Protocol of the Session on September 12, 2008

Wölfe in der Oberlausitz interjection: (Frage Nr. 13)

In jüngster Zeit mehren sich Wolfsrisse. Es machen sich dadurch Befürchtungen unter der Bevölkerung breit.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche ist die aktuelle Haltung der Staatsregierung zur Forderung des gezielten Abschusses von Wölfen?

2. Wie sollen die Entschädigungen für Schafhalter, deren Tiere von Wölfen gerissen wurden, künftig schneller und effizienter vorgenommen werden?

Zu Frage 1. Seit Jahresfrist, das heißt seit September 2007, gab es bisher 28 Fälle von Übergriffen des Wolfes auf Schafe und Ziegen in Sachsen.

Rund die Hälfte der Wolfsübergriffe war möglich, weil die Halter der Tiere nicht die empfohlenen zumutbaren Vorkehrungen für das Halten von Nutz- und Haustieren im Vorkommensgebiet des Wolfes ergriffen hatten. Diese Vorkehrungen sind: 90 Zentimeter stromführendes Euronetz mit einem 30 Zentimeter darüber angebrachten Flatterband und/oder Herdenschutzhunde bzw. bei einzelnen Tieren nächtliches Verbringen in den Stall.

Gleichwohl gibt es derzeit mindestens einen einzelnen Wolf, der gelernt hat, die zumutbaren Vorkehrungen zu überwinden. Die genaue Analyse der einzelnen Vorkommnisse ergab jedoch keinerlei Anhaltspunkte, dass die Sicherheitslage der Menschen gefährdet sein könnte. Es handelt sich allein um ein Wildtier-Nutztier-Problem.

Dennoch gibt es Stimmen, die eine Ausdünnung des derzeitigen Wolfsbestandes durch Abschuss fordern.

Für eine derartig vorsorgende Maßnahme gibt es keine rechtliche Möglichkeit, aber bisher auch keine fachliche Veranlassung. Der Wolf unterliegt den strengen Vorschrif

ten des Artikels 12 der sogenannten FFH-Richtlinie, weil diese Tierart für Deutschland im Anhang IV der Richtlinie gelistet ist. Deshalb besteht ein absolutes Tötungs- und Störungsverbot.

Verstöße dagegen können empfindliche Sanktionen der Europäischen Union zur Folge haben. Für eine vorsorgliche Ausdünnung des Wolfsbestandes durch sächsische Behörden besteht somit keinerlei Spielraum.

Anders liegt der Fall, wenn von einem Einzeltier ein akutes sicherheitsrelevantes Problem ausgehen sollte. Bei aggressivem Verhalten wäre eine sofortige Tötung des Tieres geboten. Die Umstände würden genauestens dokumentiert und der Europäischen Kommission angezeigt.

Um bereits erste Anzeichen etwaigen auffälligen Verhaltens zu erkennen, begleitet der Freistaat Sachsen das Wolfsvorkommen mit einem leistungsfähigen Management. Jedes Ereignis mit Wolfsbeteiligung wird analysiert und bewertet. Bei etwaigen sicherheitsrelevanten Verhaltensauffälligkeiten – und davon kann bisher keine Rede sein – würde auf das auffällig gewordene Einzeltier bzw. den Familienverband mit geeigneten Maßnahmen eingewirkt.

Als Ultima Ratio müsste auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Bundesnaturschutzgesetz eine zu begründende Ausnahme vom Tötungs- und Störungsverbot zugelassen werden. Es ist Vorsorge getroffen, dass in diesem möglichen, aber äußerst unwahrscheinlichen Fall zügig und effizient gehandelt werden kann.

Zu Frage 2. Der Ausgleich derartiger Schäden erfolgt derzeit noch durch eine Mischfinanzierung auf der Grundlage der Härtefallausgleichsregelung nach § 38 Abs. 6 SächsNatSchG und durch das private Engagement der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe.

Bei den verschiedenen Fallkonstellationen ergeben sich differenzierte Vorgehensweisen, was jeweils einen ent

sprechenden Zeit- und Bearbeitungsaufwand zur Folge hat.

Mit Inkrafttreten der beschlossenen Änderung des Sächsischen Naturschutzgesetzes in der zweiten Septemberhälfte ergeben sich einfachere Bearbeitungsabläufe. Dadurch und auf Grundlage klarer Bearbeitungsvorgaben wird der Ausgleich derartiger Schäden schneller und effizienter vorgenommen werden können.

Schülerwanderung an sorbischen Schulen (Frage Nr. 14)

Mit der Schließung sorbischer Mittelschulen ergeben sich für sorbische Schüler veränderte Wegstrecken zu Mittelschulen und daraus oft persönliche Konsequenzen, die Auswirkungen auf die Zahl der am weiterführenden Sorbischunterricht teilnehmenden Schüler haben.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Veränderungen im angelaufenen Schuljahr bei der Teilnahme am sorbischsprachigen Bildungsgang aus dem sorbischen Siedlungsgebiet sind der Staatsregierung bekannt?

2. Welche Möglichkeiten sieht die Staatsregierung, dem relativen Abgang von Schülern aus dem Sorbischunterricht entgegenzuwirken?

Zu Frage 1. Die Analysen der Herkunftsgrundschulen für die Schüler der Klassenstufen 5 der Mittelschulen und Gymnasien laufen derzeit an den Schulen des Freistaates. Die Auswertung wird Mitte Oktober im Sächsischen Staatsministerium für Kultus vorliegen.

Aus der Presse – „Serbske Nowiny“ – wurde bekannt, dass „erstmals in der Geschichte (der Grundschule Rä- ckelwitz) … nicht alle Schüler weiterführende Schulen mit Sorbischunterricht“ besuchen – so die Schulleiterin der Grundschule Räckelwitz. Weitere Veränderungen sind gegenwärtig nicht bekannt.

Zu Frage 2. Ziel der Staatsregierung ist es, möglichst viele Schüler in der zweisprachigen Lausitz auch zweisprachig auszubilden. Die Erfolge der Revitalisierung der sorbischen Sprache, insbesondere im Norden des Landkreises Görlitz, sind dabei erfreulich.

Soweit Sie auf die Mittelschule in Räckelwitz abstellen, ist festzuhalten, dass die Mittelschule am Ort – Räckelwitz – fortgeführt wird. Die Ihrer Fragestellung vorangestellte Argumentation, dass für neue Schülerströme die Schließung von sorbischen Mittelschulen beigetragen hätte, ist damit offensichtlich unrichtig. Vielmehr scheinen individuelle Gründe zu einzelnen Entscheidungen der Eltern zu führen, ihre Kinder trotz längerer Schulwege an weiterführenden Schulen unterrichten zu lassen, bei denen es explizit kein sorbisches Sprachangebot gibt.

Um auch im sorbischen Kernland jeden Schüler für die sorbische Sprache zu begeistern, sollen die Ergebnisse aus der Evaluation des Konzeptes „2plus“ in vollem Umfang in der Praxis Einzug halten. Dies ist personell untersetzt durch die Gewährung von Anrechnungsstunden für die Koordination der Maßnahmen an allen beteiligten Einzelschulen, das „2-Lehrerprinzip“, um auf unterschiedliche sprachliche Voraussetzungen der Kinder reagieren zu können sowie zusätzliche Stunden zur Absicherung von Fachunterricht in sorbischer Sprache.

Die Sächsische Staatsregierung sieht es als ihre Aufgabe an, zum Erlernen der sorbischen Sprache zu ermutigen und günstige Rahmenbedingungen zu sichern und zu gestalten. Die individuelle Entscheidung für oder gegen die sorbische Sprache wird letztlich von den Einzelnen getroffen und ist zu respektieren.

Danke schön. – Wir treten nun in die Mittagspause ein.

(Unterbrechung von 12:48 bis 13:40 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen unsere Beratung fort. Durch die veränderte Tagesordnung ergeben sich auch veränderte Redezeiten. Ich möchte diese für die Fraktionen noch einmal kundtun: Für die restlichen Tagesordnungspunkte unserer Beratung haben die CDU-Fraktion 64 Minuten, Linksfraktion 48 Minuten, SPD 28 Minuten, NPD, FDP und GRÜNE jeweils 20 Minuten, die Staatsregierung 48 Minuten und die fraktionslosen Abgeordneten je 3 Minuten.

Meine Damen und Herren! Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 3

Kompetenzen der Luft- und Raumfahrttechnik in Sachsen stärken

Drucksache 4/12523, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnen die einreichenden Fraktionen CDU und SPD. Danach folgen die Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich erteile den einreichenden Fraktionen das Wort. Herr Abg. Hermsdorfer, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Meldungen über die Entwicklung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Deutschland stimmen uns zuversichtlich. Anlässlich des Luft- und Raumfahrttages, der bezeichnenderweise im April dieses Jahres in Dresden stattfand, vermeldet der Bundesverband, dass

sich die Deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie nach dem Jahr 2007 weiter auf Wachstumskurs befindet.

Der Branchenumsatz stieg um 3,8 % auf 20,2 Milliarden Euro. Das sind rund 700 Millionen Euro mehr als 2006. Damit hat die Branche zum zweiten Mal in Folge ein Allzeithoch erreicht. Der positive Trend wirkte sich auch auf die Zahl der Beschäftigten aus. Sie wuchs im Jahr 2007 um 3,2 % auf 88 200 Mitarbeiter in Deutschland. Damit konnte die deutsche Luft- und Raumfahrtindustrie im letzten Jahr 2 700 Arbeitsplätze mehr schaffen.

Der Exportanteil aller Mitgliedsunternehmen stieg im Vergleich zum Vorjahr nochmals um 1,7 % auf nunmehr 75 %. Der Umsatz der zivilen Luftfahrtindustrie wuchs dabei um 6,3 %, von 12,2 Milliarden Euro im Vorjahr auf 13 Milliarden Euro im Jahr 2007. Mit 64,4 % blieb die zivile Luftfahrt im Betrachtungszeitraum größter anteiliger Umsatzträger der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie. Die Zahl der Mitarbeiter dieses Branchensegmentes stieg 2007 um circa 2 400 auf 57 400, was einem prozentualen Zuwachs um 4,4 % entspricht. – So viel zu den Zahlen dieser Branche.

Ein aktuelles Beispiel aus diesem Jahr, welches es in die Schlagzeilen schaffte, zeigt, dass diese Zahlen mit Erfolg zu untersetzen sind: die Ausschreibung und der Bau von Tankflugzeugen – was nicht der zivile Sektor ist – für die USA, wo sich Airbus gut gegen Boeing in den ersten Runden durchsetzen konnte. Gerade deutsche EADSWerke sind darin involviert, nicht zuletzt die Elbe Flugzeugwerke hier in Dresden. Das, meine Damen und Herren, sind doch Meldungen, die uns zuversichtlich stimmen.

(Beifall der Abg. Heinz Lehmann, CDU, und Mario Pecher, SPD, sowie des Staatsministers Thomas Jurk)

Vielen Dank. – Für Sachsen sind diese Meldungen sehr positiv zu betrachten, blicken wir doch in der Luft- und Raumfahrtindustrie auf eine sehr lange Tradition in unserem Land zurück. Bereits in den Sechzigerjahren war Sachsen mit mehr als 21 000 Beschäftigten in der Luftfahrtindustrie das Zentrum in Ostdeutschland. Die Entwicklung, Fertigung und Erprobung des ersten deutschen Düsenstrahlpassagierflugzeuges vom Typ 152 ist auf die Arbeit sächsischer Forscher und Ingenieure zurückzuführen.

Auch im Bereich der Fertigung von Motoren, Hydraulikanlagen und Fahrwerken waren die Sachsen führend. Mit der politischen und wirtschaftlichen Wende haben sich viele Unternehmen auf ihre Wurzeln und ursprünglichen Kompetenzen besonnen und sich wieder der Entwicklung von Innovationen im Bereich der Luft- und Raumfahrt gewidmet. Allein in dem im Jahr 2001 gegründeten Kompetenzzentrum Luft- und Raumfahrt Sachsen e. V. sind 20 sächsische Unternehmen mit mehr als 2 300 Mitarbeitern engagiert.

Dieses Netzwerk – ich nannte die Zahlen – setzt heute etwa 290 Millionen Euro auf dem Markt um. Die Not

wendigkeit zusammenzuarbeiten ergibt sich aus der Kleinteiligkeit der vorhandenen Unternehmen. Fast alle sind dabei kleine und mittelständische Unternehmen, sogenannte KMUs. Hier genau liegt unser Problem.

Viele Unternehmen der Luft- und Raumfahrtbranche sind in ihrer Ausrichtung hoch innovativ. Die sächsischen Universitäten, insbesondere unsere technischen, und die vorhandenen Forschungseinrichtungen – ich nenne die Max-Planck- und Fraunhofer-Institute –, leisten hervorragende Arbeit bei der Materialforschung, der Strömungstechnik und bei weiteren luft- und raumfahrtrelevanten Technologien. Aber eine direkte Verbindung zwischen Unternehmen, besonders den von mir genannten KMUs, die in aller Regel Tagesarbeit leisten müssen, um im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können, ist ohne eine entsprechende externe Koordinierung nur schwer aufrechtzuerhalten.

Entwicklungen aus dem Bereich des Maschinenbaus, der Antriebstechnik, der Forschung im Bereich technischer Textil- und Verbundwerkstoffe, Elemente des Automobilbaus und der Strömungstechnik, der Treibstoffforschung, der Energietechnik, aber auch Elektrotechnik und Elektronik spielen in die Entwicklung neuer Produkte und Module der Luft- und Raumfahrt hinein. Allein schon aus dieser groben Aufzählung, meine sehr verehrten Damen und Herren, sehen Sie, wie komplex das Thema ist. Wir müssen auch konstatieren, dass diese Entwicklung gerade in der Luft- und Raumfahrt in anderen Bereichen unserer Wirtschaft ihren Niederschlag findet, so zum Beispiel im Automobilbau.