Protocol of the Session on November 14, 2008

Herr Hilker sprach von „Stätte der Berichterstattung“. Ich habe ja deutlich gemacht, dass wir einerseits mit den Fragen, die wir stellen, natürlich auch inhaltliche Auseinandersetzungen anregen wollen. Und ich habe Ihnen durch meinen Beitrag signalisiert, dass ich schon der Meinung bin, dass wir auch Diskussionen auslösen und forcieren können, in welche Richtung sich das Ganze weiterentwickeln soll. Aber Sie müssen genauso zugeben, dass das Wissen und die hohe Fachlichkeit, die notwendig ist, um diese Fragen letztendlich zu beantworten, bei uns nicht konzentriert sind.

Insofern möchte ich deutlich machen, dass ich es für sinnvoll halte, was der Staatsminister vorgeschlagen hat: einen Zwischenbericht zu geben und der Staatsregierung sowie dem Ministerium Zeit zu geben, konzeptionell zu arbeiten. Konzeptionell muss es werden; denn wir brauchen Antwort auf die Frage: Ist nun bei Solar Valley alles

zu konzentrieren, was an Aktivitäten in dieser Richtung läuft? Ich finde zum Beispiel, dass sich an das, was sich vor fünf, sechs Jahren im Leipziger Raum um CIS versammelt hatte, kein Anschluss findet. Brauchen wir dort also möglicherweise Anschlussmöglichkeiten? Oder die Frage: Brauchen wir noch zusätzliche Bemühungen in Sachen Aus- und Fortbildung?, wobei die Wirtschaft bereits signalisiert, dass diese fachlichen Spektren schon jetzt nicht mehr abgedeckt werden können.

Insofern bleibt eine ganze Reihe Fragen, von denen ich meine, sie müssten in eine konzeptionelle Arbeit münden, die im Wirtschaftsministerium, aber auch in Zusammenarbeit mit Externen erbracht wird. Wir wollen als Landtag die Geduld haben, dort ein solides Ergebnis abzuwarten.

Ich bitte um Zustimmung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Sehr verehrte Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/13643 zur Abstimmung. Wer ihr seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Wer enthält sich der Stimme? – Bei vier Stimmenthaltungen ist dieser Antrag angenommen. – Damit können wir den Tagesordnungspunkt 4 beenden.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 5

Für ein solidarisches Gesundheitswesen – Zukunft der Krankenhäuser in Sachsen durch Beibehaltung der dualen Finanzierung sichern

Drucksache 4/9451, Antrag der Linksfraktion, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: Linksfraktion, danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. – Ich erteile der einreichenden Fraktion das Wort; Frau Abg. Lauterbach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Abgeordneten! „Die Debatte zur Krankenhausfinanzierung geht in Berlin ins Parlament, und in Grimma gehen deshalb die Mitarbeiter der Muldentalklinik auf die Straße“ – so lautete eine Pressemitteilung in dieser Woche.

Das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz stand in dieser Woche mit der 1. Lesung im Bundestag auf der Tagesordnung. Mit diesem Gesetzentwurf möchte die Bundesregierung mehr Geld ins System geben und eine ordnungspolitische Neuerung festlegen. „2,3 Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser“, so behauptet die Bundesregierung in der Öffentlichkeit.

(Alexander Krauß, CDU: 3,2 Milliarden!)

Entschuldigung! Es stimmt, 3,2, so steht es auch da.

Demnach könnte man denken, wir brauchen den Antrag überhaupt nicht mehr. Unserer Forderung im Antrag nach einer dualen Finanzierung der Krankenhäuser in den nun eingebrachten Gesetzentwurf könnte somit von der Bundesebene entsprochen werden.

(Alexander Krauß, CDU: Das ist richtig!)

Das heißt aber nicht, dass das Thema vom Tisch ist, Herr Krauß. Die Linksfraktion bringt deshalb einen Änderungsantrag ein, der die neue gesetzliche Grundlage bereits einschließt, also ganz aktuell ist. Er liegt Ihnen vor und gilt, Frau Präsidentin, gleich als eingebracht.

Die Sicherstellung der Krankenhausversorgung ist eine öffentliche Aufgabe des jeweiligen Landes, der Landkreise und kreisfreien Städte. Die Krankenhausplanung ist Aufgabe des Freistaates Sachsen, das ist bekannt. Der Krankenhausplan basiert auf einer Bedarfsermittlung und begründet sowohl den Anspruch auf Finanzierung gegenüber dem Land – also aus Steuermitteln – und gegenüber den Kassen – aus den Einnahmen der gesetzlichen Krankenversicherungen. Die Gründe für eine weiterhin notwendige duale Finanzierung sind im Antrag aufgeführt,

ich möchte sie Ihnen nicht noch einmal vorlesen. Ich möchte vielmehr auf die neuen gesetzlichen Regelungen eingehen.

Ich wiederhole – jetzt hoffentlich richtig –: 3,2 Milliarden Euro mehr für die Krankenhäuser, sagt die Bundesregierung. Dies sollten wir uns etwas näher betrachten; denn nur 2,01 Milliarden Euro sind die Mehrausgaben für die gesetzlichen Krankenversicherungen. Das wäre eine echte Finanzspritze, wenn es so wäre! Jedoch war die Rücknahme des Sanierungsbeitrages in Höhe von 0,28 Milliarden Euro bereits eine beschlossene Sache; denn nur bis zum Ende der Konvergenzphase der DRGEinführung sollte der Abschlag Bestand haben. Insofern, Herr Krauß, betragen die wirklich neuen Finanzmittel für die Kliniken nur 1,73 und nicht 3,2 Milliarden Euro.

(Dr. Monika Runge, Linksfraktion: Hört, hört! So ist es!)

Die geplanten gesetzlichen Regelungen führen zu weiteren finanziellen Veränderungen. Eine Dreiviertelmillion Euro wird als Grundlohnsummenzuwachs zugestanden. Der Wegfall der Anschubfinanzierung für Projekte der integrierten Versorgung ist in Wahrheit ohnehin schon gesetzlich geregelte Sache, die Ende 2008 sowieso ausgelaufen wäre. 1,3 Milliarden Euro sollen 2008 und 2009 für die anteilige Finanzierung der Tariflohnerhöhungen bereitgestellt werden. Das deckt nicht einmal die Hälfte der Tarifsteigerungen. Erforderlich wäre hierbei eine Förderung von 100 %.

Ebenfalls unzureichend ist der Ansatz, neue Stellen in der Pflege zu schaffen. In den letzten zehn Jahren wurden über 100 000 Stellen in Krankenhäusern abgebaut – mit erheblichen Folgen für die Qualität der Pflege. Nun gibt sich die Bundesregierung als Retterin der Krankenhäuser, weil sie 21 000 neue Stellen schaffen will. Dabei kann von Rettung wohl keine Rede sein, eher vielleicht von erster Hilfe im Notfall.

Bei diesen Zahlen, Frau Ministerin, darf die Landesregierung nicht still zusehen. Das ist wichtig für Ihre Arbeit; denn um auch nur den Stand von vor zehn Jahren zu erreichen, wären allein in der Krankenpflege 40 000 neue Stellen notwenig. Allerdings bleibt auch hier eine Deckungslücke von 30 % für Krankenhäuser, denen bereits jetzt das Wasser bis zum Hals steht. Und es ist wichtig, dass die Bürger dies wissen, um zu verstehen, warum Klinikmitarbeiter trotz Steuergeschenken auf die Straße gehen. Die Gesamtfinanzierungslücke der Krankenhäuser beträgt nach Angabe der Deutschen Krankenhausgesellschaft bis Ende 2009 insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Wie viel davon entfällt auf Sachsen, Frau Ministerin?

Ordnungspolitisch gibt es einige Änderungen. Ich möchte hier nur auf eines aufmerksam machen: Die einzige Ausnahme vom DRG-System betrifft bisher die stationäre Behandlung in psychiatrischen und psychosomatischen Krankenhäusern. Richtig wurde seinerzeit erkannt, dass sich bei diesen Krankheitsbildern keine Fallpauschalen festlegen lassen. Das bedeutet, dass diese Kliniken wei

terhin nach den krankenhausindividuellen Tagessätzen bezahlt werden. Jetzt allerdings will der Gesetzgeber, dass einheitliche Tagespauschalen für Psychiatrie und Psychosomatik gleiche Bedingungen schaffen.

Bis Ende 2009 sollen Grundstrukturen und Verfahren entwickelt werden und bis September 2012 erste Kalkulationen vorliegen. Dies erscheint aufgrund der Besonderheiten der Psychiatrie als sehr gewagter Plan.

Werte Frau Staatsministerin! Ich weiß, Sachsen war eines der wenigen Länder, die sich für eine duale Finanzierung eingesetzt haben.

(Alexander Krauß, CDU: Das ist Quatsch! Die Mehrheit hat sich dafür ausgesprochen!)

Aber wir erwarten, dass Sie sich auch weiterhin in den entsprechenden Gremien für die Erhaltung der dualen Finanzierung aussprechen. Noch viel wichtiger aber ist: Geben Sie im Rahmen der Haushaltsplanung ausreichend Mittel an unsere sächsischen Krankenhäuser!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Die CDUFraktion, Herr Abg. Krauß.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Krankenhausfinanzierung ist ein schwieriges und komplexes Thema. Deswegen will ich mit einigen Erläuterungen anfangen, wie die Krankenhausfinanzierung eigentlich funktioniert. Auf der einen Seite gibt es die Krankenkassen, die für die Behandlung zuständig sind, und auf der anderen Seite die Länder, die für das Gebäude zuständig sind und dafür sorgen müssen, dass das Gebäude funktioniert. Die laufenden Betriebskosten, die Behandlung durch den Arzt bezahlen die Kassen. Die Investitionskosten bezahlt die öffentliche Hand, die bezahlt der Staat.

Bei den Investitionskosten, über die wir reden, gibt es zwei Gruppen. Erstens ist das die Pauschalförderung. Dabei geht es um kleine und mittlere Investitionen, die getätigt werden, um kleinere Baumaßnahmen, um Wiederbeschaffung von Mobiliar oder Küchengeräten. Für diese kleineren Baumaßnahmen gibt es pauschale Fördermittel, die je nach Größe des Hauses gezahlt werden. Wie Sie vielleicht wissen, haben wir im nächsten Haushalt dafür 38,6 Millionen Euro eingestellt. Zweitens gibt es bei den Investitionskosten die sogenannte Antragsförderung. Dabei geht es um größere Baumaßnahmen, die einen Umfang von mehr als vier Millionen Euro haben. Diese Förderung wird direkt beim Land beantragt. Dafür haben wir im Haushalt 46 Millionen Euro eingestellt.

Ich will daran erinnern, dass wir in Sachsen auf diesem Gebiet seit der Wende eine ganze Menge erreicht haben. Es gab 13 totale Neubauten von Krankenhäusern. Jedes sechste Krankenhaus ist also über die Antragsförderung neu gebaut worden.

Das war kurz strukturiert die Krankenhausfinanzierung, die aber – jetzt wird es noch komplizierter – zwei Ausnahmen bei den Investitionskosten hat. Die erste Ausnahme ist, dass in Ostdeutschland nicht nur die Länder bezahlen, sondern die Krankenkassen von 1995 bis 2014 ebenfalls beteiligt sind. Die Krankenkassen leisten einen Finanzierungsbeitrag, um den großen Nachholbedarf, den wir haben, auszugleichen. Der liegt bei 5,62 Euro pro Belegtag. Von 1995 bis 2007 sind auf diese Art und Weise 600 Millionen Euro zu uns nach Sachsen geflossen. Die zweite Ausnahme ist, dass sich bei den Investitionskosten nicht nur das Land und die Kassen beteiligen, sondern auch der Bund, und zwar bislang mit einer reichlichen Milliarde Euro.

Was wurde in Bezug auf die Krankenhäuser bislang in Sachsen erreicht? Seit der Wende wurden in unsere Krankenhäuser 4,5 Milliarden Euro investiert, davon allein als Landesmittel 2,8 Milliarden Euro durch den Freistaat. Die Erfolge sind sichtbar, wenn man durch die Krankenhäuser geht.

(Beifall bei der CDU)

Man muss daran erinnern, dass die Krankenhäuser während der SED-Diktatur heruntergewirtschaftet worden sind. Es gab Villen, Wohnhäuser oder Baracken, die man für den Krankenhausbetrieb genutzt hat. Die meisten Häuser waren in einem eher beklagenswerten Zustand. Es gab Zimmer mit sechs, acht oder sogar zehn Betten. Es gab Säle mit 14, 16 oder 20 Betten. In der Regel hatte jede Station lediglich ein Bad und einen WC-Raum. Nach der Wende wurden die Häuser auf Vordermann gebracht. Man wird im ganzen Land kein Krankenhaus finden, das nicht hochmodern ist.

Nach der Wende hatte man als Erstes ein Gutachten in Auftrag gegeben, mit dem gefragt wurde, wie hoch der Sanierungsbedarf ist. Der lag damals nach diesem Gutachten bei 3,8 Milliarden Euro. Ich habe schon erwähnt, dass wir mittlerweile bereits 4,5 Milliarden Euro investiert haben. Wir konnten also den Investitionsstau, den es nach der Wende gab, aufheben.

Der zweite Punkt ist, dass wir nach der Wende eine sehr gute Krankenhausplanung hatten. Das ist vor allem dem damaligen Sozialminister Hans Geisler zu verdanken.

(Starker Beifall bei der CDU)

Ich sage immer: Es gibt eine sogenannte Hans-GeislerDividende. Die spürt jeder Arbeitnehmer auf seinem Lohnzettel. Wir haben in Sachsen die niedrigsten Krankenkassenbeiträge. Das kommt natürlich daher, weil wir eine kluge Krankenhausplanung betrieben haben – sonst hätten wir keine IKK Sachsen, die einen Beitrag von 11,8 % hat, oder keine AOK-Plus, die bei 12,9 % liegt. Alle Arbeitnehmer und auch die Rentner profitieren davon, dass wir eine sehr kluge Krankenhauspolitik gemacht haben. Das sehen sie jeden Monat auf ihrem Lohnzettel.

(Dr. Jürgen Martens, FDP, tritt ans Saalmikrofon)

Kollege Martens, ich weiß, dass der Gesundheitsfonds kommt und wir dann einen einheitlichen Beitragssatz haben. Das müssen wir wahrscheinlich jetzt nicht diskutieren. Wenn Sie eine andere Frage haben, dann stellen Sie sie bitte.

Sie gestatten also die Zwischenfrage. Bitte, Herr Dr. Martens.

Danke, Frau Präsidentin.

Herr Krauß, bei dem Gesundheitsfonds würde mich nur eines interessieren: Wann ist denn Schluss mit der Dividende, ab wann gilt denn der?