhole: Kaufversuches – „geblieben werden. Mit freundlichen Grüßen“, Unterschrift des Sachgebietsleiters.
Meine Damen und Herren, ganz ehrlich: Bei solch einem Schreiben hat der Empfänger wirklich die Brille auf und die 25 Euro waren für die Abfassung des Briefes vermutlich notwendig.
Frau Kollegin, sind Sie wirklich der Meinung – der deutsche Steuerzahler zahlt ja Millionen für Asylanten, die nach Deutschland kommen – –
Und für Asylbewerber. Sind Sie wirklich der Meinung, dass der deutsche Steuerzahler an der Stelle auch noch für Asylbewerber den Schmuck kaufen soll, wenn er schon dafür sorgt,