Protocol of the Session on December 11, 2008

Es ist schon so, dass wir vor der Aufgabe stehen, vor allen Dingen Arbeitsplätze zu retten.

Wenn ich Ihren Antrag lese, stelle ich fest, dass Sie einen Bericht zu Aktivitäten haben wollen. Das mag in gewissem Umfange gehen. Aber Sie wollen zu Vorhaben, Plänen und Rettungsoptionen die Details erfahren. Auch ich kenne sie nicht. Das werden wir tunlichst diskret behandeln. Vor allem die in der Staatsregierung Aktiven werden das im Blick behalten müssen. Dem naivsten Mitbürger ist klar, dass man über solche Dinge nicht auf dem großen Platz verhandelt, sondern dass vieles im kleinen Kämmerlein ablaufen muss. Anderenfalls würde man Verhandlungspositionen von vornherein aufgeben.

(Beifall bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Diesbezüglich, so meine ich, wären auch Sie von der Linksfraktion einer größeren Sachlichkeit verpflichtet.

Es geht tatsächlich um eine große Zahl von Arbeitsplätzen, nämlich ungefähr um ein Zehntel dessen, was bei uns im Bereich der Mikroelektronik gewachsen ist. Übrigens haben die vergangenen sechs Jahre 50 % dieses Wachstums an Arbeitsplätzen gebracht. Wir haben es also mit einer äußerst erfolgreichen Entwicklung zu tun. Jetzt geht es darum, diese zu verstetigen.

Nun stehen wir vor der Frage: Können wir uns für staatliches Geld so einfach Zukunft kaufen? Oder kaufen wir den verzögerten Tod auf Raten? Das ist das, was für den Steuerzahler in keiner Weise attraktiv sein kann.

Zunächst müssen wir klären, wo Qimonda technologisch steht und wie sich der Markt darstellt. Technologisch gesehen hat Qimonda mit BWL tatsächlich mindestens einen großen Joker. BWL steht in diesem Fall nicht für Betriebswirtschaftslehre – sie würde manchmal auch ein Stück weit helfen; in diesem Punkt hilft sie allein uns nicht –, sondern für „Buried Wordline“. Mit dieser Technologie sind kleinere Speicher schneller und billiger zu produzieren. Wenn das dann noch mit dem Übergang von der 65-Nanometer-Technologie auf die 46-NanometerTechnologie verbunden ist, dann kann man bis etwa Ende nächsten Jahres die Kosten pro Speicherschaltkreis halbieren.

Wenn Sie Ihren eigenen Computer mit einem neuen Speicherriegel aufgerüstet haben, wissen Sie, dass Sie vor einem halben Jahr vielleicht 20 Euro für das Gigabyte bezahlen mussten; inzwischen bekommen Sie den gleichen Speicherriegel für 10 Euro. Das Produkt von Qimonda mag 14 Euro kosten, weil es ein Qualitätsprodukt ist. Dennoch beschreibt das den rasanten Verfall der Preise.

Hinzu kommt der verbesserte Grafikspeicher GDDR 3, mittlerweile zu GDDR 5 entwickelt und damit dreimal schneller als das vorangegangene Produkt.

Ich sehe, was die Technologie angeht, mit Sorge, dass die Serialisierung der Ein-/Ausgabe der Speicherschaltkreise, an der viele große Konkurrenten intensiv arbeiten, zumindest in diesem Falle ohne Qimonda läuft.

Wo sind wir im Markt? Das ist tatsächlich das Feld im Elektronikmarkt, das am deutlichsten, am härtesten diesem sogenannten Schweinezyklus unterliegt, also zyklische Überproduktion, Preisverfall, Marktbereinigung und all das, was dann an Problemen daraus resultiert.

Die Frage ist: Wie ist das Einzelunternehmen dem ganzen wirtschaftlich gewachsen? Wir wissen, wie andere weltweit dieses Thema bewältigen, nämlich durch grenzenlose Subventionierung. Ich wünschte mir manchmal den Neelie Kroes für die gesamte Welt. Dann wäre das Geschäft einfacher.

(Beifall des Staatsministers Thomas Jurk)

Bezüglich dieser Frage Subventionswettbewerb schlagen auch zwei Herzen in meiner eigenen Brust. Im Grundsatz

brauchen wir diese Steuerung, die hin zu einem geringeren Subventionsanteil im Wirtschaftsleben führt, andererseits muss man sich im Klaren darüber sein – wir haben darüber ausreichend diskutiert –, dass es eben hier darum geht, europäische Wettbewerbspositionen gegenüber anderen Regionen der Welt zu sichern. Da müssen wir diese Thematik ein klein wenig anders sehen, als dies die Wettbewerbskommissarin sonst sieht.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Ich bin, meine Damen und Herren, genauso wie andere wohlmeinende Leute der Auffassung, dass wir diesen Kampf um die Rettung des Unternehmens führen müssen. Es geht um die Arbeitsplätze. Es geht um die Kompetenzen, die die Menschen haben, die in diesem Unternehmen tätig sind. Es geht auch, meine Damen und Herren, um die Frage, Massenproduktion hier bei uns weiterhin am Leben zu erhalten, weil nämlich mit der Möglichkeit, eine wettbewerbsfähige Massenproduktion zu leisten, auch wiederum Kompetenzen zusammenhängen, nämlich im Bereich des Anlagenbaues, des Anlagenbetriebes usw., die uns helfen, diesbezüglich technologisch vorn dabei zu bleiben, also Massenproduktion als Technologietreiber.

Lassen Sie mich ein Drittes nennen, sicherlich nicht so hervorragend, aber ein Stück müssen wir auch im Blick haben, ob wir eine ausreichende Versorgungssicherheit unserer Wirtschaft haben, denn man weiß nicht, wie sich die Verhältnisse in der Welt entwickeln. Da ist es günstig, wenn Europa einen Fuß mit in der Tür hat.

(Beifall bei der SPD und des Staatsministers Thomas Jurk)

Worum geht es nun im Detail? Für die Europäische Union ist klar, wir müssen uns hier eine Flexibilität in der Bewertung durch die Europäische Union wünschen und fordern, und wir müssen einfach bezüglich der Subventionsrahmenbedingungen und Bewertungen Flexibilität gewinnen.

Für uns gilt eines: Es muss ein tragfähiges Konzept für die Zukunft geben, sonst hilft staatliches Geld, so viel Sie auch hineinschütten, am Ende nicht. Ohne Konzept läuft es nicht.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Linksfraktion)

Es ist natürlich klar, dass die bisherige Mutter, die nämlich drei Viertel der Anteile hält, also Infineon, hier nicht aus der Verantwortung entlassen werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Sie muss das leisten, was ihrerseits zu leisten ist.

Wenn Sie schon einmal das Thema Insolvenz an die Wand gemalt haben, dann muss man wissen, es gibt nicht nur Kosten der Insolvenz für die Arbeitnehmer, sondern auch für die unternehmerische Seite. Das muss man mit in Rechnung stellen, wenn wir dabei Unterstützung leisten, Infineon von diesen Kosten bei der Fortführung des Unternehmens zu entlasten.

Herr Rasch, Sie gestatten sicher eine Zwischenfrage?

Werter Kollege Rasch! Sie haben gerade vom Konzept gesprochen. Ich muss fragen: Wer hat eine andere Meinung gegenüber Ihrer Aussage aufgestellt? Wer soll das Konzept machen?

Sie haben politische Bekenntnisse gefordert. Politische Bekenntnisse sind gut, politische Bekenntnisse helfen in diesem Fall ohne ein klares Konzept und vertragliche Regelungen mit allen Beteiligten beim besten Willen nicht.

Ich habe also die zwei Voraussetzungen genannt. Wenn diese erfüllt sind, halte ich staatliches Engagement für möglich und sinnvoll. Dann bin ich davon überzeugt, dass sowohl in der Staatskanzlei als auch im Wirtschafts- und im Finanzministerium die Fachpartner vorhanden sind, die notwendig sind, um so ein Projekt, was sicher ein kompliziertes Projekt ist, ins Ziel zu führen.

Es gibt noch eine Nachfrage.

Ich bedanke mich für die reiche Wortwahl. Ich habe Sie nur gefragt, von wem Sie ein Konzept erwarten.

Die Politik wird zwar ihrerseits den einen oder anderen Aspekt an Überlegungen beisteuern können, aber am Ende müssen natürlich die Fachleute das Konzept bringen. Das kann man durch Gutachten verifizieren, was ja auch geschieht, aber die hauptsächlich konzeptionellen Überlegungen sind von denjenigen zu leisten, die das Geschäft kennen und seit Jahren betreiben.

Das ist richtig. Von dem Besitzer Qimonda, Infineon, wollen sie ein Konzept. Nun habe ich die Frage an Sie: Wirkt die Staatsregierung hier? Wir wissen das ja nicht.

Ich kann Ihnen diese Frage nicht beantworten. Vielleicht können Sie sie gegebenenfalls an den Minister stellen. Ich meine aber grundsätzlich: Das, was Sie in Ihrem Antrag an öffentlicher Verhandlung in aller Breite fordern, ist nicht das, was uns in diesem Falle hilft. Uns hilft ein schlagkräftiges Verhandeln der Entscheidungsträger der Staatsregierung. Dazu habe ich Zutrauen, nämlich dass unsere Leute das tun, was notwendig ist.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Für die SPDFraktion Herr Abg. Brangs, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat ist es so, dass es auch zur Politik gehört, dass man als Opposition auf Dinge aufspringt, weil man damit dokumentieren will, dass man weiß, wie die Probleme im Land aussehen. Insofern war so ein Antrag zu erwarten. Die Frage ist nur, ob das, was zu dem Antrag durch den Kollegen Zais ausgeführt wurde, wirklich sehr hilfreich ist, um die Situation vor allem im Interesse der Beschäftigten zu einem glücklichen Ende zu bringen.

Das eine, was Herr Zais hier noch einmal gesagt hat, war ein Vorwurf: Warum hat sich die Staatsregierung nicht so klar eingesetzt, wie Koch bei Opel? Woher wissen Sie, dass das nicht so ist? Glauben Sie eigentlich, dass sich nur dadurch, dass man die Boulevardpresse bedient und Pressekonferenzen wie in Hessen macht, sich irgendetwas in den Unternehmen verbessert hat? Glauben Sie nicht ernsthaft, dass es besser ist, dass man eine Verhandlungsstrategie wählt, an deren Ende ein Ergebnis steht, dass die Unternehmen in Sachsen bleiben und die Arbeitsplätze erhalten werden? Mir ist lieber, dass der zweite Fall eintritt, und nicht, dass wir uns darüber unterhalten müssen, wer medial welche Wirkungen erzielt und ob der Ministerpräsident oder Thomas Jurk weniger zitiert werden zum Thema Qimonda als Koch in Hessen zu Opel.

Wenn Sie in Ihren Ausführungen davon sprechen, dass es kein klares Bekenntnis zu Dresden und zu Sachsen gegeben hat, so habe ich aus den Verlautbarungen, die ich gelesen habe, genau das Gegenteil festgestellt. Sowohl Thomas Jurk als auch der Ministerpräsident wollen alles dafür tun, dass dieser Standort gesichert wird und erhalten bleibt. Es läuft eine Reihe von Gesprächen, mit denen man versuchen wird, eine Entscheidung zu treffen, dass Qimonda hier überleben kann.

Deshalb glaube ich, dass dieser Antrag nicht hilfreich ist, um die Situation so zu lösen, dass man am Ende sagen kann, wir haben gemeinsam für die Beschäftigten und für den Standort gestritten. Sie versuchen als Linke, wieder den schwarzen Peter zu verteilen, bevor wir überhaupt ein Ergebnis von der Staatsregierung vorgelegt bekommen haben. Wir haben in der Tat mit der sächsischen Mikroelektronik, mit dem Cluster der sächsischen Mikroelektronik, mit rund 1 200 Unternehmen und 40 000 Beschäftigten eine besondere Verantwortung. Es ist natürlich auch richtig, dass das, was bei Qimonda passiert, alle Alarmzeichen auf Rot gestellt hat. Alle, die sich in den letzten Jahren für die Ansiedlung solcher Unternehmen eingesetzt haben, sind wahrscheinlich auch diejenigen, die Interesse daran haben, dass es weitergeht. Qimonda hat selbst reagiert und einen Plan vorgelegt, einen Restrukturierungs- und Kostensenkungsplan, in dem man vom Verkauf von Unternehmensbeteiligungen und der Entlassung von 3 000 Mitarbeitern weltweit, davon 950 in Dresden, und auch von Anlagenschließung in Virginia spricht. Das dokumentiert mehr oder weniger eine dramatische Situation.

Mit einer so einschneidenden Umstrukturierung verfolgt ein Unternehmen das Ziel, dass man nach wie vor für Investoren attraktiv bleibt. Es geht auch darum, dass die Zukunft des Standortes Dresden mit auf der Tagesordnung steht.

Es ist richtig, es gab in den letzten Wochen kaum einen Tag, an dem nicht das Thema Qimonda in den öffentlichen Medien vertreten war.

Wir haben uns bereits im November-Plenum als Koalition mit dem Thema auseinandergesetzt. Soweit ich mich erinnern kann, hat sich auch der Wirtschaftsausschuss, dem ich angehöre, mit diesem Thema auseinandergesetzt. Es gab ganz konkrete Nachfragen sowohl an den Staatsminister Jurk als auch an seinen Staatssekretär. Es ist so gewesen – so kann ich mich erinnern –, dass dazu Auskunft gegeben worden ist, dass aber gleichzeitig darum gebeten worden ist, dass man nicht alle Dinge breit austragen kann. Das liegt nun einmal in der Natur der Sache. Deshalb hat man um Verständnis gebeten, dass man das Gesamtanliegen verstanden hat, dass man als Staatsregierung handeln will, dass die Gespräche laufen, aber dass man nur das berichten kann, womit man nicht das Gesamtergebnis gefährdet.

Ich bin mir aber sicher, dass wir genau in dieser Frage auch im Ausschuss fortlaufend weitere Einzelheiten zu verschiedenen Vorgängen als Information herübergereicht bekommen. Insofern glaube ich, dass es nicht hilfreich ist, hier zu unterstellen, die Staatsregierung habe kein Interesse, das Parlament und die Ausschüsse zu beteiligen. Genau das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall der Abg. Enrico Bräunig, SPD, und Dr. Martin Gillo, CDU)

Wenn es also so ist, dass diese vielen Gespräche, die stattgefunden haben, nur einen Sinn haben, nämlich dass wir gemeinsam versuchen, dieses Unternehmen und damit auch die Arbeitsplätze zu retten, wenn es so ist, dass es neben der Staatsregierung, neben den Fraktionen auch Gespräche mit den Beteiligten gibt, das heißt mit den Gewerkschaften, mit Beschäftigtenvertretern, der Geschäftsleitung oder Geschäftsführung, dann ist es doch wirklich so, dass alle im Moment eines versuchen: ihre Hausaufgaben zu machen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Hausaufgaben zu machen, die sie können. Dabei sind unsere Möglichkeiten als Parlamentarier begrenzt und beschränkt. Die Staatsregierung hat schon mehrfach in der Öffentlichkeit gesagt, sie werde alles daransetzen, dass dieser Standort gesichert wird.

Aber – und jetzt kommt der große Moment – nun erinnere ich an unsere Debatte von heute Morgen. Wir haben uns heute Morgen über die Frage von Ursache und Wirkung unterhalten, über Finanzkrise, Bankenkrise, Unternehmenskrise und Managementkrise. Man muss immer genau abwägen und überlegen, wenn es darum geht, dass man Steuergelder einsetzt: Wer hat die Situation verschuldet?

(Beifall bei der FDP)