(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Peter Klose, NPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)
Man kann hier arbeiten, arbeiten, arbeiten, und der Lohn geht immer weiter zurück. Herr Patt, das können wir einmal in Chemnitz machen: Wir besuchen einmal Firmen. Und deshalb bringen wir hier diesen Antrag ein.
Sie hatten diese 5,60 Euro als Sklavenlohn bezeichnet. Das verleitet mich zu der Zwischenfrage, ob Ihnen bekannt ist, dass in Berlin, wo es eine rot-rote Regierung gibt, Löhne im öffentlichen Dienst von 5,50 Euro gezahlt werden.
Herr Krauß als Chef des Arbeitnehmerflügels der CDU, Sie haben vollkommen recht. Sie müssen nur die Ursache mit benennen. In der Hinsicht arbeiten wir daran.
Nun lassen Sie mich noch die Regelung der Zeitarbeit – Herr Rasch, es ist schon „Heuern und Feuern“ und nichts anderes, was Sie hier vertreten haben – mit dem nächsten Trick in diesem Gesetz darlegen. Der nächste gemeine Trick gegen Hunderttausende Arbeitsuchende im Gesetz ist: 50 % der Leiharbeiter arbeiten nicht nur länger, sondern kürzer als drei Monate, wie ich das hier ausführte.
Nun wird oft gesagt, es sind viele dabei ohne Ausbildung, ohne Berufsausbildung oder ohne abgeschlossene Schulausbildung. Es stimmt nicht, auch das ist in der Studie, Herr Brangs, nachgewiesen.
Es haben 60 % einen Beruf und es haben fast 80 % eine schulische Ausbildung. Es sind keine Drückeberger, die in diese Leiharbeit gepresst werden. Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss es ein Ende geben. Und das geht ganz einfach, Herr Brangs: Diese zwei Ausnahmeregelungen, nämlich diese sechs Wochen und die Frage der Tarifbindung, müssen im Gesetz geändert werden. Dann gibt es eine solche Arbeit mit Leiharbeit, wie sie derzeit unwürdig in Deutschland gelebt wird, nicht mehr.
Meine Damen und Herren! Die befristete Beschäftigung und die Leiharbeit betreffen besonders junge Menschen bis 45 Jahre. Wie ich ausgeführt habe, stecken sie in unsicheren Jobs, befristeten Arbeitsverträgen, Teilzeitarbeit und sogenannten Minijobs. Zeitarbeit prägt in Deutschland den Berufseinstieg junger Menschen. Das ist für die Betroffenen frustrierend und für den Freistaat verheerend, weil potenzielle Leistungsträger ohne Entwicklungschancen sind.
Jeder Dritte verdient weniger als 1 500 Euro in Deutschland. Für Sachsen ist das schon viel zu hoch. Hier verdienen viele nur 700 bis 900 Euro netto, also 6 bis 7 Euro in der Stunde.
Was ist das Ergebnis? Abwanderungen junger Menschen sind nach wie vor die Folge. Alle hier im Hohen Hause wissen das. Es ist die Politik, die das verursacht bzw. zulässt. Es ist die Politik, die den Wildwuchs unsicherer Beschäftigung geradezu fördert. Diese Formen mögen den Arbeitsmarkt flexibler gemacht haben – stabile Beschäftigungsverhältnisse haben sie nicht gebracht. Nicht selten treffen bei Jugendlichen unter 30 Jahren gleich mehrere Unsicherheiten zusammen: befristete Arbeitsverhältnisse bei Zeitarbeitsfirmen, Leiharbeit selbst und ein geringes Einkommen.
Wer zum Billigtarif in den Beruf startet, der setzt – auch wenn sich das die Politik immer wünscht – zunächst keine Kinder in die Welt. Dieser Verantwortung können Sie sich nicht entziehen. In Leiharbeit verdienen Beschäftigte 30 bis 50 % weniger, und 30 bis 50 % der Belegschaft machen Leiharbeit in uns bekannten Firmen wie Infineon, Siemens, BMW oder VW aus.
Zeitarbeit, das hat schon meine Kollegin gesagt, kann sinnvoll sein, vor allem dann, wenn Firmen plötzlich mehr Aufträge erhalten. In solchen Fällen nutzt die Leiharbeit den Firmen und den Beschäftigten gleichermaßen. Es gibt aber auch Firmen, die ihr Stammpersonal durch Leiharbeiter ersetzen, weil sie billiger sind. Dem müssen wir endlich als Gesetzgeber einen Riegel vorschieben. Deshalb sind unsere Forderungen:
Erstens für die Leiharbeitsbranche einen existenzsichernden Mindestlohn, zweitens die Begrenzung der Verleihzeit und die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis und drittens gleiche Bezahlung bei gleicher Arbeit von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft. Nur so kann Arbeit wieder sicherer gemacht werden, und um nicht mehr geht es: um sichere Arbeit und Zukunftsplanung gerade für Jugendliche.
Herr Minister, Sie haben uns geantwortet, es wird alles noch analysiert. Ich fordere Sie hiermit auf: Hören Sie auf mit Analysieren, die Dinge liegen auf dem Tisch! Handeln Sie im Bund und helfen Sie, dieses Leiharbeitsgesetz in Deutschland zu verändern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der derzeit breit geführten Debatte um die Zukunft der Leiharbeit gibt es zwei gegensätzliche Positionen.
Auf der einen Seite stehen diejenigen, die in der Leiharbeit eine Insel der Flexibilität sehen, wie es der Deutsche Industrie- und Handelskammertag vor Kurzem formulier
Im Jahre 2003 hat man sich im Zuge der Arbeitsmarktreform in der Bundesregierung unter Gerhard Schröder auch des Themas Leiharbeit angenommen. So wurden die Beschränkungen, denen die Leiharbeit bis dahin unterlag, wesentlich gelockert. Beispielsweise gibt es keine zeitliche Grenze mehr, wie lange ein Leiharbeitnehmer an ein Unternehmen verliehen werden kann.
Damit sollte erreicht werden, dass Unternehmen Auftragsspitzen nicht mehr durch Überstunden abdecken, sondern dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Instrument der Leiharbeit bietet den Unternehmen dabei die notwendige Flexibilität. Den Arbeitnehmern sollte die Leiharbeit auch eine Möglichkeit bieten, über praktische Berufserfahrung wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Entwicklung zeigt, dass bei dem Thema Leiharbeit Bewegung eingezogen ist. Die mit der Liberalisierung der Leiharbeit verbundenen Erwartungen haben sich einerseits erfüllt, andererseits wurden nicht unerhebliche Probleme offenbart.
Doch zunächst zu den Fakten. Die Leiharbeit hat sich als Katalysator erwiesen. Entgegen der allgemeinen Beschäftigungsentwicklung nahm die Beschäftigung in der Leiharbeit schon in den Jahren 2004 und 2005 zu. Auch 2006 und 2007 trug die Leiharbeit deutlich zum Beschäftigungsaufbau bei, wenn auch mit rückläufigem Anteil.
Der Bestand an Leiharbeitern ist seit 2004 erheblich angestiegen. Die Bundesagentur für Arbeit führte im Juni 2007 731 152 Leiharbeitnehmer in der Statistik. Wir haben hier schon verschiedentlich über Zahlen des Jahres 2007 gesprochen. Das macht übrigens allein im Vergleich zu 2006 eine Steigerung von 22 % aus. In Sachsen waren es im Juni 2007 21 937 Leiharbeitnehmer. Das waren 26 % mehr als im Juni 2006. Dabei machen die Hilfsarbeiter immer noch den größten Anteil aus; er beträgt 34 %.
Auf Frau Lay geantwortet: Sie haben mir unterstellt, dass sich das Beschäftigungswachstum nicht in der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen, die in Festanstellungen münden, ausdrückt, sondern dass hauptsächlich die Leiharbeit eine Rolle spielt. Dazu im Widerspruch steht – ich darf das hier nicht zeigen – die Zeitarbeitsauswertung der Bundesagentur für Arbeit zum Februar 2006. Ich zitiere von Seite 12, Beschäftigungsentwicklung: „So nahm der Anteil der Zeitarbeiter am Beschäftigungswachstum seit Mitte 2006 ab.“ Und an anderer Stelle: „Im März 2007 erreichte der Anteil der Zeitarbeit am Wachstum der sozialversicherungspflichti
gen Beschäftigung ein vorübergehendes Minimum von 23 %. Am aktuellen Rand“ – das ist immerhin 2007 gewesen – „resultiert rund ein Viertel des Beschäftigungswachstums aus der Zeitarbeit.“ – So weit zu dieser Verlautbarung der Bundesagentur für Arbeit.
Über 60 % der 2006 und 2007 neu eingestellten Leiharbeitnehmer waren zuvor arbeitslos. Das ist hier mehrfach betont worden, das habe ich auch so beantwortet. Ich finde es gut, dass Menschen aus der Arbeitslosigkeit wieder eine Chance für Beschäftigung bekommen.
Über die Hälfte der Beschäftigungsverhältnisse in der Leiharbeit ist allerdings – das will ich ausdrücklich kritisch anmerken – kürzer als drei Monate. Der Anteil der Leiharbeitnehmer – auch darüber ist schon gesprochen worden – an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten betrug in Deutschland im Juni 2007 genau 2,4 %. Ich wiederhole: 2,4 %. Das mag für den einen viel, für den anderen vielleicht wenig sein. Zum Vergleich: Großbritannien 4,5 %, Niederlande 2,5 %, Frankreich 2,4 %.
Die Zahlen zeigen aber auch deutlich: Die Möglichkeiten der Leiharbeit werden genutzt. Arbeitslose und in besonderem Maße Geringqualifizierte erhalten durch Leiharbeit wieder eine Chance. Zum anderen deuten die Fakten bisher nicht darauf hin, dass Leiharbeit in großem Stil zur Verdrängung regulärer Beschäftigung genutzt wird. Gleichwohl haben wir mit dem neuen gesetzlichen Instrumentarium vor allem Erfahrungen in einer Aufschwungphase gesammelt. Darüber, welche Wirkungen sich in Rezessionsphasen zeigen würden, können wir bisher nur spekulieren.
Obwohl der Leiharbeit weiteres Entwicklungspotenzial vorausgesagt wird, ist dieses Instrument jedoch an Grenzen gestoßen. Welche Grenzen meine ich? Ich meine jene Fälle, in denen Leiharbeit tatsächlich zur Verdrängung regulärer Beschäftigung genutzt wird. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel über längere Zeit 30 % seiner Belegschaft mit Leiharbeitern abdeckt, kann dies nicht allein mit den Flexibilitätsanforderungen des Unternehmens begründet werden.
Ich meine aber auch solche Fälle, in denen Leiharbeiter für die gleiche Arbeit über längere Zeit wesentlich schlechter bezahlt werden als festangestellte Stammkräfte im Unternehmen. Das kann nicht das Ziel sein.