absolut vor Überwachung schützt, ein Dorn im Auge ist. Aber auch dazu sage ich: Es ist ein Richter notwendig.
Es ist zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht das letzte Wort hat. Die FDP-Politiker haben ja bereits Verfassungsbeschwerde angekündigt. – Herr Kollege, Sie nicken.
Alles in allem sind die Änderungen, die zum Gesetz erzielt wurden, gut zu akzeptieren. Wir kehren mit Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2009 zu einer verlässlichen Sicherheitspolitik für die Bundesrepublik Deutschland zurück; wir sind und bleiben ein verlässlicher Partner für unsere internationalen Gesprächs- und Bündnispartner, und die Länder erhalten die notwendige Unterstützung.
Wir werden daher beide Anträge der Opposition ablehnen. Die CDU in Sachsen bleibt weiter der Garant für innere Sicherheit – auch für die, die mit ihrem Antrag heute dagegen stimmen.
Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. – Herr Jurk, sprechen Sie jetzt als Fraktionsmitglied und Abgeordneter? – Gut, dann müssen wir – –
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sieben Jahre nach dem 11. September 2001 verfügen die deutschen Sicherheitsbehörden über erheblich mehr Instrumente zur Gefahrenabwehr als damals. Das scheint einerseits wichtig zu sein, um den Bedrohungen angemessen entgegenzutreten; zunehmend stellen sich aber immer mehr Menschen die Frage, was uns die immer weitergehenden Einschränkungen bürgerlicher Freiheiten noch bringen werden.
Sie fragen: Was darf der Staat noch alles tun, um meine Sicherheit zu schützen? – Meine Wohnung betreten, meine Post lesen, meine Telefonate belauschen, meinen Computer durchsuchen? Und wie ist das, wenn denn einmal andere an der Macht sind – solche, die es nicht mehr so genau mit den Gesetzen nehmen; die diese Instrumentarien nicht für die Sicherheit, sondern für eigene Zwecke nutzen?
Machen das die großen Unternehmen nicht sowieso schon alles: ihre Mitarbeiter belauschen, E-Mails mitlesen? Müssen wir unseren Rechtsstaat zu Tode schützen – so lange, bis alle bürgerlichen Freiheiten zugunsten einer vermeintlichen Sicherheit aufgegeben sind; so lange, bis
wir unsere Freiheit im Namen der Freiheit aufgegeben haben? Und warum reden die Politiker immer über neue Gesetze, wenn sie immer mehr Polizisten bei uns abziehen? – Das sind Fragen, die mir zunehmend auch insbesondere von jüngeren Menschen gestellt werden.
Aber auch die Älteren, die bei uns im Osten die Allgegenwart des sogenannten Staatssicherheitsapparates gespürt haben, fragen sich, wo es noch vor staatlichem Zugriff geschützt ist – das Leben der anderen.
Für mich gibt es keine Alternative zwischen absoluter Sicherheit und absoluter Freiheit. Beides ist innerhalb einer menschlichen Gesellschaft sowieso eine Illusion. Genauso wenig, wie es absolute Freiheit geben kann, kann es auch absolute Sicherheit geben. Wer auch nur eine annähernd absolute Sicherheit verspricht oder Menschen, die sich für ihre Bürgerrechte einsetzen, als Sicherheitsrisiko diffamiert, verblendet und verunglimpft die Menschen.
Deshalb kann es zwischen beiden Zielen, zwischen Freiheit und Sicherheit, immer nur eine Abwägung geben, und diese sollten wir im Zweifel zugunsten der Freiheit entscheiden – so wie uns das die Mütter und Väter des Grundgesetzes aus guten Gründen ins Stammbuch geschrieben haben, und so wie wir Sozialdemokraten das bis heute und in Zukunft halten wollen.
Sieben Jahre nach dem 11. September 2001 ist es an der Zeit, einmal innezuhalten und zu schauen, ob es weiter unbegrenzt nötig und sinnvoll ist, die Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten immer weiter voranzutreiben.
Dabei hilft uns ein Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Dieses hat in der letzten Zeit in bislang unerreichtem Ausmaß begonnen, immer neue Sicherheitsgesetze zu verwerfen. Ich erinnere nur an die jüngsten Entscheidungen zum Verbot des Abschusses entführter Flugzeuge, zum Verbot des automatischen KfzScannings oder zum Verbot der Online-Durchsuchung im Nordrhein-Westfälischen Verfassungsschutzgesetz. Diese Entscheidungen lehren uns, dass es in einem Rechtsstaat immer darum gehen muss, die größtmögliche Freiheit mit der größtmöglichen Sicherheit zu vereinbaren.
Dabei findet das staatliche Gewaltmonopol dort seine Grenzen, wo es den Kernbereich persönlicher Lebensführung und damit die Würde des Menschen berührt. Das heißt nicht, dass wir unsere Sicherheitsbehörden nicht in den Stand versetzen sollten, auf neue Bedrohungen und Technologien angemessen zu reagieren. Aber es kommt eben auf das Maß an, mit dem wir dies tun.
Ich halte deshalb auch das BKA-Gesetz für ein grundsätzlich notwendiges Gesetz; denn es ermöglicht uns, die organisatorischen Risiken, die der Föderalismus bei überregionalen Bedrohungen mit sich bringt, zu verringern. Hier wäre kaum etwas schädlicher als Zielkonflikte zwischen verschiedenen Sicherheitsbehörden. Dass das BKA dazu Befugnisse erhält, wie sie Polizeibehörden der
Länder bereits haben, ist ebenfalls konsequent; denn wer zuständig ist, muss auch die notwendigen Befugnisse erhalten.
Wie die Fraktion DIE LINKE hier auf eine Ausstattung des BKA mit nachrichtendienstlichen Befugnissen kommt, erschließt sich mir nicht. Ich rate Ihnen dazu, einmal einen Blick in die Gesetze über die Nachrichtendienste und den Entwurf des BKA-Gesetzes zu werfen. Dieser Blick sollte manchmal nicht nur die Rechtsfindung, sondern auch das Grundverständnis erleichtern.
Ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben uns nicht leicht getan mit dem BKA-Gesetz. Als Landesvorsitzender der sächsischen SPD bin ich aber froh und stolz, dass es die sächsische SPD war, die eine scheinbar bereits beendete Diskussion um die Online-Durchsuchung bundesweit noch einmal geöffnet und damit den entscheidenden Anstoß für substanzielle Verbesserungen für die Bürgerrechte erreicht hat.
Wurden wir anfangs noch dafür beschimpft, so haben wir heute einen Kompromiss erreicht, der sich sehen lassen kann.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Linken und von den GRÜNEN: Sie können hier im Parlament schwadronieren, wie Sie wollen – Sie haben nichts substanziell verändert, das haben wir geschafft!
Dabei haben wir uns bei der Online-Durchsuchung in drei von vier entscheidenden Punkten durchgesetzt. Bei der Anordnung der Online-Durchsuchung und bei der Auswertung der Daten muss jetzt immer ein Richter mitwirken. Die Eilfallkompetenzen des BKA sind somit vom Tisch.
Im Gegensatz zum ursprünglichen Entwurf kann das BKA nicht mehr in alleiniger Machtvollkommenheit entscheiden, wann es den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung erreicht hat und die Überwachung einstellen muss. Dies entscheidet nunmehr auch ein Richter.
Schließlich haben wir eine effektive Abgrenzung der Kompetenzen von Landes- und Bundesbehörden geschaffen, um Zielkonflikte zu vermeiden. – Bitte.
Vielen Dank, Herr Abg. Jurk. – Können Sie mir bitte beschreiben, welche konkreten Tätigkeiten Sie sich unter dem Begriff Sachleitung des Richters bei der Auswertung von Daten, die bei
der Online-Durchsuchung möglicherweise aus dem Kernbereich erhoben worden sind, vorstellen? Wie stellen Sie sich die konkrete Arbeit des Richters als Sachleitung vor?
Das stelle ich mir genauso vor, wie es die Praxis in Rheinland-Pfalz ist, wo nämlich genau diese Regelung der Sachleitung durch Gerichte im Landespolizeigesetz steht. Es wird also in der Praxis bereits angewandt.
Als Jurist ist mir der Begriff der Sachleitung durchaus nicht unbekannt, wenn auch in anderem Zusammenhang. Deswegen habe ich Sie ganz konkret gefragt, welche konkreten Tätigkeiten Sie sich unter Sachleitung in dieser Art vorstellen. Heißt das konkret, dass der zuständige Richter dann die Abhörprotokolle, die Protokolle der Online-Durchsuchung der geknackten Festplatte auf den Schreibtisch bekommt und dann selbst streicht oder nicht, oder wie stellen Sie sich das vor?
Das ist eine wesentliche Verbesserung zur bisherigen Regelung, die vorsah, dass sich lediglich zwei BKA-Beamte und der Datenschützer – wohlgemerkt, noch dazu des BKA – der Sache annehmen. Deshalb finde ich, dass die Unabhängigkeit eines Gerichtes genau dazu führt, dass unabhängig geprüft und entschieden werden kann, was mit den Daten passiert.
Herr Staatsminister, geben Sie mir darin recht, dass es ziemlich kompliziert und mit einem hohen technischen Aufwand verbunden ist, eine Online-Durchsuchung vorzubereiten, dass die Vorbereitung also Zeit braucht?
Wenn Sie mich jetzt als Techniker fragen, antworte ich Ihnen: Ich will in der Rede noch darauf eingehen. Vielleicht hören Sie erst einmal zu. Es ist schon zu hinterfragen, wie effizient die OnlineDurchsuchung wirklich durchgeführt werden kann.