Ich will gar nicht verhehlen, dass die Aktion Paragrafenpranger nicht alle Erwartungen erfüllt hat, die viele in sie gesetzt haben. Die Aktion Paragrafenpranger war ein bedeutender Schritt im Kampf gegen das Normendickicht. Nicht die Idee, nicht die Inhalte waren schlecht, sondern allenfalls das Verfahren hat sich in einigen Bereichen als nicht optimal, als nicht zielführend erwiesen. Die Widerstände der Fachbruderschaften hatten ein breites Ziel, sie konnten sich auf einen Gegner, eben den Paragrafenpranger, einschießen. Das haben wir verstanden und das werden wir ändern.
Ein Ergebnis hat die Aktion aber in jedem Fall erreicht: Durch den Paragrafenpranger sind sowohl Gesetzgebungs- und Verwaltungsorgane als auch die Öffentlichkeit für die Regulierung weiter sensibilisiert worden. Dies wird dazu führen, dass auch künftig den Aspekten der Deregulierung und des Bürokratieabbaus von allen Seiten und in allen Bereichen hinreichend Rechnung getragen wird. Vorrangiges Ziel muss es sein, bei neuen Vorhaben das Bewusstsein für sparsame und innovative Normensetzung weiter zu schärfen. Auch hier ist der Freistaat durch den Sächsischen Normenprüfungsausschuss, den andere Länder und der Bund übernommen haben, vorbildlich aufgestellt. Wir haben im Freistaat die wenigsten Gesetze und Verordnungen bundesweit. Herr Schiemann hatte bereits darauf hingewiesen.
Es gilt zudem, sich von dem Sicherheitsdenken zu lösen, alles bis ins letzte Detail zu regeln. Herr Zastrow, zu Ihrem Beispiel: Man muss in der Tat aus einem Fall nicht für die gesamte Republik eine Regelung ableiten. Das kann es nicht sein.
Ich möchte dabei betonen, dass Sachsen von vornherein großen Wert auf eine sparsame Regulierung gelegt hat. Auch hierzu darf ich an die Ausführungen von Herrn Schiemann erinnern. Viele Investitionen im Freistaat wären nicht möglich gewesen, wenn dieses unbürokratische und deregulierte Vorgehen in unseren Verwaltungen nicht längst schon Praxis wäre.
Von allen Bundesländern haben nur Sachsen-Anhalt und Niedersachsen weniger Gesetze und Rechtsverordnungen. Dieser beachtliche Umstand hat leider – oder ich sage besser: glücklicherweise – zur Kehrseite, dass damit unsere Möglichkeiten zur Deregulierung begrenzt sind. Wenn ich weniger Vorschriften habe, kann ich relativ wenig einsparen. Wer schon von vornherein eine sparsa
Das inhaltliche Bemühen um Deregulierung und Bürokratieabbau wird die Staatsregierung dennoch weiter verfolgen. Sie wird noch in dieser Legislaturperiode unter Beteiligung von Kammern, Gemeindeverbänden und Spitzenverbänden der Wirtschaft evaluieren, welche untergesetzlichen Deregulierungsmöglichkeiten bestehen.
Zu diesem Zweck wird Kollege Mackenroth mit Vertretern der genannten Institutionen in Kontakt treten, um mit ihnen gemeinsam das vorhandene Deregulierungspotenzial festzustellen und Lösungsmöglichkeiten zu erörtern.
Die entsprechenden Schreiben verlassen in diesen Tagen das Justizministerium. Der Prozess soll dazu führen, dass zum Beispiel Formulare verständlicher formuliert oder Antragserfordernisse gestrichen werden. Der „Einheitliche Ansprechpartner“, den wir im kommenden Jahr aufgrund der EU-Dienstleistungsrichtlinie einführen, wird weitere Impulse bringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Aktion Paragrafenpranger hat gezeigt, dass Deregulierung im Landesrecht schwierig, aber nicht unmöglich ist. Sie ist eine Daueraufgabe für die Staatsregierung, und wir werben weiterhin um Ihre Unterstützung; denn nur mit gemeinsamer Anstrengung werden wir das Ziel erreichen, den bürokratischen Aufwand für sächsische Bürgerinnen und Bürger und für sächsische Unternehmen spürbar und nachhaltig zu vermindern.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von der Fraktion der FDP, zum Thema „Scheitern des sächsischen Paragrafenprangers – Verpasste Chance zur Entlastung der Bürger und Unternehmen von Bürokratie“, beendet.
Zuerst spricht die Fraktion der GRÜNEN. Danach folgen CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, FDP und die Staatsregierung. Die Debatte ist eröffnet. Frau Hermenau, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Sie alle wissen, dass die Bundesregierung kurzfristig ein Konjunkturpaket aufgelegt hat. Wie ist die Lage? Warum macht sie das?
Die Lage ist so, dass sehr viele Unternehmen Gewinnwarnungen für dieses Quartal, aber auch für die folgenden beiden Quartale herausgeben. Seit September dieses Jahres gibt es Auftragseinbrüche. Man muss sich mal überlegen, wie lange ein Auftragsbuch im Voraus geplant wird! Es gibt dann auch weniger zu produzieren. Spätestens ab Ostern wird das der Fall sein. In den USA erholt sich der Markt nicht. Sie kommen nicht aus der Krise heraus. Wahrscheinlich war es doch ein strategischer Fehler, Lehman Brothers pleitegehen zu lassen. Selbst der Maßnahmenwechsel von Finanzminister Paulson in den USA in dieser Woche wird wahrscheinlich nicht sofort weiterhelfen.
Wir müssen uns also sehr genau ansehen, was dieses Konjunkturpaket der Bundesregierung für Sachsen bedeutet und was es bringen soll. Wir müssen uns eine eigene Meinung bilden. Eventuell müssen wir eigene Maßnahmen ergreifen, die uns klüger zu sein scheinen. Wir müssen uns entscheiden, ob wir bestimmte Maßnahmen des Bundes verändern oder gar ganz ablehnen
Wenn man sich dieses gesamte Maßnahmenpaket der Bundesregierung, das so weit bekannt geworden ist, ansieht, dann hat man das Gefühl, dass es ein wahlloses Sammelsurium ist. Das sieht übrigens auch der Sachverständigenrat so. Es sieht so aus, als hätte Frau Merkel ein riesiges Schrotgewehr mit einer sehr breiten Mündung geladen, und dann schießt sie mal ab und hofft, dass irgendetwas im Gebüsch tot umfällt. So kann man, glaube ich, keine vernünftige Variante des Eingehens auf die Konjunkturkrise beschreiten.
Die Krise ist übrigens vor allem durch überbordenden Konsum und überzogene Konsumerwartungen an den Börsen entstanden. Wenn man sich einzelne Maßnahmen des Paketes anschaut, hat man das Gefühl, nun soll mit dem, was die Krise verursacht hat – fehlgeleitetem Konsum –, geheilt werden, was eben dadurch entstanden ist. Wir halten es für absurd, dass man mit mehr Konsum die Konsumkrise bekämpfen soll. Das ist zum Teil haarsträubend.
Wir schlagen vor, eine bestimmte Richtung zu beschreiten. Wir alle wissen, dass es sich um eine von der Härte und Dramatik her bestimmt vergleichbare Krise handelt, die sich an unsere Gesellschaft heranschleicht: Das ist die Klima- und Umweltkrise. Diese sollten wir wirtschaftlich vorausdenken und als Teil der Lösung des Problems, das wir jetzt haben, betrachten.
Die Klimakrise wird die wirtschaftsschwachen Bundesländer sowieso am stärksten treffen. Sachsen ist durch den Klimawandel enorm verwundbar. Demnach haben wir guten Grund zu überlegen, was wir vorsorglich machen können. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, die die Konjunktur im Moment stabilisieren. Die Soli-II-Gelder laufen 2019 aus. Also denke ich, dass das genau der Punkt, der Fokus, ist, auf den wir alle Wertschöpfung in den nächsten Monaten legen sollten und die wir extra machen, um der Konjunkturkrise zu begegnen. Wir wollen eine nachhaltige Wertschöpfung, die über viele Jahre Bestand hat.
Wenn man sich die einzelnen Maßnahmen ansieht, die die Bundesregierung vorgeschlagen hat, dann stellt man fest, dass einige – das ist auf den ersten Blick erkennbar – ziemlich sinnlos sind, zumindest wenn man das Ziel hat, das ich soeben beschrieben habe. Sinnlos ist es zum Beispiel, eine Kfz-Steuer für Neuwagen auszusetzen, so wie es dort geplant ist. Das ist unökologisch und soll nur dazu dienen, die Halden der falschen Autos, die schon gebaut worden sind, abzubauen. Das ist doch Verdummung!
Die Handwerkerleistungen sollen zu 20 % auf 6 000 Euro im nächsten Jahr steuerlich absetzbar werden. Die Absetzbarkeit soll also verdoppelt werden. Da bin ich wieder bei dem Thema Schrotflinte. Das kann man überhaupt nicht zielgerichtet wahrnehmen. Deshalb denke ich, wenn man es machen will, dann sollte man es an ökologische Sanierung koppeln.
Die Belastungen für die Autoindustrie sollen begrenzt werden. Ganz konkret schwebt der Frau Kanzlerin vor, die Regelungen der CO2-Emissionen für Pkw auf der EUEbene 2012 „verkraftbar“ zu gestalten. Das heißt, sie will einfach die Grenzwerte für die deutsche Autoindustrie unterschreiten. Wir sind wieder bei den falschen Autos, die inzwischen in Deutschland auf Halde produziert werden, weil sie kein Bürger mehr kauft, der einigermaßen mitdenkt. Ich denke, dass die Autoindustrie ihre Produkte ändern sollte und nicht, dass die Maßnahmen an die Autos angepasst werden.
Ich bin durchaus ein Anhänger des Marktes als Instrument; das weiß jeder hier in diesem Haus. Der Markt arbeitet effizient. Aber bei der falschen oder fehlenden politischen Rahmensetzung macht er eben ganz effizient genau das Falsche. Wenn man sich einige andere Maßnahmen der Bundesregierung anschaut, dann gewinnt man den Eindruck, es handele sich hierbei um Wahljahrmaßnahmen. Berufsbegleitende Weiterbildung soll durchgeführt werden, um Entlassungen zu verhindern. Das klingt nach einem Parkplatz für Arbeitslose. Das Kurzarbeitergeld soll verlängert werden. Das ist ein Verschiebebahnhof, um die Arbeitslosenzahlen noch vor dem Bun
destagswahltermin künstlich niedrig zu halten. Das erinnert mich dramatisch an Herrn Blüm, der 1998 die Kurzfrist-ABM ins Leben gerufen hat, die exakt einen Monat nach der Bundestagswahl ihr Leben aushauchte. Dafür gibt es Erinnerungsbeispiele.
Im zweiten Teil der Diskussion werde ich mich darauf konzentrieren, was wir fokussieren, verbessern und unbedingt unterstützen sollten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Konjunkturpaket der Bundesregierung kommt zum richtigen Zeitpunkt und ist auch sinnvoll. Über die Einzelheiten werden wir sprechen.
Frau Hermenau, es ist natürlich schwierig, wenn der Export so stark eingebrochen ist. Gerade der Export nach den USA ist eingebrochen. Das aufzufangen, ist schwierig. Dass man ihn nicht zu 100 % mit Konsumtion auffangen kann, ist klar. Aber dass man ein paar sinnvolle Anreize setzen muss, ist sicher richtig, und genau das wird hier gemacht.
Zu den Ansätzen im Einzelnen. Der größte Brocken – dazu haben Sie gar nichts gesagt – ist die Kreditversorgung der Wirtschaft. Hier will die Bundesregierung mit 15 Milliarden Euro Unternehmen in der Finanzmarktkrise unterstützen. Wir werden darauf achten, dass das insbesondere klein- und mittelständische Unternehmen sind. Wir wissen, dass die Unternehmen für ihre Auftragsfinanzierung, für Investitionen und möglicherweise auch für Betriebsweitergaben Geld benötigen, und dass die Firmen momentan richtige Probleme haben, von den Banken Geld zu bekommen. Genau das wird mit diesem Paket unterstützt. Ich denke, das ist sehr sinnvoll. Dieses Paket könnten wir eigentlich immer gebrauchen.
Während fragwürdige Finanzprodukte und luftige Immobilienkredite in der Vergangenheit von den Banken bevorzugt wurden – sie haben ihr Geschäft im Wesentlichen darauf ausgerichtet —, wurden Unternehmen mit einem restriktiven Rating belegt. Das hat dazu geführt, dass einiges in der Wertschöpfungskette nicht so gelaufen ist. Das müssen wir schnellstens ändern.
Investitionen zur Gebäudesanierung – darin sind Sie mit uns sicher einer Meinung – sind immer sinnvoll. CO2Senkung ist das Thema, das uns jetzt und künftig stärker beschäftigen wird. Dafür sind 3 Milliarden Euro eingestellt. Dieses Geld kommt direkt unseren Bauhandwerkern, unseren mittelständischen Unternehmen zugute. Das ist wichtig. Im Freistaat Sachsen haben wir schon einige Programme laufen, die Klimaschutz, Energieeffizienz,
Die erhöhte Absetzbarkeit von Handwerkerrechnungen – diesen Punkt fordern wir schon lange – hat die Bundesregierung mit in das Konjunkturprogramm aufgenommen. Das ist ebenfalls eine sinnvolle Maßnahme.
Kommen wir zur Frage der Kfz-Steuerermäßigung. Darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Das sehe ich auch so. Es mag auch sein, dass ein zeitlich begrenzter Steuererlass den Kauf der Autos zunächst ein wenig voranbringt.
Ich denke, auch die Preispolitik der Autounternehmen könnte hier ein wenig eingreifen, wenn man daran denkt, dass es auf dem europäischen Markt Preisunterschiede bis zu 25 % gibt. Dort sind Spielräume drin. Die Verschrottungsprämie usw. – gut, wer sein Auto weiterhin fahren will, der muss es ja nicht verschrotten; aber man versucht eben, die Binnennachfrage im Automobilbereich anzukurbeln. Ich sehe diese Maßnahmen eigentlich als eine Anpassungsphase, denn wir müssen zu anderen Antriebsarten kommen. Das ist auch der Automobilindustrie bewusst. Ich war vor drei Wochen in Sindelfingen. Dort hatten wir ein Gespräch mit dem Entwicklungsvorstand von Mercedes. Dieser hat eingeräumt, dass sie eigentlich einige Jahre nicht geschlafen, aber zumindest ihre Schularbeiten nicht gemacht haben und dass man jetzt ganz verstärkt auf alternative Antriebsarten, auf alternative Konzepte, auf geringere Verbrauche usw. Wert legt. Das ist eine richtige Zielrichtung. Sie wird uns weiterbringen. Dazu müssen wir eine Anpassung ermöglichen, denn in den Autos sind Riesenvermögen gebunden.