Protocol of the Session on September 11, 2008

Die damalige CDU-Fraktion hat es im Landtag durchgesetzt und Sie tragen es jetzt offensichtlich mit.

Jetzt kurz vor Schluss, wo praktisch die Sache auffliegt, stellen Sie sich hier hin und bieten uns untaugliche rechtliche Lösungen an. Nein, meine Damen und Herren, ich glaube, das ist kein seriöses Vorgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der FDP)

Nun zum Antrag der FDP. Wir haben uns ernsthaft gefragt: Was will eigentlich die FDP, außer auf das Problem hinzuweisen? Dass sie auf dieses Problem zu Recht hinweist und dass wir auch dankbar sind, dass sie diesen Antrag eingebracht hat, ich glaube, das ging aus meinem bisherigen Redebeitrag schon hervor. Nur, wenn Sie tatsächlich für die europaweite Ausschreibung sind – es mag ja durchaus Argumente geben, warum das vielleicht nicht günstig wäre –, dann schreiben Sie es doch so in den Antrag hinein. Ich habe das bei der Lektüre Ihres Antrages so nicht verstanden.

Ich denke einmal, es gibt im Grunde zwei Möglichkeiten, wie man dieses Verfahren oder diese schwebende Situation sinnvoll beenden könnte. Man könnte einerseits einfach die Frist verlängern. Dann warte ich aber auf den Gesetzentwurf der Staatsregierung. Das müsste jetzt schnell gehen. Wir haben schon September. Sie müssten das im Oktober einbringen und im Schnellverfahren diese Fristverlängerung hier durch den Landtag peitschen. Da bin ich echt gespannt, ob der zuständige Staatsminister, der nicht anwesend ist – ich weiß nicht, wer sprechen soll –, dazu Aussagen machen will.

Dann haben wir aber weiterhin das Problem: Wie lange wollen wir das denn verändern? Was glauben Sie, wann der BGH entscheidet? Der BGH lässt sich von uns nicht drängen. Ich glaube, Vertragsverletzungsverfahren der EU können auch sehr lange dauern. Das heißt, wenn wir es um ein Jahr verlängern, frage ich, ob das überhaupt reicht.

Oder wir machen gleich eine Lösung und sagen: Wir machen diese Ausschreibung.

Meine Damen und Herren! Jetzt sage ich Ihnen noch einmal etwas: Ich bin wirklich auch der Meinung, dass öffentliche Daseinsaufgaben nicht allein dem Markt überlassen werden können. Aber jetzt lassen wir doch einmal die Kirche im Dorf. Ich habe es vorhin schon bei meiner Zwischenfrage angedeutet. Es bleibt eine öffentlich-rechtliche Aufgabe. Die Kreise und die Rettungszweckverbände bleiben Aufgabenträger. Dann ist es möglicherweise unsere Aufgabe als Gesetzgeber, die Anforderungen so genau zu definieren, dass eben auch ein Privater die Dinge, die Sie befürchten, nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausleben kann.

(Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Das ist das Problem, vor dem wir eigentlich stehen, und nicht diese Scheingefechte und diese Gesundbeterei, die Sie hier den Leuten in Sachsen anbieten.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der FDP)

Gibt es vonseiten der Fraktionen noch Redebedarf? – Das sieht im Moment nicht so aus. Wünscht die Staatsregierung das Wort? – Bitte, Frau Ministerin Clauß.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! In Vertretung meines Kollegen Dr. Buttolo lassen Sie mich mit dem letzten Punkt des FDP-Antrages beginnen.

Ich möchte hier mit aller Deutlichkeit sagen, dass das sächsische Innenministerium bereits Maßnahmen ergriffen hat, damit der Rettungsdienst auch ab dem 01.01.2009 gewährleistet ist.

Der Gesetzgeber ist in § 31 Sächsisches Brandschutz-, Rettungsdienst- und Katastrophenschutzgesetz, kurz Blaulichtgesetz, davon ausgegangen, dass die Auswahlverfahren im Laufe des Jahres 2008 stattfinden und die obliegenden Bewerber 2009 auf der Basis eines öffentlich-rechtlichen Vertrages den Rettungsdienst durchführen.

Der Gesetzgeber hat eine vierjährige Übergangszeit gewählt, um insbesondere den privaten gewerblichen Leistungserbringern ausreichend Gelegenheit zu geben, sich auf die anstehende neue Situation einzustellen. Insofern bestehen entgegen der Annahme der FDPFraktion durchaus Übergangsregelungen.

Bereits bei den Regelungen zum Auswahlverfahren wurde eingeplant, dass es zu Verzögerungen kommen kann. Streitigkeiten bis hin zu gerichtlichen Verfahren können nie ausgeschlossen werden. Deshalb wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen.

§ 12 Abs. 5 der Landesrettungsdienstplanverordnung sieht es ausdrücklich vor, dass der Vertrag mit den bisherigen Leistungserbringern verlängert werden kann. Außerdem können die Träger des Rettungsdienstes gegebenenfalls nach § 31 Abs. 7 Sächsisches Blaulichtgesetz den Rettungsdienst selbst durchführen. Auf diese beiden Möglichkeiten sind die Träger des Rettungsdienstes mehrfach – ich betone: mehrfach –, zuletzt erst im Juli 2008, hingewiesen worden. Insbesondere wegen der Möglichkeit der Vertragsverlängerung nach § 12 Abs. 5 sehe ich derzeit keine Veranlassung für weitere Maßnahmen, denn es kann sichergestellt werden, dass Notfallrettung und Krankentransport ordnungsgemäß weitergeführt werden.

Ob das im Sächsischen Blaulichtgesetz geregelte Auswahlverfahren nun geändert werden muss, wird sich aus den Entscheidungen vor Gericht ergeben. Das Bundesverfassungsgericht hat sich insbesondere mit der Frage zu befassen, ob das Auswahlverfahren in die Grundrechte der Berufsfreiheit und des eingerichteten ausgeübten Gewerbebetriebes in verfassungswidriger Weise eingreift. In den gewerberechtlichen Verfahren, die nun beim BGH anhängig sind, geht es um die Grundsatzfrage, ob rettungs

dienstliche Leistungen hoheitliche Aufgaben sind, um zu klären, ob förmliches Vergaberecht anzuwenden ist oder nicht. Letztlich befasst sich auch der Europäische Gerichtshof in dem Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland mit diesen Fragen. Erst wenn diese Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des BGH vorliegen, wird die Rechtsunsicherheit beendet sein und – wie der FDP-Antrag formuliert – ein rechtssicheres Verfahren zur Anwendung kommen können.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das Schlusswort – Herr Dr. Martens, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was man jetzt eben gehört hat, zeugt doch eigentlich davon, dass man das Problem, wenn man es schon nicht lösen kann, wenigstens durch hartnäckiges Leugnen glaubt bekämpfen zu können.

(Heiterkeit bei der FDP und den GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, auch wenn es nicht in Ihren Zuständigkeitsbereich fällt oder ihn nur am Rande tangiert, so geht doch das, was hier gesagt worden ist, schlicht und ergreifend in erschütternder Weise an der Rechtswirklichkeit vorbei. Wenn gesagt wird, dass Sie nach § 12 Nr. 5 wegen der Vertragsverlängerungsmöglichkeit in der Rettungsdienstplanverordnung keinen Bedarf zum Handeln sehen, dann erschüttert das schon; denn das Gesetz ordnet das Auslaufen der Genehmigungen zum 31.12.2008 an. Das lässt sich nicht, wie Kollege Lichdi schon gesagt hat, heilen, indem ich einfach einmal auf die Landesrettungsdienstplanverordnung, eine dem Gesetz nachrangige Norm, verweise.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Auffallend war auch, dass ich, Herr Kollege Bandmann, auch wenn Sie sich sonst in diesen Dingen als Sachkenner erweisen, in den vergangenen vier Jahren keine Rede von Ihnen gehört habe, in der Sie so weit neben dem Thema gelegen haben wie dieses Mal.

(Heiterkeit bei der FDP)

Sie haben sich acht Minuten lang über die Hilfsfristen ausgelassen. Darum geht es hier überhaupt nicht. Das war aber Ihr Kernpunkt.

(Zuruf des Abg. Volker Bandmann, CDU)

Hinterher sprechen Sie von technisch höchstem Niveau, auf dem Sie sich das Ganze zu halten bemühen. Bei technisch höchstem Niveau fällt mir BOS-Funk ein, aber das ist ein Nebenkapitel.

Meine Damen und Herren! Herr Gebhardt, es geht nicht darum, dem Billigsten den Zuschlag zu verschaffen.

(Heinz Lehmann, CDU: Günstige!)

Die VOL spricht vom wirtschaftlichsten Angebot. Das ist nicht das billigste, mitnichten.

Wenn Sie sagen, dass das zur Daseinsvorsorge gehört und es damit automatisch unter die EU-Richtlinien-Ausnahme fällt, wie Frau Weihnert das gern hätte, dann meine ich, dass das zu schlicht gesehen ist. Vor allen Dingen dann, wenn Sie den Rettungsdienst als Verkehrsdienstleistungen in den Ausnahmebereich der Sektorenrichtlinie hinein nehmen, wird es sehr gewagt. Frau Weihnert, beim besten Willen, es wird Ihnen keiner, der sich mit der Materie befasst, abnehmen, dass das Verkehrsdienstleistungen sind, um die es hier geht.

(Zuruf der Abg. Margit Weihnert, SPD)

Auch der Hinweis darauf, es seien nur hoheitliche Aufgaben, verfängt nicht. Beim BGH wurde argumentiert, dass die Autos Blaulicht auf dem Dach hätten und es deswegen hoheitlich sei. Meine Damen und Herren, das ist natürlich Unfug, denn auch eine Werksfeuerwehr, die privat organisiert ist, hat ein Blaulicht auf dem Dach. Das sagt über die Hoheitlichkeit der Aufgabenwahrnehmung durch den Leistungserbringer überhaupt nichts aus.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das sind alles Feinheiten, über die man sich hätte informieren können, wenn man gewollt hätte. Aber offensichtlich hat man sich gedacht: Wir machen einfach so weiter wie bisher. Wir sagen, es gibt kein Problem. Augen zu und durch!

Das ist für verantwortliche Politik, so wie wir sie verstehen, viel, viel zu wenig.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Meine Damen und Herren! Es ist punktweise Abstimmung gewünscht worden.

Ich beginne jetzt mit der Abstimmung zur Drucksache 4/13095 mit dem Punkt 1. Wer möchte dem Punkt 1 die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen, bitte? – Und die Stimmenthaltungen? – Bei 2 Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist der Punkt 1 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich rufe Punkt 2 des Antrags auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Die Gegenstimmen? – Und die Stimmenthaltungen? – Auch hier gleiches Abstimmungsverhalten. Auch Punkt 2 wurde mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich rufe Punkt 3 auf. Wer gibt die Zustimmung? – Die Gegenstimmen? – Und die Stimmenthaltungen? – Hier gibt es eine große Anzahl von Stimmenthaltungen und Stimmen dafür. Dennoch ist Punkt 3 mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Da alle Punkte abgelehnt worden sind, erübrigt sich die Gesamtabstimmung.

Der Tagesordnungspunkt ist damit beendet.

Ich rufe auf