Protocol of the Session on September 12, 2008

Wenn es der FDP-Fraktion wirklich um die Erhaltung des gestaltungsorientierten Handwerks im Erzgebirge geht, warum hat Ihre Fraktion dann gegen den Antrag der NPDFraktion gestimmt, mit dem die Nationaldemokraten die betroffenen Unternehmen vor ausländischer Billiglohnkonkurrenz, Verletzung des Urheberrechts und illegalem Wettbewerb schützen wollten? Wir werden Ihnen das allerdings nicht mit gleicher Münze vergelten. Der Antrag der FDP-Fraktion zur Produktpiraterie bleibt zwar handwerklich und inhaltlich meilenweit hinter dem NPDAntrag zum Schutz des erzgebirgischen Kunsthandwerks zurück; wir werden ihm aber trotzdem zustimmen, weil das Problem vielen sächsischen Unternehmen unter den Nägeln brennt.

Danke schön.

(Beifall bei der NPD)

Nun der Abg. Weichert für die Fraktion der GRÜNEN.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ziel dieses Antrages ist es, sächsische Unternehmen vor Produktpiraterie besser zu schützen und mit Wirtschaftspartnern wirkungsvoll zu vernetzen sowie bei Anmeldung und Eintragung von Marken und Patentrechten zu unterstützen. Das Anliegen der FDP-Fraktion, sächsische Unternehmen dabei besser zu schützen, werden wir unterstützen.

Allerdings – und das ist hier auch schon angeklungen – ist das kein sächsisches Problem, sondern ein mindestens deutsches, wenn nicht europäisches Problem. Die Einbußen, die mangels eines ausreichenden Schutzes geistigen Eigentums zum Beispiel in China gerade für kleine und mittelständische Unternehmen entstehen, sind beträchtlich. Es bestehen auch unbestritten Gefahren bei nachgemachten Produkten, wenn wir beispielsweise an den Arzneisektor denken. Herr Pecher und Herr Zais haben darauf hingewiesen. Außerdem behindert die Gefahr der Produktpiraterie den Technologietransfer zwischen Deutschland bzw. der EU und zum Beispiel asiatischen Staaten oder Wirtschaften. Hier denke ich vor allem im Sinne eines globalen Klimaschutzes an den wichtigen Bereich des Technologietransfers bei erneuerbaren Energien oder den Umwelttechnologien, wo Deutschland und eben auch Sachsen bekanntermaßen Weltmeister sind.

(Beifall des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Es gibt kein Wundermittel gegen Produktpiraterie. Daher ist ein Mix von Instrumenten und Maßnahmen notwendig. Dazu gehört eben auch die Unterstützung der Länder, in denen Plagiate hergestellt werden, zum Beispiel Unterstützung beim Aufbau von personellen und institutionellen Kapazitäten für die Umsetzung des Patentrechts. Weitere Maßnahmen wären die Erleichterung der Anmeldung von Patenten in Europa durch Einführung eines EU-Patents, die Förderung der Anmeldung von Patenten europäischer Unternehmen, beispielsweise in China, und der Ausbau der Zusammenarbeit der Zollbehörden.

(Unruhe im Saal)

Es gibt viele Möglichkeiten, viele Maßnahmen und viele Beteiligte: konsequente Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, Erleichterung der Auskunftsansprüche gegen Rechtsverletzer und schnellere Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen. Auch die Wirtschaft hat viele Möglichkeiten, in Eigenregie wirkungsvoll geistiges Eigentum zu schützen und gegen Produktpiraterie gemeinsam vernetzt vorzugehen. Der größte Piratendschungel ist das Internet, weil man dort anonym agieren kann und die Provider bislang nicht verpflichtet sind, Namen zu nennen.

Meine Damen und Herren! Nicht nur der Staat, sondern auch die Wirtschaft und selbstverständlich auch wir als Verbraucher tragen die Verantwortung für den Schutz geistiger Eigentumsrechte. Das heißt, alle sind gefragt und gefordert. In diesem Sinne stimmen wir dem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Das Wort erhält die Staatsregierung.

(Unruhe im Saal – Glocke der Präsidentin)

Meine sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr

verehrten Damen und Herren! Es vergeht kaum ein Tag, an dem in den Medien nicht über Produktpiraterie berichtet wird. Das Thema gehört in der Tat auf die Titelseiten der Tageszeitungen. Das schärft das Problembewusstsein. Produkt- und Markenpiraterie haben mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das wir uns vor zehn Jahren nicht vorstellen konnten. Die Zahl der von Zollbehörden und Polizei sichergestellten Plagiate ist enorm. Dabei ist die Zollstatistik noch nicht einmal ein Indiz für die Menge der im Umlauf befindlichen gefälschten Waren.

Als Produktpiraterie bezeichnet man das verbotene Nachahmen und Vervielfältigen von Waren, für die die rechtmäßigen Hersteller Erfindungsrechte, Designrechte und Verfahrensrechte besitzen. Der Fälscher übernimmt so unerlaubt technisches Wissen, das sich ein Unternehmer in langjähriger, mühevoller Arbeit und unter Einsatz enormer finanzieller Mittel erworben hat, um es für seine Produkte zu nutzen. Oder er verwendet die Bekanntheit einer Marke, die ein Markenhersteller aufgrund seiner Qualitätsarbeit erlangt hat, und täuscht den Verbraucher so über die tatsächliche Herkunft und Qualität der Ware.

Deutschland und insbesondere Sachsen, deren wichtigste Ressourcen gute Ideen sind, trifft Produktpiraterie deshalb besonders hart. Durch Produktpiraterie entstehen vielfältige Schäden. Der Absatz der Originale wird gebremst und den Unternehmen entstehen erhebliche Einnahmenverluste durch die Fälschungen. Die Betroffenen müssen zudem Imageschädigungen und schlimmstenfalls Produkthaftungsprobleme für gefälschte Produkte in Kauf nehmen. Die Folgen von Produktpiraterie sind die Schwächung unserer Innovationskraft und die Gefährdung von Arbeitsplätzen, nicht zu vergessen der Betrug am Kunden, bei dem es, wenn es um Konsumgüter geht, auch Gefahr für Leib und Leben bedeuten kann.

Der Gesamtschaden kann nur geschätzt werden. Die Vereinigung zur Bekämpfung von Produktpiraterie geht von einem jährlichen Schaden für deutsche Unternehmen von ungefähr 30 Milliarden Euro aus. 70 000 Jobs gehen Deutschland dadurch jährlich verloren.

Welche Möglichkeiten hat der Unternehmer, sich selbst vor Produktpiraterie zu schützen? Zunächst könnte dies durch die Beantragung von Schutzrechten geschehen. Schutzrechte ermöglichen die rechtliche Ahndung dieser Fälle.

Allerdings sind juristische Mittel in der Regel schwer durchsetzbar. Zudem ist das Know-how unwiederbringlich verloren. Um ungewollten Wissenstransfer zu vermeiden, braucht man ganzheitliche Konzepte und komplette Strategien. Wichtig ist auch, die Produkte – wann immer möglich – selbst so zu gestalten, dass sie schwer nachzubauen sind.

Ein weiteres präventives Handlungsfeld ist die Kennzeichnung der Produkte. Sie sollten nicht nur durch eingetragene Marken erfolgen, sondern vor allem auch durch spezielle Markierungen, die es Zollbehörden ermöglichen, Original und Fälschung sofort zu unterscheiden und Warenwege zu identifizieren.

Eine aktuelle Studie des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau stellt fest, dass zumindest bei diesen Unternehmen das Problembewusstsein erfreulicherweise gewachsen ist. Nahezu jedes Unternehmen, ob nun von Produktpiraterie betroffen oder nicht, trifft mittlerweile Schutzmaßnahmen.

Deutsche Unternehmen können sich inzwischen über viele Kanäle informieren, wie sie sich den neuen Herausforderungen stellen können.

Angesichts der volkswirtschaftlichen Folgen engagiert sich die Bundesregierung in vielfältiger Weise für den effektiven Schutz des geistigen Eigentums. Das betrifft nicht nur die rechtlichen Instrumente.

Eine EU-Studie aus dem Jahr 2007, die die aktuelle Situation der kleinen und mittelständischen Unternehmen beim Schutz des geistigen Eigentums untersuchte, attestierte Deutschland und Frankreich übrigens eine Führungsrolle bei der Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen beim Schutz ihres geistigen Eigentums.

Beispielhaft nennen möchte ich hier Folgendes: Am 1. September 2008 ist das „Gesetz zur Verbesserung des Schutzes der Rechte des geistigen Eigentums“ in Kraft getreten. Das Gesetz überführt europäisches Recht aus den Jahren 2003 und 2004 in nationales Recht. Es stärkt die Position der Rechteinhaber.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat gemeinsam mit dem BDI Präventionsstrategien entwickelt und elektronisch publiziert.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Rahmen des Programms „Forschung für die Produktion von morgen“ zehn Modellprojekte zu Präventionsstrategien in unterschiedlichen Branchen.

In die gleiche Richtung zielt auch das am 4. August dieses Jahres gestartete Internetportal „Technologie-Know-howSchutz“ des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie Aachen. Das mit individuellem Zugang ausgestattete Portal unterstützt Unternehmen bei der Auswahl und der Etablierung geeigneter Schutzstrategien.

Aber auch die Wirtschaft selbst ist seit Langem aktiv geworden, so zum Beispiel mit der Gründung des „Aktionskreises Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie e. V.“ bereits im Jahre 1997.

Es ist unmöglich, hier alle bereits existierenden Initiativen aufzuzählen. Ergänzend möchte ich nur noch etwas zu den Messen sagen. Deutsche Messeaussteller sorgen bei Anzeigen vor allem für eine möglichst rasche Rechtsverfolgung. Da Fälschungen, die auf Messen ausgestellt werden, auch dem Ruf des Messestandortes schaden, beugen Messeveranstalter in der Regel bereits über die allgemeinen Teilnahmebedingungen derartigen Verfehlungen vor. Zudem bieten die Veranstalter Informations- und Serviceangebote wie das Infoblatt des Ausstellungs- und Messeausschusses der Deutschen Wirtschaft (AU

MA) für betroffene Unternehmen, welches Hinweise zu Durchsetzungsmöglichkeiten von Schutzrechten gibt.

Zusätzlich bietet zum Beispiel die Leipziger Messe einen Anwaltservice an. Kommt es im Vorfeld oder auf der Messe zu Konflikten, bemüht sich die Leipziger Messe um eine Streitschlichtung. Da es der Leipziger Messe verwehrt ist, rechtsberatend oder streitentscheidend tätig zu werden, empfiehlt sie, wenn die Bemühungen scheitern, die Einholung anwaltlichen Rates. Eine auf gewerblichen Rechtsschutz spezialisierte Anwaltskanzlei hält sich während der Dauer der Messe hierfür in Rufbereitschaft.

Die diversen Sensibilisierungs- und Aufklärungsmöglichkeiten auf Bundesebene werden durch Sachsen wirkungsvoll ergänzt. Zunächst haben wir allgemeine Informationen zu gewerblichen Schutzrechten und zur Vermeidung von Produktpiraterie speziell für sächsische Unternehmen ins „Lebenslagenportal“ des Amtes 24 unter der Rubrik „Innovation, Patent und Markenrecht“ eingestellt.

Nicht nur virtuell stehen unseren Unternehmen vom Wissenschafts- bzw. Wirtschaftsressort des Freistaates geförderte Patentinformationszentren in Chemnitz, Dresden und Leipzig als autorisierte Ansprechpartner des Deutschen Patent- und Markenamtes zur Verfügung.

Materielle Unterstützung können kleine und mittlere Unternehmen im Rahmen unserer FuE-Einzel- und Verbundförderung erhalten, indem sie ihre projektbezogenen Patentierungskosten als zuwendungsfähige Kosten ausweisen. Im Rahmen beider Programme kann auch die Entwicklung technischer Lösungen zur eindeutigen Produktidentifikation gefördert werden.

Die Technologietransferförderung unterstützt immaterielle Investitionen von KMUs in Form des Erwerbs von Patenten und Lizenzen.

Das Programm „Markteinführung innovativer Produkte“ unterstützt Patentanmeldungen. Aber auch an anderer Stelle der sächsischen Mittelstandsrichtlinien haben wir auf die Situation reagiert. Ab diesem Jahr haben wir das Beratungsangebot zur Bekämpfung der Produktpiraterie verbessert. In visueller Hinsicht beabsichtigt das Wirtschaftsministerium im kommenden Jahr mit der Ausstellung „Schöner Schein – Dunkler Schatten“ des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie im SMWA, speziell Verbraucher anzusprechen. Darüber sind wir uns sicherlich einig: Aufgeklärte und verantwortungsbewusste Verbraucher sind keine Adressaten für Plagiatoren.

Auch sächsische Kammern und Verbände haben längst erkannt, dass vor allem die Sensibilisierung und Aufklärung von Unternehmen entscheidende Mittel im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie sind. Die Abgeordneten Rasch und Pecher sind bereits auf die Bemühungen der Textilindustrie eingegangen.

Jawohl, besonders engagiert und initiativreich wirkt hier bei uns in Sachsen der Verband der Nordostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie.

(Beifall des Abg. Jürgen Petzold, CDU)

Dessen Pilotprojekt „Bekämpfung von Produkt- und Markenpiraterie“ beinhaltet die Einstellung von vier spezialisierten Beratern, die Erarbeitung einer Studie, einer Broschüre und eines Leitfadens sowie die Organisation einer Wanderausstellung. Das ist ein Projekt, das über die Mittelstandsrichtlinien meines Ministeriums gefördert wird. Ziele dieses Projektes sind unter anderem Aus- und Weiterbildungsangebote für Hersteller und Händler, Unterstützung bei der Ermittlung und Verfolgung von Rechtsverstößen und die so wichtige Aufklärung unserer Verbraucher.

Ich denke, dieses Beispiel zeigt, dass wir uns in Sachsen durchaus der Situation bewusst sind und bereits beispielsweise über gesetzte Anreize in den Förderrichtlinien kräftig gegensteuern. Ob es dazu noch einer neuen Informationskampagne und eines weiteren Berichtes bedarf, stelle ich anheim.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Herr Günther mit dem Schlusswort, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich in meinem Schlusswort einmal kurz auf meine Vorredner eingehen. Lieber Herr Rasch und lieber Herr Zais,

(Karl-Friedrich Zais, Linksfraktion: Hier!)

es ist besonders schön, wenn andere Politiker uns als FDP-Fraktion erklären, was FDP-Politik eigentlich sein soll.

(Lachen und Beifall bei der FDP – Staatsminister Thomas Jurk: Wenn Sie es nicht wissen!)

Immer dann sind wir auf dem richtigen Weg.