Protocol of the Session on July 9, 2008

Mit der Einführung der Bachelorstudienangebote wird auch die Durchlässigkeit innerhalb der Bildungssysteme verbessert. So werden zum Beispiel für die Studierenden der Berufsakademie die Hürden zur Aufnahme eines weiterqualifizierenden Master-Studienganges abgebaut. Dieser Aspekt ist gerade im Hinblick auf die Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit wichtig.

Studierende, die sich aus verschiedenen Gründen zunächst gegen ein reines Hochschulstudium entschieden haben, haben nun die Möglichkeit, sich mit einem Bachelor- oder einem Berufsakademieabschluss an einer Fachhochschule oder an einer Universität weiter zu qualifizieren.

Mit der Einführung der Bachelorstudiengänge wird die Eigenverantwortung der Berufsakademie Sachsen gestärkt, indem Genehmigungsvorbehalte des Wissenschaftsministeriums bei Prüfungs- und Studienordnungen entfallen. Deren Erstellung liegt nunmehr in den Händen und in der Verantwortung der Berufsakademie selbst. So können die Studienakademien besser und flexibler auf die aktuellen Anforderungen der Studierenden und der Praxispartner reagieren.

Wir halten es allerdings nicht für sinnvoll, dass sich die einzelnen Studienakademien gegenseitig Konkurrenz machen. Vielmehr stellt die Berufsakademie Sachsen mit ihren Studienangeboten eine Bildungseinrichtung dar. Um in der Zusammenschau aller staatlichen Studieneinrichtungen ein ausgewogenes Verhältnis der Studienangebote zu sichern, unterliegen Änderungen oder Neueinrichtungen von Studiengängen sinnvollerweise auch zukünftig der Genehmigung durch das Wissenschaftsministerium.

Sehr geehrte Damen und Herren! In Auswertung des Anhörungsverfahrens haben sich die Koalitionsfraktionen auf Änderungen verständigt, von denen ich hier nur die wesentlichen kurz benennen möchte.

Eine nach unserer Auffassung wichtige Ergänzung ist die Änderung des § 7. Der § 7, der die Zugangsbedingungen zur Aufnahme eines Studiums an der Berufsakademie

regelt, wurde neu gefasst. Die Neufassung dient der Anpassung an den Entwurf der Novelle des Sächsischen Hochschulgesetzes, in welchem eine Erweiterung der Zugangsberechtigung auf Bewerber, die die Meisterprüfung abgelegt haben, erfolgt.

Ebenso ist sich die Koalition darin einig, dass es bei Bewerbern mit Fachhochschulreife keiner gesonderten Eingangsprüfung für den Zugang zum Studium an der Berufsakademie bedarf. Wir wollen Leistung und Motivation Studierwilliger anerkennen, und deshalb sollen diejenigen studieren können, die es sich zutrauen und die entsprechenden fachlichen Voraussetzungen mitbringen. Dieses Ziel haben wir bereits in der Novelle zum Hochschulgesetz, welches bekanntlich heute in 1. Lesung behandelt wird, verankert. Es ist daher konsequent, die Zugangsbedingungen zur Aufnahme eines Studiums an einer staatlichen Berufsakademie ebenfalls entsprechend anzupassen.

In der öffentlichen Anhörung wurde die Regelung zur zweiten Wiederholungsprüfung intensiv diskutiert. Dabei wurde deutlich, dass die vorgelegte Formulierung, eine Wiederholungsprüfung nur in begründeten Ausnahmefällen zu genehmigen, zu einer großen Rechtsunsicherheit bei den Studierenden, aber auch bei den Prüfern führt. Der mehrheitliche Wunsch war, dass eine zweite Wiederholungsprüfung prinzipiell, also auch ohne Begründung, möglich sein soll.

Allerdings sehen wir es weiterhin als notwendig an, die Zustimmung des Praxispartners hierzu im Vorfeld einzuholen, da dieser sehr eng in den gesamten Studienablauf eingebunden ist. Von der Möglichkeit, einen Freiversuch zu absolvieren, haben wir Abstand genommen, da dies die enge Struktur des dreijährigen Studiums, unter anderem durch den Wechsel zwischen Theorie und Praxis, kaum zulässt.

An dieser Stelle möchte ich noch auf den vorliegenden Änderungsantrag eingehen. Es wurde leider erst im Nachgang offensichtlich, dass eine Formulierung in Artikel 1 § 10 bezüglich der erfassten Studiengänge zu Unklarheiten führt. Dies wird nun mit Einfügen des Datums für das Inkrafttreten des Gesetzes korrigiert.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf und dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen haben wir für die Berufsakademie Sachsen den Rechtsrahmen zur Umsetzung des Bologna-Prozesses geschaffen. Ich bitte daher um Ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Für die Linksfraktion spricht Frau Abg. Werner, bitte.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Berufsakademie ist ein ganz entscheidender Faktor für die Entwicklung des Landes. Die vor 17 Jahren getroffene Entscheidung des Freistaates, den tertiären Bereich durch die Berufsakade

mien zu bereichern, hat sich als ein richtiger Weg erwiesen – so Prof. Karl Lenz in der Anhörung.

Es ist ein wichtiges, zusätzliches Angebot in Sachsen. Die Berufsakademie gewinnt vor allem durch die Regionalisierung an Bedeutung. Durch den Ausbau der Berufsakademien in den einzelnen Regionen werden nachhaltig die kleinen und mittelständischen Unternehmen gestärkt. Durch die jeweils ansässigen Studieneinrichtungen können regionale Anforderungen berücksichtigt werden. Es existiert eine enge Verknüpfung zwischen Hochschule, Studium und Wirtschaft. Veränderungen der Gegebenheiten können frühzeitig Berücksichtigung finden.

Die Berufsakademien sind also ein wichtiger Standortfaktor, insbesondere für die mittelständische Wirtschaft. Sie sind für junge Menschen sehr attraktiv angesichts der Unsicherheit bezüglich der Studiengebühren – hier bekommen sie immerhin einen kleinen Obolus, ein kleines Einkommen – und der fast sicheren Arbeitsplätze, die nach Absolvierung der Berufsakademien für die Studierenden bereitstehen.

Aufgrund des hohen Praxisanteils des Studiums, in dem die regionalen Gegebenheiten berücksichtigt werden, sind die Studenten in hohem Maße nach dem Studienabschluss praxistauglich. Das erklärt die hohe Vermittlungsquote von 70, 80 % und mehr. Das liegt daran, dass sich die Unternehmen durch die Berufsakademien einen maßgeschneiderten Nachwuchs im Prinzip „backen“ können.

Doch wir glauben, dass in dieser Flexibilität und Spezialisierung auch eine Krux liegt. Zwar können die Absolventen der Berufsakademien schnell und sehr passgenau eingesetzt werden – zum Beispiel hat ein Unternehmer gesagt, dass Universitätsabgänger bis zu zwei Jahre lang eingearbeitet werden müssen und Absolventen der Berufsakademien nahezu direkt einsetzbar sind –; aber wir wissen auch, dass heute niemand mehr ein Leben lang in ein und demselben Beruf oder gar in ein und demselben Unternehmen arbeiten wird. So kann diese Spezialisierung für die weitere Erwerbsbiografie auch zum Hemmnis werden.

Mit der Vorlage des Gesetzes zur Änderung des Sächsischen Berufsakademiegesetzes und der Anlehnung an die Erfordernisse des Bologna-Prozesses könnte man dem entgegenwirken, denn eine gestufte Studienstruktur wird jetzt im tertiären Bildungsbereich eingeführt. Der Bachelorabschluss der Berufsakademie wird dem Bachelorabschluss der Hochschulen gleichgestellt. Die Abschlüsse der Berufsakademien werden einem Akkreditierungsverfahren unterzogen und die künftigen akkreditierten Bachelorabschlüsse hochschulrechtlich den Hochschulabschlüssen gleichgestellt.

Das stellt die Berufsakademien vor ganz besondere Herausforderungen, wie es ein Sachverständiger in der Anhörung betont hat; denn die Hochschulen erwarten, dass die Studierenden so ausgebildet sind, dass ihr erworbenes Wissen anschlussfähig ist. Das erfordert, dass die Studierenden so auszubilden sind, dass den Anforderun

gen von möglichen, sich anschließenden Masterstudiengängen an anderen Hochschulen Genüge getan wird.

Man muss sagen, dass die BA-Studiengänge akademischen Anforderungen bisher kaum genügten. Die Verbindung von Wissenschaft und Forschung gibt es nicht in der gleichen Intensität wie an einer Hochschule. Dem Ziel eines akademischen Studiums, dem eigenständigen Umgang mit Wissen, der Fähigkeit zu methodisch geleiteter Kritik und der Befähigung, über das einfache Wissen hinaus Strukturen und Prozesse verstehen zu können, konnte die BA so nicht gerecht werden; denn sie bildete praktisch, für den Beruf aus. Allgemeine bzw. theoretische Bildung kommt dann zu kurz, wenn sich die Ausbildung ausschließlich an den Bedürfnissen der Unternehmen orientiert. Die BA war deshalb bisher eher eine bessere Fachschule. Damit war sie ein wichtiger Teil innerhalb des Systems hier in Sachsen, jetzt aber steht sie vor einer neuen Zukunftsherausforderung.

Ein Problem, das sich hieraus auch ergibt, ist der Übergang der Absolventen der BA an eine Hochschule, um dort ein Masterstudium aufnehmen zu können; denn außer dem Bachelor, der ein Masterstudium absolvieren möchte, gibt es nun auch die Diplomabsolventen, die ebenfalls den Master erwerben möchten. Hier besteht also Handlungsbedarf.

Neben der Rechtssicherheit, die nun mit dem Gesetz geschaffen werden soll, ist auch die Flexibilisierung der Studienangebote zu begrüßen. Wir begrüßen zum Beispiel, dass Studienabschnitte auch berufsbegleitend oder in Teilzeitform angeboten werden können. Das kommt nicht nur den Praxispartnern entgegen, sondern auch den Menschen in den jeweiligen Berufsprozessen, und fördert lebenslanges Lernen.

Fazit. Zunächst einmal ist festzustellen, dass der hier unternommene Schritt in die richtige Richtung weist, wenn es um die Schaffung von Studienplätzen und die neue Orientierung am europäischen Hochschulraum geht. Damit die intensivierte Durchlässigkeit in der Realität funktioniert und Mobilität gefördert werden kann, bedarf es jedoch bestimmter Kriterien und Mindeststandards bei den neuen Studiengängen. Außerdem müssen sich die sächsischen Hochschulen für die neuen Absolventen öffnen.

Darüber hinaus halten wir es für wichtig, dass die Modularisierung entsprechend gemeinsam mit den Studierenden unternommen wird. Hierzu bedarf es entsprechender Studierendenbefragungen, der Einbeziehung in die Gremien, aber auch, dass Qualitätsanalysen aufseiten der Praxispartner vorgenommen werden. Außerdem plädieren wir dafür, dass – wie bei den Hochschulen – die Mitbestimmung der Studierenden gestärkt wird.

Einen entsprechenden Änderungsantrag haben wir eingebracht. Auf diesen werde ich nachher noch eingehen. Jetzt nur so viel: Zurzeit umfasst die Studienkommission lediglich eine Studierendenvertreterin bzw. einen Studierendenvertreter und bis zu zwölf andere Mitglieder können bestellt werden. Hier wäre eine paritätische

Besetzung von Vorteil, da in diesen Gremien Vorschläge für die Studienordnung beraten werden, sodass die Studierenden im Sinne einer Qualitätsentwicklung beteiligt werden müssen.

Ich denke, Sie sehen anhand der Ausführungen, dass doch einiger Handlungsbedarf besteht – sowohl jetzt, ganz schnell, als auch in Zukunft. Wir werden Ihnen durch unsere Änderungsanträge Gelegenheit geben, darauf noch einmal zu reagieren, und ich werde näher darauf eingehen.

Danke schön.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Die FDP-Fraktion; Herr Abg. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben bereits umfassend erläutert, dass mit der vorliegenden Novelle des Berufsakademiegesetzes der Bachelor als Regelabschluss gesetzlich verankert wird. Gleichzeitig werden die Abschlüsse bundesweit und international mit den Abschlüssen der Hochschulen gleichgesetzt. Das ist ein richtiger und dringend notwendiger Schritt.

Die sieben staatlichen Berufsakademien im Freistaat Sachsen stellen schon seit geraumer Zeit ihre Abschlüsse auf Bachelor um. Inzwischen ist mehr als ein Viertel der Studenten in einem Studiengang mit einem Bachelorabschluss eingeschrieben. Gleichzeitig sind mit dieser Novelle endlich die rechtlichen Voraussetzungen für die anstehende Akkreditierung gegeben.

Meine Damen und Herren! Die Berufsakademie Sachsen ist ein Erfolgsmodell: kurze Studienzeiten von drei Jahren, ausgeprägter Praxisbezug und damit geringe Einarbeitungszeiten. Deshalb sind Absolventen der BA beliebte Nachwuchskräfte für die sächsische Wirtschaft. Die hohen Übernahmequoten von teilweise 80 bis 90 % sprechen für sich.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Mittlerweile sind wir uns in diesem Haus weitgehend darin einig, dass die Berufsakademie Sachsen eine hervorragende Einrichtung und für den sächsischen Fachkräftenachwuchs von enormer Bedeutung ist. Das hat spätestens die Diskussion des FDP-Antrages im vergangenen September gezeigt.

Ebenso begrüßenswert fand ich vor allem Ihre Zusage, Frau Staatsministerin Stange, dass Sie einen weiteren Ausbau der Berufsakademie nicht ausschließen. Sie kennen die Position der FDP-Fraktion dazu. Wir haben uns schon lange für einen weiteren bedarfsorientierten Ausbau der Studienakademien im Freistaat Sachsen ausgesprochen, spätestens seitdem bekannt wurde, dass Sachsen jährlich 20 bis 25 % der Bewerber – im Jahr 2006 waren es knapp 300 Bewerber – ein Studium an der Berufsakademie mangels Plätzen verwehrt. Das sind

junge Abiturienten, die einen Ausbildungsvertrag in der Tasche haben; das sind motivierte Sachsen, die in ihrer Heimat bleiben wollen; das sind junge Menschen, die in Sachsen gebraucht werden. Was sich Sachsen definitiv nicht leisten kann, ist, seinen Nachwuchs an andere Bundesländer zu verlieren.

(Beifall bei der FDP)

Auch die sächsische Wirtschaft, vor allem unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen, fordern mit Nachdruck mehr Berufsakademieabsolventen. Ich hoffe also stark, dass sich die Ausbauankündigung der Staatsministerin auch in dem von der Staatsregierung noch vorzulegenden Entwurf in dem nächsten Doppelhaushalt widerspiegelt.

Zwar wurden der Berufsakademie Sachsen in diesem Jahr eine Million Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt, um die gesetzlich vorgeschriebene Mindestquote an hauptamtlichen Dozenten sicherzustellen; aber dieser Zuschuss reicht noch lange nicht aus, um die Berufsakademie Sachsen langfristig zu stärken.

Ein Ausbau erfordert in jedem Fall zusätzliche Dozentenstellen und damit entsprechend zusätzliche finanzielle Mittel. Ohne den in diesem Herbst anstehenden Verhandlungen über den Doppelhaushalt im Landtag vorgreifen zu wollen, hoffe ich, dass sich die Staatsregierung ihrer Verantwortung diesem Land gegenüber bewusst ist. Damit meine ich sowohl die Verantwortung gegenüber jungen Abiturienten, die ein Studium an der Berufsakademie anstreben und in Sachsen bleiben wollen, als auch gegenüber den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen, die händeringend Fachkräfte suchen und insbesondere qualifizierte Berufsakademieabsolventen mit Kusshand übernehmen oder neu einstellen.

Der vorliegenden Gesetzesnovelle wird die FDP zustimmen. Im Doppelhaushalt müssen dann aber weitere entscheidende und erforderliche Schritte der Berufsakademie Sachsen erfolgen.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Die Fraktion der GRÜNEN; Herr Dr. Gerstenberg, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Fragen der Hochschulreform diskutiert werden, dann steht die Berufsakademie meist im Schatten der Aufmerksamkeit. Das gilt auch für den Bologna-Prozess. Die gestuften Studiengänge, Bachelor und Master, sind für Universitäten und Fachhochschulen konzipiert. Schon die Kunsthochschulen haben damit ihre Schwierigkeiten.

Die meisten Bologna-Experten und erst recht die Arbeitgeber außerhalb Deutschlands werden die Berufsakademien nur vom Hörensagen kennen. Trotz und gerade wegen der Besonderheit und der europaweiten Unbekanntheit der Berufsakademie ist es richtig, die Studienreform auch in den sächsischen Studienakademien umzu

setzen. Obwohl die Berufsakademie bewusst eine Scharnierfunktion zwischen Ausbildung und Hochschulbildung wahrnimmt und sich in vielerlei Hinsicht von den Hochschulen unterscheidet, führen ihre Studiengänge doch zu Hochschulabschlüssen. Deshalb ist die Einführung von Bachelorstudienangeboten und -abschlüssen folgerichtig.