Protocol of the Session on March 11, 2005

Zum zweiten Teil des Antrages, mit dem versucht wird, den europarechtlichen Hintergrund der Kommissionsentscheidungen und ihre Legitimation zu hinterfragen, so wie es die NPD-Fraktion formuliert hat. Die dort angeführten Überlegungen greifen wesentlich zu kurz. Nicht Artikel 20 Grundgesetz, sondern Artikel 23 Grundgesetz ist hierfür entscheidend. Die EU-Kommission ist hinreichend demokratisch legitimiert. Das Grundgesetz ermächtigt in Artikel 23 den Bund ausdrücklich dazu, durch Gesetz und mit Zustimmung des Bundesrates Hoheitsrechte zu übertragen. Über den Bundesrat und die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wird den Interessen und Belangen der Bundesländer ausreichend Rechnung getragen. Mit dem nach Artikel 23 Grundgesetz erforderlichen Übertragungsgesetz ist eine ununterbrochene demokratische Legitimationskette gewährleistet. Das Bundesverfassungsgericht hat das in seiner Rechtsprechung vielfach festgestellt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wer nicht mit allen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes einverstanden ist, stellt doch dieses Gericht nicht grundsätzlich infrage. Das gilt auch für die EUKommission und das Beihilferecht der EU. Die Bundesrepublik und der Freistaat Sachsen profitieren in höchstem Maße von der Europäischen Union und der europäischen wie auch internationalen Zusammenarbeit. Der Außenhandel mit den EU-Partnern hat für die sächsische Wirtschaft und nicht nur für die großen Unternehmen eine immense Bedeutung und damit auch für viele sächsische Arbeitsplätze.

Frau Simon, ich erlaube mir einen Hinweis: Ein Unternehmen wie Porsche ist ohne staatliche Fördermittel nach Sachsen gekommen, was ich ausdrücklich würdigen möchte.

(Dr. André Hahn, PDS: AMD!)

Dann muss man aber bei der Wahrheit bleiben. Man kann nicht alles in einen Topf werfen, sondern ich finde es anerkennenswert, wenn ein Unternehmen aus anderen

Gründen in unser Land kommt und keine staatlichen Subventionen erhält. Ich finde das sehr anerkennenswert.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Europäische Fördermittel bzw. europäische Förderregeln haben es möglich gemacht, dass in der Lausitz viele Unternehmen unterstützt wurden, die dort Arbeitsplätze geschaffen haben oder sicherten. Ich nenne dazu Beispiele: OKA Büromöbel GmbH & Co. KG in Neugersdorf, MBN Maschinenbaubetrieb Neugersdorf GmbH, HKM Kunststoffverarbeitung GmbH Neugersdorf, Frottana GmbH & Co. KG Großschönau, Damino GmbH Großschönau, Ploucquet Textiles Zittau GmbH. Diese Liste, die ich fortsetzen könnte, zeigt, dass es auch in der Lausitz gute Chancen gibt, die aus Brüssel finanziell unterstützt werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass das notwendige privatwirtschaftliche Engagement vorhanden ist.

Frau Simon, wenn es uns gelingen sollte – Sie haben sich ja gerade in die Pflicht genommen –, tatsächlich das Hausbank-Engagement zu organisieren, stehen wir mit unserem Förderinstrumentarium zur Verfügung. Ich möchte, dass das Unternehmen und die Arbeitsplätze in der Oberlausitz erhalten werden, aber wir können nur das tun, was rechtlich sauber machbar ist.

(Beifall bei der SPD, der CDU, der PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Danke schön. – Das war die erste Runde. Besteht bei den Fraktionen noch Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren! Der Abg. Müller hat vorhin den Änderungsantrag, der den Originalantrag hundertprozentig ersetzt, eingebracht. Gibt es hierzu Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Herr Lehmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag der NPD-Fraktion zielt auf die Europäische Kommission. Wer aber den Schlüssel für die Lösung des Problems allein in Brüssel sucht, der denkt nicht weit genug. Der Vortrag von Herrn Staatsminister Jurk hat das eindrucksvoll bestätigt. Entscheidend für den Fortbestand der NEL, in welcher Form und Größe auch immer, ist es, ob es gelingt, einen Privatisierungspartner zu finden, dessen unternehmerisches Konzept die Banken überzeugt. Hier lag bisher das Problem. Dort liegt auch der Schlüssel zur Lösung des Problems.

Ich bin sicher, dass sich bei einem vorliegenden Konzept die Europäische Union nicht sperren wird. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit hat dafür sichere Hinweise. Das ist der Königsweg.

Wenn es trotz aller Anstrengungen nicht gelingen sollte, das Unternehmen in der bisherigen Struktur zu erhalten, muss alle Kraft in die Bewahrung des zukunftsfähigen Kernes gesteckt werden. Der Verkauf einer funktionsfähigen Einheit, auch wenn sie nur ein Teil des jetzigen Ganzen ist, muss Vorrang gegenüber einer gleich wie gearteten Verwertung haben.

Von der Befassung hier im Plenum ist meiner Auffassung nach heute das klare Signal an die Staatsregierung

und all die handelnden Personen ausgegangen, alles zu tun, um am Standort Neugersdorf die Arbeitsplätze zu erhalten. Das hat die Aussprache bestätigt, wofür ich dankbar bin. Deswegen ist der Änderungsantrag der NPD aus meiner Sicht verzichtbar und darum werden wir ihn ablehnen.

Frau Simon, ich sehe, dass Sie auch dazu sprechen wollen. Bitte schön.

Vielen Dank, Herr Präsident! Herr Müller hat sicher aus gutem Grund seine Rede zu Protokoll gegeben. Wenn er zu dem ursprünglichen Antrag gesprochen und sich die Antwort der Staatsregierung durchgelesen hätte, dann hätte er nämlich merken müssen, dass sich der Änderungsantrag erledigt hat. Denn auf Ihr Anliegen, alles auf die EU zu schieben, hat die Staatsregierung in Punkt 6 die richtige Antwort gegeben. Das Leben ist eben nicht so einfach, wie Sie das immer darstellen. Wenn wir als PDS-Fraktion diesen Antrag jetzt ablehnen, dann geschieht das nicht deswegen, weil wir die NEU ERBA LAUTEX und die neuen Bemühungen nicht unterstützen würden, sondern weil wir uns entschieden gegen Ihre europafeindliche Suppe auf Kosten der Textilindustrie in der Oberlausitz wenden.

(Beifall bei der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Gibt es weiteren Aussprachebedarf zum Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann hat die NPD-Fraktion das Schlusswort. Drei Minuten, Herr Abg. Leichsenring.

(Karl Nolle, SPD: Lass doch mal den Apfel reden!)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wen wir reden lassen, überlassen Sie mal uns. Ihnen überlassen wir es gar nicht, Herr Nolle! Wie lautet der Änderungsantrag der NPD, meine Damen und Herren? „Die Staatsregierung wird ersucht, alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um das Unternehmen zu retten.“ Nicht mehr und nicht weniger steht da drin.

Ich beneide Sie überhaupt nicht um Ihre Rolle. Selbst in einem so sachlichen Antrag müssen Sie noch das Hakenkreuz unterbringen und den Nationalsozialismus hineindichten. Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der NPD – Proteste bei der PDS)

Ich finde es gut, dass diese Veranstaltung öffentlich ist. Denn da oben sitzen viele Mitarbeiter von LAUTEX. Die werden das demokratische Trauerspiel miterleben, wenn Sie diesen Antrag ablehnen, dass die Staatsregierung sich verwenden möge.

(Martin Dulig, SPD: Die lassen sich von Ihnen nicht instrumentalisieren! – Zurufe von der PDS)

Ihnen sind antifaschistische Rituale wichtiger als das Schicksal der Menschen da oben. Da sage ich nur: Pfui Teufel!, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der NPD – Stefan Brangs, SPD: So ein Schwachsinn! – Proteste bei der PDS und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Sagen Sie doch den Menschen, dass Ihnen deren Schicksal scheißegal ist! Sagen Sie es doch so deutlich! Da oben sitzen sie. Sie lehnen das ja bloß ab, weil das von der NPD kommt.

(Stefan Brangs, SPD: Das ist glatter Populismus! – Proteste bei der PDS und der SPD)

Der Staatsminister hat natürlich getreu der Ausarbeitung geantwortet, die ihm das Referat 21 zum NPD-Antrag gemacht hat.

(Staatsminister Thomas Jurk: Das stimmt alles nicht, das ist nicht das Referat 21 gewesen, Sie kennen das Haus nicht.)

Na gut, wenn ich es nicht kenne – dann gebe ich Ihnen einfach mal ein Duplikat davon. Das hat Ihr Referat ausgearbeitet.

(Der Abg. Uwe Leichsenring, NPD, übergibt dem Staatsminister einige Blätter.)

Sie brauchen nicht denken, dass wir nur in der CDUFraktion Freunde haben. Wir haben auch da drüben Freunde sitzen, die uns so etwas immer mal zuspielen.

(Beifall bei der NPD)

Sie dürfen nicht denken, dass wir auf der Wurstsuppe hergeschwommen sind.

Wir werden uns auch weiterhin für die Menschen, die sich an uns wenden, einsetzen und ihre Probleme aufgreifen, ob Ihnen das passt oder nicht. Sie können das gern als Populismus bezeichnen. Die Menschen auf der Tribüne werden sich ein Bild davon machen können. Ich hoffe nur, dass Sie von denen nie wieder eine Stimme bekommen. Das ist auch gut, wenn das so passiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der NPD)

Wenn das Ihr demokratisches Verständnis ist, dass Sie einen wohlmeinenden Antrag ablehnen, der nichts anderes fordert als die Staatsregierung zu bitten, alles Mögliche zu tun, um das Unternehmen zu retten, dann ist das sehr bezeichnend für Sie.

Ich bitte an dieser Stelle jenseits aller Polemik die Staatsregierung noch einmal, die noch verbleibenden 14 Tage zu nutzen.

Ich bitte auch um namentliche Abstimmung, damit später nachvollziehbar ist, wer hier seine Stimme versagt hat, wenn es um die Rettung von 200 Arbeitsplätzen geht.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Das war das Schlusswort. Demzufolge kommen wir zur namentlichen Abstimmung.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Es gibt einen Änderungsantrag!)

Herr Kollege Porsch, wir sprechen seit Minuten über den Änderungsantrag. Der ersetzt den Originalantrag. Also stimmen wir über den Änderungsantrag ab. Das war allgemein bekannt.

(Karl Nolle, SPD: Apfel, wo hast du deine Hakenkreuzfahne?)

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur namentlichen Abstimmung über die Drucksache 4/1002. Wir beginnen mit dem Buchstaben S.

(Namentliche Abstimmung – Ergebnis siehe Anlage)