Protocol of the Session on May 28, 2008

bereits in einer Pressemitteilung deutlich gemacht, dass die PKK Initiativ-, Auskunfts-, Einsichts-, Zugangs- und Befragungsrechte sowie einen eigenen Juristen als Mitarbeiter zur Unterstützung ihrer Arbeit erhalten soll. Wir als CDU-Fraktion und als Koalition sind überzeugt, dass die Kontrolldichte über die Tätigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz dadurch erhöht wird und eine verbesserte Rückkoppelung zum Parlament, also zu uns, stattfindet.

Der PKK obliegt die parlamentarische Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz. Sie ist das Instrument des Parlamentes zur Durchführung des landesverfassungsrechtlich verankerten Auftrages aus Artikel 83 Abs. 2 Satz 2 der Sächsischen Verfassung an die Volksvertretung, den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel nachzuprüfen, sofern dieser nicht faktisch der richterlichen Kontrolle unterliegt.

Der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen hat deutlich gemacht, dass sich aus dieser verfassungsrechtlichen Norm das Gebot einer möglichst effektiven strukturellen Kontrolle nachrichtendienstlicher Mittel ergibt. Das dient der Gewährleistung der demokratisch gebotenen Transparenz staatlichen Handelns in einem für Grundrechtsverletzungen besonders sensiblen Bereich. Viele von Ihnen kennen die Entscheidung. Der Verfassungsgerichtshof hat in diesem Urteil ausgeführt, dass Artikel 83 Abs. 2 Satz 2 der Sächsischen Verfassung die parlamentarische Kontrolle als funktionales Äquivalent richterlicher Kontrolle einfordert und damit die parlamentarische Verantwortlichkeit für das Handeln der Exekutive besonders betont. Die Kontrolle muss immer zeitnah zum Einsatz erfolgen.

Lassen Sie mich auf den wesentlichen Inhalt eingehen. Kernstück der Gesetzesnovellierung ist § 17. Durch die Neufassung dieses § 17 Abs. 2 werden die Rechte der Parlamentarischen Kontrollkommission ähnlich denen eines Untersuchungsausschusses erweitert. Das bedeutet, dass die PKK erforderliche Auskünfte, Einsicht in Akten und Daten, Besuche beim Landesamt für Verfassungsschutz sowie die Anhörung von Mitarbeitern des Landesamtes für Verfassungsschutz verlangen kann. Insbesondere erhält die Kommission künftig auch die Möglichkeit, in konkreten Einzelfällen externe Sachverständige mit Untersuchungen zu einem Gegenstand der Kontrolltätigkeit zu beauftragten. Das erscheint uns deshalb sehr wichtig, weil damit die PKK in komplexen und umfangreichen Fällen auf zusätzlichen Sach- und Fachverstand zurückgreifen kann.

Nicht unerwähnt lassen möchte ich, dass ein neuer § 17 Abs. 4 der PKK Kenntnis von Bürgereingaben zum Verfassungsschutz sichern soll. Die PKK erhält dadurch

eine weitere Quelle von Informationen, die für ihre Kontrolle möglicherweise von Bedeutung sind.

Mit der Änderung des Gesetzes über den Petitionsausschuss wollen wir erreichen, dass Petitionen, also Eingaben an den Landtag, die einen nachrichtendienstlichen Bezug aufweisen, wichtige Hinweise und Anregungen für die parlamentarische Kontrolle durch die PKK enthalten könnten. Sie sollten deshalb der PKK zur Kenntnis gegeben werden.

Weitere Schwerpunkte sind:

Jedes Mitglied der PKK kann die Einberufung des Gremiums verlangen.

Die PKK tritt mindestens vierteljährlich zusammen.

Eingaben betroffener Bürger über ein sie betreffendes Verhalten werden möglich.

Die PKK erhält zur Erfüllung ihrer Aufgaben fachlich geeignetes Personal.

Die PKK berichtet dem Landtag in jeder Wahlperiode über ihre Kontrolltätigkeit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kontrolle des Landesamtes für Verfassungsschutz wird durch das Gesetz für die Kontrollkommission verbessert. Die Koalition aus CDU und SPD ist davon überzeugt, dass es mit diesem Gesetzentwurf und bereits seitens des Sächsischen Staatsministeriums des Innern eingeleiteten Maßnahmen, die auch Gegenstand der Beratungen im Innenausschuss sind, gelingen wird, die notwendigen Konsequenzen aus der Aktenaffäre zu ziehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, diesen Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss zu überweisen.

Herzlichen Dank für die geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Meine Damen und Herren! Sie haben soeben gehört, an welche Fachausschüsse überwiesen werden soll; ich zähle sie nicht noch einmal auf. Ich würde nur ergänzen wollen, dass das Präsidium beschlossen hat, den Gesetzentwurf außerdem an den Petitionsausschuss zu überweisen. Gibt es Zustimmung zu diesen vorgetragenen Ausschüssen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine Gegenstimmen und keine Stimmenthaltungen; damit ist die Überweisung beschlossen und der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 9

Sächsische Verbundinitiativen – Ergebnisse und Perspektiven

Drucksache 4/9634, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, Linksfraktion, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. Ich erteile nun Herrn Abg. Prof. Bolick das Wort; bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit nahezu zehn Jahren bilden Verbundinitiativen einen wichtigen Bestandteil der Bemühungen der Wirtschaftspolitiker der CDU zur Förderung der sächsischen Wirtschaft. Verbundinitiativen helfen unserer mehrheitlich klein und mittelständisch geprägten Wirtschaft, im Wettbewerb neben größeren, lange am Markt etablierten Konkurrenten zu bestehen, ihre Innovationskraft und Leistungsfähigkeit zu steigern.

Mit dem Startschuss der ersten Verbundinitiative AMZ, Automobilzulieferer Sachsen, 1999 durch unseren verdienten Wirtschaftsminister Kajo Schommer richtete der Freistaat seine Bemühungen auf eine Branche, die in Sachsen Tausenden Menschen Beschäftigung und Perspektive bietet. Die Standorte des Volkswagen-Konzerns in Zwickau/Mosel, Chemnitz, Dresden, die Produktion von BMW und Porsche in Leipzig, aber auch die Produktion von Neoplan in Plauen sind Beweis dafür, dass Sachsen seinen Titel als Autoland zu Recht trägt. Um diese Standorte siedelten sich eine Vielzahl von Zulieferern und Systemdienstleistern der Automobilbranche an und sichern Tag für Tag auf hohem Niveau Produktion und Logistik. Diese Unternehmen stehen im ständigen harten Wettbewerb. Sie zu unterstützen war Grundlage der Verbundinitiative.

Aus den positiven Erfahrungen der Verbundinitiative AMZ heraus wurden zwischenzeitlich weitere Verbundinitiativen mit Unterstützung des Freistaates Sachsen gebildet, die im Interesse der positiven Entwicklung unserer heimischen Wirtschaft arbeiten. Verbundinitiativen zu initiieren macht aber nur in den Branchen Sinn, die für Sachsen Schlüssel- und Schwerpunktbranchen darstellen und in die der Freistaat wirtschaftspolitisch nachhaltig im Interesse von Umsatz und Beschäftigung investiert hat.

Unter diesen Vorzeichen stehen somit auch die im Jahr 2003 ins Leben gerufene Verbundinitiative Maschinenbau (VEMAS) sowie die Verbundinitiative Innovation Textil, die im Jahr 2006 gegründet wurde. Zur ebenfalls im Jahr 2006 gegründeten Verbundinitiative Bahntechnik möchte ich noch gesondert etwas sagen.

Verbundinitiativen bieten mittelständischen Unternehmen eine Vielzahl von Vorteilen, die sie im Interesse ihrer eigenen wirtschaftlichen Entwicklung und der Schaffung weiterer Arbeitsplätze nutzen können:

Erstens: Verbundinitiativen bieten eine Plattform für ihre Mitglieder, um über Rahmenbedingungen, veränderte Anforderungen und Trends der jeweiligen Branche zu informieren.

Zweitens: Sie vermitteln Kooperationen, um in den komplexen Auftragsvergaben der großen Industrieunternehmen auch als Mittelständler bestehen zu können und erfolgreich zu sein.

Drittens: Verbundinitiativen sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Technologietransfers. Sie informieren über Innovationen, animieren Unternehmen zur gemeinsamen Weiterentwicklung möglicher Neuerungen und bieten Unterstützung bei der Förderung und Finanzierung entsprechender Vorhaben.

Viertens: Verbundinitiativen können auch bei der allgemeinen Beratung von Unternehmen in Fragen der Unternehmens- und Auftragsfinanzierung, der Ausbildung und Qualifizierung von Mitarbeitern oder der strategischen Personalplanung behilflich sein und letztlich auch bei Messeauftritten und Auslandskontakten sinnvoll begleitend einwirken.

Damit sind Verbundinitiativen ein sächsisches Erfolgsmodell zur Förderung unserer mittelständischen Wirtschaft. Trotzdem empfiehlt sich hier wie in allen Dingen nach gewisser Zeit eine kritische Betrachtung. Aufgabe einer erfolgreichen Wirtschaftsförderung muss es sein, Impulse zu geben und Entwicklungen zu initiieren, die den Markt und das Vorankommen der heimischen Unternehmen positiv beeinflussen.

Eine solche Unterstützung soll nach unserem Verständnis dazu dienen, nur das zu fördern, was aufgrund der wirtschaftlichen Situation oder Struktur der Unternehmen nicht von allein funktioniert. Wenn wir also die Branche der Automobilindustrie oder des Maschinenbaus durch eine Verbundinitiative befördern, müssen wir eine Strategie entwickeln, wie sich diese Hilfe gestaltet. Ich meine damit insbesondere die zeitliche Beschränkung und das sukzessive Abschmelzen der Finanzierung zugunsten anderer Projekte.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Man könnte auch den Slogan zitieren: „Was nichts kostet, ist auch nichts wert“; aber das trifft wohl nicht ganz den Kern der Problematik. Die Entwicklung der Automobilbranche in Sachsen ist hervorragend gelungen, befördert durch die Arbeit der AMZ. 22,4 % betrug der Anteil der Automobilindustrie am gesamten Umsatz des verarbeitenden sächsischen Gewerbes; 36 % beträgt ihr Anteil am Gesamtexport Sachsens. Seit 1991 hat sich der Umsatz auf das 26-Fache nach oben entwickelt. Mehr als

500 Unternehmen beschäftigen mehr als 70 000 Arbeitnehmer – eine pure Erfolgsgeschichte.

Nun ist es nach unserem Dafürhalten an der Zeit, auch die Finanzierung der Verbundinitiative neu zu überdenken. In Gesprächen mit Vertretern der Branche wurde einerseits auf die guten Ergebnisse hingewiesen, aber gleichzeitig die Bereitschaft signalisiert, sich sowohl finanziell als auch strategisch stärker in die Arbeit einzubringen. Es ist an der Zeit, die Akteure der Wirtschaft sowohl inhaltlich als auch finanziell stärker an der Gestaltung der Verbundinitiative zu beteiligen. Damit schaffen wir eine noch bessere Rückkopplung zur betreffenden Branche und eine umfassendere Erfolgskontrolle und sind in der Lage, den Mitteleinsatz des Freistaates Sachsen maßvoll zurückzufahren und neue strategische Maßnahmen in sich entwickelnden Zukunftsbranchen zu finanzieren. So ist dies mittlerweile im Bereich der erneuerbaren Energien und der Luft- und Raumfahrt auf unsere Initiative hin begonnen worden.

Nach meinen Informationen denkt der zuständige Bereich im SMWA bereits daran, die Wirtschaft stärker an der Entwicklung der Verbundinitiative zu beteiligen. Ich will sie darin bestärken und wünsche mir, dass wir über einen zukunftsfähigen Ansatz sprechen und nicht über eine Absenkung der öffentlichen Finanzierung um 10 %, die mehr einem Alibi als einer Strategie gleichkommt. Wir sollten außerdem darüber diskutieren, für welchen Zeitraum wir Verbundinitiativen finanzieren. Im neunten Jahr einer sächsischen Verbundinitiative ist eine solche Frage sicherlich legitim.

Nun zur Verbundinitiative „Bahntechnik Sachsen“. Das ist sicherlich eine für Sachsen, insbesondere für ostsächsische Standorte, wichtige Initiative. Hier ist aber einiges kritisch zu hinterfragen. Wegen dieser Wichtigkeit wurde bereits im Jahr 2000 das Innovationszentrum Bahntechnik IZBS – inzwischen IZBE – mit einem sechsstelligen Betrag gefördert. Es wurde ein funktionierendes Netzwerk von 35 Unternehmen der Bahntechnik geschaffen, das sich in den Folgejahren selbst finanzierte. Aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen initiierte das SMWA im Jahr 2006 ein weiteres Netzwerk „Bahntechnik Sachsen“ – kurz BTS genannt – und beauftragte PriceWaterhouseCoopers mit der Umsetzung. Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, wenn aber die Firmen bei BTS die Leistungen durch Steuergeld finanziert umsonst erhalten, welche sie beim IZBE mitfinanzieren müssen, ist klar, wer in absehbarer Zeit auf der Strecke bleibt. Das Ergebnis ist inakzeptabel. Es besteht die Gefahr, dass ein entsprechend unseren Vorstellungen nach einer Anschubfinanzierung selbstständig arbeitendes Netzwerk zerfällt.

Wir sehen hier weiteren Koordinierungsbedarf durch die Staatsregierung. In Sachsen bestehen parallele Initiativen, die sich mit der Entwicklung der Bahntechnik befassen. Nun engagiert sich auch die Wirtschaftsförderung Sachsen im Bereich der Bahntechnik durch Messeteilnahme und Unterstützung von Unternehmen bei gemeinsamen Auftritten. Ich halte diese Entwicklung vor dem Hinter

grund des effizienten Einsatzes unserer Wirtschaftsförderungsmittel für bedenklich. Wir sollten hier die Kräfte schnellstmöglich bündeln und die vorhandenen Kompetenzen aller Beteiligten nutzen, um die Branche voranzubringen. Befindlichkeiten und Kompetenzgerangel können wir uns einfach nicht leisten. Wir haben hierzu in der Koalition bereits unsere Auffassung abgestimmt und werden eine entsprechende Initiative einbringen, um die Problematik nochmals eingehend zu diskutieren und eine für Sachsen und die Bahntechnikbranche sinnvolle Entscheidung zu treffen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Auch das Netzwerk „Luft- und Raumfahrt“ halten wir für äußerst wichtig, weil diese Wachstumsbranche im Sinne einer breiteren Aufstellung der sächsischen Wirtschaft keinesfalls vernachlässigt werden darf. Wir brauchen nur nach Brandenburg zu schauen, wo das sehr ernst genommen wurde. Im ehemaligen Schwermaschinenbau Wildau werden jährlich tausend Arbeitsplätze im Bereich der Luft- und Raumfahrt geschaffen. Nach mehreren verbalen Aufforderungen an das Ministerium zur Gründung dieses Netzwerkes initiierten wir vor einem Jahr einen entsprechenden Antrag. Dieser wurde leider vom Koalitionspartner auf Eis gelegt.

(Karl Nolle, SPD: Das kann nicht sein!)

Vermutlich geschah dies in Absprache mit dem SMWA.

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Nach zehn Monaten, am 14.04.2008, wurde nun mit einer großen Auftaktveranstaltung das Netzwerk aus der Taufe gehoben. Wie ich hörte, stimmt nun auch der Koalitionspartner unserem Antrag zu.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Stefan Brangs, SPD: Das gibt’s doch gar nicht!)

Unter effizienter und vertrauensvoller Zusammenarbeit zum Wohle Sachsens stelle ich mir das Ganze etwas anders vor. Das muss ich schon sagen.

Obwohl ich mir von der Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag auch mehr versprochen hätte, Herr Staatsminister, denn sie fällt unter Berücksichtigung der großen Erfolge, die gefeiert wurden, etwas dürftig aus, bleibt festzustellen: Die sächsischen Verbundinitiativen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Wirtschaftsförderung. Sie müssen aber zur Sicherung der Erhöhung ihrer Effizienz qualifiziert gelenkt und gegebenenfalls neu justiert werden. Automatismus in der Finanzierung und Selbstlauf entsprechen nicht unseren Vorstellungen. Deshalb werden wir die Verbundinitiativen intensiv begleiten.