Protocol of the Session on October 16, 2008

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Ja!)

So, wie der Antrag formuliert ist, suggeriert und unterstellt er, dass diejenigen, die in Gremien von sächsischen Beteiligungen – ich erweitere das noch: auch generell, politische Vertreter in Gremien, ob auf kommunaler oder Landesebene – vertreten sind, nicht genug Sachverstand hätten oder dass bei ihrer Auswahl nicht mit entsprechendem Sachverstand vorgegangen wurde.

(Sebastian Scheel, Linksfraktion: Darauf gibt es Hinweise!)

Das muss ich eindeutig zurückweisen. So pauschal ist das weder in Sachsen noch auf der kommunalen Ebene zu halten. Liest man den Antrag, gewinnt man zudem den Eindruck, dass, wenn man in irgendeiner Weise politisch verantwortlich, also Politiker ist, man de facto unfähig ist, mangels Sachverstand in solchen Gremien arbeiten zu können. So wird das ja praktisch interpretiert.

Ich denke, Sachverstand und Verantwortung in solchen Gremien zu übernehmen ist nicht zu trennen. Ich möchte ein Beispiel bringen, wie der Sachverstand der FDPFraktion auf Kreistagsebene funktioniert. Mit Sachverstand steht man auf gewählter Liste der FDP, um Stimmen zu fangen. Von den zehn, die gewählt worden sind, haben in der ersten Sitzung fünf gleich gesagt: Diese Verantwortung übernehmen wir nicht. Wir stellen den Antrag, das Mandat praktisch gar nicht anzunehmen. So sieht das nämlich auf kommunaler Ebene aus FDP-Sicht aus. – So geschehen im Kreistag von Zwickau.

(Staatsminister Thomas Jurk: Ja!)

Natürlich ist Sachsen an 18 Gesellschaften beteiligt. Die Staatsregierung sagt zu Recht – da weiß ich, wovon ich rede –: Natürlich muss sich jeder, der diese Verantwortung übernimmt, selbst kümmern, dass er im Interesse des Unternehmens tätig ist, seine Entscheidung dort nach bestem Wissen und Gewissen trifft und sich entsprechend sachkundig macht. Auch das sagt letztendlich der Governance Kodex aus.

Seit 15 Jahren mache ich das selbst als Aufsichtsrat und Aufsichtsratsvorsitzender in einer Genossenschaft mit 3 500 Wohnungen und 40 Beschäftigten. Ich kann für mich in Anspruch nehmen, dass ich mich dort selbst kümmere. Wenn ich so etwas wahrnehme, kann ich nicht erwarten, dass jemand auf mich zukommt und sagt: Hör mal zu, du musst dies und jenes machen! Das würde ich mir im Übrigen als Aufsichtsgremium auch verbieten.

Ich frage mich, wenn das hier so formuliert wird: externer Sachverstand, nach welchen Kriterien dieser denn definiert werden soll. Nehmen wir zum Beispiel den FürstPückler-Park. Ist dann das Kriterium für die Qualifikation, dass man einen eigenen Hausgarten oder einen kleinen Park privat bewirtschaftet? Oder bei der Sächsischen Dampfschifffahrt: Reicht es dann, wenn man einen eigenen Ruderbootschein hat? Nach welchen Kriterien wollen Sie das letztendlich bemessen?

(Zuruf des Abg. Michael Weichert, GRÜNE – Zurufe von der SPD)

Dass der Glaube an diesen sogenannten externen Sachverstand nicht funktioniert, zeigt doch gerade diese Bankenkrise. Sie können doch nicht allen Ernstes behaupten, dass in den Aufsichtsgremien aller Banken – ob privat, genossenschaftlich oder staatlich –, die jetzt praktisch herumschlittern, überall Kloppies sitzen? Das ist

doch nicht wahr und entspricht nicht der Tatsache. Das ist auch nicht das Problem der Überwachung von Firmen.

Abschließend zum Thema Landesbank. Dazu muss man deutlich sagen: Die beste Aufsicht kann nicht funktionieren, wenn mit krimineller Energie gehandelt wird und wenn Vorstände versagen.

Jetzt komme ich konkret auf das Beispiel Landesbank, wenn politisch Verantwortliche die besseren Manager sein wollen. Genau das war der Grund bei der Landesbank und das haben auch die Gutachten erschlossen. Wenn Deals mit dem Valuation Agreement gemacht werden, die in den Gremien überhaupt nicht durchgestellt werden, dann kann keine Aufsicht funktionieren.

(Dr. Andreas Schmalfuß, FDP, steht am Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, jederzeit.

Vielen Dank, Kollege Pecher. – Sie hatten gerade ausgeführt, dass bei der Landesbank Sachsen mit krimineller Energie gehandelt wird.

Nein, das habe ich nicht gesagt.

Das haben Sie gerade gesagt.

Nein, das habe ich nicht gesagt.

Das haben Sie gesagt. Wir werden das im Protokoll nachlesen. Meine Frage lautet: Können Sie mir bitte die Personen im Vorstand benennen, die mit krimineller Energie gehandelt haben und welche Sachverhalte das betroffen hat?

Erstens habe ich das nicht gesagt und zweitens muss ich mir nicht solchen Blödsinn unterstellen lassen.

(Staatsminister Thomas Jurk: Richtig! – Gelächter bei der FDP)

Sie wissen genau, wie ich das gemeint habe. – Noch einmal: Ich möchte betonen, dass ich nicht behauptet habe, bei der Landesbank ist mit krimineller Energie gehandelt worden. Ich habe ein Beispiel daran festgemacht, dass Aufsichtsgremien nicht arbeiten und ihre Pflicht nicht wahrnehmen können, wenn mit krimineller Energie Dinge verschleiert werden. Das habe ich damit gemeint.

(Sven Morlok, FDP: Irgendwo in der Welt!)

Ich behaupte und sage es noch einmal deutlich: Beim Thema Landesbank ist es so, dass bestimmte Informationen zu den Aufsichtsgremien überhaupt nicht durchgedrungen sind, weil sie praktisch nach meiner persönlichen Überzeugung bewusst verschleiert worden sind.

Zum externen Sachverstand noch ein kleines Beispiel: Wenn man sieht, dass im Verwaltungsrat gestandene Unternehmer wie Herr Leonhard waren, auch viele gestandene Sparkassenchefs, muss man sich fragen: Sind das alles keine Sachverständigen? Konnten Sie es trotzdem abwenden? Haben die sich alle mit dem Thema nicht beschäftigt? Das glauben Sie doch allen Ernstes nicht. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Staatsregierung)

Die NPD-Fraktion wünscht nicht das Wort. Die Fraktion der GRÜNEN? – Herr Weichert, bitte.

(Präsidentenwechsel)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem von der FDP-Fraktion eingebrachten Antrag soll mehr Sachverstand in den Kontrollgremien landeseigener Unternehmen erreicht werden. Dazu würde ich gern ergänzen: in allen öffentlichen Unternehmen im Freistaat Sachsen.

Unter diesem geforderten Sachverstand versteht die Antragstellerin die fachliche Qualifikation der entsandten Mitglieder. Zudem soll eine verstärkte Einsetzung externer Fachleute in den Gremien erfolgen.

Meine Damen und Herren! Gerade angesichts der vergangenen Ereignisse ist der Kernpunkt des Antrages nachvollziehbar. Viele Experten unterstützten diesen Grundgedanken. Beispielsweise ist es in der Tat so, dass viele öffentliche Vertreter aufgrund der gewachsenen Komplexität im ökonomischen Sektor schlichtweg überfordert sind. Ob dies allerdings einzig und allein auf die fachliche Qualifikation geschoben werden kann, ist fraglich. Manche gehen einfach nicht hin, wie wir im Untersuchungsausschuss feststellen mussten.

Zudem stelle ich mir die Frage, wer überhaupt festlegen soll, welche fachlichen Kenntnisse als Maßstab anzusetzen sind. Sind es die akademischen oder vielleicht die Erfahrungswerte?

Idealerweise mischt die angestrebte Kompetenz das Streben nach ökonomischer Effizient mit ökologischer und sozialer Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft. Hier haben alle Beteiligten noch Nachholbedarf – sowohl die Manager als auch die Aufsichtsräte. Deshalb ist politische und gesellschaftliche Kontrolle und der Einfluss in Aufsichtsgremien vor allem bei landeseigenen bzw. öffentlichen Unternehmen wichtig, denn dort stehen wir in der Pflicht, den Nachhaltigkeitsgedanken durchzusetzen oder, anders gesagt, sich um den Citizen Value, also den Bürgergewinn, zu kümmern. Schließlich sind die Bürgerinnen und Bürger die Anteilseigner dieser Unternehmen, also die Shareholder, und haben deshalb einen Anspruch auf angemessene Rendite des eingesetzten Kapitals. Außerdem darf die Teilnahme der fachfrem

den Aufsichtsmitglieder nicht als Schwäche gesehen werden, sondern eher als Chance oder Zugewinn.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Nur so sind differenzierte Ansatzpunkte und neue Impulse möglich.

Meine Damen und Herren! Dass es in der Vergangenheit zu Fehlentscheidungen gekommen ist, lag nicht allein an der Qualifikation, sondern manchmal auch an der politischen Herkunft einiger Mitglieder des Verwaltungsrates und an der extremen Risikobereitschaft der sogenannten Experten.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und der Abg. Karl Nolle und Mario Pecher, SPD)

Fehler wurden vom sogenannten qualifizierten Personal gemacht, also von denjenigen, die es hätten besser wissen müssen und die es aufgrund ihrer Qualifikation auch besser wissen.

Außerdem können nur dann adäquate Entscheidungen getroffen werden, wenn der Informationsfluss und die Kommunikation funktionieren. Auch hier gibt es, wie wir im Untersuchungsausschuss fast jeden Monat feststellen können, noch jede Menge Nachholbedarf.

Vom Landtag oder von kommunalen Parlamenten entsandte Mitglieder in Aufsichtsgremien öffentlicher Unternehmen müssen Zugang zu allen Informationen haben und sie müssen Zeit und Gelegenheit haben, sich vorzubereiten, sich beraten zu lassen und auch teilnehmen zu können. Das muss sichergestellt sein.

Meine Damen und Herren! Was nützt die Entsendung in Kontrollgremien, wenn man dem Entsender nicht berichten kann, weil die Geheimhaltungspflicht juristisch höher bewertet wird und deren Verletzung mit Verfolgung bedroht ist?

Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion hat einen nachvollziehbaren Grundgedanken: Fachleute sind wichtig und unersetzbar, aber es braucht auch eines Gegengewichtes, und zwar in Form von Menschen aus der Gesellschaft, welche den Umwelt- und Nachhaltigkeitsgedanken und die soziale Verantwortung in die Unternehmensstrategie einbringen. Der Antrag stellt zwar ein Problem fest, zieht dann aber die falschen Konsequenzen. Dem Punkt 3 können wir bei punktweiser Abstimmung zustimmen, den anderen Punkten nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren! Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann bitte Herr Staatsminister Mackenroth.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion fordert mehr Sachverstand in Kontrollgremien von Landesunternehmen. Vor allem sollten die Gremien mit mehr externen Fachleuten besetzt werden. Landesunternehmen stehen prinzipiell in einem

Spannungsbogen zwischen Staat und Wirtschaft. Das wirtschaftliche, besser gesagt das unternehmerische Risiko liegt in letzter Konsequenz beim Staat, wobei die Geschäftsführung bzw. der Vorstand die Aufgabe hat, das Unternehmen in eigener Verantwortung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten und dem Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Kaufmanns zu leiten.