Auch in der Schule sind Eltern der wichtigste Partner, um jedes einzelne Kind optimal fördern zu können. Das Kultusministerium intensiviert zusammen mit dem Sozialministerium im Rahmen eines sachsenweiten Modellprojektes seine Bemühungen, damit Schule und Familien besser zusammenarbeiten. Nur wenn Eltern mit im Boot sind, kann das Beste für das Kind erreicht werden. Das Projekt startete am 1. September 2008 für drei Jahre mit 12 Modellschulen, vor allem im Primarbereich, für Grund- und Förderschulen in sozialen Brennpunkten. Ziel ist es, zu einer neuen Qualität im Sinne einer gelebten Erziehungspartnerschaft von Eltern, Lehrern und Schülern zu kommen. Nicht zuletzt sollen Schulen in ihren Kommunen als Lern- und Lebensort wahrgenommen werden.
In den kommenden Jahren gewinnt die Abstimmung zwischen Schulträgern, anderen Bildungsträgern und der regionalen Wirtschaft an Bedeutung. Gleiches gilt für die Vernetzung der Schulen mit Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe sowie des schulbegleitenden Bereiches. Hierin liegt eine besondere Chance für die Weiterentwicklung der berufsbildenden Schulen sowohl im Ausbau der Zusammenarbeit mit Mittelschulen als auch in einer Beteiligung an der Entstehung regionaler Bildungslandschaften.
Die Schaffung und Ausgestaltung beruflicher Schulzentren, in der alle berufsbildenden Schularten unter einem Dach zusammengeführt werden, hat sich bewährt. Die Schulzentren können mit entsprechenden Angeboten flexibel auf sich verändernde Rahmenbedingungen, ausgerichtet am Bedarf des Arbeitsmarktes, reagieren. Dabei können die BSZ auf eine gute Zusammenarbeit mit den für berufliche Ausbildung zuständigen Stellen verweisen, zum Beispiel mit den Industrie- und Handelskammern, den Handwerkskammern oder den Landesdirektionen. Die BSZ sowie die bewährten Partner entwickeln sich zu regionalen Kompetenzzentren, die zu Bildungsanbietern ihrer Region werden. Für die anspruchsvollen Aufgaben, auch innerhalb ihrer Eigenverantwortung, sollen Schulen, insbesondere Schulleitungen, in ihrer Management- und Führungsfunktion gestärkt werden.
Entsprechende zeitliche Freiräume und erweiterte Entscheidungsspielräume werden gegenwärtig geprüft und können eine Neuausrichtung, zum Beispiel im Rahmen
der Personalentwicklung sowie Sachmittelverwaltung, nach sich ziehen. Auch mit der flächendeckenden Einführung der externen Evaluation von Schulen werden die Eigenverantwortung der einzelnen Schule sowie die Qualitätssicherung gefördert; denn Eigenverantwortung von Schule bedeutet auch, dass zukünftige Zielvereinbarungen zwischen der einzelnen Schule und der Schulaufsicht abgeschlossen werden. Damit werden Ziele und Zuständigkeiten transparent und Prioritäten verdeutlicht.
Die Entscheidung, wie die Ziele erreicht werden sollen, bleibt den Schulen in ihrer Verantwortung überlassen. Auch die Ergebnisse des Berichtes aus der externen Evaluation bilden dafür die Grundlage. So ist es möglich, die Qualität von Schule vor Ort gezielt weiterzuentwickeln.
Wettbewerb um gute Köpfe. Der Lehrerberuf bietet unter anderem ein hohes Maß an Selbstbestimmung und die Möglichkeit, Familie und Beruf zu vereinbaren. In den vergangenen Jahren haben Lehrer in Sachsen vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung Einschnitte hinnehmen müssen. Nur so wurden Kündigungen vermieden und konnte eine dauernde Beschäftigungsperspektive geschaffen werden. Trotz der zeitweise schwierigen Rahmenbedingungen haben sich die Lehrerinnen und Lehrer den pädagogischen Herausforderungen mit der zunehmenden Heterogenität der Kinder und Jugendlichen mit großem Erfolg gestellt, wie nicht zuletzt das gute Abschneiden Sachsens bei den Schulleistungsvergleichen beweist.
In Zukunft soll der Lehrerberuf in Sachsen wieder ein attraktiver Vollzeitberuf werden. Für Grundschullehrerinnen und -lehrer wird dies, soweit gewünscht, in den kommenden Jahren bereits erreicht.
Um den pädagogischen Auftrag erfolgreich zu erfüllen, werden Lehrkräfte bei ihrer Professionalisierung unterstützt. Ihnen stehen vielfältige Fortbildungsangebote einschließlich eines schulischen Fortbildungsbudgets für schulinterne Lehrerfortbildungen und ein umfangreiches Unterstützungssystem, unter anderem mit Fachberatern und Trainern für Unterrichtsentwicklung, zur Verfügung.
Mit guten Rahmenbedingungen, einer positiven Außenwirkung des Berufsbildes Lehrer und der Wertschätzung in der Öffentlichkeit soll es gelingen, mehr Schüler für ein Lehramtsstudium zu interessieren und geeigneten Nachwuchs für unsere Schulen zu gewinnen. Künftig entsteht in einigen Fächern, vor allem in den Naturwissenschaften, einigen Gesellschaftswissenschaften, Sport, Latein und anderen Sprachen, ein Bedarf an Lehrern. Deshalb sollten jene Studenten, die ein Bedarfsfach studieren und erfolgreich abschließen, unter bestimmten Bedingungen eine Einstellungsperspektive erhalten.
Dieses Ziel unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu erreichen, ist für mich eine zentrale Herausforderung der kommenden Jahre.
Auch der Zugang zum Vorbereitungsdienst soll perspektivisch im Regelfall unmittelbar im Anschluss an das Studium möglich sein, um das Abwandern sächsischer Absolventen zu verhindern. Wir brauchen die Besten.
Erfolgreiche Schulen benötigen gute Schulleitungen. Neben Faktoren wie Bezahlung, Zeit für Leitungstätigkeit, Anerkennung und Wertschätzung ist eine angemessene Qualifizierung und Berufsvorbereitung eine wichtige Größe. Seit mehreren Jahren nimmt sich das Kultusministerium verstärkt dieser Thematik an. Etwa 160 Führungskräfte wurden seit dem Schuljahr 2004/2005 aus- und vertieft weitergebildet. Circa 140 Führungskräfte aus diesem neu geschaffenen Personalpool wurden bislang mit Schulleitungsaufgaben berufen. An dieser Stelle möchte ich den Lehrerinnen und Lehrern in Sachsen meinen Dank aussprechen.
Mit einem bundesweit ausgezeichneten Betreuungsangebot im Kita-Bereich, einem stabilen Schulnetz, einem hohen Anteil von Schulen mit Ganztagsangeboten, kleinen Klassengrößen und sehr guten Ergebnissen in nationalen und internationalen Schulleistungsvergleichen bietet Sachsen beste Voraussetzungen als Bildungsstandort.
Zu diesen guten Voraussetzungen zählen auch die Schulen in freier Trägerschaft, die eine wichtige Bereicherung der sächsischen Schullandschaft darstellen. Als Ersatzschulen sind sie in ihrem Erziehungs- und Bildungsziel und ihren wesentlichen Lehrgegenständen den öffentlichen Schulen gleichwertig. Schwerpunktsetzung von Schulen in freier Trägerschaft kann konfessioneller Art sein oder sich auf den Einsatz spezieller pädagogischer Konzepte beziehen. Schulen in freier Trägerschaft können im positiven Sinne Impulsgeber für das öffentliche Schulwesen sein.
Das Streben aller Schulen nach einem eigenständigen Profil hat sich durch die Berücksichtigung der demografischen Entwicklung verstärkt und differenziert. Dies soll auch weiterhin dort, wo Schulen nebeneinander bestehen, zu einem fruchtbaren Wettbewerb zwischen öffentlichen und freien Schulen führen.
Bildung hat in der sächsischen Politik einen hohen Stellenwert und wird weiter im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen – bereits in Kürze mit dem Bildungsgipfel von Bund und Ländern hier in Dresden und der Veröffentlichung der Ergebnisse von PISA 2006, diesmal im Vergleich der Bundesländer.
Bildung, meine Damen und Herren, ist eine langfristige Aufgabe. Leben heißt Lernen, wie es der Verhaltensbiolo
ge Konrad Lorenz formuliert hat, und dies gilt ein Leben lang. Bildung berührt den Kern der Persönlichkeit. Sie erzieht zur Selbstbestimmung, ermöglicht Entfaltung und Teilhabe und sichert Freiheit. Diesem Ziel sind wir verpflichtet. Dabei geben wir unseren Kindern die bestmögliche Bildung mit auf den Weg, um möglichst vielen einen möglichst hohen Schulabschluss zu ermöglichen und damit Lebenschancen zu eröffnen.
Ich danke Herrn Staatsminister für seine Fachregierungserklärung. – Wir kommen jetzt zur Aussprache. Es beginnt die Linksfraktion, danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE, die Sächsische Ausländerbeauftragte und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Linksfraktion das Wort nimmt; Herr Dr. Hahn, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Staatsminister Wöller, bei allem Respekt Ihnen gegenüber und bei aller persönlichen Affinität zur Bildungspolitik muss ich eines dennoch an den Anfang stellen:
Um uns herum tobt die weltweit größte Krise der Finanzmärkte seit 80 Jahren mit ungeahnten Folgen. Wenn es heute einer Regierungserklärung bedurft hätte, dann hätte diese Erklärung durch den Ministerpräsidenten gehalten werden müssen und nicht zum Thema Schulpolitik.
Dabei geht es nicht nur darum, dass der Landtag in Kenntnis gesetzt wird, wie gegenwärtig der Stand der Verhandlungen ist, es geht vor allem darum, dass das Parlament die Chance erhält, dem gewählten Regierungschef auch entsprechende eigene Positionen für die Verhandlungen mit auf den Weg zu geben. Deshalb haben wir die Debatte gefordert, und deshalb wäre es nötig gewesen, heute hier Stellung zu beziehen. Ich finde, dass die Informationspolitik des Ministerpräsidenten gegenüber dem Landtag in dieser Frage eine einzige Katastrophe ist.
Ungeachtet dessen werde ich natürlich nunmehr auch auf Ihre heutigen Ausführungen eingehen, Herr Kollege Wöller. Sie haben, wie bei solchen Fachregierungserklärungen leider üblich, die Situation im Bildungsbereich schöngefärbt und die tatsächlichen Probleme an den Schulen unseres Landes nur halbherzig angerissen, bisweilen auch völlig ausgeblendet – keine wirklich neuen Ideen, keine innovativen Ansätze und schon gar keine Visionen.
Kein Zweifel, meine Damen und Herren, mit diesem Minister und mit dieser Koalition ist auf Dauer kein Staat zu machen. Die Schüler, die Eltern und nicht zuletzt auch
Der Kultusminister hat seine Rede mit einem Zitat des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker eingeleitet, und gegen dessen Forderung, möglichst viele sollten möglichst viel wissen, ist ja nun wahrlich nichts einzuwenden. Auch ich möchte mit einem Bundespräsidenten beginnen, und zwar mit dem derzeitigen. Horst Köhler eröffnete vor wenigen Tagen den 47. Deutschen Historikertag hier in Dresden. Er hat in seinem Beitrag die ungleichen Zugangschancen zu guter Bildung in Deutschland als „beschämend“ kritisiert. Wörtlich sagte Horst Köhler: „Wir dürfen uns nicht damit abfinden, dass die schulische Entwicklung eines Kindes immer noch maßgeblich von seiner Herkunft und dem Geldbeutel der Eltern bestimmt wird.“ Ohne Zweifel, hier hat Horst Köhler recht. Auch wenn ich aufgrund vorliegender Studien weiß, dass Sachsen auf diesem Gebiet ein bisschen besser dasteht als andere Bundesländer, so haben wir keinerlei Grund zur Selbstgefälligkeit, denn auch bei uns hängt der spätere Bildungsweg allzu oft vom sozialen Status der Eltern ab. Wer das leugnet, der weigert sich, die Realitäten zur Kenntnis zu nehmen.
Bevor ich zur Bildungspolitik grundsätzliche Positionen der Linken darstelle, möchte ich zunächst auf einige Punkte aus der Rede des Kultusministers eingehen. Ich habe durchaus ein gewisses Verständnis dafür, wenn Sie immer wieder auf den ersten Platz beim Bildungsmonitor der Initiative Neue soziale Marktwirtschaft verweisen. Aber ich muss natürlich auch heute erwidern, dass dessen Untersuchungen völlig einseitig auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Schulabgänger orientiert sind und nicht an einer möglichst hohen Allgemeinbildung, die wir für erforderlich halten.
Es ist bekannt, dass diese Initiative Georg Milbradt zum Ministerpräsidenten des Jahres wählte, der dann kurze Zeit später mit der Landesbank untergegangen ist. Ich verweise auch auf den jüngsten parlamentarischen Abend des Sächsischen Handwerkskammertages hier in diesem Saal, auf dem Präsident Dirschka den Regierenden in Sachen Qualität der Schulabgänger ordentlich die Leviten las. Herr Tillich und Herr Jurk, Sie waren persönlich dabei. Deutlicher hätte es auch die Opposition kaum formulieren können. Es gibt also keinerlei Grund für Selbstzufriedenheit.
Es hat uns natürlich nicht verwundert, dass auch Herr Wöller die sächsische Mittelschule heute wieder einmal über den grünen Klee gelobt hat.
Das hat er mit seinen Amtsvorgängern gemein. Die meisten von ihnen waren bekanntlich nicht lange im Amt.
Minister Wöller hat vorhin behauptet, die Mittelschule sei ein Modell für Deutschland, beispielgebend für andere Bundesländer. Das mag sein, aber nur deshalb, weil in einigen immer noch die klassische, längst überholte Dreigliedrigkeit vorherrscht. Ansonsten ist Widerspruch angesagt. Ich bin sehr darauf gespannt, was die Sozialdemokraten dazu sagen, dass Herr Wöller in der Mittelschule die eigentliche Gemeinschaftsschule begreift. Für mich, meine Damen und Herren, hat das nichts mit einem modernen Verständnis von Bildung zu tun.
Auch in einem anderen Punkt blieben die Aussagen des Ministers mehr als mysteriös. So lobt er sich dafür, dass er mit Beginn des laufenden Schuljahres an zahlreichen Mittelschulen die zweite Fremdsprache bereits ab der 6. Klasse eingeführt habe und damit der spätere Wechsel zum Gymnasium besser möglich sei. Eine derartige Regelung fordern wir schon seit Langem. Doch es bleiben Fragen offen. Herr Wöller, Ihr Amtsvorgänger Herr Flath hat erklärt, dass die zweite Fremdsprache mindestens an jeder zweiten Mittelschule ab Klasse 6 angeboten werden soll. Jetzt ist in Ihrer Rede nur noch davon zu hören, dass es in einigen Schulen der Fall sein soll.