Protocol of the Session on November 12, 2008

(Beifall der Abg. Kristin Schütz, FDP)

Über zwölfeinhalb Jahre, vom 1. September 1995 bis zum 31. März 2008, sind die Aufwandsentschädigungen unverändert geblieben, obwohl sich die Lebenshaltungskosten in diesem Zeitraum sehr wohl erhöht haben und auch die Besoldung der hauptamtlichen Wahlbeamtinnen und Wahlbeamten – Beigeordneten, Bürgermeister, Landräte usw. – erheblich gestiegen ist. Ein Anpassungsbedarf war also mehr als überfällig.

Nun kann man sich darüber streiten, ob es der Arbeitskreis VI der CDU-Fraktion war oder ob es die FDPFraktion war oder vielleicht doch jemand ganz anderes, der den Anstoß dafür gegeben hat. Das ist aber, glaube ich, gar nicht die Kernfrage, sondern wichtig ist festzustellen: Die Staatsregierung hat sich dem Problem gestellt und mittels Rechtsverordnung die hier in Rede stehenden Aufwandsentschädigungen rückwirkend zum 1. April um circa 15 % angehoben. Damit ist bereits eine der Zielsetzungen des Gesetzentwurfes, wie Kollege Hamburger richtig ausführte, erreicht: nämlich der Anpassungsbedarf.

Was Sie zudem vorsehen, ist eine Flexibilisierung dahin gehend, dass nicht mehr landesweit einheitliche Aufwandsentschädigungen durch die Gemeinden gewährt werden sollen. Vielmehr sollen die Gemeinden mittels Satzung selbst die Höhe der Aufwandsentschädigungen innerhalb eines bestimmten Rahmens bestimmen können. Da muss man fragen, ob für diese Flexibilisierung wirklich ein Bedarf besteht, unterschiedlich hohe Aufwandsentschädigungen für die Bürgermeister und Ortsvorsteher zuzulassen. Die kommunalen Spitzenverbände haben sich in dieser Hinsicht eindeutig geäußert. Weder der Sächsische Städte- und Gemeindetag noch der Landkreistag haben zu erkennen gegeben, dass sie diese neue Regelung für notwendig oder begrüßenswert halten. Ich bin mir sicher, dass sie sich entsprechend geäußert hätten, wenn sie eine Abweichung von dem bestehenden Modell für sinnvoll erachtet hätten.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Was?)

Wir sind der Meinung, dass es gute Gründe dafür gab, die Höhe der Aufwandsentschädigungen landeseinheitlich für alle Gemeinden per Rechtsverordnung festzulegen, nicht zuletzt aus Gründen der Gleichbehandlung. Die hier in Rede stehenden Gelder sollen einen angemessenen finanziellen Ausgleich für den durch das Amt eines ehrenamtlichen Bürgermeisters oder Ortsvorstehers allgemein verursachten erhöhten persönlichen Aufwand darstellen. Die Festsetzung der konkreten Höhe der Entschädigung in das Ermessen der Gemeinden zu stellen kann in der Tat dazu führen, dass die Entschädigungshöhe nicht mehr in erster Linie durch den besonderen Umfang der Tätigkeit bestimmt wird, sondern vielmehr durch die

finanzielle Situation der Gemeinde. Das läuft eigentlich der Zielsetzung Ihres Gesetzentwurfes zuwider oder ist dieser zumindest nicht dienlich.

Nicht zuletzt deshalb sind wir der Meinung, dass eine einheitliche Regelung durch Rechtsverordnung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung vorzuziehen ist. Wir werden Ihren Gesetzentwurf deshalb ablehnen. Kollege Alexander Krauß hat heute Morgen schon einmal darauf hingewiesen – Zitat:

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

„Wenn es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, dann ist es notwendig, keines zu machen.“

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Oh, nein!)

Ich denke, das trifft für diesen Bereich zu.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der SPD, der CDU und des Staatsministers Geert Mackenroth)

Die NPD-Fraktion erhält das Wort; Herr Abg. Petzold, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Titel des vorliegenden Entwurfs der FDP klingt zunächst sehr gut: Gesetz zur Stärkung des politischen Ehrenamtes. Schaut man sich den Text etwas näher an, erkennt man sehr schnell, worum es den Antragstellern in Wirklichkeit geht.

Ausgerechnet die FDP, die sich immer gern als bürgerliche Protestpartei in Szene setzt, will das Einkommen von ehrenamtlichen Bürgermeistern erhöhen. Die Mandatsträger, zumeist von den Blockparteien oder ihren Hilfskräften, den sogenannten freien Wählern, gestellt, sollen bis zu 30 % mehr Geld bekommen. Damit das Ansinnen nicht so sehr auffällt, hängt man dem vorgeschlagenen Verfahren das Mäntelchen der kommunalen Selbstbestimmung um: Die Gemeinden sollen selbst über die Erhöhung entscheiden.

Wer die einflussreiche Stellung der Bürgermeister in der Sächsischen Gemeindeordnung kennt, die in der Realität oft sogar noch stärker ist als vom Gesetzgeber angedacht, der weiß, dass es wohl kaum eine Gemeinde geben wird, in der man nicht von dem Vorschlag Gebrauch macht, den uns die Liberalen hier vorgelegt haben.

Kein Zweifel, die ehrenamtlich tätigen Bürger in den Kommunalparlamenten, vor allem in den vielen Vereinen und nicht zuletzt bei der Feuerwehr, leisten eine wichtige Arbeit für das Gemeinwesen. Ihnen gilt selbstverständlich der Dank der NPD-Fraktion.

Was wir allerdings nicht mittragen werden, ist jene Selbstbedienungsmentalität unter dem scheinheiligen Deckmantel der Gemeinnützigkeit, wie er im Gesetzentwurf der FDP zum Ausdruck kommt. Worum geht es Ihnen denn in Wirklichkeit?

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Ich werde es Ihnen sagen: Sie haben Sorge, dass bald nicht mehr genügend Mitglieder und Mitläufer der sächsischen Blockparteien bereit sind, ehrenamtlich tätig zu sein. Das heißt: ohne Bezahlung, lediglich gegen eine geringe Aufwandsentschädigung.

Herr Petzold, ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass es keine Blockparteien gibt.

(Holger Apfel, NPD: Das ist etwas Neues!)

Wenn Sie hier ein Problem haben, dann kann ich Ihnen an dieser Stelle als Landesvorsitzender der NPD in Sachsen sagen: Wir Nationaldemokraten helfen gern aus und können durchaus den einen oder anderen Bürgermeister stellen, wenn Ihnen das Personal bei den Ehrenamtlichen ausgeht.

(Widerspruch bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der FDP! Sagen Sie doch offen, dass Sie mehr Geld für Ihre Anhänger herausschlagen wollen. Die Bürgerinnen und Bürger Sachsens sollen wissen, woran sie mit Ihnen sind. Die NPD wird diesen Gesetzentwurf selbstverständlich ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Für die Fraktion GRÜNE Herr Lichdi, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich sind wir uns alle in diesem Haus einig, dass das Ehrenamt und insbesondere auch das politische Ehrenamt hoch zu schätzen und zu würdigen ist. Aber, meine Damen und Herren, einen feuchten Händedruck oder eine Beteuerung hier in dieser Debatte dazu reichen nicht aus. Auch der Ansatz, den die FDP gewählt hat, scheint mir doch etwas zu hoch gegriffen: Stärkung des politischen Ehrenamtes!

Natürlich unterstützen wir das Anliegen, die Aufwandsentschädigung entsprechend anzupassen. Aber hier so zu tun, wie es die FDP-Fraktion tut, als ob jetzt das politische Ehrenamt durch diesen Gesetzentwurf dauerhaft und tatsächlich wirksam im politischen Alltag gestärkt werden könnte, ist wirklich zu hoch gegriffen.

Meine Damen und Herren! Dieses Haus hatte noch nicht das Vergnügen, einen Gesetzentwurf oder Gesetzentwürfe der FDP-Fraktion zu behandeln, die auch das andere politische Ehrenamt – das mindestens genau so wichtige, ich spreche von den Gemeinde- und Kreisräten – betreffen. Darüber macht sich die FDP-Fraktion keine Gedanken. Ihr, so scheint es mir, ist es tatsächlich wichtiger, die vielen Ortsvorsteher und manche Bürgermeister, die das Parteibuch der FDP haben, hier etwas zu bedienen. Aber es ist natürlich trotzdem im Grundsatz richtig, es ist aber etwas zu hoch gegriffen.

Weil Kollege Hamburger meine Zwischenfrage nicht zugelassen hat, möchte ich diese Frage, die ich hätte, von vorn stellen. Ist Ihnen, Herr Hamburger, oder einem

anderen Kollegen bekannt, dass jemals ein kommunaler Spitzenverband einen Gesetzentwurf, der von der Opposition eingebracht wurde, befürwortet hat? Das ist mir nicht bekannt geworden. Ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Ich kann mir auch vorstellen, woran das liegt. Aber dazu möchte ich jetzt keine weiteren Ausführungen machen.

Ich finde auch die Debatte, wer jetzt früher da war, etwas lächerlich. Wir können uns die Zahlen ja noch einmal vergegenwärtigen. Die Verordnung wurde am 5. August verabschiedet, der Gesetzentwurf der FDP wurde am 25. August eingereicht, und am 17. September wurde die Verordnung dann im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündet. Mir scheint es so zu sein, dass die FDPFraktion Wind bekommen hat, dass hier etwas im Busch ist, dass die Staatsregierung eine Anpassung vorhat. Dann hat sie natürlich schnell einen Gesetzentwurf eingereicht, um auf dieser Welle noch etwas mitzusurfen.

Aber, meine Damen und Herren, vom Inhaltlichen her unterstützen wir den Gesetzentwurf der FDP-Fraktion. Ich halte es durchaus für vertretbar, hier eine Spreizung vorzunehmen. Es ist ja wohl auch so, dass die unterste Grenze, die die FDP-Fraktion vorschlägt, durchaus ausreichend ist, um eine ordentliche Aufwandsentschädigung zu gewährleisten. Wir halten auch eine eigene Entscheidung der Kommunen durchaus für gerechtfertigt. Die Schrecknisse und die Schreckbilder, die Kollege Hamburger hier an die Wand malt, kommen wohl nur in seinem harmonischen Weltbild vor, das selbst dann nicht der Wirklichkeit entspricht, wenn Bürgermeister und Gemeinderat vollkommen einfarbig schwarz sind. Ich glaube, so harmonisch, wie Sie sich die Wirklichkeit malen, ist es selbst in einer einfarbigen CDU-Gemeinde nicht.

Kurz zu unserem Änderungsantrag. Da wir tatsächlich die Vermutung haben, dass die FDP-Fraktion ihre spezifische Klientel etwas befriedigen möchte, und auch um den Befürchtungen der CDU entgegenzukommen, wollen wir hier eine Hauptsatzungsmehrheit für diese Spreizung, für diese eigene Entscheidung der Gemeinderäte haben, denn damit brauchen wir die Mehrheit der Mitglieder des Gemeinderates. Damit ist es nicht möglich, dass eine einfache Mehrheit darüber entscheidet, sondern dann ist es notwendig, dass tatsächlich ein breiter Konsens darüber besteht, dass der entsprechende Bürgermeister oder Ortsvorsteher tatsächlich einen höheren Aufwand hat und man deswegen an die obere Grenze der Rahmenaufwandsentschädigung gehen sollte.

Kurzum, meine Damen und Herren: Wir unterstützen den Gesetzentwurf. Er stärkt die kommunale Selbstverwaltung, und wir können hier durchaus etwas mehr Spielraum geben. Daher wird meine Fraktion dem Gesetzentwurf zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Das waren die gemeldeten Wortbeiträge aus den Fraktionen. Ich frage

die Staatsregierung. – Ja. Herr Staatsminister Dr. Buttolo, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Grundsätzlich unterstütze ich natürlich jedes Anliegen, das eine Aufwertung des politischen Ehrenamtes im Visier hat. Ich habe mich aus diesem Grund auch dafür eingesetzt, dass ehrenamtliche Bürgermeister und Ortsvorsteher eine Aufwandsentschädigung erhalten, die an die Preisentwicklung in Sachsen anknüpft.

Wie schon mehrfach heute geäußert, habe ich am 5. August 2008 die entsprechende Rechtsverordnung unterzeichnet, mit der die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Bürgermeister rückwirkend zum 01.04. um 15 % erhöht worden ist. Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, hat die Staatsregierung durchaus die Belange des politischen Ehrenamtes und der ehrenamtlichen Bürgermeister und Ortsvorsteher im Blick.

Herr Dr. Martens, trotzdem möchte ich noch einmal auf Ihren Hinweis zurückkommen, Sie seien es mit Ihrem Gesetzentwurf gewesen, die die Staatsregierung veranlasst haben, eine entsprechende Rechtsverordnung herauszugeben. Ich kapiere es einfach nicht. Wenn ich mich richtig entsinne, kommt die fünf deutlich vor der 14, und am 14. August hat Herr Zastrow Ihren Gesetzentwurf unterschrieben. Natürlich sprechen Sie mit Ihrer Argumentation indirekt auch ein Kompliment an meine Verwaltung aus. Wenn Sie der Meinung sind, dass wir so schnell rückwirkend tätig sein könnten, dann zeugt das davon, dass Sie unserer Verwaltung eine hohe Leistungsfähigkeit bescheinigen; denn Sie wissen, dass eine derartige Verordnung ja auch anzuhören ist, sodass doch ein gewisser Zeitraum notwendig war. Es bedarf also nicht des Gesetzentwurfs der FDP.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Doch!)

In diesem Zusammenhang rate ich auch davon ab, so wie es im Gesetzentwurf vorgesehen ist, die Höhe der Aufwandsentschädigung als Bandbreite vorzusehen. Zum einen müsste jedes Mal, wenn eine Preissteigerung eine Erhöhung der Bandbreite nahelegt, das Gesetz geändert werden. Zum anderen wäre der Bürgermeister bei der Frage einer Erhöhung der Aufwandsentschädigung auch vom Wohlwollen des Gemeinderates abhängig.

(Beifall des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Je nachdem, wie die Kräfteverhältnisse in einer Gemeinde beschaffen sind – ich sage hier bewusst Kräfteverhältnisse und nicht politische Kräfteverhältnisse –, erhielten Bürgermeister vergleichbarer Gemeinden unter Umständen unterschiedliche Aufwandsentschädigungen. Aus diesem Grunde haben wir von einer derartigen Regelung, die es in Sachsen bereits einmal gab, Abstand genommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich meine Ausführungen zusammenfassen. Für den Gesetzentwurf besteht kein Bedarf. Er würde das Verfahren zur Erhöhung der Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche

Bürgermeister erschweren und die Entscheidung über die Höhe der Aufwandsentschädigung der Gefahr aussetzen, dass sachfremde Erwägungen angestellt werden. Ich empfehle Ihnen daher, den Gesetzentwurf abzulehnen. Das Ehrenamt wird von der Staatsregierung auch auf andere Art und Weise sehr stark hochgehalten.

Herzlichen Dank.