Jeder kann seine Karriere planen und diese in seinem Wahlkreis sichern. Damit habe ich kein Problem. Aber zuallererst hat die Staatsregierung gegenüber dem Parlament eine Verantwortung und Auskunftspflicht. Das möchte ich mit allem Nachdruck sagen.
Ein weiterer Punkt betrifft die inhaltliche Seite. Für mich macht es einen Unterschied, ob diese neue Struktur – wie immer man sie nennt, „Eingreiftruppe“ steht in Klammern – INES in der Zielrichtung ersetzen soll oder ob die Task Force das sein soll, was ursprünglich verlautbart wurde, nämlich eine Gruppe, die Organisierte Kriminalität – meinethalben mit Schwerpunkt Wirtschaft – bearbeitet und wo in jedem einzelnen Fall der Generalstaatsanwalt das Verfahren auf den Tisch bekommt und entscheidet, wer das bearbeitet. Das heißt im Kontext, dass jede halbwegs bedeutsame Strafsache in diesem Land an den Generalstaatsanwalt meldepflichtig wird. Kein lokaler Staatsanwalt oder Oberstaatsanwalt kann entscheiden, ob er allein ins Rathaus zielt, sondern er muss immer schön anstehen beim Generalstaatsanwalt und immer erst fragen, ob dieser von seiner besonderen Weisungs- und Zuordnungsbefugnis Gebrauch macht.
Diesbezüglich habe ich schon meine Bedenken, ob diese Zentralisierung mit allen Demokratieprinzipien einhergeht. Bei der Justiz geht manches ein wenig anders. Na gut, nichtsdestotrotz. Ich habe nichts dagegen, wenn das für exklusive Wirtschaftsstrafsachen so ist. Aber „OK“ allgemein zu nennen, wie es jetzt enthalten ist, das möchte ich geklärt haben. Es kann ja sein, dass wir an Ecken Vermutungen haben, die überhaupt nicht berechtigt sind, aber bitte schön, dann das Parlament informieren, coram publico darüber reden und wenn es dann Feinheiten gibt,
Meine Damen und Herren! Gibt es daraufhin noch einmal Aussprachebedarf? – Das kann ich nicht erkennen. Herr Staatsminister Mackenroth, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lichdi, vorab eine Bemerkung: Der Erfolg staatsanwaltschaftlicher Arbeit im Allgemeinen und im Besonderen auch von INES – das wissen wir beide – misst sich nicht nur in der Zahl der Anklagen, sondern auch in einer professionellen Ermittlungsarbeit und dem Abschluss von Ermittlungsverfahren insgesamt. Das kann auch eine Einstellung sein. Was hinterher herauskommt, das wissen Sie genauso wenig wie ich.
Meine Damen und Herren! Es zählt zu den Aufgaben des Generalstaatsanwaltes des Freistaates Sachsen, sich in seinem Zuständigkeitsbereich fortlaufend Gedanken über eine weitere Verbesserung der Strafverfolgung durch die sächsischen Staatsanwaltschaften zu machen. Genau in diesem Kontext sehe ich auch die Überlegungen zur Neugestaltung, zur Fortschreibung der Integrierten Ermittlungseinheit INES, die der Generalstaatsanwalt mittlerweile dem Staatsministerium der Justiz vorgelegt hat.
Wie stellt sich die Lage dar? Die Staatsanwaltschaften sehen sich einer Reihe von Kriminalitätsbereichen gegenüber, in denen die Straftäter professionell organisiert handeln, so zum Beispiel in der Wirtschaftskriminalität, nicht insgesamt, sondern in bestimmten Fällen, im Rauschgifthandel oder in sonstigen Formen der Organisierten Kriminalität, nicht insgesamt, sondern in bestimmten Fällen. Hierzu bedarf es nach meiner festen Überzeugung immer wieder neuer, teilweise auch selbstkritischer Überlegungen in Richtung auf eine möglichst effektive Arbeit der Strafverfolgungsbehörden. Neben dem von mir stets unterstützten Ausbau der prozessualen Möglichkeiten zur Sachverhaltsaufklärung ist die ständige Prüfung der angemessenen organisatorischen Abläufe von besonderer Bedeutung.
Die Idee liegt nahe, das, was sich in einem bestimmten Bereich bewährt hat, auf andere Bereiche zu übertragen. Das ist im Wesentlichen die Grundidee der noch nicht abgeschlossenen Überlegungen des Generalstaatsanwaltes mit meinem Haus.
Welche positiven Erfahrungen meine ich? Es handelt sich um unsere spezielle Organisationsform der Integrierten Ermittlungseinheit. Diese begann ihre Arbeit im Mai 2004. Sie ist für gewichtige Fälle der strukturellen Korruption landesweit zuständig. Das Feld der strukturellen Korruption im Freistaat Sachsen hat INES außerordentlich intensiv be- und abgearbeitet. Das vorläufige
Andererseits harren weitere Fälle spezieller Kriminalitätsfelder vergleichbar intensiver Bearbeitung, eben die genannten speziellen Fälle aus der Wirtschaftskriminalität, der OK und dem Rauschgiftbereich. Grundsätzlich halte ich es für eine richtige Überlegung, Ressourcen nicht brachliegen zu lassen, sondern gegebenenfalls dafür zu nutzen.
INES hat das vorbildlich gemacht. INES vereint im Wege eines integrativen Ansatzes alle zur Strafverfolgung berufenen Behörden und das für die Verfolgung gewichtiger Straftaten notwendige Spezialwissen unter einem Dach. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass der Ansatz – also der Aufgabenbereich und die Art der zugewiesenen Verfahren – vielleicht eher zurückhaltend gewählt war. Deshalb sind INES der erwartete Erfolg und die verdiente Anerkennung bisher möglicherweise nicht in vollem Umfang zuteil geworden.
Die Grundidee war und bleibt jedoch richtig. Bei der Aufklärung hochkomplexer Sachverhalte in Korruptions- wie in anderen Bereichen spielen nicht nur die räumliche Nähe und das fachliche Know-how der Ermittlungsbeamten, sondern auch kurzfristig abrufbare, interdisziplinäre Kompetenz von Fachkräften aus verschiedenen Bereichen der öffentlichen Verwaltung, des Bauwesens, der Steuerverwaltung und nicht zuletzt der Wirtschaftsfachkräfte eine Rolle.
Die Ermittlungseinheit ist gekennzeichnet durch die höchstmögliche Konzentration interdisziplinären und hoch spezialisierten Fachwissens. Der integrative Ansatz führt zu einer effizienteren Gestaltung der Ermittlungen, schafft damit Ermittlungsvorteile bis hin zur sogenannten Waffengleichheit gegenüber den Profis. Um diese geht es mir letztlich auch.
Wenn hier die Idee des europaweiten Rechtsraumes ein wenig ins Lächerliche gezogen worden ist, meine Damen und Herren, kann man nur sagen: Wir reden nicht von Andorra oder Timbuktu – wobei Timbuktu außerhalb Europas liegt –, sondern wir reden von Polen und Tschechien. Es ist ein Grundanliegen der Sächsischen Staatsregierung, mit den Nachbarn Strafverfolgung zu effektivieren.
Herr Schiemann, über das Unternehmens- und Konzernstrafrecht gibt es Tausende Theorien. Es gibt massive Bedenken. Ich schlage vor, dass wir neben diesem Thema, das ich für wichtig halte, ein weiteres verfolgen – Stichwort Vermögensabschöpfung. Wenn es ans Geld geht, dann haben wir den richtigen Zugriff auf bestimmte Straftätergruppen, die Sie mit dem Schlagwort Unternehmensstrafrecht zu Recht herausgehoben haben.
Die in der Praxis bewährte Organisationsform von INES soll nach den Vorstellungen unseres Generalstaatsanwaltes nunmehr auf weitere Kriminalitätsfelder ausgedehnt werden. Er schlägt eine integrierte Ermittlungseinheit für komplexe Sonderfälle aus allen Kriminalitätsbereichen
vor, die bei der Generalstaatsanwaltschaft Dresden angesiedelt sein soll. Wenn ich „alle Kriminalitätsbereiche“ sage, so meine ich damit selbstverständlich auch den Bereich der Korruptionsstraftaten, die nach wie vor im besonderen Augenmerk der Strafverfolgungsbehörden bleiben. Es geht also nicht darum, INES aufzulösen oder um Ähnliches, sondern ihren Aufgabenbereich zu erweitern und dabei Organisationsstrukturen zu überprüfen und gegebenenfalls zu verbessern.
Ich halte, wie gesagt, den Vorschlag des Generalstaatsanwaltes für zielführend, aber ich bitte um Verständnis, wenn ich diesen Vorschlag hier noch nicht abschließend darlegen und bewerten kann. Wie Sie sich vorstellen können – Herr Bartl hat ja darauf hingewiesen –, beinhaltet ein solcher Vorschlag neben der allgemeinen Grundrichtung eine Vielzahl von zu klärenden Detailfragen. Diese Prüfung – sie gehört im Übrigen zum Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung der Staatsregierung – dauert in meinem Hause gegenwärtig noch an, auch wenn das dritte Quartal selbst nach meiner Rechnung mittlerweile verstrichen ist. Das will ich gern einräumen. Eine besondere Eilbedürftigkeit erkenne ich allerdings nicht.
Herr Bartl, Sie sagen, dass wir nichts verlautbart hätten oder in aller Heimlichkeit irgendwelche Dinge vorantreiben würden. Dem ist nicht so. Kollege Bräunig hat zu Recht darauf hingewiesen. In der letzten Sitzung des Ausschusses habe ich auf Fragen von Herrn Lichdi angekündigt zu berichten. Insofern wundert es mich schon etwas, dass die Linksfraktion, deren Vertreter ja dabei waren, das Thema auf die heutige Tagesordnung gesetzt hat. Ich habe angekündigt, in der nächsten Sitzung des Ausschusses, wenn die hausinternen Prüfungen bei uns weiter fortgeschritten oder abgeschlossen sind, Näheres zum Sachstand der geplanten Einrichtung der Task Force zu berichten. Bei dieser Zusage bleibe ich. Ich gehe davon aus, dass der Generalstaatsanwalt auch anwesend ist, um für ergänzende Fragen des Parlamentes und die berechtigten Interessen der Ausschussmitglieder zur Verfügung zu stehen.
Danke schön. – Gibt es nach den Darlegungen des Ministers noch einmal Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen zum Schlusswort; Herr Bartl, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister, noch ein Wort: Ich bitte darum, dass wir als Opposition ernst genommen werden. Wir bringen einen Antrag ein und bitten die Staatsregierung, über dieses Thema zu berichten.
Erstens. Seit März gab es im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss circa sechs Gelegenheiten, das Wort zu nehmen und zu berichten, wenn man dieses Thema nicht
Zweitens. Dass das überhaupt im Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zur Sprache kam, liegt an der Fragestellung von Kollegen Lichdi. Wäre er nicht dagewesen und hätte nicht gefragt, wäre weiter geschwiegen worden.
Drittens. Hätte die „SZ“ nicht gute Kanäle, hätten wir nicht aus der Zeitung erfahren, dass inzwischen schon der Chef der Task Force bestellt ist.
Jetzt sagen Sie, dass Sie über das Konzept der Task Force im nächsten Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss berichten wollen, weil es erst reifen muss. Herr Bräunig hat vorhin gesagt, die nächste Sitzung ist in zehn Tagen.
In zwölf Tagen! Was denken Sie denn? Wir setzen doch die Brille nicht mit dem Hammer auf – bei allem Spaß an der Freude. Das ist hier das Haus des Parlamentes. In der Verfassung steht, dass das Parlament die Regierung kontrolliert. Wo, bei welcher Gelegenheit und wie auch immer entscheiden immer noch wir als Opposition, indem wir einen Antrag einbringen.
Ich hatte das vorhin deutlich gesagt: Am 29. Oktober – das heißt, wenigstens fünf Tage vor der Sitzung des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses, als ich nicht vorausahnen konnte, dass mein Kollege Lichdi fragt – haben wir den Antrag für die Debatte angemeldet, weil das dritte Quartal verstrichen war, weil null Ton kam und weil inzwischen zu lesen war, dass der Chef bestellt ist.
Die Frage ist: Warum wird so mit dem Parlament umgegangen? Das ist Punkt eins. Darüber, dass es bei der OK bestimmte Dinge gibt, die wir nicht auf dem Marktplatz debattieren können, haben wir völlige Einigkeit. Das ist überhaupt kein Problem. Ich will auch nicht das Detaileinsatzkonzept mit allem Drum und Dran in einer allgemeinen Vorlage hier behandelt haben. Das ist überhaupt nicht die Frage.
Die Frage ist: Wenn entschieden wird, dass in Zukunft alle maßgeblichen Verfahren im Bereich Organisierte Kriminalität, allgemeine Kriminalität über den Generalstaatsanwalt gehen, dann will ich wissen, was letzten Endes unter dem Aspekt das Auswahlkriterium ist. Darf ich mich darauf verlassen, dass Kriminalitätsbekämpfung in diesem Land zuallererst unter justiziellen Gesichtspunkten und nicht unter politischen Opportunitätsgesichtspunkten geschieht? Das will ich wissen, so wie es Kollege Lichdi auch gesagt hat.
Wir kommen zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/11473 zur Abstimmung. Wer seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei keinen Enthaltungen und einer größeren Anzahl von
Zustimmungen ist dieser Antrag dennoch mit Mehrheit abgelehnt und dieser Tagesordnungspunkt ist abgearbeitet.
Drucksache 4/13701, Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, mit Stellungnahme der Staatsregierung