Protocol of the Session on October 15, 2008

(Zurufe der Abg. Antje Hermenau und Michael Weichert, GRÜNE)

Wissen Sie, Frau Hermenau und Michael, du da hinten, um es einer Ökopartei verständlich zu machen – –

(Lautstarke Diskussion der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE, mit Mitgliedern ihrer Fraktion)

Frau Hermenau, ich habe Ihnen auch zugehört, wenn Sie nach vorn schauen könnten – –

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ich verschwende meine Zeit nicht! Sie haben keine Ahnung!)

Um es einer Ökopartei verständlich zu machen, können wir den Staatshaushalt ruhig mit einem Wald vergleichen. Beide muss man längerfristig hegen und pflegen. Um es mit einer Ihrer Lieblingsvokabeln zu sagen, Sachsen soll wiederum einen nachhaltigen Haushalt bekommen.

Das alles spricht für einen Doppelhaushalt 2009/2010. Die GRÜNEN-Gründe sprechen eben nicht dagegen. Sie sind, mit Verlaub, nicht richtig. Der Gesetzgeber trägt nämlich Verantwortung über die eigene Wahlperiode hinaus. Gesetze, auch Haushaltsgesetze, gelten nicht nur bis zur nächsten Wahl, sondern unabhängig von Wahlterminen. Sie enden, wenn es befristete Gesetze sind, durch Auslaufen – so ist es bei Haushaltsgesetzen – oder wenn sie verändert bzw. aufgehoben werden. Das kann der Landtag, der jetzige 4. und der künftige 5. Landtag, natürlich tun. Sein verfassungsgemäßes Budgetrecht wird eben nicht bestritten, wie es der Antrag der GRÜNEN unterstellt.

Wenn es so kommt, wie es Frau Hermenau annimmt oder befürchtet, dann wird der Landtag dieses Budgetrecht auch im nächsten Jahr noch einmal wahrnehmen müssen.

Führen wir uns einfach einmal vor Augen, was wäre, wenn wir heute nicht einen nachhaltigen, sondern nur einen Jahreshaushalt beschließen würden. Am 30. August 2009 wird der neue Landtag gewählt. Etwa drei oder vier Wochen später tritt er zusammen. Dann wird eine Regierung gebildet. Behüte uns Gott vor Koalitionen, aber es kann ja auch dazu kommen.

(Bewegung in der SPD)

Auf jeden Fall gibt es bei einer Regierungsbildung erfahrungsgemäß das eine oder andere Postengerangel. Es dauert ein Weilchen, und während im Landtag die gerade zu Ministern gewordenen Abgeordneten in ihren Arbeitskreisen und Ausschüssen ersetzt werden müssen, beginnt

die Regierung zu arbeiten. Wenn alles gut geht, kommt der Haushaltsplan noch 2009 in den Landtag und liegt am 1. Januar 2010 zur Beratung in den Ausschüssen.

Herr Schimpff, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Weichert?

Michael, das können wir nachher im Chiaveri klären.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schimpff, ich wünsche ein klares Ja oder Nein.

Das war doch eine eindeutige Aussage.

Dass der Landtag zwischen der Konstituierung und dem Jahreswechsel ein Nothaushaltsgesetz beschließen und beraten würde, halten Sie doch auch für illusorisch. Also zieht der Artikel 98 unserer Verfassung. Die Staatsregierung kann – ich darf mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten zitieren – „... diejenigen Ausgaben leisten, die nötig sind, um erstens gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen; zweitens die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Freistaates zu erfüllen; drittens Bauten, Beschaffung und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.“

Zu diesem Zweck kann sie auch die benötigten Kredite aufnehmen, aber es würde von Haushaltssperren, Einschränkungen, verzögertem Projektbeginn und was der Ärgernisse dergleichen mehr sind, wimmeln.

Meine Damen und Herren! Genau mit jener selbstverschuldeten Lage und nicht etwa mit dem Doppelhaushalt würde sich dieses Hohe Haus sein verfassungsrechtliches Budgetrecht selbst beschneiden. Auf ein solches Tohuwabohu für 2010 wollen und können wir verzichten.

Aber auch die antragstellende Fraktion würde sich mit einem Doppelhaushalt ins eigene Fleisch schneiden. Heute, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, können Sie den Staatshaushalt auch für 2010 mitberaten. Aber wo sind Sie denn in einem Jahr? Mit aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr im Landtag.

(Lachen bei der CDU)

Also bringen Sie sich doch jetzt ein! Hinterlassen Sie für Ihre außerparlamentarische Zukunft doch ein wenig grüne Handschrift im Doppelhaushalt und stellen Sie das parteitaktische Geplänkel, von dem Ihr Antrag zeugt, aus Verantwortung für unseren Freistaat Sachsen zurück.

Meine Damen und Herren! Um die kontinuierliche Arbeit unserer Schulen und Hochschulen, Museen und Theater, unserer Justiz und Polizei, unserer schlanken, aber tüchtigen Verwaltung zu sichern, müssen wir den Antrag auf Jahresetat statt Doppelhaushalt ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Frau Dr. Runge, Sie sind für die Linksfraktion gemeldet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat richtig, wie es in der Antwort der Staatsregierung zum Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN steht, dass es keine haushaltsrechtlichen Gründe gibt, keinen Doppelhaushalt zu beschließen. Das ist wahr. Aber zugleich wird auch in der Antwort deutlich, dass es auch keine sachlichen Gründe gegen einen Doppelhaushalt für 2009 und 2010 gäbe.

Für meine Begriffe gibt es durchaus sachliche Gründe – Frau Hermenau hat sie bereits sehr ausführlich dargestellt –, denn die mittelfristige Finanzplanung, die immer die Grundlage für die Haushaltsberatung ist, ist für meine Begriffe Makulatur. Wir müssen tatsächlich davon ausgehen, dass wir es wirtschaftlich im nächsten Jahr nicht nur mit Stagnation, sondern mit einer Rezession zu tun haben. Damit werden auch die Steuereinnahmen einbrechen. Das heißt also, aus diesen Gründen, selbst wenn wir im Dezember einen Doppelhaushalt beschließen werden, wird der Haushalt für 2010 aus heutiger Sicht Makulatur sein. Wir werden mit Sicherheit einen Nachtragshaushalt verabschieden müssen.

Es gibt eben aber auch noch einen anderen sachlichen Grund, Herr Finanzminister, nämlich einen demokratietheoretischen und einen demokratiepraktischen. Wir haben es in den fast 20 Jahren CDU-geführter Regierung in Sachsen immer damit zu tun,

(Zuruf von der CDU: Das ist wirklich gut so!)

dass die Priorität in diesem parlamentarischen System zugunsten der Exekutive genutzt worden ist. Dem liegt eigentlich zugrunde, dass ganz eindeutig über eine Legislatur hinaus die Exekutive den Haushaltsvollzug durchsetzen kann. Es ist einfach eine Frage des Respekts gegenüber dem Abstimmungsverhalten der Bevölkerung, wenn man keinen Doppelhaushalt über eine Legislatur hinaus beschließt. Ich glaube, dass wir es in Sachsen eben mit diesem permanenten Demokratiedefizit zu tun haben, das alles zugunsten der Exekutive ausschlägt. Es wäre höchste Zeit, wenn auch die Abgeordneten der Koalitionsregierung von CDU und SPD sich darauf besinnen würden, dass tatsächlich das Budgetrecht nach regulärer Neuwahl im nächsten Jahr beim Sächsischen Landtag liegt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Danke schön. – Die NPD-Fraktion hat im Prinzip keine Redezeit mehr. Es sind nur noch 10 Sekunden. – Die FDP, Herr Zastrow.

(Stefan Brangs, SPD: Die SPD!)

Nein, Entschuldigung. – Die SPD kommt dran. Ich suche die ganze Zeit über den Redner. Jetzt kommt er. Das war von Anfang an gemeldet.

(Stefan Brangs, SPD: Wir können auch gleich ein Rundschreiben machen!)

Alles klar; pardon.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und sagen: Doppelt hält besser, wenn man darauf hinweist, ein altes Sprichwort zu bedienen. – Aber in der Tat ist es so, dass man mit einem Doppelhaushalt mehr Kontinuität und Planungssicherheit erreichen kann.

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Das gilt – und das muss man auch berücksichtigen – auch für die Vereine und Verbände, die von Doppelhaushalten partizipieren, das gilt auch für die Verwaltung, es gilt für die Hochschulen genauso wie für Museen oder andere Einrichtungen. Da entsteht einfach Planungssicherheit.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Und Wahlverhalten entsteht!)

Und wer entsteht? Und Wahlverhalten. Im August 2009 werden wir sehen, wie das Wahlverhalten ist. Schauen wir mal, wie es dann aussieht.

Das wäre der eine Ansatz, der sicherlich richtig und auch zu vertreten ist. Es gibt diesen Blickwinkel.

Wenn man mit Jugendverbänden über das Thema Planungssicherheit spricht, würde dieses Geplänkel, das heute Abend stattfindet, bei denen zu wenig Zustimmung führen. Denn ich glaube, es gibt gerade eine Reihe von Verbänden, die mit diesen zwei Jahren endlich wieder eine Vorstellung haben, wie sie mit der Arbeit für die kommende Zeit umgehen können.

Richtig ist – und das will ich überhaupt nicht bestreiten –, dass wir uns in der Tat in einer historischen Situation befinden. Darin hat Kollegin Hermenau recht. Es ist natürlich auch so, dass man mit Doppelhaushalten viel stärker konjunkturellen Entwicklungen und Risiken unterworfen ist. Das ist unbestritten. Aber es geht auch darum, dass man sich anschauen muss, wie die Situation um uns herum aussieht. Wenn man sich dann anschaut, welche Länder um uns herum gerade genau das Gleiche tun wie wir, nämlich über die Einbringungen von Doppelhaushalten sprechen, kann das alles nicht so falsch sein, was wir hier in Sachsen machen. Wir sind da in guter Gesellschaft nicht nur der Nachbarländer, sondern auch einer großen Anzahl von westdeutschen Ländern.

Ich will mir den Hinweis sparen, dass es auch innerhalb der GRÜNEN unterschiedliche Positionen dazu gibt. Der Ehrlichkeit halber will ich das auch für die SPD einräumen. Es gibt auch für die SPD in den Ländern, in denen wir uns in der Opposition befinden, einen anderen Blick auf die Situation, ob man einen Jahrshaushalt oder einen Doppelhaushalt einbringen soll. Das können wir, denke ich, hier ganz offen ansprechen.

Nur – und das ist das, was mir in dem Antrag auch nicht gefällt – die Diktion und die Vorstellung, die damit verbunden sind, dass es einem neuen Landtag – wenn der 4. Sächsische Landtag auf diese Wahlperiode beschränkt ist, wie es im Antrag steht, und diese am Ende des Jahres 2009 endet – nicht möglich sei, bei anderen Mehrheiten ab 2009 andere Schwerpunkte zu setzen, die leuchten mir beim besten Willen nicht ein. Ich habe gelernt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die bis dahin verabschiedeten Gesetze, wenn sie nicht befristet sind, über die 4. Legislaturperiode hinaus weiter gelten. Es sei denn, man hat diese Geltung befristet. Dann hat man andere Voraussetzungen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Aber vorher habt ihr Wähler geködert!)

Bitte, Mikrofon 1. Ab 19:00 Uhr höre ich schlechter. –

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)