Ist es vertretbar, dass man mit Steuergeldern Managementfehler ausbügelt und dass man ein Signal an andere Unternehmen aussendet: Wenn es hart auf hart kommt und ihr habt das Ding in den Sand gesetzt, dann kommt der Staat und gibt euch das Geld, damit es weitergeht? Das kann doch wirklich nicht im Interesse der Sache sein.
Wir haben auch für andere Bereiche Verantwortung zu tragen. Dabei muss man genau hinsehen und mit Fingerspitzengefühl an die Sache herangehen und überlegen, ob man in diesem konkreten Fall einen solchen Weg gehen kann.
Deshalb macht es Sinn neben dem, was mein Kollege Rasch zum Thema EU schon gesagt hat, ob man die EU ins Boot bekommt oder nicht – ich halte viel davon, dass das so ist, damit man hinterher nicht einen Rüffel bekommt für das, was man getan hat; Stichwort Beihilfe –, dass man die Gespräche führt; und dass die Bundesregierung daran beteiligt werden muss, ist, glaube ich, auch unstrittig. Es geht im Wesentlichen darum, dass man überlegen muss, wenn es eine existenzielle Krise in der Chipindustrie gibt, wenn es so ist, dass die Produktionskosten dermaßen gesunken sind, dass die Produkte, die dort erarbeitet werden, auf dem Weltmarkt nicht mehr die Preise erzielen, was man tun kann, den Standort zu sichern und ihn gleichzeitig wettbewerbsfähig zu halten.
Es macht doch keinen Sinn – ich hätte fast gesagt, für ein totes Pferd, aber das will ich nicht tun, das wäre ein falscher Vergleich –, für ein krankes Pferd noch einmal ein neues Zaumzeug und einen neuen Sattel zu kaufen, um dann zu sehen, dass es damit doch in die Knie geht.
Man muss doch genau überlegen: Wie geht man mit dem Geld um? Wo setzt man das Geld ein? Was ist am Ende die sichere Überlegung, dass man weiß, damit hat man den Wettbewerb für das Unternehmen weiter gestaltet? Man weiß, dass man damit eine Zukunftsfähigkeit für das Unternehmen herstellt.
Aber – das will ich zum Schluss doch noch sagen – all das, was wir hier gerade machen, ist mehr oder weniger, in die große Glaskugel zu sehen. Wir sind an den Gesprächen nicht beteiligt. Aber wir wissen schon aus Sicht der Linksfraktion, wer schuld ist, wenn es nicht funktioniert. Ich hätte lieber einen vollkommen anderen Ansatz.
Ich bin mir sicher, dass die Staatsregierung ihr Bestes versucht. Ich bin mir auch sicher, dass wir alles daran setzen werden, sowohl Qimonda als auch die sächsischen Zulieferer in Sachsen zu unterstützen. Und ich bin mir ebenfalls sicher, dass wir genau hinsehen müssen, wenn wir Steuermillionen einsetzen: Welche Verantwortung haben wir dort gegenüber dem Steuerzahler? Insofern ist für mich heute dieser Antrag auch mit Blick darauf, –
– dass die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen laufen müssen und nicht über die Presse ausgetragen werden, eigentlich wenig hilfreich.
Herr Brangs, eine Frage zum Ende Ihres Redebeitrages. Ich habe verlangt, dass der Landtag einbezogen wird. Sie haben jetzt gesagt, Sie vertrauen der Staatsregierung. Sind Sie dagegen, dass im Landtag, nachdem das Gutachten jetzt vorliegt, auch im Ausschuss gemeinsam darüber gesprochen wird?
Aber Sie versuchen natürlich, das anders darzustellen. Ich habe gesagt: Das Parlament ist durch den Wirtschaftsausschuss informiert. Wir haben im Wirtschaftsausschuss sowohl im Oktober als auch im November – ich würde gern antworten, dann können Sie eine nächste Frage stellen – das Thema behandelt. Es ist Auskunft gegeben worden, und zwar einmal vom Minister und im zweiten Fall vom Staatssekretär. Er hat gesagt, er bittet darum, dass man jetzt nicht alle Details im Ausschuss austrägt, weil es auch um Firmengeheimnisse
und andere Fragen geht. Deshalb, glaube ich, ist das Parlament schon lange beteiligt. Ich meine, dass dieser Antrag wenig hilfreich ist. Insofern bitte ich darum, dass Sie ihn ablehnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Herren in München hatten Zeit, viel Zeit. Fast zehn Jahre lang durfte der Vorstand von Infineon so ziemlich alles ausprobieren, was die moderne Betriebswirtschaftslehre hergibt.
Mal wurde diversifiziert, dann wurde unvermeidlicherweise globalisiert, zuletzt standen die Kernkompetenzen im Mittelpunkt der Bemühungen. Mit Ausnahme eines einzigen Jahres waren die Ergebnisse enttäuschend. Nie aber waren die Ergebnisse so schlecht wie im Geschäftsjahr 2007/2008. Wohl selten zuvor hat ein DAX-Konzern so schlechte Zahlen vorgelegt wie Infineon am 3. Dezember dieses Jahres.
Es war nicht nur der astronomische Jahresverlust, der die Analysten schockierte. Als noch düsterer und bedrohlicher wurde der Ausblick empfunden, nach dem Infineon einen Umsatzrückgang von mindestens 15 % und einen nochmals höheren Verlust im kommenden Geschäftsjahr erwartet.
Der mit Abstand höchste Verlustanteil innerhalb des Infineon-Konzerns von 3 Milliarden Euro weist die Tochter Qimonda aus, der nach Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden Peter Bauer im März 2009 das Geld ausgehen wird, falls keine Hilfe von außen kommt.
Qimonda ist inzwischen für Infineon wegen des dramatischen Kursverfalls nichts mehr wert. Wie Finanzvorstand Markus Schröder eingestand, wurde der Buchwert der Aktie von 2,80 Dollar auf Null reduziert. Die gesamte Buchwertabschreibung im abgelaufenen Geschäftsjahr beträgt damit 1,3 Milliarden Euro.
Trotzdem kann Qimonda dem Halbleiterkonzern in naher Zukunft noch weitere bilanzielle Lasten verursachen. Zwar erwartet Infineon keinen weiteren Einfluss der Speicherchiptochter mehr auf das Ergebnis, Schröder wies aber auf einen Wertberichtigungsbedarf von zuletzt 187 Millionen Euro im Zusammenhang mit unrealisierten Währungseffekten im Falle einer Trennung hin.
Die wirtschaftliche Situation bei Qimonda ist nicht nur ein über dem gesamten Elbtal und Dresden schwebendes Damoklesschwert, da Infineon inklusive seiner Tochter der größte Arbeitgeber Ostsachsens ist und in dieser Region rund 5 000 Menschen beschäftigt, sie ist auch eine schallende wirtschaftspolitische Ohrfeige für alle Landesregierungen seit der Wiederbegründung des Freistaates.
Die Ansiedlung von Infineon und Qimonda am Dresdner Stadtrand wurde Mitte der Neunzigerjahre von der Politik noch frenetisch gefeiert. Es wurde behauptet, dass diese Ansiedlung der Beweis für die angeblich so hohe Wirtschaftskompetenz der Regierung Biedenkopf sei. Das Wort vom Silicon Saxony machte die Runde.
Dieser alberne Anglizismus überdeckt aber bloß die Tatsache, dass der vermeintliche Erfolg der Halbleiterindustrie eine bloße Scheinblüte war, die mit horrenden Subventionszahlungen in Milliardenhöhe erkauft wurde und die am Tropf eines launischen Weltmarktes hing, der ständig zwischen Boom und Depression oszillierte.
Das Gerede vom Silicon Saxony überdeckte weiter, dass der Halbleiterstandort Dresden gänzlich von den sogenannten Schweinezyklen der Prozessor- oder Speichermarktproduktion abhing und der so hoch gelobte Halbleiterleuchtturm Dresden schon immer eher einem wackligen und einsturzgefährdeten Turmbau zu Babel glich.
Es ist schlichtweg erschütternd, wenn man in einem Artikel der „Sächsischen Zeitung“ vom 28.10.2008 lesen muss, dass jeder Arbeitsplatz bei Qimonda angeblich eine Million Euro gekostet haben soll. Was hätte man mit diesem Geld nicht alles machen können, um eine krisenfeste, beschäftigungsintensive, breit aufgestellte Wirt
Schon jetzt beschäftigen nach Angaben des Statistischen Landesamtes die mittelständischen Firmen mit bis zu 250 Beschäftigten doppelt so viele Leute wie die wenigen Großbetriebe, die es im Umkreis von Dresden gibt. Schon jetzt also ist der Dresdner Mittelstand der Arbeitsplatzmotor der Region, der seine großen wirtschaftlichen Leistungen ohne Milliardensubventionen erbringt. Warum hat man beim Aufbau des IT-Standortes Dresden nicht die kleinen Spezialisten und anwendungsbezogenen Mittelständler gefördert, die Krisen in ihrer Nische überleben und im Abschwung Stabilität bieten?
Das alles hat die Staatsregierung auf fahrlässigste Weise unterlassen, obwohl klar war, dass die subventions- und weltmarktabhängigen Leuchttürme in den sächsischen Metropolen schnell verlöschen werden, wenn die Weltwirtschaft in eine Krise gerät, genauso wie wir das jetzt erleben. Es reicht ganz und gar nicht, wenn Sie, Herr Ministerpräsident, nun ins andere Extrem verfallen und geheimnistuerisch warnen, dass der Freistaat Sachsen sich nicht von Qimonda und seiner Konzernmutter Infineon erpressen lassen dürfe. So einfach dürfen Sie es sich bitte schön auch nicht machen.
Die verfehlte Förderpolitik der von Ihrer Partei dominierten Staatsregierung der letzten 20 Jahre ist in hohem Maße verantwortlich für die weder tragfähigen noch nachhaltigen Wirtschaftsstrukturen am Halbleiterstandort Dresden. Sie können sich jetzt nicht wie der letzte sächsische König Friedrich August III. mit einem nonchalanten „Macht doch eiern Dreck alleene!“ aus der Affäre ziehen, wenn es allein bei Infineon und Qimonda um 5 000 Arbeitsplätze, um 5 000 Existenzen geht und Sie als sächsischer Ministerpräsident dafür verantwortlich sind, Schaden von den 5 000 Existenzen abzuwenden. Nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihrem hessischen Kollegen und Parteifreund Roland Koch, der auf den Hilferuf von Opel hin einen landeseigenen Bürgschaftsschirm in dreistelliger Millionenhöhe aufspannte, um Arbeitsplätze in Hessen zu sichern. Vergessen wir nicht, Dresden ist ähnlich stark von Infineon, Qimonda und AMD abhängig ,wie Rüsselsheim, Bochum oder Eisenach von Opel abhängig sind.
Es ist höchste Zeit, dass Sie den Landtag über den Verhandlungsstand wirklich ernsthaft unterrichten, endlich ein tragfähiges Rettungskonzept vorlegen und dabei die Renditeziele und Umsätze nennen, die mittel- oder langfristig erreicht werden sollen. Legen Sie auch endlich die Karten in Bezug auf die angeblich stattfindende Erpressung durch Qimonda auf den Tisch und hören Sie auf, in raunenden Andeutungen zu sprechen. Wenn Sie erpresst werden, dann, bitte schön, nennen Sie uns hier Ross und Reiter; wenn Sie aber nicht erpresst werden, hören Sie auf, die Verhandlungen durch solche unnötigen Einlassungen zu erschweren.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Erhalt eines einzelnen bestimmten Unternehmens um des Unternehmens willen kann nicht staatliche Aufgabe sein. Im Fokus staatlicher Politik steht der Erhalt von Arbeitsplätzen, aber auch der Erhalt eines Technologiestandortes, wie wir ihn hier in Dresden haben. Mein Geschäftspartner Christian Steinbach und ich – und ich hoffe, auch die Staatsregierung – wissen, –
dass ein Unternehmen nur langfristig überlebt – Herr Brangs, Sie wissen das auch –, wenn es Gewinne macht.
Wir haben heute gehört, dass es sich auch im Fall Qimonda um Managementfehler handelt. Es ist eben nicht nur die Finanzkrise, wie Sie zu Recht gesagt haben, Herr Brangs, nicht nur eine allgemeine Wirtschaftskrise, sondern Unternehmen, die nicht gut aufgestellt sind, reagieren in Krisenzeiten anfälliger. So ein Beispiel ist Qimonda. Hier wurden Innovationen und Investitionen versäumt. Das rächt sich in schlechteren Zeiten. Aber wenn es eine Unterstützung des Staates gibt, muss auch klar sein, dass das Unternehmen mit der Unterstützung und einem Konzept mittelfristig wieder auf Erfolgskurs kommt. Ansonsten investieren wir in ein sterbendes Unternehmen und nicht in die Zukunft.
Schauen wir uns an, wie es gelaufen ist. Am 27.10.2008 hat das Qimonda-Management verlauten lassen, Sachsen prüfe eine Teilverstaatlichung. Wohlgemerkt war es nicht die Staatsregierung, sondern das Management von Qimonda. Der Konzern könne ja Aktien ausgeben und diese an den Freistaat verkaufen. So hat man sich das vorgestellt, um das Unternehmen zu retten. Herr Jurk, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie teilverstaatlichen wollen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, Herr Brangs, dass Sie das wollen. Nur, anstatt diesem Ansinnen des Managements kraftvoll entgegenzutreten, Herr Jurk, haben Sie quasi am 01.12.2008 hastig beigepflichtet, indem Sie gesagt haben, zur staatlichen Hilfe gebe es keine Alternative. Genau das ist der Punkt, den ich kritisiere.
Herr Brangs, Sie können nicht kritisieren, dass Herr Koch eine Politik von Pressekonferenzen macht, und wenn Herr Minister Jurk genauso eine Ankündigung macht, dann finden Sie das in Ordnung. Man muss Gleiches bitte auch gleich bewerten.